Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.08.2010, Az. 4 AZR 23/09

4. Senat | REWIS RS 2010, 3829

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Gegenstand

Eingruppierung als Oberarzt nach dem TV-Ärzte - Übertragung medizinischer Verantwortung


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 27. Oktober 2008 - 5 [X.] 843/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, seit wann die Klägerin als Oberärztin im Sinne der [X.] Ä 3 (Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 ([X.]/[X.]) anzusehen ist und welcher Stufe dieser [X.] sie zuzuordnen ist.

2

Seit Januar 1982 ist die Klägerin als Zahnärztin bei dem beklagten [X.] beschäftigt. Sie ist dort in der Poliklinik für Chirurgische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde tätig, die von Prof. Dr. W geleitet wird. Diese Poliklinik gehört zum [X.], das unter der Leitung des Direktors steht, im streitgegenständlichen Zeitraum Prof. Dr. J. Mit Schreiben vom 17. November 1992 teilte Prof. Dr. W der Verwaltung der Beklagten mit, dass er zwei Ärzte, die Klägerin und Dr. B, ab dem 1. Dezember 1992 „mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines Oberarztes (m.d.[X.]) beauftragen möchte“ und dass im Fall seiner Abwesenheit beide Benannten zeichnungsberechtigt für die wichtigen laufenden Tagesentscheidungen sein sollen. Mit Schreiben des Ärztlichen Direktors der Beklagten vom 5. Februar 1998, vom 19. März 2001 und vom 17. November 2005 wurde die Klägerin jeweils für die Dauer von drei Jahren zur ersten Stellvertreterin des Direktors der Poliklinik bestellt. In den Schreiben der Jahre 2001 und 2005 wurde darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine ständige Vertretung, sondern um eine Abwesenheitsvertretung handele.

3

Das von Prof. Dr. W unterzeichnete [X.] vom 21. Februar 2005 weist neben der Klägerin zwei weitere Oberärzte der Poliklinik aus. Als Aufgaben der Klägerin sind genannt:

        

„       

Vertretung des Direktors

                 

Dienst-/Urlaubsplan incl. aller Tafeln

                 

Kursorganisation mit Frau Dr. H

                 

Examensvorbereitung

                 

Transfusionsbeauftragte + Chargendokumentation

                 

Spezialgebiet: Implantatsprechstunde“

4

Außerdem war die Klägerin zur Laserschutzbeauftragten bestellt worden und in der Lehre unter anderem als stellvertretende Prüferin für das zahnmedizinische Staatsexamen tätig.

5

Die Klägerin ist nicht Mitglied im [X.], der mit der [X.] ([X.]) den [X.]/[X.] abgeschlossen hat. Die Beklagte ist nach eigenen Angaben ua. an den [X.]/[X.] gebunden und hat die Vergütung der Klägerin zuvor nach [X.] ([X.]) abgerechnet.

6

Mit Schreiben vom 19. November 2006, überschrieben mit „Betr.: Bezahlung nach [X.] ab 1.7.2006“, machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die „Einstufung als Oberärztin und die Zahlung der Zulage auf Oberarzteinstufung für die Monate Juli bis Oktober 2006 gemäß [X.]“ geltend.

7

Mit Schreiben der Beklagten vom 15. Oktober 2007 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 15. September 2007 „zur Oberärztin im Sinne von § 12 des geltenden [X.]“ in der Poliklinik bestellt, wobei ihr die medizinische Verantwortung für die „([X.]“ „Implantologie und Weiterbildung der Assistenten zum Erwerb der Facharztanerkennung“ übertragen wurde. Rückwirkend ab dem 1. November 2006 erhielt sie Vergütung nach der [X.] Ä 3 Stufe 1 in Höhe von 5.950,00 Euro brutto.

