Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.07.2011, Az. 8 C 10/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 4817

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Ausscheiden eines Kommanditisten bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens; zum Erlöschen der Kommanditgesellschaft


Leitsatz

1. Ein Kommanditist scheidet mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen auch dann aus der Kommanditgesellschaft aus, wenn zugleich über das Vermögen der Kommanditgesellschaft selbst das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

2. Scheiden alle Gesellschafter bis auf einen aus einer Kommanditgesellschaft aus, so erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation, und ihr Vermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ein [X.]erbot von [X.]n.

2

Mit Bescheid vom 15. Juni 2005 untersagte ihr die Beklagte gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 KWG das Finanzkommissionsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, dadurch zu betreiben, dass sie auf der Grundlage von [X.]erträgen über sogenannte treuhänderische Beteiligungen Gelder von Anlegern entgegennimmt, um hiermit Finanzinstrumente im eigenen Namen für fremde Rechnung anzuschaffen und zu veräußern (Ziff. [X.]). Gleichzeitig wurden der Klägerin die Werbung für [X.] untersagt (Ziff. [X.][X.]), die unverzügliche Abwicklung der unerlaubt betriebenen [X.] angeordnet (Ziff. [X.][X.][X.]) und ein Abwickler der ohne die erforderliche Erlaubnis betriebenen [X.] bestellt (Ziff. [X.][X.]). Des Weiteren wies die Beklagte die Klägerin an, die Maßnahmen des Abwicklers zu dulden und ihm und seinen Mitarbeitern Zutritt zu den Geschäftsräumen und den Geschäftsunterlagen zu gewähren (Ziff. [X.]). Darüber hinaus drohte die Beklagte der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die getroffenen Anordnungen jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 50 000 € (Ziff. [X.][X.]) an und setzte eine Gebühr in Höhe von 5 000 € fest (Ziff. [X.][X.][X.]). Ferner ersuchte die Beklagte die Klägerin um die [X.]orlage von Unterlagen und die Erteilung von Auskünften über die Anleger, die Zeichnungssummen, die gezahlten Einlagen und um Angabe der für die Wertpapiertransaktionen erforderlichen Depots- und Girokonten (Ziff. [X.][X.][X.][X.]). Für den Fall der nicht fristgemäßen Erfüllung dieser [X.]erpflichtung drohte die Beklagte der Klägerin ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 50 000 € an (Ziff. [X.]X).

3

Nachdem die Klägerin Widerspruch eingelegt hatte, wurde mit Beschlüssen des [X.] vom 12. September 2005 und vom 10. November 2005 das [X.]nsolvenzverfahren über das [X.]ermögen der Klägerin und sodann auch das [X.]nsolvenzverfahren über das [X.]ermögen der [X.], ihrer einzigen Kommanditistin, eröffnet. Der Antrag auf Eröffnung des [X.]nsolvenzverfahrens über das [X.]ermögen ihrer alleinigen Komplementärin, der D., wurde mit Beschluss des [X.] vom 5. Januar 2006 mangels Masse abgewiesen.

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2006 - gerichtet an den [X.]nsolvenzverwalter über das [X.]ermögen der Klägerin - stellte die Beklagte das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 15. Juni 2005 ein, soweit dessen Ziff. [X.][X.][X.][X.] und [X.]X betroffen waren, und wies den Widerspruch der Klägerin im Übrigen als unbegründet zurück.

