BT-Drucksache 14/7436

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Bewertung der Kapitalanlagen von Versicherungsunternehmen und zur Aufhebung des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes (Versicherungskapitalanlagen-Bewertungsgesetz - VersKapAG)

Vom 13. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7436
14. Wahlperiode 13. 11. 2001

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Alfred Hartenbach, Anni Brandt-Elsweier, Hermann Bachmaier,
Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Hans-Joachim Hacker, Anette Kramme,
Christine Lambrecht, Winfried Mante, Dirk Manzewski, Dr. Jürgen Meyer (Ulm),
Margot von Renesse, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Richard Schuhmann
(Delitzsch), Erika Simm, Joachim Stünker, Hedi Wegener, Dr. Peter Struck und
der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), KerstinMüller (Köln), Rezzo Schlauch
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Bewertung
der Kapitalanlagen von Versicherungsunternehmen und zur Aufhebung
des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes
(Versicherungskapitalanlagen-Bewertungsgesetz – VersKapAG)

A. Problem und Ziel
1. Nach geltendemBilanzrecht (§ 341b HGB) haben die Versicherungen Aktien

ausnahmslos wie Umlaufvermögen zu bewerten, d. h. auch bei nur vorüber-
gehenden Kurseinbußen ist sofort von den Bilanzwerten abzuschreiben, was
den Überschuss der Versicherungen schmälert. Diese nur für Versicherungen,
nicht aber z. B. für Banken geltende Regelung hat sich nach der Entwicklung
auf den Aktienmärkten nach dem 11. September 2001 als nicht mehr sinnvoll
erwiesen und soll deshalb an die Regelungen für Banken angepasst werden:
Wenn die Aktien demGeschäftsbetrieb langfristig dienen, können sie wieAn-
lagevermögen bewertet werden. Folge: Nur bei länger anhaltenden Kursver-
lusten sind die Unternehmen verpflichtet, entsprechende Abschreibungen
vorzunehmen.

2. Durch das Entfallen des Diskontsatzes der Deutschen Bundesbank als Be-
zugsgröße für Zinsen in den Vorschriften des Bundesrechts und in Verträgen
und Vollstreckungstiteln und dessen Ersetzung durch den Basiszinssatz sowie
durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts hat sich die Situation
ergeben, dass diese Rechtsänderungen nicht für die bundesrechtlichen
Vorschriften auf demGebiet des öffentlichenRechts gelten. Demzufolgewür-
den zwei unterschiedliche Basiszinssätze mit unterschiedlicher Berechnung
nebeneinander bestehen, zur Verwirrung der Rechtsanwender beitragen und
unnötigen Verwaltungsaufwand erzeugen.

Drucksache 14/7436 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

B. Lösung
1. Anpassung der versicherungsbilanzrechtlichen Vorschrift des § 341b Abs. 2

Satz 1 HGB an die für die Kreditwirtschaft geltende Bestimmung des § 340e
Abs. 1 Satz 2 HGB.

2. Aufhebung des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes und weiterer drei Rechts-
verordnungen sowie Anpassung der Zinssätze in zwei Stufen, nämlich in
einer ersten Stufe durch dieses Gesetz und in einer zweiten Stufe Anpassung
aller betroffenen Gesetze und Rechtsverordnung in einer besonderen Rechts-
verordnung des Bundesministeriums der Justiz.

C. Alternativen
Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
Der Gesetzentwurf hat keine Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte.

E. Sonstige Kosten
Der Gesetzentwurf hat keine Kostenwirkungen für die Wirtschaft und für
soziale Sicherungssysteme zur Folge und wirkt sich auch auf das Preisniveau,
insbesondere das Verbraucherpreisniveau, nicht aus.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7436

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Bewertung
der Kapitalanlagen von Versicherungsunternehmen und zur Aufhebung
des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes
(Versicherungskapitalanlagen-Bewertungsgesetz – VersKapAG)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Handelsgesetzbuchs

§ 341b Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs in der im Bundes-
gesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffent-
lichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch … geändert
worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Auf Kapitalanlagen, soweit es sich hierbei um Aktien
einschließlich der eigenen Anteile, Investmentanteile so-
wie sonstige festverzinsliche und nicht festverzinsliche
Wertpapiere handelt, sind die für das Umlaufvermögen
geltenden § 253 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, §§ 254, 256, 279
Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 280 anzuwenden, es sei denn,
dass sie dazu bestimmt werden, dauernd dem Geschäfts-
betrieb zu dienen; in diesem Fall sind sie nach den für
das Anlagevermögen geltenden Vorschriften zu bewer-
ten.“