8

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin im Wesentlichen die Feststellung, dass ihr bereits seit dem 1. Juli 2006 eine Vergütung in der Höhe der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] zusteht, und zwar nach der Stufe 3 dieser [X.], sowie die Nachzahlung sich daraus ergebender Differenzbeträge. Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei bereits länger als sieben Jahre als Oberärztin für die Beklagte tätig gewesen, so dass sie Vergütung nach der [X.] Ä 3 Stufe 3 [X.]/[X.] („ab dem 7. Jahr“) verlangen könne. Seit 1992 trage sie die Bezeichnung einer Oberärztin der Poliklinik für Chirurgische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und nehme dieselben Aufgaben wahr wie diejenigen, derentwegen die Beklagte sie mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 „zur Oberärztin im Sinne von § 12 des geltenden [X.]“ bestellt habe. Die Übertragung der medizinischen Verantwortung im Sinne des [X.]/[X.] ergebe sich insbesondere aus dem Schreiben von Prof. Dr. W vom 17. November 1992. Dabei habe es sich nicht lediglich um einen Antrag gehandelt, sondern diese Übertragung sei von der Beklagten akzeptiert worden. Dies zeige sich bereits daran, dass sie fortan in dem von der Beklagten herausgegebenen Vorlesungsverzeichnis als Oberärztin geführt worden sei. Die Übertragung ergebe sich auch aus der nicht auf Abwesenheit beschränkten Bestellung zur ersten Stellvertreterin des [X.] vom 5. Februar 1998 durch den Ärztlichen Direktor der Beklagten sowie aus den entsprechenden Bestellungen der Folgejahre und dem [X.] vom 21. Februar 2005, worin konkludent die Übertragung der Oberarztaufgaben enthalten sei. Bis 2001 sei sie auch alleinige Oberärztin in der Poliklinik gewesen.

9

Seit 1992 sei sie fortlaufend maßgeblich an der Ausbildung von [X.] beteiligt gewesen, die jeweils nach ihrer Fachzahnarztprüfung noch mehrere Monate - ua. bis zu 30 Monaten in namentlich genannten Einzelfällen - unter der Weisung der Klägerin in der Poliklinik tätig gewesen seien. Zu berücksichtigen sei auch, dass sie Transfusionsbeauftragte und Laserschutzbeauftragte sei und die Befugnis zur Ausstellung sog. Oberarztrezepte habe. Zudem trage sie medizinische Verantwortung bei besonders schwierigen Operationen und in der zahnärztlichen Weiterbildung sowie in der akademischen Lehre. Diese Tätigkeiten seien auch tarifvertraglich zu berücksichtigen, weil sie größtenteils am Patienten wahrgenommen würden.

Zudem sei ihr vom Arbeitgeber die selbständige Leitung der interdisziplinären [X.] als Spezialfunktion im [X.] übertragen worden. Zusatzweiterbildungsveranstaltungen zur Implantologie würden unter ihrer Mitwirkung in den Räumen der Beklagten mit deren Wissen durchgeführt. Ihr sei schließlich auch der „Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie“ mit Zertifikat von verschiedenen Verbänden und Gesellschaften im Bereich der Implantologie zuerkannt worden.

Mit dem [X.] verlangt die Klägerin eine Zulage für die Monate Juli bis Oktober 2006 in Höhe von 1.300,00 Euro pro Monat sowie für die Folgezeit eine Zahlung in Höhe von 850,00 Euro pro Monat als Differenzbetrag zwischen der Stufe 3 (6.800,00 Euro) und der Stufe 1 (5.950,00 Euro) der [X.] Ä 3 [X.]/[X.].

