Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.12.2013, Az. I B 174/12

1. Senat | REWIS RS 2013, 385

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Gegenstand

Bestimmtheit der Zinsfestsetzung - Zusammenfassung mehrerer Zinsansprüche in einem Bescheid - Eigenständige Auslegung eines Zinsbescheids durch den BFH


Leitsatz

NV: Das für Zinsbescheide zu beachtende Bestimmtheitsgebot kann auch dadurch gewahrt werden, dass verschiedene Zinsansprüche in einem formellen Bescheid zusammengefasst werden .

Tatbestand

1

I. Gegenüber der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer KG, wurden im [X.] an den Senatsbeschluss vom 29. November 2006 I R 78-80/05 ([X.], 1091) mit Bescheid vom 19. Juli 2007 "die Aussetzungszinsen (Zinsbetrag Abschnitt [X.]) ... auf … € festgesetzt". In Abschnitt [X.] werden in drei Zeilen u.a. die jeweils ausgesetzten Steuerbeträge (Körperschaftsteuer 1990 sowie für die Körperschaftsteuer 1988 aufgeteilt auf zwei Zeilen), die jeweils nach § 238 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) abgerundeten und zu verzinsenden Beträge sowie in der [X.] die jeweiligen --aus den [X.] ausgewiesen. Die Summe dieser letzten Spalte ergibt gemäß der vierten Zeile die "[X.]/Gesamtbetrag" in Höhe von … € sowie gemäß der fünften Zeile die (den) "[X.]/Gesamtbetrag nach Rundung des jeweiligen Zinsbetrags" in Höhe von … €. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der innerhalb der Festsetzungsfrist des § 239 Abs. 1 [X.] ergangene Bescheid inhaltlich hinreichend bestimmt oder --wie von der Klägerin geltend gemacht-- nichtig ist. Während des [X.] wurden die o.g. Beträge zwar geändert; in der Sache blieb der Rechtsbehelf jedoch ohne Erfolg. Die Klage wurde vom [X.] ([X.]) abgewiesen und die Revision nicht zugelassen ([X.] Nürnberg, Urteil vom 23. Oktober 2012  1 K 128/10). Gegen Letzteres richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

Entscheidungsgründe

2

II. Der Senat kann offen lassen, ob der Vortrag der Klägerin den Anforderungen an die schlüssige Rüge der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) genannten Zulassungsgründe genügt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O). Die Beschwerde ist jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 [X.]O zurückzuweisen, weil das [X.] im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat.

3

Das [X.] ist --ebenso-- wie die Klägerin davon ausgegangen, dass auch die [X.] nach § 239 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 [X.] dem Bestimmtheitsgebot genügen müsse. Dem sei im Streitfall entsprochen worden, da der Bescheid vom 19. Juli 2007 die zum jeweiligen Veranlagungszeitraum gehörigen Zinsbeträge hinreichend präzise und nachvollziehbar dargestellt habe. [X.] sei hierbei, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) nicht für jeden Veranlagungszeitraum einen separaten [X.] erlassen, sondern für mehrere Jahre eine [X.] vorgenommen habe, da der Bescheid dieselbe Zinsart (Aussetzungszinsen nach § 237 [X.]) betreffe und erkennen lasse, für welchen Lebenssachverhalt in welcher Höhe die jeweiligen Zinsen festgesetzt worden seien.

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a) Letztere Wendung ist zwar insoweit nicht eindeutig, als der Formulierung nicht zweifelsfrei entnommen werden kann, ob das [X.] von der Festsetzung nur eines Zinsbetrags (Variante 1) oder von einem sog. zusammengefassten Bescheid (Variante 2) ausgegangen ist, mit dem mehrere materielle [X.]en auf dem nämlichen Schriftstück (Bescheid im formellen Sinne) zusammengefasst worden sind (vgl. dazu [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], § 157 [X.] Rz 5). Dies kann jedoch dahinstehen, da der Vortrag der Klägerin, es sei [X.] von § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O von grundsätzlicher Bedeutung, ob "die Aussetzungszinsen für jeden Körperschaftsteuerveranlagungszeitraum durch gesonderten Bescheid festzusetzen sind", die Revision nicht zu eröffnen vermag.

5

b) Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) ist aus der entsprechenden Geltung des § 157 Abs. 1 Satz 2 [X.] abzuleiten, dass der [X.] die Zinsen nach Art und Betrag bezeichnen und den Schuldner angeben muss ([X.]-Urteile vom 22. Mai 1984 VIII R 60/79, [X.]E 141, 211, [X.] 1984, 697; vom 7. Mai 1993 VI R 93/92, [X.]/NV 1994, 2; [X.]/Rüsken, [X.], 11. Aufl., § 239 Rz 16).

6

aa) Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass diesen Anforderungen an die Bestimmtheit des Bescheids durch den Erlass eines zusammengefassten [X.]s (Variante 2) entsprochen werden kann.

7

bb) Fraglich kann allenfalls sein, ob auch ein einheitlicher [X.] [X.] der Variante 1 unter der Voraussetzung ergehen kann, dass die für verschiedene Veranlagungszeiträume in einem Betrag festgesetzten Aussetzungszinsen die nämliche Steuerart (hier: Körperschaftsteuer) betreffen.

8

Hierfür könnte sprechen, dass im Schrifttum eine nicht aufgegliederte Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle dann als unschädlich angesehen wird, wenn im Einzelfall der Bestimmtheitsgrundsatz nicht tangiert wird ([X.] in [X.]/ [X.]/[X.], § 157 [X.] Rz 5). Andere leiten hingegen aus dem Bestimmtheitsgebot ab, dass die [X.] durchgängig --also auch bei [X.] für jeden einzelnen [X.] materiell gesondert festgesetzt werden müssen und die [X.]en nur formell miteinander verbunden werden können ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 239 [X.] Rz 6).

9

Der Streitfrage käme jedoch in einem Revisionsverfahren keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, da der Senat zur eigenständigen Auslegung des [X.]s vom 19. Juli 2007 befugt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 25, m.w.N.) und danach vorliegend von [X.]en [X.] der Variante 2 auszugehen ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Verfügungsteil des Bescheids die festgesetzten Aussetzungszinsen mit dem Klammerzusatz "Zinsbetrag Abschnitt [X.]" gekennzeichnet werden und in Abschnitt [X.] die insgesamt angefallene [X.] nicht auf der Basis eines --alle Veranlagungszeiträume erfassenden-- Zinsbetrags, sondern als "Gesamtbetrag nach Rundung des jeweiligen Zinsbetrags" ausgewiesen wird. Nimmt man hinzu, dass auch die jeweiligen Zinsbeträge auf der Basis der jeweils nach § 238 Abs. 2 [X.] gerundeten zu verzinsenden Beträge ermittelt wurden, so wird deutlich, dass der Bescheid nur auf die formell zusammengefasste Festsetzung der einzelnen materiellen [X.] gerichtet war.

Meta

I B 174/12

11.12.2013

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 23. Oktober 2012, Az: 1 K 128/10, Urteil

§ 157 Abs 1 S 2 AO, § 235 AO, § 239 AO, § 115 FGO, § 126 Abs 4 FGO, § 118 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.12.2013, Az. I B 174/12 (REWIS RS 2013, 385)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 385

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