2. Satz 2 wird aufgehoben.

Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zum

Handelsgesetzbuche
Artikel 32 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetz-

buche in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungs-
nummer 4101-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das
zuletzt durch … geändert worden ist, wird folgender
Absatz 4 angefügt:

„(4) § 341b Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs in der vom
… [Einsetzen: Tag nach der Verkündung des Gesetzes] an
geltenden Fassung ist erstmals auf den Jahres- und Kon-
zernabschluss für das am 30. September 2001 oder später
endende Geschäftsjahr anzuwenden. § 341b Abs. 2 des
Handelsgesetzbuchs in der am … [Einsetzen: Tag der Ver-
kündung des Gesetzes] geltenden Fassung ist letztmals auf
den Jahres- und Konzernabschluss für das vor dem
30. September 2001 endende Geschäftsjahr anzuwenden.“

Artikel 3
Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes
Das Versicherungsaufsichtsgesetz in der Fassung der

Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I
S. 2), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom
26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310), wird wie folgt geändert:

1. § 66 wird wie folgt geändert:
a) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

„Eine Zuführung kann insbesondere unter Berück-
sichtigung der niedrigeren Zeitwerte der Vermögens-
gegenstände des Deckungsstocks geboten sein.“

b) Nach Absatz 3a wird folgender Absatz 3b eingefügt:
„(3b) Das Bundesministerium der Finanzen kann

zur Sicherung der Liquidität des Versicherungsunter-
nehmens und zur Wahrung der Belange der Ver-
sicherten für den in § 55a Abs. 1 Nr. 1 für Zwecke
der internen Rechnungslegung näher bezeichneten
Inhalt des Jahresabschlusses des Versicherungsunter-
nehmens durch Rechtsverordnung nähere Bestim-
mungen über die Zuordnung der Kapitalanlagen im
Sinne des § 341b Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetz-
buchs zum Anlage- oder Umlaufvermögen treffen
und hierzu die Vorlage einer nach den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Buchführung aufgestellten Liqui-
ditätsrechnung verlangen. Soweit dies für Zwecke
der Versicherungsaufsicht erforderlich ist, können
durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ergänzende An-
gaben zur Liquiditätsrechnung verlangt werden. Die
Ermächtigung kann durch Rechtsverordnung auf das
Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen
übertragen werden. Dieses erlässt die Vorschriften im
Benehmen mit den Aufsichtsbehörden der Länder.
Die Rechtsverordnungen nach den Sätzen 1 bis 4
sind im Einvernehmen mit dem Bundesministerium
der Justiz zu erlassen; sie bedürfen nicht der Zustim-
mung des Bundesrates.“

2. In § 89a wird nach dem Wort „nach“ die Angabe „§ 66
Abs. 3,“ eingefügt.

Artikel 4
Gesetz zur Aufhebung des

Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes
§ 1

Aufhebung des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes und
seiner Durchführungsverordnungen

Es werden aufgehoben:
1. das Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz vom 9. Juni 1998

(BGBl. I S. 1242), zuletzt geändert durch Artikel 2
Abs. 3 des Gesetzes vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897),

2. die Basiszinssatz-Bezugsgrößen-Verordnung vom
10. Februar 1999 (BGBl. I S. 139),

3. die FIBOR-Überleitungs-Verordnung vom 10. Juli 1998
(BGBl. I S. 1863),

4. die Lombardsatz-Überleitungs-Verordnung vom 18. De-
zember 1998 (BGBl. I S. 3819).

Drucksache 14/7436 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

§ 2
Einführung neuer Zinssätze

(1) Es werden ersetzt
1. der „Diskontsatz der Deutschen Bundesbank“ oder der

„Diskontsatz der Bank deutscher Länder“ jeweils durch
den „Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetz-
buchs“,

2. der „Basiszinssatz“ durch den „Basiszinssatz nach § 247
des Bürgerlichen Gesetzbuchs“,

3. die „Frankfurt Interbank Offered Rate für die Geldbe-
schaffung von ersten Adressen auf dem deutschen Markt
(FIBOR)“ durch die „EURO Interbank Offered Rate-
Sätze für die Beschaffung von Sechsmonatsgeld von
ersten Adressen in den Teilnehmerstaaten der Europäi-
schen Währungsunion“,

4. der „Lombardsatz der Deutschen Bundesbank“ durch
den „Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der
Europäischen Zentralbank (SFR-Zinssatz)“,

5. der „Zinssatz für Kassenkredite des Bundes“ durch den
„um 1,5 Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatz nach
§ 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs“.
(2) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt,

durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesra-
tes in Gesetzen und Rechtsverordnungen des Bundes die
Bezeichnung von Bezugsgrößen und Zinssätzen nach Maß-
gabe des Absatzes 1 anzupassen.