5

Die dagegen erhobene Klage hat das [X.]erwaltungsgericht als unzulässig abgewiesen. Der [X.]erwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 3. März 2010 zurückgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Die Klägerin habe ihre Beteiligungsfähigkeit dadurch verloren, dass ihre einzige Kommanditistin, die [X.], noch vor Klageerhebung infolge der Eröffnung des [X.]nsolvenzverfahrens über deren [X.]ermögen gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden sei. Dies habe zur liquidationslosen [X.]ollbeendigung der Klägerin geführt, weil das geltende Recht eine Personengesellschaft mit nur einer Gesellschafterin nicht zulasse. [X.]hre Komplementärin, die D., sei dadurch alleinige [X.]nhaberin des Unternehmens geworden. Aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrages (im Folgenden: G[X.]) der Klägerin ergebe sich nichts anderes. Zwar sehe § 29 Abs. 4 G[X.] für den Fall des Ausscheidens der Treuhandkommanditistin vor, dass die Komplementärin dann verpflichtet sei, unverzüglich eine Gesellschafterversammlung zur Wahl einer neuen Treuhandkommanditistin einzuberufen. Dem sei die Komplementärin der Klägerin, die D., aber nicht nachgekommen. Eine sofortige Nachfolgeregelung sei nicht erfolgt. Der Anwendbarkeit des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB stehe auch nicht entgegen, dass nicht nur über das [X.]ermögen der Treuhandkommanditistin, sondern zuvor auch bereits über das [X.]ermögen der Klägerin selbst das [X.]nsolvenzverfahren eröffnet worden sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Klage auch nicht aus anderen Gründen zulässig. Selbst wenn die Klägerin aufgrund des Widerspruchsbescheides davon ausgegangen sein sollte, dass es nicht zu ihrer [X.]ollbeendigung gekommen und sie selbst jedenfalls nach der Freigabeentscheidung des [X.]nsolvenzverwalters wieder klagebefugt sei, erwachse daraus nicht ihre Beteiligungsfähigkeit. Auch unter Berücksichtigung des prozessrechtlichen Grundsatzes, wonach der Betroffene im Streit um seine Beteiligungsfähigkeit als beteiligungsfähig zu behandeln sei, sei die Klage nicht zulässig. Die Anwendung dieses Grundsatzes führe nur dazu, dass der Klägerin das Recht auf Einlegung des Rechtsmittels nicht unter Hinweis auf ihre fehlende Beteiligungsfähigkeit abgesprochen werden könne. Schließlich sei im Klage- und im Berufungsverfahren auch nicht über eine Klage der Komplementärin zu entscheiden gewesen. Ein Fall der zulässigen Änderung des [X.], die einen vom Gesetz angeordneten Parteiwechsel voraussetze, liege nicht vor. Ein Antrag auf subjektive Klageerweiterung oder auf [X.] sei nicht gestellt worden.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, der [X.]erwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht ihre Beteiligungsfähigkeit verneint. Er habe verkannt, dass eine Simultan- oder Doppelinsolvenz der Klägerin und der Kommanditistin vorliege. Für diesen Fall sei eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereiches des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB zum Schutz der Gläubiger geboten. Auch der vom [X.]erwaltungsgerichtshof herangezogene Numerus clausus der Gesellschaftsformen müsse dann in den Hintergrund treten, damit die Kommanditgesellschaft und ihre Gesellschafter jeweils in geordneten [X.]nsolvenz- oder Liquidationsverfahren beendet werden könnten. Unabhängig davon habe der [X.]erwaltungsgerichtshof die [X.] im Gesellschaftsvertrag fehlgedeutet. Schließlich habe die Beklagte mit ihrem Widerspruchsbescheid zumindest den Eindruck erweckt, dass sie ungeachtet der Entwicklung der gesellschaftsrechtlichen [X.]erhältnisse an einer Klärung der materiell-rechtlichen Fragen in einem [X.]erwaltungsprozess interessiert sei. Da die Beklagte den streitbefangenen [X.]erwaltungsakt im Widerspruchsbescheid nicht aufgehoben habe, müsse die Klägerin die Möglichkeit haben, diesen Bescheid im [X.]erwaltungsprozess anzufechten. Notfalls sei eine Rubrumsberichtigung vorzunehmen. Selbst wenn die Klägerin nicht beteiligungsfähig sein sollte, hätte der [X.]erwaltungsgerichtshof die Klage zumindest insoweit für zulässig halten müssen, als die Klage im weiteren [X.]erlauf des [X.]erfahrens jedenfalls auch im Namen der Komplementärin erhoben worden sei. [X.]hre Klage sei zudem begründet.

