BT-Drucksache 14/4425

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personenstandsgesetzes

Vom 12. Oktober 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4425 (neu)
14. Wahlperiode 12. 10. 2000

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Erwin Marschewski (Recklinghausen),
Wolfgang Zeitlmann, Meinrad Belle, Günter Baumann, Dr. Joseph-Theodor Blank,
Sylvia Bonitz, Hartmut Büttner (Schönebeck), Maria Eichhorn, Norbert Geis,
Martin Hohmann, Hartmut Koschyk, Beatrix Philipp, Hans-Peter Repnik, Dr. Klaus
Rose, Dietmar Schlee, Thomas Strobl (Heilbronn), Dr. Hans-Peter Uhl, Hans-Otto
Wilhelm (Mainz) und der Fraktion der CDU/CSU

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personenstandsgesetzes

A. Problem

Es kommt immer wieder zu geheimen Geburten, Aussetzung oder gar Tötung
von Neugeborenen. Ursachen sind häufig Scham, Angst, aber auch Unkenntnis
der Mütter über bestehende Handlungsmöglichkeiten. § 17 Abs. 1 Nr. 4 Perso-
nenstandsgesetz verpflichtet Schwangerenberatungsstellen zur Anzeige einer
Geburt und verhindert dadurch in bestimmten Fällen eine effektive Beratung,
weil die Mütter mit ihren Fragen und Problemen die Stellen nicht aufsuchen.

B. Lösung

Damit Mütter in einer Konfliktsituation sich an eine besonders dafür geeignete
Schwangerenberatungsstelle wenden, gleichzeitig aber zunächst anonym blei-
ben können, wird die Anzeigepflicht verlängert. Die Schwangerenberatungs-
stellen haben dadurch Zeit, auf die Lösung der Konflikte der Mutter hinzuwir-
ken und heimliche Geburten zu verhindern.

C. Alternativen

Beibehaltung der unbefriedigenden Rechtslage.

D. Kosten

Keine

Drucksache 14/4425 (neu) – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personenstandsgesetzes

Der Bundestag hat folgendes Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Personenstandsgesetzes

Das Personenstandsgesetz in der Fassung der Bekannt-
machung vom 8. August 1957 (BGBl. I S. 1125), zuletzt
geändert durch Gesetz vom 15. Juli 1999 (BGBl. I S. 1618),
wird wie folgt geändert:

1. In § 16 wird folgender Satz 3 angefügt:

„Wird die Mutter von einer staatlich anerkannten
Schwangerenberatungsstelle betreut (§ 17 Abs. 1
Satz 3), beträgt die Anzeigefrist nach Satz 1 zehn Wo-
chen.“

2. In § 17 Abs. 1 wird folgender Satz 3 angefügt:

„Wird die Mutter von einer staatlich anerkannten
Schwangerenberatungsstelle betreut, die mit Hilfe eige-
ner Dienste und Angebote unmittelbar die Betreuung,
Versorgung und ggf. die rechtliche Vertretung des Kindes
gewährleisten kann, und wird die Geburt nicht innerhalb
einer Woche angezeigt (§ 16 Satz 1), obliegt die An-
zeigepflicht der Schwangerenberatungsstelle.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 24. Oktober 2000

Wolfgang Bosbach
Erwin Marschewski (Recklinghausen)
Wolfgang Zeitlmann
Meinrad Belle
Günter Baumann
Dr. Joseph-Theodor Blank
Sylvia Bonitz
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Norbert Geis
Martin Hohmann
Hartmut Koschyk
Beatrix Philipp
Hans-Peter Repnik
Dr. Klaus Rose
Dietmar Schlee
Thomas Strobl (Heilbronn)
Dr. Hans-Peter Uhl
Hans-Otto Wilhelm (Mainz)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/4425 (neu)

Begründung

A. Allgemeines

Die anonyme Geburt widerspricht dem Personenstands-
gesetz, mit dem die Meldung von Geburten vorgeschrieben
ist.

Durch die Gesetzesänderung besteht für Mütter in Aus-
nahmesituationen die Möglichkeit, ihr Kind anonym zur
Welt zu bringen und Panikreaktionen wie Aussetzung oder
gar Tötung des Neugeborenen zu vermeiden. Die Frau kann
zunächst ihre Anonymität wahren, wenn sie sich einer be-
sonders dafür geeigneten Schwangerenberatungsstelle an-
vertraut, die mit anderen zur Lösung des Konfliktes geeig-
neten Beratungsdiensten vernetzt ist. Dann wird die Melde-
pflicht bis zu zehn Wochen nach der Geburt ausgesetzt.
Durch die Verlängerung der Anzeigepflicht haben die
Schwangerenberatungsstellen Zeit, Lösungswege für Mut-
ter und Kind zu finden und damit Aussetzung und Tötung
verhindern zu helfen.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1

Mütter in einer Konfliktsituation lassen sich möglicher-
weise von einer geheimen Geburt und von der Aussetzung

oder sogar Tötung ihrer Neugeborenen abhalten, wenn sie
sich einer besonders dafür geeigneten Schwangerenbera-
tungsstelle anvertrauen können, die zugleich mit anderen,
zur Lösung des Konfliktes geeigneten Beratungsdiensten,
vernetzt ist. Da die Frauen ihre Anonymität zunächst nicht
preisgeben wollen, die Schwangerenberatungsstellen aber
zur Anzeige einer Geburt nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 verpflich-
tet sind, weil sie aus eigener Wissenschaft von der Geburt
unterrichtet sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass
viele dieser Frauen weiterhin heimlich entbinden und damit
ihr Leben und das des Kindes gefährden. Durch die Ver-
längerung der Anzeigepflicht haben die Schwangerenbera-
tungsstellen Zeit, auf die Lösung der Konflikte der Mutter
hinzuwirken und heimliche Geburten mit der Gefahr für
Mutter und Kind zu verhindern.

Zu Nummer 2

Um sicherzustellen, dass die Geburt des Kindes innerhalb
der verlängerten Frist von zehn Wochen angezeigt wird,
wird die Schwangerenberatungsstelle zur Erstattung der
Anzeige verpflichtet.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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