Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.06.2023, Az. V ZB 5/22

5. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 4481

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Gegenstand

Dingliches Vorkaufsrecht an einem Wohnungseigentum: Erfordernis der Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten bei der realen Teilung des Grundstücks, der Aufhebung des Sondereigentums und der Änderung einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer


Leitsatz

1a. Der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum wird durch die reale Teilung des Grundstücks vor Eintritt des Vorkaufsfalls in seiner dinglichen Rechtsstellung nicht berührt, da sich das Vorkaufsrecht an dem abgeschriebenen, neuen Grundstück fortsetzt. Infolgedessen erfordert die Realteilung für sich genommen nicht die Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten.

1b. Die Aufhebung des Sondereigentums vor Eintritt des Vorkaufsfalls bedarf nicht der Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten.

2. Die Änderung einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer (hier: Aufhebung des Sondernutzungsrechts) bedarf ebenfalls nicht der Zustimmung des Berechtigten eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beteiligten zu 4 werden der Beschluss des [X.] - 15. Zivilsenat - vom 31. Januar 2022 und die Zwischenverfügung des [X.] - Grundbuchamt - vom 24. September 2021 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag vom 13. August 2021 auf Aufhebung des Sondereigentums an dem Flurstück 3/31 nicht aus den in Ziffer 2 der Zwischenverfügung vom 31. Januar 2022 genannten Gründen abzulehnen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Der im Eingang dieses Beschlusses genannte Grundbesitz besteht aus einer Teil- und drei Wohnungseigentumseinheiten. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind Miteigentümer des [X.] und jeweils Eigentümer einer der drei Eigentumswohnungen. Mit dem Teileigentum (Blatt 14688) ist ein Sondernutzungsrecht an einer näher bezeichneten Gartenfläche verbunden. In den [X.]n (Blätter 14689 bis 14691) ist zugunsten des teilenden Eigentümers jeweils ein Vorkaufsrecht eingetragen. Die Beteiligten zu 1 bis 3 veräußerten mit notariellem Kaufvertrag vom 6. April 2021 an die Beteiligten zu 4 und 5 aus dem Grundstück einen noch zu vermessenden Teil der Gartenfläche in einer Größe von ca. 74 qm zu hälftigem Miteigentum. Dabei handelt es sich um einen Teil der der [X.]einheit zugeordneten Sondernutzungsfläche. Nach der Vermessung der veräußerten Teilfläche wurde das ursprüngliche Flurstück zerlegt; in den Bestandsverzeichnissen der Teil- und Wohnungseigentumsgrundbücher sind seither unter der Nummer 1 jeweils zwei Flurstücke eingetragen, nämlich das ursprüngliche und jetzt auf 568 qm verkleinerte Flurstück 3/12 mit dem aufstehenden Gebäude sowie das neue Flurstück 3/31 mit einer Größe von 74 qm.

2

Die Beteiligten beantragen zum Vollzug der Veräußerung der Teilfläche die Aufhebung des Sondereigentums an dem Flurstück 3/31. Das Grundbuchamt hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - den Beteiligten zu 1 bis 3 mit Zwischenverfügung aufgegeben, zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung des [X.] vorzulegen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4 ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte sie weiterhin die Aufhebung der Zwischenverfügung erreichen.

II.

3

Nach Ansicht des [X.] setzt die beantragte Grundbucheintragung als Inhaltsänderung neben den nach § 4 [X.] im notariellen Kaufvertrag bereits abgegebenen Erklärungen der Wohnungseigentümer die Bewilligung (§ 19 GBO) des dinglich [X.] voraus, da dieser materiell-rechtlich gemäß § 9 Abs. 2 [X.], §§ 876, 877 BGB zustimmen müsse. Der dinglich [X.] werde in seiner Rechtsstellung berührt. Mit dem Vorkaufsrecht belastet sei der mit dem Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteil der jeweiligen Wohnungseigentümer an dem gesamten Grundstück, der bei Ausübung des Vorkaufsrechts von dem Berechtigten erworben werde. Ändere sich der Bestand des Gesamtgrundstücks, sei somit auch das dem [X.] zustehende Miteigentumsrecht betroffen. Mit der gemäß dem notariellen Kaufvertrag bezweckten Abtrennung der Teilfläche und der beantragten Aufhebung des Sondereigentums hieran würden sämtliche Miteigentümer der [X.] in ihrem Miteigentumsrecht beeinträchtigt, welches sich nunmehr auf ein flächenmäßig kleineres Grundstück beziehe. Damit sei eine Beeinträchtigung der Rechte des dinglich [X.] nicht auszuschließen. Das Zustimmungserfordernis ergebe sich auch aufgrund der zum Vollzug der Realteilung erforderlichen Aufhebung des Sondereigentums an dem abgetrennten Grundstücksteil. Dadurch ändere sich der Inhalt des [X.]es.

