BT-Drucksache 14/1285

Aufnahme von Flüchtlingen aus der Bundesrepublik Jugoslawien, insbesondere von Kosovo-Albanern, in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Staaten

Vom 22. Juni 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1285
14. Wahlperiode

22. 06. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dietmar Schlee, Erwin Marschewski, Wolfgang Zeitlmann,
Wolfgang Bosbach, Günter Baumann, Meinrad Belle, Dr. Joseph-Theodor Blank,
Sylvia Bonitz, Hartmut Büttner (Schönebeck), Norbert Geis, Martin Hohmann,
Hartmut Koschyk, Beatrix Philipp, Hans-Peter Repnik, Dr. Klaus Rose, Dr. Hans-
Peter Uhl, Hans-Otto Wilhelm (Mainz) und der Fraktion der CDU/CSU

Aufnahme von Flüchtlingen aus der Bundesrepublik Jugoslawien, insbesondere
von Kosovo-Albanern, in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Staaten

Die Bundesrepublik Deutschland hat als einer der ersten EU-Mitgliedstaa-
ten Flüchtlinge aus dem Kosovo in großer Zahl aufgenommen. Am 6. April
1999 haben sich die Innenminister und -senatoren der Länder und des Bun-
des darauf verständigt, auf der Grundlage von § 32a Ausländergesetz 10000
Flüchtlinge aus dem Kosovo in Deutschland aufzunehmen und sie nach dem
für die Verteilung von Asylbewerbern geltenden Schlüssel auf die Länder
zu verteilen. Die ersten Vertriebenen aus dem Kosovo trafen am 7. April
1999 in Deutschland ein.
Am 6. Mai 1999 haben sich die Innenminister auf die Aufnahme weiterer
10000 Flüchtlinge aus Mazedonien verständigt. Die Vereinbarung geht da-
hin, 5000 Vertriebene sofort und weitere 5000 erst dann aufzunehmen, wenn
die anderen europäischen Staaten ihre Aufnahmezusagen umgesetzt haben.
Flüchtlinge des ersten Teils auch dieses Kontingents sind inzwischen in der
Bundesrepublik Deutschland eingetroffen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat damit schnell und großzügig Flücht-
linge aufgenommen und humanitäre Hilfe geleistet wie kein anderer Mit-
gliedstaat der EU.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:
1. Wie viele Menschen waren 1999 von den brutalen Vertreibungen und

Deportationen durch die Kräfte der Bundesrepublik Jugoslawien im Ko-
sovo betroffen?

2. Wie viele Menschen haben aufgrund dessen ihre Heimat seit Herbst 1998
verlassen müssen?

3. Wie viele Vertriebene wurden von Nachbarstaaten der Bundesrepublik
Jugoslawien aufgenommen?

4. Wie viele Vertriebene aus der Bundesrepublik Jugoslawien haben seit
Jahresbeginn in der Bundesrepublik Deutschland Aufnahme gefunden?

5. Wie viele Jugoslawen, insbesondere wie viele Kosovo-Albaner, halten
sich in Deutschland auf, und wie verteilen sie sich auf die Länder (bit-
te nach Aufenthaltsstatus differenzieren)?

6. Wie viele davon wurden im Rahmen der Verständigung von Bund und
Ländern zur Aufnahme von Flüchtlingen auf der Grundlage von § 32a
Ausländergesetz aufgenommen und wie bzw. in welchem Umfang kon-
kret auf die 16 Länder verteilt?

7. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß auch die außerhalb der
Kontingente und ohne Visum illegal in die Bundesrepublik Deutschland
Eingereisten in ein bundesweites Verteilungssystem einbezogen und ent-
sprechend verteilt werden sollten?

8. Welche Kosten sind Bund, Ländern und Gemeinden bisher durch den
Aufenthalt von Vertriebenen aus dem Kosovo entstanden?

9. Wird für „winterfeste“ Unterkünfte im Kosovo Vorsorge getroffen?
10. Hat die Bundesregierung Pläne, wie den Vertriebenen die Rückkehr in

die Heimat ermöglicht werden soll?
11. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß der Aufenthalt der Ver-

triebenen nur vorübergehender Natur ist und daß es aus ausländerpoli-
tischen Gründen angezeigt ist, diesen Menschen während ihres zeitlich
begrenzten Aufenthalts die notwendigen Leistungen für Unterkunft und
Unterhalt in Form von Sachleistungen zu gewähren, und was hat die
Bundesregierung veranlaßt, um dies in größtmöglichem Umfange zu er-
reichen?

12. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Länder und die Stadt-
und Landkreise sowie die Kommunen durch die Einreise von Flüchtlin-
gen außerhalb der vereinbarten Kontingente und ohne Visum sowie de-
ren Aufnahme und Unterbringung in erheblichem Maße belastet sind
und auch dieses in die Gesamtbetrachtung des Beitrages der Bundesre-
publik Deutschland zur Hilfe und Entlastung für die Hauptaufnah-
meländer der Flüchtlinge aus dem Kosovo einbezogen werden muß?

13. Wie groß ist die Zahl der festgestellten illegalen Grenzübertritte von ju-
goslawischen Staatsangehörigen seit Anfang 1999?
Von welcher Dunkelziffer geht die Bundesregierung aus?

14. Welche Vorgaben für die Auslandsvertretungen in den Anrainerstaaten
zur Bundesrepublik Jugoslawien bestehen für die Erteilung von Einrei-
sevisa?

15. Wie viele Vertriebene aus der Bundesrepublik Jugoslawien, insbeson-
dere Kosovo-Albaner, haben in den EU-Mitgliedstaaten und in anderen
Staaten inzwischen Aufnahme gefunden, und inwieweit haben diese Zu-
sagen zur Aufnahme von Vertriebenen gemacht, und wie stellt sich der
Stand der Erfüllung jetzt dar?

16. Was hat die Bundesregierung insbesondere im Rahmen der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 1999 unternommen, um von
Anfang an innerhalb der Mitgliedstaaten der EU ein gemeinsames und
solidarisches Handeln bei der Aufnahme von aus dem Kosovo Geflohe-
nen zu erreichen?

17. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, daß auf der Grundlage der
aktuell gemachten Erfahrungen im Zuge der Aufnahme von Kosovo-Al-
banern verbindliche Absprachen zwischen den EU-Mitgliedstaaten her-
beigeführt werden müssen, damit in künftigen Fällen größere Flücht-
lingsströme und der Notwendigkeit, erneut humanitäre Hilfe leisten zu

Drucksache 14/1285 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

müssen, von vornherein ein gemeinsames und solidarisches Handeln in-
nerhalb der EU-Mitgliedstaaten erreicht werden kann?

18. Welche konkreten Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus den
aktuell gemachten Erfahrungen zu ziehen, um das Ziel einer Solidarge-
meinschaft in der EU bei der Aufnahme von Flüchtlingen und vertrie-
benen Personen zu erreichen?

Bonn, den 22. Juni 1999
Dietmar Schlee
Erwin Marschewski
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Bosbach
Günter Baumann
Meinrad Belle
Dr. Joseph-Theodor Blank
Sylvia Bonitz
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Norbert Geis
Martin Hohmann
Hartmut Koschyk
Beatrix Philipp
Hans-Peter Repnik
Dr. Klaus Rose
Dr. Hans-Peter Uhl
Hans-Otto Wilhelm (Mainz)
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

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