BT-Drucksache 14/3772

Gleichbehandlung im öffentlichen Dienst - Tarifergebnis auf Beamte übertragen

Vom 4. Juli 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

3772

14. Wahlperiode

04. 07. 2000

Antrag

der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Erwin Marschewski (Recklinghausen),
Meinrad Belle, Wolfgang Zeitlmann, Günter Baumann, Dr. Joseph-Theodor Blank,
Sylvia Bonitz, Hartmut Büttner (Schönebeck), Norbert Geis, Martin Hohmann,
Hartmut Koschyk, Erich Maaß (Wilhelmshaven), Beatrix Philipp, Hans-Peter
Repnik, Dr. Klaus Rose, Dietmar Schlee, Thomas Strobl (Heilbronn),
Dr. Hans-Peter Uhl, Hans-Otto Wilhelm (Mainz) und der Fraktion der CDU/CSU

Gleichbehandlung im öffentlichen Dienst – Tarifergebnis auf Beamte übertragen

Der Bundestag wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, in ihrem Entwurf für das diesjährige
Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz (BBVAnpG 2000) die
unverzögerte und ungeschmälerte Übertragung des Tarifergebnisses für Arbei-
ter und Angestellte im öffentlichen Dienst auf die Beamtenschaft vorzusehen.
Dies gilt sowohl für die lineare Erhöhung und die Einmalzahlungen als auch für
die weitere Anpassung der Ost-Bezüge an das West-Niveau.

Berlin, den 4. Juli 2000

Wolfgang Bosbach
Erwin Marschewski (Recklinghausen)
Meinrad Belle
Wolfgang Zeitlmann
Günter Baumann
Dr. Joseph-Theodor Blank
Sylvia Bonitz
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Norbert Geis
Martin Hohmann
Hartmut Koschyk
Erich Maaß (Wilhelmshaven)
Beatrix Philipp
Hans-Peter Repnik
Dr. Klaus Rose
Dietmar Schlee
Thomas Strobl (Heilbronn)
Dr. Hans-Peter Uhl
Hans-Otto Wilhelm (Mainz)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion
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Begründung

§ 14 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) schreibt für die Anpassung von Beam-
ten- und Pensionärsbezügen vor:

„Die Besoldung wird entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirt-
schaftlichen und finanziellen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der mit
den Dienstaufgaben verbundenen Verantwortung durch Bundesgesetz regelmä-
ßig angepasst.



Nach Auskunft der Bundesregierung stellen sich die allgemeinen wirtschaft-
lichen und finanziellen Verhältnisse wie folgt dar

1)

:

Wachstum von Wirtschaft und Steuereinnahmen lassen eine Übertragung des
Tarifabschlusses auf die Beamten und damit eine enge Orientierung an § 14
BBesG zu:



Das Wirtschaftswachstum ist höher als der Tarifabschluss.



Die Personalausgaben wachsen selbst bei voller Übernahme des Tarifab-
schlusses auch für die Beamten nicht schneller als die Steuereinnahmen (da
der Tarifabschluss nur für

3

/

4

des Jahres 2000 wirkt, gilt dies auch für die
Gemeinden, die überdies kaum Beamte beschäftigen).

Trotz voller Übernahme des Abschlusses auch für die Beamtenschaft würde der
Anteil der öffentlichen Personalkosten am BIP bzw. an den Steuereinnahmen
also nicht steigen, sondern sinken. Der geforderte strukturelle Konsolidierungs-
beitrag würde also erbracht.

Wurden in der Vergangenheit Tarifabschlüsse verzögert oder geschmälert auf
die Beamtenschaft übertragen, so wurde dies regelmäßig u. a. mit der Notwen-
digkeit begründet, dass Beamte auf diesem Weg einen Beitrag zur Sicherung
ihrer Altersversorgung leisten, der den jeweiligen Maßnahmen in der gesetz-
lichen Rentenversicherung entsprach.

Seit Einführung der von der CDU/CSU-geführten Bundesregierung entwickel-
ten Versorgungsrücklage ist dieses Argument jedoch entkräftet:

Über fünfzehn Jahre steigen die Bezüge der Beamten ohnehin langsamer als die
ihrer Tarifkollegen – die so ersparten Mittel werden über die Versorgungsrück-
lage unmittelbar zur Senkung der ab Mitte des nächsten Jahrzehnts stark stei-
genden Pensionskosten eingesetzt.

Daher waren sich bei Einführung der Versorgungsrücklage alle Fraktionen des
Deutschen Bundestages im Grundsatz einig, dass es nun keinen Anlass mehr
gibt, das Tarifergebnis verzögert oder geschmälert auf die Beamtenschaft zu
übertragen.

Wachstum 2000 2001 2002

Bruttoinlandsprodukt (BIP) +3

1

/

2

% +4,0 % +4,0 %

Steuereinnahmen (Bund) +3,7 % +4,0 % +3,1 %

(Länder) +2,0 % +2,5 % +2,2 %

(Gemeinden) +1,5 % +2,6 % +4,2 %

1

) Siehe Antwort der Bundesregierung vom 8. Juni 2000 auf schriftliche Frage Nr. 255/Mai 2000
von MdB Erwin Marschewski.
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Die Bundesregierung hat sich von diesem Konsens sowie dem Grundsatz der
sozialen Symmetrie zwischen den unterschiedlichen Statusgruppen im öffent-
lichen Dienst verabschiedet, als sie



bereits in ihrem ersten Amtsjahr eine verzögerte Übernahme des Tarifab-
schlusses vorgenommen hat,



Belastungen durch die so genannte Ökosteuer zwar für Arbeitnehmer (Sen-
kung des Rentenbeitrags), nicht jedoch für Beamte und Pensionäre kompen-
siert hat,



den demografischen Faktor in der Rentenversicherung ohne Aussicht auf
eine Ersatzlösung ausgesetzt hat, während die korrespondierende beamten-
rechtliche Regelung (Gehaltsabzug bei Beamten und Pensionären sowie Zu-
führung zur Versorgungsrücklage) unverändert in Kraft ist,



für dieses Jahr per Haushaltssanierungsgesetz eine völlige Abkoppelung der
Beamtenschaft von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung geplant
hatte und die Bezüge lediglich im Rahmen der Vorjahresinflation (Minus-
runde) anheben wollte.

Angesichts dieser Fakten gibt es für eine erneute Schlechterstellung der Beam-
tenschaft keinerlei sachliche Rechtfertigung.

Da zudem Arbeiter, Angestellte und Beamte gleichermaßen aus Steuermitteln
bezahlt werden, ist es ungerecht, nur von einer der drei Gruppen einen Beitrag
zur Sanierung der öffentlichen Kassen durch Lohnverzicht zu verlangen.

Die Nicht-Übernahme des Tarifabschlusses würde überdies sozial unvertretbare
Folgen haben:

Während der öffentliche Spitzenangestellte (BAT I, mit einem Endgrundgehalt
von über 8 900 DM) eine Einkommensverbesserung von 2 % bekommt (minus
1,4 % Inflation = 0,6 % Kaufkraftgewinn), soll der kleine Beamte (A 5, mit ei-
nem Endgrundgehalt von maximal 3 432 DM) nach den Plänen der Bundesre-
gierung deutliche Kaufkraftverluste hinnehmen (0,6 % Erhöhung minus 0,2 %
Versorgungsrücklage minus 1,4 % Inflation = 1,0 % Kaufkraftverlust). Dies ist
nicht akzeptabel.

Die Bundesregierung wir daher aufgefordert, den Tarifabschluss ungeschmälert
und unverzögert auf die Beamtenschaft zu übertragen.

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