7

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des [X.]erwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Oktober 2007 und des Hessischen [X.]erwaltungsgerichtshofs vom 3. März 2010 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2006 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und trägt hilfsweise vor, die Klage sei auch in der Sache unbegründet.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil verletzt kein [X.] Recht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage mit Recht als unzulässig angesehen.

1. Die Klägerin ist nicht beteiligungsfähig im Sinne von § 61 VwGO. Dabei mag dahinstehen, ob sich die [X.] einer Kommanditgesellschaft aus einer entsprechenden Anwendung von § 61 Nr. 1 VwGO oder aus § 61 Nr. 2 VwGO ergibt. In beiden Fällen ist erforderlich, dass die [X.] im Zeitpunkt der Klageerhebung besteht. Daran fehlt es hier.

Die Klägerin hat ihre [X.] bereits vor Klageerhebung verloren. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihrer Kommanditistin, der [X.], durch den [X.]eschluss des [X.] vom 10. November 2005 schied diese nach § 161 Abs. 2, § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HG[X.] mangels abweichender gesellschaftsvertraglicher [X.]estimmung aus der Kommanditgesellschaft aus (a). Dies bewirkte zugleich die sofortige liquidationslose Vollbeendigung der Klägerin selbst, da eine Personenhandelsgesellschaft zumindest zwei [X.]er haben muss; anderenfalls kann sie rechtlich weder als werbende noch als in Liquidation befindliche [X.] (fort-)bestehen (b). Die Einwände der Revision greifen nicht durch (c).

a) [X.] der Klägerin ist infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aus der Klägerin ausgeschieden. Gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HG[X.] führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines [X.]ers zu dessen Ausscheiden aus der [X.], wenn nicht abweichende vertragliche [X.]estimmungen bestehen. Das gilt unabhängig davon, ob das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Komplementärs oder das eines Kommanditisten eröffnet wird ([X.]/[X.], HG[X.], 34. Aufl. 2010, § 131 Rn. 22 m.w.N.).

Eine abweichende Regelung besteht im [X.]svertrag der Klägerin nicht. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Verstoß gegen [X.] Recht für den Senat bindend festgestellt. Die dabei vorgenommene Auslegung des [X.]svertrages verletzt weder §§ 133, 157 [X.]G[X.] (analog) noch ist sie willkürlich (Art. 3 Abs. 1 GG). § 29 Abs. 2 GV sieht zwar vor, dass die Kommanditgesellschaft durch das Ausscheiden eines [X.]ers nicht aufgelöst, sondern unter den verbleibenden [X.]ern mit der bisherigen Firma fortgeführt wird. Im Falle der Klägerin greift diese Regelung für den vorliegenden Fall jedoch nicht. Denn es fehlt an der - auch im [X.]svertrag der Klägerin vorausgesetzten - Mindestzahl von wenigstens zwei "verbleibenden [X.]ern". Die Regelung in § 29 Abs. 3 GV befasst sich lediglich mit dem Ausscheiden der persönlich haftenden [X.]erin (Komplementärin), nicht aber - wie im vorliegenden Fall - dem der Kommanditistin. Auch § 29 Abs. 4 GV greift nicht ein. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat die Komplementärin der Klägerin von der dort vorgesehenen Möglichkeit, im Falle des Ausscheidens der (einzigen) Kommanditistin unverzüglich eine neue Kommanditistin zu bestimmen, keinen Gebrauch gemacht. Das hat die Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen.

b) Weil die Treuhandkommanditistin die vorletzte [X.]erin war, wurde die Klägerin durch deren Ausscheiden sogleich (voll-)beendet. Es ist anerkannt, dass es eine Personenhandelsgesellschaft mit nur einem [X.]er nicht gibt. [X.] der vorletzte [X.]er aus einer zweigliedrigen Personenhandelsgesellschaft aus, so führt dies deshalb zur liquidationslosen Vollbeendigung der [X.]; das [X.]svermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden [X.]er über ([X.], Urteile vom 10. Mai 1978 - [X.] - [X.]Z 71, 296 <300> und vom 16. Dezember 1999 - [X.] - NJW 2000, 1119; [X.], Urteil vom 30. März 2007 - 30 U 13/06 - ZIP 2007, 1233 = EWiR 2007, 527 = juris Rn. 103 ff.; [X.]/ [X.], [X.] 2005, 611 <624>; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 131 HG[X.] Rn. 35 m.w.N.).