Artikel 5
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 13. November 2001

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und
Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/7436

Begründung

I. Allgemeiner Teil
A. Bewertung der Kapitalanlagen von Versicherungs-unternehmen
Nach geltendem Bilanzrecht (§ 341b HGB) haben die Versi-
cherungen Aktien ausnahmslos wie Umlaufvermögen zu
bewerten. Das heißt: Auch bei nur vorübergehenden Kurs-
einbußen ist sofort von den Bilanzwerten abzuschreiben,
was den Überschuss der Versicherungen schmälert. Diese
nur für Versicherungen, nicht aber z. B. für Banken, gel-
tende Regelung hat sich nach der Entwicklung auf den Akti-
enmärkten am 11. September 2001 als nicht mehr sinnvoll
erwiesen und soll deshalb an die Regelungen für Banken
angepasst werden: Wenn die Aktien dem Geschäftsbetrieb
langfristig dienen, können sie wie Anlagevermögen bewer-
tet werden. Folge: Nur bei länger anhaltenden Kursverlus-
ten sind die Unternehmen verpflichtet, entsprechende Ab-
schreibungen vorzunehmen.
Die Neuregelung ist aus folgenden Gründen geboten:
– Sie verhindert, dass nur die Versicherungen bei vorüber-

gehenden Kursschwankungen Einbußen bei den Über-
schüssen hinnehmen müssen. Das bedeutet mehr Wett-
bewerbsgleichheit auf den Finanzmärkten.

– Sie schützt die Versicherungsnehmer bei Lebensversiche-
rungen vor Kürzungen bei der Überschussbeteiligung, die
sich nach dem Bilanzgewinn der Unternehmen richtet.

B. Aufhebung des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes
Darüber hinaus ist durch das Entfallen des Diskontsatzes
der Deutschen Bundesbank als Bezugsgröße für Zinsen in
den Vorschriften des Bundesrechts und in Verträgen und
Vollstreckungstiteln und dessen Ersetzung durch den Basis-
zinssatz sowie durch das Gesetz zur Modernisierung des
Schuldrechts weiterer Gesetzgebungsbedarf entstanden.
C. Gesetzgebungskompetenz
Es handelt sich im Hinblick auf die Änderungen der Kapi-
talanlagenbewertung um ein Gesetz im Bereich der konkur-
rierenden Gesetzgebung gemäß Artikel 74 Nr. 1 und 11 GG.
Im Hinblick auf die Regelungen im Zusammenhang mit der
Aufhebung des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes sind
sämtliche Nummern des Artikels 74 GG betroffen. Eine
bundesgesetzliche Lösung ist erforderlich, weil die in
bundesgesetzlichen Bestimmungen enthaltenen Regelungen
nur durch erneute bundesgesetzliche Regelungen sinnvoll
geändert werden können. Die Zustimmungsbedürftigkeit
des Gesetzes folgt aus Artikel 80 Abs. 2 GG.

II. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des § 341b des Handels-

gesetzbuchs)
Zu Nummer 1
§ 341b HGB in der derzeitigen Fassung sieht vor, dass Ak-
tien und andere Wertpapiere nach den für Umlaufvermögen
geltenden Vorschriften zu bewerten sind. Wertverluste sind