4

Schließlich habe die reale Teilung des Grundstücks Auswirkungen auf das dem Teileigentum zugeordnete Sondernutzungsrecht. Zwar seien die Eigentümer der mit dem Vorkaufsrecht belasteten Wohneinheiten ohnehin von der Nutzung der Fläche ausgeschlossen. Sie könnten aber von dem Sondernutzungsberechtigten die Einhaltung der vereinbarten Gebrauchsbestimmung (hier: Nutzung als Gartenfläche) verlangen. Mit der Übertragung der Teilfläche auf einen anderen Eigentümer sei ein Verlust dieser Einwirkungsmöglichkeit innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verbunden, was die Rechte des [X.] beeinträchtigen könne.

III.

5

Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Annahme des [X.], die Zwischenverfügung des [X.] sei zu Recht ergangen, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Zu der beantragten Aufhebung des Sondereigentums an dem veräußerten Grundstücksteil bedarf es nicht der Bewilligung des dinglich [X.] nach § 19 GBO.

6

1. Im Ausgangspunkt zutreffend erkennt das Beschwerdegericht, dass die Eintragung der Aufhebung des Sondereigentums nach § 19 GBO nur erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen ist. Betroffen im Sinne des § 19 GBO ist jeder, dessen grundbuchmäßiges Recht durch die vorzunehmende Eintragung nicht nur wirtschaftlich, sondern rechtlich beeinträchtigt wird oder zumindest rechtlich nachteilig berührt werden kann (Senat, Beschluss vom 13. September 2000 - [X.], [X.], 133, 136 mwN). Ist nach materiellem Recht für die Rechtsänderung die Zustimmung des Drittberechtigten notwendig, so ist [X.] seine Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO erforderlich (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 - [X.], [X.], 343, 347; Beschluss vom 19. September 2019 - [X.] 119/18, [X.], 1315 Rn. 13).

7

2. Entgegen der Auffassung des [X.] bedarf die Aufhebung des Sondereigentums an der veräußerten [X.] neben der im notariellen Kaufvertrag vom 6. April 2021 bereits erklärten Einigung der unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer keiner Zustimmung des dinglich [X.] gemäß § 9 Abs. 2 [X.], §§ 877, 876 Satz 1 BGB.

8

a) Zutreffend legt das Beschwerdegericht seiner Entscheidung allerdings zugrunde, dass die Wohnungseigentümer über Teile des gemeinschaftlichen Grundstücks verfügen können; eine solche Verfügung betrifft die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und kann - wie hier - nach § 747 Satz 2 BGB nur gemeinschaftlich erfolgen (vgl. Senat, Urteil vom 12. April 2013 - [X.], [X.], 330 Rn. 8 f.; [X.], NJW-RR 1990, 1042, 1043; [X.]/Armbrüster, [X.], 15. Aufl., § 1 Rn. 65). Bei der Eintragung der Grundstücksteilung wird an dem abzuschreibenden Teil die bisherige Verbindung der Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum (§ 1 Abs. 2 und 3 [X.]) aufgehoben und Bruchteilseigentum begründet (vgl. [X.]/[X.], BGB [2018], § 1 [X.] Rn. 25a; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 2983; [X.], [X.] 1991, 607, 608).