Diese Konsequenz steht der Anwendung des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HG[X.] nicht entgegen. Die Klägerin will die liquidationslose Vollbeendigung einer Personenhandelsgesellschaft vermeiden und deshalb § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HG[X.] in dem Falle der Insolvenz des vorletzten [X.]ers einer zweigliedrigen Personenhandelsgesellschaft nicht anwenden. Hierzu besteht kein Anlass. Nach der Änderung des § 131 HG[X.] durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. Juni 1998 ([X.], 1474) führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines [X.]ers nicht mehr - wie nach der Vorgängerregelung - zur Auflösung der [X.], sondern zum Ausscheiden des [X.]ers. Damit wollte der Gesetzgeber den [X.]estand des Unternehmens schützen; die Fortsetzung der [X.] sollte nicht länger von einem einstimmigen [X.]erbeschluss abhängen, sondern die Regel sein ([X.]TDrucks 13/8444 S. 41, 65). Das sollte ausdrücklich auch für die [X.] gelten. Obwohl dem Gesetzgeber deren Problematik bewusst war, vermerkt die [X.]egründung des Gesetzesentwurfs: "Soweit ein [X.]er aus einer zweigliedrigen [X.] ausscheidet, erlischt die [X.] ohne Liquidation und geht das [X.]svermögen auf den Verbliebenen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über. Der ausscheidende [X.]er wird nach § 738 [X.]G[X.] abgefunden. An diesem auch nach bisherigem Recht anerkannten Mechanismus ändert sich durch die Neuregelung nichts." ([X.]TDrucks 13/8444 S. 66; vgl. [X.]/[X.], [X.] 2005, 611 <624, 647 ff.>).

c) Anderes gilt auch nicht deshalb, weil gleichzeitig mit der Insolvenz der Treuhandkommanditistin auch über das Vermögen der Klägerin selbst das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin, die sich hierfür auf Stimmen der Fachliteratur beruft ([X.], GmbHR 2003, 1404 ff.; derselbe, [X.], 1621), besteht kein Anlass, § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HG[X.] für den Fall der gleichzeitigen Insolvenz der Kommanditgesellschaft und ihres einzigen Kommanditisten im Wege einer teleologischen Reduktion außer Anwendung zu lassen. Die Vorschrift soll die Personenhandelsgesellschaft und die anderen [X.]er davor schützen, sich in Angelegenheiten der [X.] statt mit dem insolventen Mitgesellschafter mit dessen Privatinsolvenzverwalter auseinandersetzen zu müssen (so auch [X.], in: MünchKommHG[X.], 2. Aufl. 2006, § 131 Rn. 69; derselbe, [X.], 1621 <1626>). Dieses Schutzes bedürfen die [X.] und die anderen [X.]er auch dann, wenn zugleich über das Vermögen der [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Insolvenzverwalter hat auch dann andere Aufgaben und Pflichten als die anderen [X.]er, woraus sich Interessenkonflikte ergeben können.

Aus den Vorschriften der Insolvenzordnung folgt nichts Anderes. § 11 Abs. 3 [X.] setzt den Fortbestand der [X.] zum Zwecke der Liquidation voraus, trifft aber für den Fall der liquidationslosen Vollbeendigung der [X.] keine Aussage. Auch der Zweck des § 91 [X.], zum Schutze der Gläubiger eine Schmälerung der Masse zu verhindern, steht der liquidationslosen Vollbeendigung der [X.] nicht entgegen. Die Massezugehörigkeit des [X.]svermögens bleibt infolge der Gesamtrechtsnachfolge gewahrt. Es wechselt lediglich die Person des Insolvenzschuldners (vgl. [X.], Urteil vom 30. März 2007 a.a.[X.] Rn. 105 ff.).