daher auch bei nur vorübergehender Wertminderung sofort
erfolgswirksam zu erfassen (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB).
Diese bilanzrechtlichen Auswirkungen scheinen jedenfalls
dann nicht angemessen, wenn Aktien, wie es bei Kapitalan-
lagen häufig vorkommt, über einen längeren Zeitraum ge-
halten werden. Vielmehr liegt es dann näher, diese Vermö-
gensgegenstände wie Anlagevermögen zu behandeln. Bei
Vermögensgegenständen, die zum Anlagevermögen gehö-
ren, besteht ein Wahlrecht, bei nur vorübergehenden Wert-
verlusten auf eine Zeitwertbewertung zu verzichten oder
aber nach dem Zeitwert zu bewerten (gemildertes Niederst-
wertprinzip). Gerade nach den Kurseinbrüchen im Septem-
ber 2001 würde sich die nur für Versicherungsunternehmen
zwingend vorgeschriebene Bewertung von Aktien nach den
für das Umlaufvermögen geltenden Vorschriften (strenges
Niederstwertprinzip) nachteilig auswirken.
Für andere Finanzdienstleistungsunternehmen (Banken) ist
in § 340e HGB vorgesehen, dass Forderungen und Wertpa-
piere, also auch Aktien, grundsätzlich wie Umlaufvermögen
zu bewerten sind, es sei denn, dass sie dazu bestimmt wer-
den, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen.
Die nunmehr vorgeschlagene Änderung des § 341b Abs. 2
HGB führt insoweit zu einer Angleichung an § 340e Abs. 1
Satz 2 HGB; sie ist nach der EU-Versicherungsbilanzrichtli-
nie 91/674/EWG zulässig.
Zu Nummer 2
Eine Klarstellung, nach der der bisherige Satz 1 auf Na-
mensschuldverschreibungen keine Anwendung findet, ist
nicht mehr erforderlich. Namensschuldverschreibungen
sind entweder gemäß § 341b Abs. 1 Satz 2 HGB nach den
für Anlagevermögen geltenden Vorschriften zu bewerten
oder gemäß § 341c Abs. 1 HGB mit ihrem Nennbetrag an-
zusetzen.
Zu Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes

zum Handelsgesetzbuche)
Die Neufassung des § 341b Abs. 2 HGB soll erstmals An-
wendung finden auf Jahresabschlüsse zum Stichtag 30. Sep-
tember 2001.
Zu Artikel 3 (Änderung des Versicherungsaufsichts-

gesetzes)
Zu Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2
(§ 66 Abs. 3 Satz 2, § 89a VAG)
Die Änderungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes sind
notwendige Folgeänderungen des neuen § 341b Abs. 2
Satz 1 des Handelsgesetzbuchs.
Die Bewertungsvorschriften des neuen § 341b HGB gelten
auch für die aufsichtsrechtliche Bewertung der Kapitalanla-
gen. Das hat zur Konsequenz, dass Kapitalanlagen, die dazu
bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen,
dem Anlagevermögen zugeordnet werden können mit der
weiteren Folge der Anwendbarkeit des § 253 Abs. 2 HGB.
Danach muss eine Abschreibung nur bei einer voraussicht-

Drucksache 14/7436 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

lich dauernden Wertminderung vorgenommen werden (ge-
mildertes Niederstwertprinzip).
Diese Änderung erfordert Anpassungen im Hinblick auf
die Versicherungsaufsicht. Durch Nummer 1 Buchstabe a
und Nummer 2 wird der durch die Änderung des § 341b
HGB gestiegenen Bedeutung der Eingriffsnorm des
§ 66 Abs. 3 Rechnung getragen. Die besondere Berücksich-
tigung der niedrigeren Zeitwerte der Vermögensgegen-
stände des Deckungsstocks bringt zum Ausdruck, dass die
Entwicklung der Zeitwerte im Vergleich zu den Bilanzwer-
ten nicht unbeachtet bleiben kann. Nummer 3 legt fest, dass
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen
nach § 66 Abs. 3 VAG keine aufschiebende Wirkung ha-
ben.
Zu Nummer 1 Buchstabe b (§ 66 Abs. 3b VAG)
Die Änderung des § 341b Abs. 2 Satz 1 HGB macht vor
allem nähere Bestimmungen darüber notwendig, wann Ka-
pitalanlagen dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbe-
trieb zu dienen und wann eine dauernde Wertminderung
vorliegt. In diesem Zusammenhang verspricht eine nach den
Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufgestellte
Liquiditätsrechnung Hinweise, ob das Versicherungsunter-
nehmen hinreichend liquide ist, die voraussichtliche Dauer
einer Wertminderung im Anlagevermögen durchzuhalten.
Dies ist Inhalt der Nummer 1 Buchstabe b näher konkreti-
sierten Verordnungsermächtigung für das Bundesministe-
rium der Finanzen.

Zu Artikel 4 (Aufhebung des Diskontsatz-
Überleitungs-Gesetzes)