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Monate Juli bis Oktober 2006 jeweils einen Bruttobetrag von 1.300,00 Euro und für die Monate von November 2006 bis September 2008 monatlich 850,00 Euro brutto nachzuzahlen und die Nachzahlungsbeträge mit 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen;

        

2.    

festzustellen, dass die Klägerin auch ab dem 1. Oktober 2008 nach [X.] Ä 3 Stufe 3 TV-Ärzte/[X.] zu vergüten ist und dass die Beklagte verpflichtet ist, Rückstände ab dem 1. des jeweiligen Folgemonats mit 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass die [X.]e einer Oberärztin iSd. [X.] Ä 3 [X.]/[X.] bei der Klägerin nicht vor dem 15. September 2007 erfüllt seien, weshalb sie folgerichtig auch nur nach der Stufe 1 dieser [X.] zu vergüten sei. Vor diesem Datum sei der Klägerin die medizinische Verantwortung im [X.] zu keinem Zeitpunkt übertragen worden, zudem habe sie nicht hinlänglich dargetan, dass sie in Ausübung ihrer Arbeitstätigkeit bis September 2007 die medizinische Verantwortung im tariflichen Sinne zu mehr als 50 % getragen habe. Insbesondere sei eine Unterstellung von Fachärzten nicht substantiiert vorgetragen; diese - oder Zahnärzte mit Gebietsbezeichnung, falls diese gleichzustellen wären - seien der Klägerin auch nicht unterstellt gewesen. Im Hinblick auf das [X.] der [X.] Ä 3 zweite Fallgr. [X.]/[X.] sei bereits fraglich, ob das Führen der [X.], die nur alle 14 Tage dienstags von 14.00 bis 17.15 Uhr stattfinde, eine Spezialfunktion iSd. [X.] sei. Jedenfalls mache diese Tätigkeit auch unter Hinzurechnung von Vor- und Nachbereitungszeiten zeitlich nicht mindestens 50 % der Tätigkeit der Klägerin aus.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das [X.] hat ihre [X.]erufung gegen das klageabweisende arbeitsgerichtliche Urteil zu Recht zurückgewiesen.

I. Der Erfolg der Klage hängt davon ab, ob die Klägerin vor dem 1. November 2006, von dem an die [X.]eklagte sie nach Stufe 1 der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] vergütet hat, Oberärztin im Sinne dieses Tarifvertrages war. Dies ist ihrem Vortrag indes nicht zu entnehmen, weshalb die Vorinstanzen ihre Klage zu Recht abgewiesen haben. Da die Klägerin vor dem 1. November 2006 die Voraussetzung für eine Vergütung nach der [X.] Ä 3 nicht erfüllt hat, kann sie für die Folgezeit weder Vergütung nach Stufe 3 dieser [X.] und eine dahingehende Feststellung verlangen noch für die [X.] vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Oktober 2006 verlangen, dass ihr der Unterschiedsbetrag zwischen ihrer tatsächlich erhaltenen Vergütung und einer Vergütung nach [X.] Ä 3 Stufe 3 nachgezahlt wird.

1. Dabei kann dahinstehen, auf welcher Grundlage der [X.]/[X.] überhaupt auf das Arbeitsverhältnis der [X.]en Anwendung findet.

a) Eine Geltung des [X.]/[X.] seit seinem Inkrafttreten am 1. November 2006 ergibt sich nicht nach §§ 3, 4 [X.]. Die Klägerin ist nicht Mitglied des [X.] und deshalb an diesen Tarifvertrag nicht gebunden.

b) Dem Vortrag der [X.]en ist nicht zu entnehmen, dass mit dem schriftlichen Arbeitsvertrag oder einem Änderungsvertrag der [X.]/[X.] in [X.]ezug genommen worden wäre. Allerdings spricht nach dem beiderseitigen Vortrag alles dafür, dass der [X.]/[X.] nach dem übereinstimmenden Willen der [X.]en auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll. Seitens der [X.]eklagten ergibt sich ein dahingehender Wille jedenfalls aus dem Schreiben vom 15. Oktober 2007. Die Klägerin hat ihren Willen, nach diesem Tarifvertrag vergütet zu werden, jedenfalls mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 19. November 2006 und der Klageerhebung zum Ausdruck gebracht.

2. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es insoweit nicht, weil die Klägerin in der [X.] vor dem 1. November 2006 die Anspruchsvoraussetzungen der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] nicht erfüllt.

a) Für die Entscheidung über das auf den [X.]/[X.] gestützte Klagebegehren kommt es auf die folgenden [X.]estimmungen an, die nach § 1 [X.]/[X.] grundsätzlich auch auf Zahnärzte Anwendung finden:

        

„§ 12 

        

Eingruppierung

        

Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

        

[X.]

[X.]ezeichnung

        

Ä 1     

Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit

        

Ä 2     

Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit

        

Ä 3     

Oberärztin/Oberarzt

                 

Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

                 

Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.

        

Ä 4     

Fachärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

                 

(Protokollerklärung: Ständiger Vertreter ist nur der Arzt, der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden.)

        

…       

        

§ 16   

        

Stufen der Entgelttabelle

        

(1)     

Die [X.] Ä1 umfasst fünf Stufen; die [X.]n Ä2 bis Ä4 umfassen drei Stufen. Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den [X.]en ärztlicher (Ä1), fachärztlicher (Ä2), oberärztlicher (Ä3) Tätigkeit beziehungsweise der Tätigkeit als ständiger Vertreter des leitenden Arztes (Chefarztes), die in den Tabellen (Anlagen A und [X.]) angegeben sind.

        

…“    

In den Anlagen A und [X.] sind für die [X.] Ä 3 [X.]/[X.] folgende Stufen der Entgeltsteigerung vorgesehen: Stufe 1 „ab dem 1. Jahr“, Stufe 2 „ab dem 4. Jahr“ und Stufe 3 „ab dem 7. Jahr“.

b) Eine Eingruppierung in die [X.] Ä 3 erste Fallgr. [X.]/[X.] kommt nach dem Vortrag der Klägerin bereits deshalb nicht in Frage, weil bei der ihr übertragenen Tätigkeit die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik/Abteilung im tariflichen Sinne nicht besteht.

aa) Dabei kommt es auf den zeitlichen Zuschnitt von Einzeltätigkeiten innerhalb der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit iSd. Einleitungssatzes von § 12 [X.]/[X.] nicht an, weil im streitgegenständlichen [X.]raum bei keinem denkbaren zeitlichen Zuschnitt der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit das Tatbestandsmerkmal „medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung“ des [X.]s der [X.] Ä 3 erste Fallgr. [X.]/[X.] erfüllt ist.

[X.]) Der Senat hat in verschiedenen Urteilen seit dem 9. Dezember 2009 (ua. - 4 [X.] - Rn. 45 ff., [X.] 2010, 895) ausgeführt, dass die Eingruppierung einer Ärztin als Oberärztin (im Hinblick auf die klagende [X.] wird im Folgenden stets die weibliche Form gewählt) iSd. [X.] Ä 3 erste Fallgr. [X.]/[X.] ua. voraussetzt, dass der Ärztin die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung übertragen worden ist. Die Tarifvertragsparteien haben dabei von einer ausdrücklichen [X.]estimmung dessen, was unter medizinischer Verantwortung im tariflichen Sinne zu verstehen ist, abgesehen. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass das [X.] nur dann erfüllt werden kann, wenn der Oberärztin ein Aufsichts- und - teilweise eingeschränktes - Weisungsrecht auch hinsichtlich des medizinischen Personals zugewiesen worden ist. Dabei genügt es nicht, dass in dem Teilbereich Ärztinnen der [X.] Ä 1 (Assistenzärztinnen und Ärztinnen in Weiterbildung) tätig sind. Ihr muss auch mindestens eine Fachärztin der [X.] Ä 2 unterstellt sein. Ferner ist idR erforderlich, dass die Verantwortung für den [X.]ereich ungeteilt bei ihr liegt.