Ob bei der gleichzeitigen Insolvenz der [X.] und ihres Komplementärs Haftungsprobleme für den einzigen verbleibenden Kommanditisten entstehen (so [X.], in: MünchKommHG[X.], a.a.[X.], § 131 Rn. 76), bedarf keiner Erörterung; denn im vorliegenden Fall ist nicht die (einzige) Kommanditistin, sondern die Komplementärin [X.] der Klägerin geworden, die ohnehin für die [X.]sschulden unbeschränkt haftet. Im Übrigen sind die angesprochenen Haftungsprobleme durch die Rechtsprechung gelöst. Hiernach fällt dem verbleibenden letzten [X.]er zwar das [X.]svermögen mit allen Aktiva und Passiva zu ([X.], Urteil vom 15. März 2004 - [X.]/01 - [X.][X.] 2004, 1244). Seine Haftung beschränkt sich aber auf das übergegangene [X.]svermögen; jedenfalls könnte er seine Haftung nach § 27 HG[X.] beschränken und dies entsprechend den Regeln über die Nachlassinsolvenz (§§ 315 ff. [X.]) geltend machen ([X.], Urteil vom 30. März 2007 a.a.[X.]; [X.]/[X.], a.a.[X.] S. 647 ff.; [X.], in: MünchKommHG[X.], a.a.[X.], § 131 Rn. 55). Damit bleibt die grundsätzliche [X.]eschränkung der Eigenhaftung des Kommanditisten gewahrt.

Offen bleiben kann, wie zu entscheiden ist, wenn gleichzeitig über das Vermögen sämtlicher [X.]er das Insolvenzverfahren eröffnet wird, so dass bei einschränkungsloser Anwendung des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HG[X.] kein [X.]er mehr vorhanden wäre, der als [X.] der [X.] neuer Unternehmensträger werden könnte (vgl. dazu [X.]/[X.], a.a.[X.] S. 639). Über das Vermögen der Komplementärin der Klägerin ist das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden. Die Ablehnung des Insolvenzantrags mangels Masse steht dem nicht gleich ([X.], Urteil vom 30. März 2007 a.a.[X.] Rn. 101; [X.]/[X.], a.a.[X.] § 131 Rn. 22; [X.], in: [X.], [X.]srecht, 2011, § 131 HG[X.] Rn. 50 m.w.N.). Die Komplementärin der Klägerin besteht demzufolge - als Liquidationsgesellschaft - fort. Solange das auf sie übergegangene [X.]svermögen noch vorhanden ist, ist sie nicht vermögenslos, kann also nicht ihrerseits als vollbeendet angesehen und im Handelsregister gelöscht werden (vgl. dazu [X.], Urteil vom 21. Juni 1979 - [X.] - LM Nr. 1 zu § 157 HG[X.] = NJW 1979, 1987; [X.], Urteil vom 9. Juli 1981 - 2 [X.] - NJW 1982, 1831; [X.], [X.]srecht, 4. Aufl. 2002, § 11 V 6 S. 316 m.w.N.).

2. Entgegen ihrer Auffassung kann die [X.] der Klägerin nicht fingiert werden.

Der Widerspruchsbescheid bietet hierzu keinen Anlass. Dabei mag unterstellt werden, dass die [X.]eklagte selbst davon ausgegangen ist, die Klägerin bestehe trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihrer einzigen Kommanditistin fort. Das ist für die [X.] der Klägerin in einem gerichtlichen Verfahren ohne [X.]edeutung. Deren Voraussetzungen ergeben sich allein aus dem Gesetz; sie kann nicht durch Verwaltungsakt begründet werden.