9

b) Im Grundsatz zutreffend ist darüber hinaus, dass die Aufhebung des Sondereigentums wegen der darin liegenden Inhaltsänderung des Miteigentums nach Maßgabe der § 9 Abs. 2 [X.], §§ 877, 876 Satz 1 BGB einer Zustimmung der dinglich Berechtigten bedarf, deren dingliche Rechte - wie hier - weder an dem gesamten Grundstück noch als Gesamtrechte an sämtlichen [X.]n eingetragen sind (vgl. [X.], [X.] 2019, 43; [X.], NJW-RR 1990, 1042, 1043; hierzu [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 9 Rn. 17; Vandenhouten in [X.]/[X.]t-Räntsch/Vandenhouten, [X.], 13. Aufl., § 9 Rn. 9).

aa) Allerdings schützen die Bestimmungen der §§ 876, 877 BGB in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich den Inhaber eines Rechts an einem Grundstück ([X.]), welches ein anderes an diesem Grundstück bestehendes Recht (Hauptrecht) belastet, indem sie die rechtsgeschäftliche Aufhebung und Änderung des [X.] von seiner Zustimmung abhängig machen. Ein Recht darf nach diesem Grundgedanken nicht ohne Zustimmung seines Inhabers geändert werden, wobei eine solche Änderung schon darin liegt, dass der Gegenstand, auf den sich das Recht bezieht, verändert wird (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - [X.] 95/11, [X.], 1226 Rn. 6). Zwar finden die §§ 876, 877 BGB auf die - reale oder ideelle - Teilung des Eigentums keine Anwendung, da ein Recht an einem Grundstück nur ein beschränktes dingliches Recht sein kann, nicht dagegen das Eigentum selbst (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - [X.] 95/11, aaO Rn. 7; Beschluss vom 14. Juni 1984 - [X.], [X.], 343, 346). Ist das Wohnungseigentum - wie hier - selbstständig mit dem Recht eines [X.] belastet, werden nach § 9 Abs. 2 [X.] die allgemeinen Vorschriften, nach denen zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung des [X.] erforderlich ist, durch eine Schließung der [X.] nach § 9 Abs. 1 [X.] aber nicht berührt. Die Norm stellt klar, dass ein bestehendes Zustimmungserfordernis erhalten bleibt (vgl. [X.]/Armbrüster, [X.], 15. Aufl., § 9 Rn. 22). Aus der Verweisung in § 9 Abs. 2 [X.] auf die allgemeinen Vorschriften ergibt sich, dass auf eine Inhaltsänderung des selbstständig mit dem Recht eines [X.] belasteten Wohnungseigentums die §§ 876, 877 BGB anwendbar sind (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 - [X.], aaO).

bb) Richtig ist, dass das Beschwerdegericht eine Inhaltsänderung des Eigentums annimmt.

(1) An der abzuschreibenden Teilfläche wird die bisher bestehende Verbindung der Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum (§ 1 Abs. 2 und 3 [X.]) aufgehoben und insoweit das [X.] geschlossen. Ohne Rücksicht darauf, ob mit der Teilung gleichzeitig eine Übertragung stattfindet oder nicht, entsteht an der abgetrennten Teilfläche gewöhnliches Eigentum bzw. Miteigentum; die Beschränkungen, die sich aus der bisherigen Wohnungseigentümergemeinschaft ergaben, entfallen ersatzlos, und ein einem Wohnungseigentümer zustehendes Sondernutzungsrecht erlischt kraft Gesetzes (vgl. [X.]/[X.], BGB [2018], § 9 [X.] Rn. 11 f.; BeckOGK[X.], [X.] [1.3.2023], § 1 Rn. 419 f.).