Das [X.] der [X.] Ä 3 stellt hinsichtlich der übertragenen Verantwortung maßgebend auf deren Reichweite ab. Diese muss sich in personeller Hinsicht auch auf Fachärztinnen und in organisatorischer Hinsicht als Alleinverantwortung auf den gesamten betreffenden [X.]ereich der Klinik oder Abteilung beziehen. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung dieser [X.] innerhalb der durch die Vergütungsordnung gestalteten Hierarchie der [X.]n (ua. [X.]AG 9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 47, [X.] 2010, 895).

cc) Diese Vorgaben sind hier bereits deshalb nicht erfüllt, weil der Klägerin zwar Verantwortung, jedoch nicht die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik/Abteilung im tariflichen Sinne übertragen worden ist. Eine mögliche „Ernennung“ zur Oberärztin allein, selbst wenn sie von einer dazu bevollmächtigten Chefärztin vorgenommen worden sein sollte, ist tarifrechtlich ohne [X.]edeutung.

(1) Eine Übertragung der medizinischen Verantwortung einer Oberärztin iSd. [X.] Ä 3 erste Fallgr. [X.]/[X.] ist nicht durch das Schreiben von Prof. Dr. W vom 17. November 1992 erfolgt, selbst wenn die dortige Übertragung der [X.]eklagten nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht zuzurechnen sein sollte.

(a) Die Klägerin bezieht sich für die Übertragung der medizinischen Verantwortung im [X.] in erster Linie auf das Schreiben vom 17. November 1992, das Prof. Dr. W als Leiter der „Poliklinik für Chirurgische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“ an die [X.]eklagte gerichtet hat.

(b) Dieses Schreiben erfüllt schon deshalb nicht die tariflichen Anforderungen, weil die dort angesprochene Übertragung der Wahrnehmung der Aufgaben eines Oberarztes nicht auf die Klägerin allein, sondern nur zusammen mit Dr. [X.] erfolgen sollte. Zudem ist nicht ersichtlich, auf welchen (Teil-)[X.]ereich sie gerichtet sein soll.

(aa) Das Schreiben vom 17. November 1992 kann nur so verstanden werden, dass der unterzeichnende Prof. Dr. W als Leiter der Organisationseinheit „Poliklinik für Chirurgische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“ zwei andere Ärzte - die Klägerin sowie Dr. [X.] - als Oberärzte für eben diesen [X.]ereich beauftragen möchte. Damit fehlt es bereits bei dem von der Klägerin in Anspruch genommenen Schreiben an der notwendigen Übertragung der ungeteilten Alleinverantwortung, wie sie das tarifvertragliche [X.] als erforderlich verlangt. Hinzu kommt der Zusatz „m.d.[X.].“, der einschränkend zu verstehen ist, zumal dem Schreiben deutlich zu entnehmen ist, dass die damit übertragene - organisatorische - Verantwortung sich lediglich auf die Abwesenheit des Unterzeichnenden bezieht und keine Alleinverantwortung für einen Organisationsbereich begründen soll.

([X.]) Im Text des Schreibens ist auch kein Teil- oder Funktionsbereich genannt, auf den die [X.] bezogen sein soll. Einzig der [X.]riefkopf des Schreibens weist einen [X.]ereichsbezug auf, nämlich „Poliklinik für Chirurgische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“. Die Klägerin beruft sich demgegenüber auf ihre Verantwortung für „die Teilbereiche ‚Implantologie und Weiterbildung der Assistenten zum Erwerb der Facharztanerkennung’ der Poliklinik“. Eine hierauf bezogene [X.] ist dem Schreiben vom 17. November 1992 indes nicht zu entnehmen.