Es gibt auch keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass der [X.]etroffene im Streit um seine [X.] in jeder Hinsicht als beteiligungsfähig zu behandeln sei. Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass es unzulässig wäre, der Klägerin im Streit um ihre [X.] das Recht zur Einlegung von Rechtsmitteln abzusprechen. Die [X.] wird aber nicht schon dadurch begründet, dass über ihr Vorliegen gestritten wird.

Unzutreffend ist schließlich die Auffassung der Revision, der Klägerin müsse als dem "Rechtssubjekt des Partikular-Insolvenzverfahrens" die Möglichkeit gegeben werden, die Verfügungen anzufechten, die nach ihrer Ansicht den wesentlichen Insolvenzgrund darstellen. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gebietet das nicht. Effektiver Rechtsschutz gegen die angegriffene Untersagungsverfügung der [X.]eklagten kann von der [X.]in begehrt und erlangt werden.

3. Ohne Verstoß gegen [X.] Recht hat der Verwaltungsgerichtshof auch das Vorliegen einer Klage der Komplementärin verneint.

a) Die Klage ist von der Klägerin, der Kommanditgesellschaft, und nicht von ihrer gesetzlichen Vertreterin, ihrer (früheren) Komplementärin, erhoben worden. Zwar hat die Komplementärin, ihrerseits wiederum vertreten durch ihren Vorstand, die Klageschrift eingereicht. Sie hat dies aber zweifelsfrei nicht im eigenen Namen, sondern namens und in Vertretung der Kommanditgesellschaft getan. Das geht aus der ausdrücklichen [X.]ezeichnung der Kommanditgesellschaft als Klägerin und aus der beigefügten Prozessvollmacht unzweideutig hervor. Spielraum für eine abweichende Auslegung dieser Prozesserklärung besteht nicht. Die Klägerin war anwaltlich vertreten; die Umdeutung eindeutiger Prozesserklärungen von Rechtsanwälten ist aber nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ausgeschlossen ([X.]eschlüsse vom 12. März 1998 - [X.]VerwG 2 [X.] - und vom 25. März 1998 - [X.]VerwG 4 [X.] - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 2 und 3, sowie vom 23. August 1999 - [X.]VerwG 8 [X.] 152.99 - [X.] 428 § 37 VermG Nr. 23 m.w.N.).

Die Klägerin selbst hat an ihrer Klage auch festgehalten. Obwohl sie vom Verwaltungsgericht schon unmittelbar nach Klageerhebung und erneut im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die Zweifel an ihrer [X.] hingewiesen worden war, hat sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht allein "den Antrag aus dem Schriftsatz vom 2. August 2007" gestellt, also den Antrag, die Untersagungsverfügung der [X.]eklagten aufzuheben, der in diesem Schriftsatz zweifelsfrei allein namens der Klägerin selbst angekündigt war. Und obwohl das Verwaltungsgericht mit seinem Urteil vom 11. Oktober 2007 daraufhin allein über eine Klage der Klägerin entschieden und diese mangels [X.] als unzulässig abgewiesen hatte, hat die Klägerin auch im [X.]erufungsverfahren ihre eigene Klage fortgeführt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben ihre Prozessbevollmächtigten - in Gegenwart des Vorstandes ihrer Komplementärin - auf [X.]efragen ausdrücklich erklärt, allein im Namen der Klägerin, nicht jedoch namens der Komplementärin Klage erhoben zu haben.

b) Anlass für eine Rubrumsberichtigung hat nicht bestanden. Das hätte vorausgesetzt, dass nach Klageerhebung ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten wäre (vgl. §§ 239, 240 ZPO). Daran fehlt es. Die Kommanditgesellschaft war bereits während des Widerspruchsverfahrens liquidationslos vollbeendet und erloschen. Die Gesamtrechtsnachfolge auf ihre Komplementärin war damit schon vor Erhebung der Klage eingetreten. Das Widerspruchsverfahren bildet mit dem Klageverfahren keine prozessuale Einheit, sondern ist Teil des Verwaltungsverfahrens.

