Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2004, Az. XI ZB 33/03

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2336

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS [X.] Z[X.] 33/03
vom 13. Juli 2004

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja

[X.]GHZ: nein

[X.]GHR: ja _____________________

ZPO § 234 Abs. 1 und 2 A, [X.]

Zum Lauf der Frist eines Wiedereinsetzungsantrags.

[X.]GH, [X.]eschluß vom 13. Juli 2004 - [X.] Z[X.] 33/03 - OLG Frankfurt am Main

LG Frankfurt am Main

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.]undesgerichtshofes hat durch [X.], [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Appl

am 13. Juli 2004

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den [X.]e-schluß des 23. Zivilsenats des [X.] vom 13. Oktober 2003 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert beträgt 478.300 •.

Gründe:

[X.]

Das [X.] hat den [X.]eklagten zur Zahlung der eingeklagten Hauptforderung und eines Teils der geltend gemachten Zinsen verurteilt. Wegen des weitergehenden [X.] hat es die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 28. Mai 2003 bei Gericht eingegangene [X.]erufung der Klägerin, die behauptet, ihrem Prozeßbevollmächtigten sei das Urteil am 28. April 2003 zugestellt worden. Das von diesem unter-zeichnete [X.] weist hingegen den 25. April 2003 als Zustelldatum aus. Daß das [X.] von diesem [X.] 3 - ging, erfuhr der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin durch die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils am 5. Juni 2003, die ihn zu einer fernmündlichen Rückfrage beim [X.] veranlaßte. Die Kläge-rin hat hierauf zunächst Erinnerung gegen den [X.] [X.] und - nachdem das [X.] eine Kopie des streitgegenständ-lichen [X.]ses übersandt hatte, das eindeutig das Da-tum des 25. April 2003 ausweist - mit Schriftsatz vom 24. Juni 2003 [X.] in den vorigen Stand gegen die Versäumung der [X.]eru-fungsfrist beantragt. Sie hat sich darauf berufen, die fehlerhafte Angabe auf dem [X.] beruhe auf einer Verwechslung der Daten durch eine Kanzleiangestellte ihres Prozeßbevollmächtigten, der von diesem Versehen erst durch die ihm am 23. Juni 2003 zugegangene Ko-pie des [X.]ses erfahren habe. [X.]is dahin sei er von ei-nem Irrtum beim [X.] ausgegangen.

Das [X.] hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klä-gerin zurückgewiesen und ihre [X.]erufung als unzulässig verworfen. Zur [X.]egründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe nicht den [X.]eweis erbracht, daß das Urteil an einem anderen Tag als dem im [X.] angegebenen zugestellt worden sei. Die Klägerin habe zudem die Frist des § 234 ZPO versäumt, die mit der Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils begonnen habe. Aus dem darin enthaltenen Hinweis, daß das Urteil am 25. April 2003 zugestellt worden sei, habe der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin einen konkre-ten Anhaltspunkt dafür entnehmen können, daß das in seinen Unterlagen notierte [X.] des 28. April 2003 falsch sein könne und habe damit zumindest vorsorglich tätig werden müssen. Gegen diesen [X.]e-schluß richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin. - 4 -

I[X.]

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. Die Vorausset-zungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde ge-gen einen die [X.]erufung als unzulässig verwerfenden [X.]eschluß gewahrt sein müssen ([X.]GHZ 151, 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22; [X.]GH, [X.]e-schluß vom 24. Juni 2003 - VI Z[X.] 10/03, [X.], 2991), sind nicht erfüllt.

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Ent-scheidung des [X.]undesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht erforderlich.

a) Mit ihrem Vortrag, das [X.]erufungsgericht habe - gemessen an der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung - angeblich die An-forderungen an den [X.]eginn der [X.] überspannt, hat die Klägerin die Voraussetzungen einer Rechtsbeschwerde zur Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht ordnungsgemäß dargetan.

Allerdings erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung ein Eingreifen des [X.]undesgerichtshofs, wenn die angefochtene Entscheidung Verfahrensgrundrechte einer [X.] verletzt und darauf be-ruht ([X.]GHZ 154, 288, 296 zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO; [X.] vom 11. Mai 2004 - [X.] Z[X.] 39/03, [X.], 1407, 1408 m.w.Nachw., zur Veröffentlichung in [X.]GHZ vorgesehen). Das ist etwa - 5 - der Fall, wenn ein Gericht einer [X.] die Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand aufgrund von überspannten Anforderungen an die Sorgfalts-pflichten ihres Prozeßbevollmächtigten versagt, die nach höchstrichterli-cher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen die [X.] auch unter [X.]erücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte ([X.]VerfGE 79, 372, 376 f.; [X.]VerfG NJW-RR 2002, 1004; [X.]GHZ 151, 221, 227 f.; [X.]GH, [X.]eschluß vom 13. Mai 2003 - VI Z[X.] 76/02, [X.], 1271). Das Verfahrensgrund-recht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) verbietet es den Gerichten nämlich, den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräum-ten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.]VerfGE 41, 323, 326 f.; 41, 332, 334 f.; 69, 381, 385; [X.]VerfG NJW 2001, 2161, 2162; [X.]GHZ 151, 221, 227).