(2) Eine Inhaltsänderung tritt bei dem [X.] (Flurstück 3/12) zudem durch dessen Verkleinerung ein. Zwar bleibt die bisherige Verbindung des Sondereigentums mit dem entsprechenden Miteigentumsanteil (§ 1 Abs. 2 und 3 [X.]) unverändert bestehen. Eine Änderung des Inhalts eines Rechts liegt aber schon darin, dass der Gegenstand, auf den sich das Recht bezieht, verändert wird (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - [X.] 95/11, [X.], 1226 Rn. 6).

c) Gleichwohl ist die Zustimmung des dinglich [X.] nicht erforderlich. Denn aus dem Schutzzweck der §§ 876, 877 BGB, wie er auch in § 876 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommt, ist zu folgern, dass die Zustimmung des [X.] unnötig ist, wenn seine dingliche Rechtsstellung durch die Änderung nicht berührt wird (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 - [X.], [X.], 343, 346; Beschluss vom 9. Juni 2016 - [X.] 61/15, [X.] 2017, 68 Rn. 25; Urteil vom 20. März 2020 - [X.], [X.] 2020, 328 Rn. 43). So liegt es hier. Weder die reale Teilung des Grundstücks noch die Aufhebung des Sondereigentums nach Maßgabe von § 9 Abs. 2 [X.], §§ 877, 876 Satz 1 BGB bedarf einer Zustimmung des dinglich [X.].

aa) Der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum wird durch die reale Teilung des Grundstücks vor Eintritt des [X.] in seiner dinglichen Rechtsstellung nicht berührt, da sich das Vorkaufsrecht an dem abgeschriebenen, neuen Grundstück fortsetzt. Infolgedessen erfordert die Realteilung für sich genommen nicht die Zustimmung des dinglich [X.].

(1) In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass sich dingliche Belastungen des aufgeteilten Grundstücks als Ganzes und einheitliche Belastungen aller [X.] bei Beendigung des Sondereigentums inhaltsgleich an dem ungeteilten Grundstück fortsetzen, so dass die dinglich Berechtigten durch die Beendigung des Sondereigentums rechtlich nicht betroffen sind und kein Zustimmungserfordernis besteht (vgl. [X.], [X.] 2019, 43; Hügel/[X.], [X.], 3. Aufl., § 9 Rn. 12; [X.]/[X.], BGB [2018], § 1 [X.] Rn. 13).

(2) Zwar sind hier die einzelnen [X.] mit dinglichen Vorkaufsrechten belastet. Gleichwohl setzen sich die Belastungen an dem abgeschriebenen Flurstück 3/31 fort. Durch die Grundbucheintragung wird in Bezug auf die abzuschreibende Teilfläche die bestehende Verbindung der Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum und die Erstreckung der bestehenden Belastungen auf das Sondereigentum (§ 6 Abs. 2 [X.]) aufgehoben, weil die mit Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile eine inhaltlich andere Struktur haben als gewöhnliche Miteigentumsanteile (vgl. [X.]/[X.], BGB [2018], § 1 [X.] Rn. 25a; § 3 [X.] Rn. 31). Das (jeweilige) Sondereigentum besteht dagegen unverändert an dem [X.] fort. Die reale Teilung des Grundstücks unterscheidet sich damit nicht wesentlich von derjenigen eines nicht in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks. Rechte, mit denen das geteilte Grundstück belastet war, bestehen auch in diesem Fall im Grundsatz als Gesamtrecht an den einzelnen Teilen fort, die durch die Teilung zu selbstständigen Grundstücken geworden sind (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - [X.] 95/11, [X.], 1226 Rn. 7; [X.], GBO, 33. Aufl., § 7 Rn. 13). Darin liegt keine rechtliche Beeinträchtigung des [X.].