Durch das Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz ist der fortge-
fallene Diskontsatz der Deutschen Bundesbank als Bezugs-
größe für Zinsen in den Vorschriften des Bundesrechts und
in Verträgen und Vollstreckungstiteln durch den Basiszins-
satz ersetzt worden. Diese Regelung wird durch das Gesetz
zur Modernisierung des Schuldrechts für den Bereich des
Zivilrechts und des Verfahrens der Gerichte in das Bürgerli-
che Gesetzbuch übernommen, weil dort der Basiszinssatz
als Bezugsgröße für den Verzugszins verwendet wird. Dabei
wird die Regelung an die Vorgaben der Richtlinie des Euro-
päischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur
Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr
(ABl. EG Nr. L 200 S. 35) angepasst. Diese Änderungen
gelten bisher nicht für die bundesrechtlichen Vorschriften
auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Die Änderungen
müssen hier nachvollzogen werden, weil sonst zwei Basis-
zinssätze mit leicht unterschiedlicher Berechnung nebenein-
ander bestünden. Das würde die Rechtsanwender verwirren
und unnötigen Verwaltungsaufwand erzeugen.
Die Anpassung der Zinssätze soll in zwei Stufen erfolgen.
In einer ersten Stufe werden die Zinssätze selbst durch die-
ses Gesetz ersetzt. In einer zweiten Stufe wird der Wortlaut
der davon materiell betroffenen Gesetze und Rechtsverord-
nungen des Bundesrechts an diese Änderung angepasst, da-
mit diese – anders als bisher – auch im Wortlaut der Vor-
schriften zum Ausdruck kommt. Diese technischen Ände-
rungen sollen, zumal davon überwiegend Rechtsverordnun-
gen betroffen sind, durch eine Rechtsverordnung des

Bundesministeriums der Justiz erfolgen, die wegen ihres
technischen Charakters und vor allem deshalb der Zustim-
mung des Bundesrates nicht bedarf, weil lediglich die in
diesem Gesetz verfügte Anpassung im Wortlaut zum Aus-
druck kommen soll.
Zu § 1 (Aufhebung des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes

und seiner Durchführungsverordnungen)
§ 1 sieht die Aufhebung des Diskontsatz-Überleitungs-Ge-
setzes und seiner Durchführungsverordnungen vor. Sie wer-
den durch die in § 2 vorgesehene Ersetzung von Bezugsgrö-
ßen überflüssig.
Zu § 2 (Einführung neuer Zinssätze)
Zu Absatz 1
Die bisher in den Vorschriften des Bundesrechts auf dem
Gebiet des öffentlichen Rechts verwendeten Bezugsgrößen
Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, Diskontsatz der
Bank deutscher Länder, Zinssatz für Kassenkredite des
Bundes und FIBOR sind durch das Diskontsatz-Überlei-
tungs-Gesetz bereits durch den Basiszinssatz und den EU-
RIBOR ersetzt worden. An die Stelle des Basiszinssatzes
nach dem Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz soll nun der Ba-
siszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs treten.
Dieser Basiszinssatz ist, anders als der Basiszinssatz nach
dem Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz, bereits an die Vorga-
ben der Zahlungsverzugsrichtlinie angepasst. Durch die
Umstellung auf den neuen Basiszinssatz wird auch erreicht,
dass nur noch ein einheitlicher und nicht zwei leicht unter-
schiedliche gleichnamige Zinssätze als Bezugsgrößen ver-
wendet werden.
Zu Absatz 2
In diesem Gesetz soll – wie beim Diskontsatz-Überleitungs-
Gesetz – davon abgesehen werden, den Wortlaut der betrof-
fenen Vorschriften zu ändern. Dies soll allerdings, anders
als bisher, nicht vollständig unterbleiben. Vielmehr soll die
Einführung des Basiszinssatzes als Dauerrecht mit einer
Anpassung auch des Wortlauts der betroffenen Vorschriften
begleitet werden. Dies soll aber, zumal davon überwiegend
Rechtsverordnungen betroffen sind, durch eine Rechtsver-
ordnung des Bundesministeriums der Justiz geschehen.
Diese Regelungstechnik wird auch bei der Anpassung von
Zuständigkeitsvorschriften durch Änderung des Zuschnitts
des Bundeskabinetts eingesetzt und hat sich dort bewährt. In
der Rechtsverordnung sollen sämtliche Vorschriften des
Bundesrechts angepasst werden, soweit eine Anpassung
nicht bereits durch das Gesetz zur Modernisierung des
Schuldrechts erfolgt ist. Ausgenommen sind Vorschriften
des Erschließungsbeitragsrechts, für die der Bund keine Ge-
setzgebungskompetenz mehr hat. Diese müssen durch Lan-
desrecht angepasst werden.
Zu Artikel 5 (Inkrafttreten)
Die Bestimmung enthält die übliche Inkrafttretensregelung.
Unabhängig von dieser Bestimmung wird die erstmalige
Anwendung der neuen Bewertungsregeln für Kapitalanla-
gen von Versicherungsunternehmen in Artikel 2 (Änderung
des EGHGB) geregelt.

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