Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2008, Az. I ZB 70/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5412

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[X.] vom 21. Februar 2008 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend die Marke Nr. 399 70 457 - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 21. Februar 2008 durch [X.] [X.], Pokrant, Dr. Schaffert, [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den an [X.] Statt am 26. Juni 2007 zugestellten [X.]uss des 25. Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der Markeninhaberin zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Für die Markeninhaberin ist am 24. August 2001 die Wortmarke 1 "Melissengeist" für "Arzneimittel, nämlich Destillat aus Melisse und mindestens Angelikawurzel, Zimtrinde sowie Muskatnusssamen und mit einem Äthanolgehalt von [X.] 65% (V/V)" als durchgesetzte Marke eingetragen worden. - 3 - Die Antragstellerinnen haben die Löschung der Eintragung der Marke [X.]. Mit [X.]uss vom 8. April 2004 hat die Markenabteilung des Deut-schen Patent- und Markenamts die Löschung angeordnet. 2 3 Die Beschwerde der Markeninhaberin ist ohne Erfolg geblieben ([X.] 2007, 467). Dagegen richtet sich die - vom [X.] nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin, deren Zurückweisung die Antragstellerinnen beantragen. I[X.] Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. 4 1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist auch ohne Zulassung statthaft, weil die Markeninhaberin einen im Gesetz aufgeführten, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnenden Verfahrensmangel - die [X.] rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]) - mit konkreter [X.] gerügt hat (vgl. [X.], [X.]. v. 28.8.2003 - I ZB 5/03, GRUR 2004, 76 = [X.], 103 - turkey & corn; [X.]. v. 1.3.2007 - I ZB 33/06, [X.], 534, 535 = [X.], 643 - [X.]). 5 2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet, weil der gerügte Verfahrensmangel nicht vorliegt. 6 a) Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten ei-nes gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit haben, sich zu dem der [X.] Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, und dass das Gericht ihr Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Erwä-gung zieht ([X.] 83, 133, 144; [X.] NJW-RR 2004, 1710, 1712). 7 - 4 - b) Dieses Verfahrensgrundrecht der Markeninhaberin hat das Bundespa-tentgericht nicht verletzt. 8 9 aa) Das [X.] hat den Anspruch der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör nicht dadurch verletzt, dass es den Begriff "Melissengeist" als Warenbezeichnung ohne jegliche Unterscheidungskraft angesehen hat. (1) Die Markeninhaberin macht insoweit geltend, das Bundespatentge-richt habe ihr Vorbringen übergangen, dass die Bezeichnung "Melissengeist" in der Fachliteratur in aller Regel unter Hinweis auf das Produkt der Markeninha-berin oder ihrer Rechtsvorgänger verwendet worden sei, die die Bezeichnung "Melissengeist" erstmals im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung eines solchen Erzeugnisses verwendet hätten. Außerdem seien ihrem Erzeugnis ähn-liche Produkte zuvor meist als "[X.]" bezeichnet worden, in keinem Fall aber als "Melissengeist". 10 Das [X.] hat bei seiner Feststellung, dass die Angabe "Melissengeist" eine Warenbezeichnung ist, die seit vielen Jahren verwendet wird, auf die Ausführungen im [X.]uss der Markenabteilung Bezug genom-men. Dass das [X.] die von der Markenabteilung angeführten Belege für die Verwendung des Begriffs "Melissengeist" als Gattungsbezeich-nung als ausreichend angesehen hat, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. [X.] liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darin, dass sich das [X.] nicht ausdrücklich mit dem als übergangen gerügten Vorbringen der Markeninhaberin auseinandergesetzt hat. Der [X.] auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet nicht dazu, jedes Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in den Gründen gerichtlicher Ent-scheidungen ausdrücklich zu bescheiden ([X.] 50, 287, 289 f.; 96, 205, 216 f.). 11 - 5 - 12 (2) Das [X.] hat ferner dargelegt, der Verkehr verstehe die sprachübliche Wortbildung "Melissengeist" als Sachangabe; die Markenin-haberin habe selbst die Bezeichnung "Melissengeist" als Warenbegriff in den [X.] anderer für sie eingetragener Marken aufgeführt. Das [X.] ist damit aufgrund tatrichterlicher Würdigung ohne Rechts-fehler nicht dem Vortrag der Markeninhaberin gefolgt, von weiten Teilen der maßgeblichen Verkehrskreise werde der Begriff "Melissengeist" von vornherein gar nicht beschreibend, sondern originär als ein Herkunftshinweis auf ein be-stimmtes Unternehmen verstanden. Eine Versagung des rechtlichen Gehörs ist dabei nicht zu erkennen. [X.]) Ebensowenig verletzt es den Anspruch der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör, dass das [X.] als beteiligte Verkehrskreise neben dem Fachverkehr auch die allgemeinen Verkehrskreise