Gegen diese Grundsätze hat das [X.]erufungsgericht aber nicht ver-stoßen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsan-walts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu [X.] Weise überspannt. Die Entscheidung des [X.]erufungsge-richts entspricht vielmehr - anders als die Rechtsbeschwerde unter [X.] auf den [X.]eschluß des [X.]undesgerichtshofs vom 20. November 1967 (III Z[X.] 4/67, [X.], 301) geltend macht - langjähriger Rechtspre-chung des [X.]undesgerichtshofs. Danach beginnt die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO schon dann zu laufen, wenn das Weiterbestehen des der Wahrung der versäumten Frist entgegenstehenden Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Das ist der Fall, sobald die [X.] oder ihr Prozeßbevollmächtigter bei Anwendung der gebote-nen Sorgfalt die Versäumung hätte erkennen können, wenn also Anlaß - 6 - bestand zu prüfen, ob das Fristende richtig festgehalten war (st.Rspr., [X.]GH, Urteil vom 15. März 1977 - [X.], [X.], 643, 644 und [X.]eschlüsse vom 15. Januar 2001 - II Z[X.] 1/00, NJW 2001, 1430, 1431, vom 5. März 2002 - [X.], NJW-RR 2002, 860 sowie vom 16. September 2003 - [X.], [X.]GHReport 2004, 57, 58).

Ein solcher Anlaß bestand für den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin bereits nach Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils. Nachdem er - bestätigt durch die telefonische Nachfrage - wußte, daß man dem [X.] beim [X.] als Zustelldatum den 25. April 2003 entnommen hatte, hätte er nicht ohne weiteres von einem Irrtum auf Seiten des [X.]s ausgehen, sondern auch ein mögliches Versehen in seiner Kanzlei in Erwägung ziehen und zumindest vorsorglich ein Wiedereinsetzungsgesuch wegen Versäumung der [X.]eru-fungsfrist stellen müssen (vgl. [X.]GH, Urteil vom 15. März 1977 - [X.], [X.], 643, 644). Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, der Irrtum des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sei durch ei-ne Fehlinformation des [X.]s hervorgerufen worden, ist das nicht zu berücksichtigen, da die Klägerin hierzu nicht schlüssig vorgetragen hat. Der Umstand, daß der Anwalt selbst unzutreffende Schlüsse und Konsequenzen aus der Auskunft des [X.]s gezogen hat, genügt hierzu nicht.

b) Das [X.]erufungsgericht hat entgegen den [X.] der Rechtsbe-schwerde auch nicht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtli-chen Gehörs gemäß Art. 103 GG verletzt. Die Rechtsbeschwerde zeigt keine besonderen Umstände auf, die zweifelsfrei darauf schließen lie-ßen, daß das [X.]erufungsgericht tatsächliches Vorbringen der Klägerin - 7 - entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Ent-scheidung nicht erwogen hat ([X.]GHZ 154, 288, 300 f. m.w.Nachw.). Das gilt insbesondere auch für die Rüge der Rechtsbeschwerde, das [X.]eru-fungsgericht habe den Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen der Kanzleiangestellten und der Rechtsanwälte nicht zur Kenntnis genom-men. Die eidesstattlichen Versicherungen entsprechen vielmehr in jeder Hinsicht dem Sachvortrag der Klägerin, den das [X.]erufungsgericht [X.] als unschlüssig erachtet hat. Gegen eine solche [X.]ewertung des Vorbringens einer [X.] gewährt Art. 103 GG aber keinen Schutz (vgl. Senatsbeschluß [X.]GHZ 152, 182, 194 und [X.]GH, [X.]eschluß vom 19. Dezember 2002 - [X.], [X.], 992, 994). In [X.]etracht kommt in einem solchen Fall allenfalls ein Verstoß gegen das Grundrecht der betroffenen [X.] auf ein faires willkürfreies Verfahren, der aber in Fällen der Zurückweisung eines Vortrags als unschlüssig in der Regel erst dann anzunehmen ist, wenn die Auffassung des Gerichts unter kei-nem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfrem-den Erwägungen beruht ([X.]GH, [X.]eschlüsse vom 4. Juli 2002 - V Z[X.] 16/02, [X.], 3029, 3031 und vom 19. Dezember 2002 - [X.] aaO). Davon kann hier keine Rede sein.

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das [X.]eru-fungsgericht die Grundrechte der Klägerin auf wirkungsvollen Rechts-schutz und ein willkürfreies Verfahren auch nicht dadurch verletzt, daß es in seiner Entscheidung unter Verkennung des [X.]eweismaßes eine un-umstößliche Gewißheit für die Frage, ob das Urteil der Klägerin - wie sie behauptet - am 28. April 2003 zugestellt worden ist, verlangt hat. Das [X.]erufungsgericht hat vielmehr ausdrücklich ausgeführt, daß der von der Klägerin behauptete Irrtum bei der Ausfüllung des [X.]-- 8 - ses nicht mehr als eine Möglichkeit darstelle. Das aber genügt - wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt - zum [X.]eweis der Unrichtigkeit der in dem [X.] enthaltenen Angaben, an den strenge An-forderungen zu stellen sind, nicht ([X.]GH, [X.]eschluß vom 18. Juni 2002 - [X.], [X.], 3027, 3028 m.w.Nachw.).

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche [X.]edeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die von der Rechtsbeschwerde für grundsätzlich er-achtete Frage, ob die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO auch zu laufen begin-ne, wenn zwar objektiv Umstände vorlägen, die auf eine Verfristung des Rechtsmittels schließen ließen, das Gericht auf eine entsprechende Nachfrage bei dem Prozeßbevollmächtigten aber den Eindruck erwecke, es handele sich um einen Fehler des Gerichts und die Verfristung liege tatsächlich nicht vor, stellt sich nicht. Wie schon ausgeführt, fehlt es an schlüssigem Vortrag der Klägerin, daß ihrem Prozeßbevollmächtigten von Seiten des [X.]s eine falsche Auskunft erteilt worden ist.

[X.] [X.] Joeres

[X.]

Appl

Meta

XI ZB 33/03

13.07.2004

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2004, Az. XI ZB 33/03 (REWIS RS 2004, 2336)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2336

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