(2) Nichts anderes ergibt sich aus den Schreiben des Ärztlichen Direktors der [X.]eklagten vom 5. Februar 1998, vom 19. März 2001 und vom 17. November 2005. Auch mit ihnen ist keine medizinische Alleinverantwortung bezogen auf den gesamten betreffenden [X.]ereich der Klinik oder Abteilung oder einen Teil davon übertragen worden; auch in ihnen ging es um die - organisatorische - Stellvertretung des Direktors der Poliklinik. Dabei ist unerheblich, dass im ersten dieser Schreiben nicht ausdrücklich auf Abwesenheitsvertretung [X.]ezug genommen wurde. Auch die Stellvertretung in Anwesenheit oder „ständige Vertretung“ gehört nicht zu den Tatbestandsmerkmalen des [X.]s der geltend gemachten [X.] Ä 3 erste Fallgr. [X.]/[X.].

(3) Auch das von Prof. Dr. W unterzeichnete [X.] vom 21. Februar 2005 stützt nicht die Auffassung der Klägerin. Es weist neben der Klägerin als „Vertretung des Direktors“ zwei weitere Oberärzte der Poliklinik aus, dokumentiert damit also geteilte Verantwortung statt Alleinverantwortung.

(4) Ein Eintrag als Oberärztin in dem von der [X.]eklagten herausgegebenen Vorlesungsverzeichnis ist für die Eingruppierung als Oberärztin ohne [X.]edeutung. Der [X.]/[X.] macht die entsprechende Eingruppierung nicht von einer Dienstbezeichnung, sondern von einer bestimmten Stellung in der medizinischen Verantwortungsstruktur der Klinik abhängig.

(5) Ebenfalls ohne [X.]edeutung für die tarifliche Eingruppierung ist, dass die [X.]eklagte der Klägerin bei unveränderter Tätigkeit mittlerweile ausdrücklich erklärt hat, ihr die medizinische Verantwortung einer Oberärztin im [X.] zu übertragen. Eine solche Zuweisung, von der nicht einmal zu erkennen ist, ob sie auf der Grundlage einer Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der entsprechenden Vergütungsgruppe erfolgt ist, wirkt nicht auf die [X.] vor dem Übertragungsakt zurück. Sie ersetzt nicht die von den Tarifvertragsparteien geforderte Erfüllung des [X.]s.

(6) Die weiteren von der Klägerin angeführten Aufgaben und Funktionen - ua. in der Ausbildung von Fachzahnärztinnen, als Transfusions- und Laserschutzbeauftragte, bei besonders schwierigen Operationen, in der Weiterbildung und Lehre sowie als Prüferin - sowie auch die [X.]efugnis zur Ausstellung von sogenannten „Oberarztrezepten“ haben keinen [X.]ezug zu den tariflichen Anforderungen für eine Eingruppierung in der [X.] Ä 3 erste Fallgr. [X.]/[X.]. Sie können den [X.] deshalb nicht stützen.

(7) Schließlich ist auch unerheblich, ob die Klägerin zeitweilig, nämlich von 1992 oder 1998 an - diesbezüglich sind dem Klägervortrag unterschiedliche Angaben zu entnehmen - tatsächlich alleinige „Oberärztin“ der Poliklinik gewesen ist. [X.]ezogen auf die Poliklinik als Ganzes liegt die medizinische Verantwortung im [X.] ersichtlich bei deren Leiter, Prof. Dr. W. Insoweit macht die Klägerin auch nicht die medizinische Verantwortung im [X.] geltend.

c) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Vergütung nach der [X.] Ä 3 zweite Fallgr. [X.]/[X.]. Ihr Vortrag lässt nicht erkennen, dass ihre Tätigkeit für die [X.]eklagte das tarifliche Merkmal des Facharztes in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion erfüllt, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert. Zudem nimmt die von ihr angeführte „selbständige Leitung der interdisziplinären [X.]“ nicht mindestens die Hälfte der von ihr auszuübenden Tätigkeit iSd. Einleitungssatzes von § 12 [X.]/[X.] ein.

aa) Das [X.] der zweiten Fallgruppe nimmt [X.]ezug auf die Vorgaben der [X.] in den [X.] zum Erwerb von Kompetenzen, die Gegenstand der Schwerpunkt- und Zusatzweiterbildung und dazugehöriger Prüfung vor den [X.] sind. Nur im Hinblick darauf können mit einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion die Vorgaben der [X.] Ä 3 zweite Fallgr. [X.]/[X.] erfüllt werden ([X.]AG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 841/08 - Rn. 32). Inwiefern die Klägerin eine derartige Kompetenz erworben hat, trägt sie ebenso wenig substantiiert vor, wie sie darlegt, dass die [X.]eklagte diese für die Übertragung der [X.] vorausgesetzt hat.