berücksichtigt hat. 13 Bereits die Markenabteilung war bei ihrer Entscheidung davon ausgegan-gen, dass hier die allgemeinen Verkehrskreise angesprochen würden und des-halb auf diese abzustellen sei. Entsprechend hatte die Antragstellerin zu 2 in der Beschwerdeinstanz geltend gemacht, dass es sich im vorliegenden Fall um Wa-ren handele, die nahezu jedermann in Anspruch nehmen könne. Die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung des [X.], dass hier die allgemeinen Verkehrskreise angesprochen seien, konnte daher entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde für die Markeninhaberin nicht überraschend sein. 14 Den Vortrag der Markeninhaberin, als maßgebliche Verkehrskreise seien diejenigen Personen auszuschließen, welche die Einnahme alkoholhaltiger Arz-15 - 6 - neimittel ablehnten, hat das [X.] ausdrücklich berücksichtigt und als sachlich nicht zutreffend zurückgewiesen. Diesen - unbezifferten - [X.] hat das [X.] als unbeachtlich angesehen. Er schließt die Personen ein, die sowohl die Einnahme alkoholhaltiger Arzneimittel als auch deren Verwendung als Einreibungsmittel ablehnen. Die [X.] vermag daher eine Verletzung des Anspruchs der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör nicht darzulegen. Sie wendet sich vielmehr lediglich ge-gen die sachliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Im Übrigen zeigt sie auch nicht auf, dass sich die Nichtberücksichtigung dieser Personen im Er-gebnis auf die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung durch das Bundespatent-gericht hätte auswirken können. cc) Gleichfalls ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör im Zusammenhang mit den Feststellungen des [X.] zum [X.] der Bezeichnung "Melissengeist". Das [X.] hat den von der Rechts-beschwerde angeführten Vortrag der Markeninhaberin zu den durchgeführten Verkehrsbefragungen berücksichtigt und sich mit den Ergebnissen der vorgeleg-ten [X.] ausführlich in den Gründen der angefochte-nen Entscheidung auseinandergesetzt. Es hat allerdings einen niedrigeren [X.] ermittelt, als ihn die Markeninhaberin geltend gemacht hat, weil es anders als diese nicht nur auf die Käufer oder Verwender von Gesund-heits- oder Naturheilmitteln oder freiverkäuflicher Arzneimittel, sondern auf die allgemeinen Verkehrskreise abgestellt hat. Die Rechtsbeschwerde wendet sich auch insoweit nur gegen die tatrichterliche Würdigung des [X.]. 16 [X.]) Ohne das Verfahrensgrundrecht der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör zu verletzen, ist das [X.] bei seiner Gesamtwürdigung 17 - 7 - davon ausgegangen, dass die Angaben der Markeninhaberin zu Umsätzen, Marktanteil und [X.] ebenfalls nicht auf eine Verkehrsdurch-setzung der eingetragenen Marke schließen lassen. Die Auffassung des [X.], dass dann, wenn eine reine Warenbezeichnung (hier: "Melis-sengeist") stets zusammen mit einem kennzeichnungskräftigen Bestandteil (hier: "Klosterfrau" und häufig zusätzlich noch mit dem sogenannten "[X.]") benutzt und beworben worden ist, der Verkehr nicht allein schon wegen einer erheblichen Marktführerschaft des [X.] und großem Wer-beaufwand für das fragliche Produkt die bloße Warenbezeichnung als Marke auffassen wird, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die [X.] versucht auch insoweit lediglich, ihre abweichende Auffassung, der Verkehr verstehe die Bezeichnung "Melissengeist" im Rahmen der Gesamtauf-machung der Produkte der Markeninhaberin neben ihrem Unternehmenskenn-zeichen "Klosterfrau" als Herkunftshinweis, an die Stelle derjenigen des [X.] zu setzen. Dieses hat in diesem Zusammenhang berücksich-tigt, dass nach der von der Rechtsbeschwerde angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften das Erfordernis, dass sich eine Marke infolge ihrer Benutzung durchgesetzt haben muss, auch infolge der Benutzung als Bestandteil einer eingetragenen Marke oder in Verbindung mit einer eingetragenen Marke erfüllt sein kann ([X.], Urt. v. 7.7.2005 - [X.]/03, [X.]. 2005, [X.] = GRUR 2005, 763 = [X.], 1159 - [X.]/[X.]). Auch in diesen Fällen ist jedoch erforderlich, dass die angesprochenen [X.] infolge dieser Benutzung die Ware gerade dann, wenn sie allein mit der Be-zeichnung gekennzeichnet wird, deren Eintragung als Marke beantragt wird - also ohne die anderen Kennzeichnungen -, tatsächlich als von einem bestimm-ten Unternehmen stammend wahrnehmen ([X.] GRUR 2005, 763 [X.]. 30 - [X.]/[X.]). Dies hat das [X.] im vorliegenden Fall jedoch rechtsfehlerfrei verneint. - 8 - II[X.] Die Rechtsbeschwerde ist daher mit der Kostenfolge des § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] zurückzuweisen. 18 [X.] Pokrant Schaffert
Kirchhoff Koch Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 26.06.2007 - 25 W(pat) 92/04 -

Meta

I ZB 70/07

21.02.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2008, Az. I ZB 70/07 (REWIS RS 2008, 5412)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5412

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