(3) Der Entstehung von Einzelvorkaufsrechten steht nicht § 1095 BGB entgegen. Danach kann ein Bruchteil eines Grundstücks mit einem Vorkaufsrecht nur belastet werden, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. § 1095 BGB legt lediglich die Voraussetzungen fest, die zum Zeitpunkt der Bestellung des Vorkaufsrechts bestehen müssen. Die Vorschrift hindert spätere Veränderungen der Verhältnisse nicht (vgl. [X.]/[X.], BGB [2017], § 1095 Rn. 5). Ein Vorkaufsrecht, das zulässigerweise am Anteil eines Miteigentümers bestellt worden war, bleibt auch bei Vereinigung der Bruchteile in einer Hand oder bei Neuverteilung der Bruchteile bestehen; es erfasst jetzt einen fiktiven Teil, der dem ursprünglich belasteten Miteigentumsteil entspricht (vgl. [X.], 8. Aufl., § 1095 Rn. 2; ähnlich auch BayObLG, [X.] 1996, 108, 109). Dies ist durch einen klarstellenden Vermerk im Grundbuch kenntlich zu machen, wenn ansonsten Umfang und Inhalt des eingetragenen Rechts nicht in einer Weise verlautbart wird, die Zweifel ausschließt (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 6. November 2014 - [X.] 131/13, [X.] 2015, 204 Rn. 29 mwN). Im Ergebnis wird also, anders als das Beschwerdegericht meint (so auch [X.], [X.] 1996, 80, 90), nicht der [X.] verringert; die bisherige Belastung an dem ungeteilten Grundstück besteht vielmehr in der Summe durch die Einzelbelastungen an den geteilten Grundstücken fort. Ob dies auch dann gilt, wenn - anders als hier - die Ausübung des für das ganze Grundstück bestellten Vorkaufsrechts auf einen Teil des Grundstücks beschränkt ist, oder ob in diesem Fall der nicht betroffene Teil entsprechend § 1026 BGB von der Belastung frei wird (vgl. zum Streitstand [X.]/[X.], BGB [2017], § 1095 Rn. 3), bedarf hier keiner Entscheidung.

bb) Auch die Aufhebung des Sondereigentums vor Eintritt des [X.] bedarf nicht der Zustimmung des dinglich [X.]. Die Umwandlung des mit dem Miteigentumsanteil verbundenen Sondereigentums an dem abgeschriebenen Grundstücksteil in Bruchteilseigentum begründet keine Zustimmungspflicht.

(1) Das dingliche Vorkaufsrecht räumt dem Berechtigten die Befugnis ein, eine bestimmte Sache zu jenen Bedingungen zu erwerben, die ihr Eigentümer in einem Kaufvertrag mit einem [X.] vereinbart hat. Der dinglich [X.] hat nur ein Recht auf den Erwerb des belasteten Grundstücks in dem Zustand und zu den Bedingungen, die sich aus dem späteren Verkauf ergeben. Wegen tatsächlicher Einwirkungen auf die Sache stehen dem [X.] keine Ansprüche zu, weil das Vorkaufsrecht nur die Erwerbsmöglichkeit schützt; sogar ein Gebäudeabriss wäre - jedenfalls vor Eintritt des [X.] - nicht zustimmungspflichtig (vgl. [X.]/Schermeier, BGB [2017], Einleitung zu §§ 1094 ff. Rn. 12 f.). Der [X.] erwirbt zunächst nur eine zukünftige Erwerbschance. Ob der Vorkaufsfall überhaupt eintritt und der [X.] dann sein Vorkaufsrecht ausübt, bleibt bei der Entstehung des Rechts noch ungewiss.

(2) Daran gemessen muss der dinglich gesicherte [X.] Änderungen des Inhalts des Sondereigentums hinnehmen; seiner Zustimmung bedarf es nicht (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 16 zu § 5 Abs. 4 [X.] aF; [X.], [X.], 479; [X.]/[X.], BGB [2018], § 877 Rn. 60; [X.]/Hintzen, [X.] 2003, 445, 449; anders unter Hinweis auf die Möglichkeit der Umgehung des Vorkaufsrechts [X.]/[X.], 5. Aufl., § 5 [X.] Rn. 30). Erst mit dem Eintritt des [X.] konkretisiert sich die Rechtsstellung des dinglich [X.] und ändert sich dessen Schutzbedürftigkeit. Dem entspricht es, dass die Sicherung des Auflassungsanspruchs nach § 1098 Abs. 2, § 883 Abs. 2 BGB gegenüber belastenden Verfügungen über das Grundstück frühestens in dem Zeitpunkt einsetzt, in dem das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann (Vorkaufsfall). Lediglich in dem hier nicht vorliegenden Fall der Übertragung des Eigentums durch den vorkaufspflichtigen Eigentümer aufgrund eines [X.] schon vor Vertragsschluss beginnt der Schutz nach dem Sinn und Zweck der dinglichen Belastung nach § 1098 Abs. 2 BGB bereits mit der Begründung des Vorkaufsrechts (vgl. Senat, Urteil vom 26. Januar 1973 - [X.], [X.], 275, 294). Eine Erstreckung des [X.] auf die Zeitspanne, in der das Vorkaufsrecht noch nicht ausübbar gewesen ist, würde zu einer nicht gerechtfertigten Sperre des Grundbuchs aller mit einem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücke bzw. [X.] führen (vgl. Senat, Urteil vom 26. Januar 1973 - [X.], aaO). Daher bedarf es bis zum Eintritt des [X.] einer Zustimmung dinglich gesicherter [X.]r zur Änderung des Inhalts des Sondereigentums weder dann, wenn sich die Aufhebung des Sondereigentums - wie hier - auf den unbebauten Teil des Grundstücks bezieht, noch dann, wenn das Sondereigentum insgesamt aufgehoben wird und eine Bruchteilsgemeinschaft entsteht.