[X.]) Darüber hinaus hat das [X.] in der [X.]egründung seiner Entscheidung (S. 13) für das Revisionsgericht bindend festgestellt, dass die [X.] unstreitig nur alle zwei Wochen am Dienstag jeweils von 14.00 Uhr bis 17.15 Uhr durchgeführt worden ist. Dies ist von der Klägerin nicht mit einer entsprechenden Verfahrensrüge angegriffen worden. [X.]ei der Durchführung der [X.] handelt es sich in jedem Falle um eine tariflich gesondert zu bewertende Teiltätigkeit. Sie allein kann angesichts von § 12 [X.]/[X.] die Eingruppierung in die [X.] Ä 3 zweite Fallgr. nicht begründen.

d) Soweit die Klägerin ihre prozessualen Rechte verletzt sieht, kann sie damit nicht durchdringen.

aa) Soll die Revision auf eine Verletzung des Gesetzes in [X.]ezug auf das Verfahren gestützt werden, sind nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. b ZPO die Tatsachen zu bezeichnen, die den Verfahrensmangel ergeben.

[X.]) Die Klägerin rügt eine nicht ausreichende Aufklärung durch das [X.] und meint, sie habe einen zusätzlichen [X.]eweis in Form des Zeugnisses des [X.] angeboten, den das [X.], da es den Sachverhalt nicht als hinreichend dargelegt angesehen habe, hätte erheben müssen.

cc) Diese Rüge ist bereits unzulässig, denn die Klägerin hat nicht gemäß der Anforderungen von § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. b ZPO die Tatsachen bezeichnet, die den Verfahrensmangel ergeben. Dazu hätte nach § 286 ZPO ua. nach [X.]eweisthema und [X.]eweismittel angegeben werden müssen, zu welchem Punkt das [X.] rechtsfehlerhaft eine an sich gebotene [X.]eweisaufnahme unterlassen hat und welches Ergebnis diese [X.]eweisaufnahme gehabt hätte. Die Klägerin hat schon nicht angegeben, warum eine [X.]eweisaufnahme geboten gewesen sei. Sie hat auch nicht ausgeführt, welches Ergebnis eine solche gehabt hätte.

Im Übrigen obliegt im Eingruppierungsrechtsstreit grundsätzlich der klagenden [X.] die Darlegungs- und [X.]eweislast dafür, dass die tariflichen Voraussetzungen der beanspruchten Vergütung erfüllt werden. Der [X.]eweisantritt dient der [X.]eweisführung von für streitig gebliebene Tatsachen, die von der darlegungs- und beweisbelasteten [X.] vorgetragen worden sind. Dies verkennt die Revision, die offenbar rechtsirrig davon ausgeht, dass der [X.]eweisantritt den Vortrag von Tatsachen ersetzen oder ergänzen kann.

II. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, da die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel ohne Erfolg bleibt.

        

    [X.]epler    

        

    [X.]epler    

        

    Winter    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Dierßen    

        

        

Meta

4 AZR 23/09

25.08.2010

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bonn, 15. Mai 2008, Az: 3 Ca 3431/07, Urteil

§ 12 Entgeltgr Ä3 TV-Ärzte, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.08.2010, Az. 4 AZR 23/09 (REWIS RS 2010, 3829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3829

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1 Ca 1356/11

4 Ca 506/10 lev

12 Ca 6773/10

7 Sa 885/10

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