c) Die Komplementärin der Klägerin hat schließlich auch nicht während des gerichtlichen Verfahrens selbst Klage erhoben. Eine subjektive Klageänderung - sei es im Wege des [X.], sei es im Wege des [X.] - ist nicht erfolgt. Zwar haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 9. Oktober 2007 einen "Antrag auf Erweiterung (der Klage) und Aufnahme der D. (der Komplementärin) als weitere Klägerin in das Verfahren" angekündigt. Es ist aber bei der Ankündigung geblieben; eine eigene Klageerhebung der Komplementärin neben oder anstelle der Klägerin wurde nicht erklärt. Hinzu kommt, dass eine solche subjektive Klageänderung nur für den Fall angekündigt wurde, dass das Verwaltungsgericht die Klage der Kommanditgesellschaft mangels [X.] für unzulässig halten sollte. Eine Klage kann jedoch nicht unter einer [X.]edingung erhoben werden. Die Formenstrenge des Prozessrechts verlangt, dass unverzüglich klar ist, wer [X.]eteiligter eines Gerichtsverfahrens ist. Subjektive Klageänderungen können deshalb nicht hilfsweise erklärt werden ([X.]eschlüsse vom 28. Februar 1980 - [X.]VerwG 3 [X.] 1.80 - [X.] 451.73 [X.]PflVO Nr. 8 und vom 13. März 1996 - [X.]VerwG 6 [X.] 16.96 - [X.] 310 § 130 VwGO Nr. 15; stRspr).

4. Die Kosten des Verfahrens in allen [X.] hat die D. zu tragen. Mangels Rechts- und [X.] war die Klägerin nicht in der Lage, Klage zu erheben oder in ihrem Namen erheben zu lassen. Ihre frühere Komplementärin hat damit sowohl bei der im Namen der Klägerin erfolgten Klageerhebung als auch im weiteren gerichtlichen Verfahren als vollmachtslose Vertreterin gehandelt. Die Vertretungsbefugnis für die Klägerin war seit deren liquidationslosen Vollbeendigung erloschen, so dass ihr gemäß § 154 Abs. 1 VwGO in entsprechender Anwendung der § 173 VwGO, § 89 Abs. 1 Satz 3 ZPO i.V.m. § 179 [X.]G[X.] (analog) die Kosten des Verfahrens in allen [X.] aufzuerlegen sind (vgl. [X.]eschluss vom 25. September 2006 - [X.]VerwG 8 KSt 1.06, 8 KSt 1.06 (8 [X.] 74.05) - [X.] 310 § 67 VwGO Nr. 108 m.w.N.). Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen sind insoweit zu ändern.

Meta

8 C 10/10

13.07.2011

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 3. März 2010, Az: 6 A 1176/08, Urteil

§ 61 VwGO, § 81 VwGO, § 82 VwGO, § 86 Abs 3 VwGO, § 90 VwGO, § 104 Abs 1 VwGO, § 154 Abs 1 VwGO, § 105 Abs 3 HGB, § 124 HGB, § 130 Abs 3 S 1 Nr 2 HGB, § 161 HGB, § 262 Abs 1 AktG, § 133 BGB, § 157 BGB, § 179 BGB, § 705 BGB, § 738 Abs 1 BGB, § 11 Abs 3 InsO, § 26 InsO, § 91 InsO, § 89 Abs 1 ZPO, § 239 ZPO, § 240 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.07.2011, Az. 8 C 10/10 (REWIS RS 2011, 4817)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4817

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

15 W 375/02 (Oberlandesgericht Hamm)


VII ZR 277/15 (Bundesgerichtshof)

Handelsvertretervertrag: Wegfall des Provisionsanspruchs bei Nichtausführung des Geschäfts aufgrund vom Unternehmer nicht zu vertretener Umstände


VII ZR 277/15 (Bundesgerichtshof)


V ZB 10/18 (Bundesgerichtshof)

Grundbuchsache: Erbgangsgleiche Gesamtrechtsnachfolge bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personenhandelsgesellschaft mit der Folge der …


VII ZR 228/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.