3. Die Änderung einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer - hier die Aufhebung des Sondernutzungsrechts - bedarf schließlich ebenfalls nicht der Zustimmung des Berechtigten eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum. Zwar erkennt das Beschwerdegericht zutreffend, dass der Gegenstand des Sondernutzungsrechts den Gemeinschaftsbindungen unterliegt, so dass sich die Nutzung im Rahmen des eingeräumten Sondernutzungsrechts halten muss (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2018], § 13 [X.] Rn. 35). Mit der Aufhebung des Sondernutzungsrechts entfällt diese Einwirkungsmöglichkeit der Wohnungseigentümer bezogen auf den abgeschriebenen Grundstücksteil. Gleichwohl kann der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum durch eine Vereinbarung rechtlich nicht nachteilig betroffen sein. Während die Aufhebung des Sondernutzungsrechts gemäß § 5 Abs. 4 [X.] der Zustimmungspflicht etwaiger Grundpfandgläubiger unterliegt, wird der dinglich [X.] in dieser Norm bewusst nicht erfasst (BT-Drucks. 16/887 S. 16). Da sich das dingliche Vorkaufsrecht nur auf das Wohnungs- oder Teileigentum in dem Zustand bezieht, in dem es sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, der den Vorkaufsfall auslöst, befindet (vgl. oben Rn. 20; BT-Drucks. 16/887 S. 16; [X.]/Hintzen, [X.] 2003, 445, 449; a.A. Jennißen/Grziwotz, [X.], 7. Aufl., § 5 Rn. 46), gibt es keine Rechtfertigung dafür, dass der [X.] einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer zustimmen muss. Er ist weder Wohnungseigentümer noch kommt seine rechtliche Stellung derjenigen eines Wohnungseigentümers gleich. Daher muss er Vereinbarungen, die das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer betreffen, jedenfalls bis zum Eintritt des [X.] hinnehmen.

IV.

Da das Beschwerdegericht hiernach die Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen die Zwischenverfügung zu Unrecht zurückgewiesen hat, sind seine Entscheidung und die Zwischenverfügung des [X.] aufzuheben (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 74 Abs. 5 FamFG). Das Grundbuchamt darf den Vollzug der beantragten Grundbucheintragung nicht aus den in Ziffer 2 der Zwischenverfügung genannten Gründen verweigern. Eine Entscheidung in der Sache ist dem Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich, da der Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht der Eintragungsantrag selbst ist (Senat, Beschluss vom 11. März 2021 - [X.] 127/19, [X.], 1964 Rn. 17).

V.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 61 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG.

Brückner     

      

Göbel     

      

Malik 

      

Laube     

      

Grau     

      

Meta

V ZB 5/22

15.06.2023

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Nürnberg, 31. Januar 2022, Az: 15 W 3950/21, Beschluss

§ 5 Abs 4 WoEigG, § 9 Abs 2 WoEigG, § 876 BGB, § 877 BGB, § 1098 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.06.2023, Az. V ZB 5/22 (REWIS RS 2023, 4481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4481

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