Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.03.2021, Az. 1 WB 26/20

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2021, 7285

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Gegenstand

Unzulässiger Feststellungsantrag, unbegründeter Antrag in einem Konkurrentenstreit um einen A 16-Dienstposten


Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Antrag betrifft die Besetzung des mit [X.] bewerteten Dienstpostens eines Verbindungsstabsoffiziers im [X.] Verbindungskommando beim [X.] in [X.].

2

Der 1962 geborene Antragsteller ist Diplom-Pädagoge und seit 1990 Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem März 2024 enden. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2014 wurde er zum Oberst befördert und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe [X.] eingewiesen. Mit Wirkung vom 12. August 2016 ist für ihn eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 80 festgestellt worden. Zum 9. Januar 2006 wurde er an die ... versetzt, wo er auf verschiedenen Dienstposten ... verwendet wurde. Zudem war er in der Folgezeit auch beim [X.] als Grundsatzreferent Militärpolitik und bilaterale Beziehungen, als Verbindungsoffizier im [X.] [X.] und als Heeresattaché im Militärattachéestab [X.] verwendet worden. Seinen letzten Auslandseinsatz absolvierte er 2003/2004 im [X.]. Am 25. Februar 2012 wurden ihm die Kompetenzbereiche Militärpolitik sowie Führung und Einsatz zugewiesen. Seine zum Stichtag 30. September 2017 erstellte und ihm am 21. Juni 2017 eröffnete planmäßige Beurteilung weist für ihn die Kompetenzbereiche Militärpolitik und [X.] aus.

3

Der 1965 geborene Beigeladene ist Diplom-Staatswissenschaftler und seit 1994 Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem März 2027 enden. Er wurde im August 2018 zum Oberst ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe [X.] eingewiesen. Seinen letzten Auslandseinsatz absolvierte er vom 26. Mai bis zum 14. Dezember 2018 in [X.]. Bis zu seiner Versetzung auf den streitigen Dienstposten war er bei der ... verwendet worden. Davor war er seit Juli 2014 als Austauschreferent im [X.] [X.] eingesetzt. Seine planmäßige Beurteilung zum Stichtag 30. September 2019 weist die Kompetenzbereiche Militärpolitik und Führung und Einsatz aus.

4

Der Antragsteller hatte sich unter dem 14. Oktober 2018 für den streitgegenständlichen Dienstposten beworben.

5

Unter dem 6. März 2020 wurde der Antragsteller darüber informiert, dass er nicht die zwingenden Bedarfsträgerforderungen für den streitigen Dienstposten erfülle. Der Bedarfsträger verlange aktuelle Einsatzerfahrung auf [X.] aus den vergangenen fünf Jahren. Er habe seinen letzten Auslandseinsatz 2004 absolviert. Die Forderung sei üblich und zulässig. Der Antragsteller könne für andere Dienstposten in [X.] oder dem weiteren Ausland mitbetrachtet werden.

6

Unter dem 10. März 2020 beschwerte sich der Antragsteller hiergegen. Er habe in den Jahren 1995 und 2004 seine Bereitschaft zu Auslandseinsätzen bewiesen. Nach Erkrankungen ... und ... sei er schwerbehindert. Durch die Bedarfsträgerforderung nach aktueller Einsatzerfahrung entstehe ihm als Schwerbehinderten ein Nachteil. Nach Eignung, Leistung und Befähigung werde er im Hinblick auf seine sonstigen Qualifikationen benachteiligt.

7

Die Bezirksschwerbehindertenvertretung der Streitkräftebasis teilte nach Anhörung unter dem 2. April 2020 mit, der Antragsteller müsse nicht mitbetrachtet werden, da der Bedarfsträger eine Einsatzerfahrung in den vergangenen fünf Jahren fordere und der Antragsteller dieses Erfordernis nicht erfülle. Eine Benachteiligung eines schwerbehinderten Soldaten werde nicht gesehen. Diese Sichtweise werde auch durch die Hauptschwerbehindertenvertretung beim [X.] geteilt.

8

Mit Entscheidung des Staatssekretärs vom 27. April 2020 wurde der Beigeladene für die Besetzung der Stelle zum 1. Oktober 2020 ausgewählt.

9

Nach der dem Entscheidungsvorschlag der Präsidentin des [X.] vom 27. April 2020 beigefügten Auswahldokumentation sind dem Dienstposten die folgenden Hauptaufgaben zugeordnet:

- Repräsentieren der [X.] und der [X.] im Britischen [X.]

- Berichterstattung und Beantwortung von Informationsersuchen über Entwicklungen und Planungen in den [X.] [X.] gemäß Weisung [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] über MilAttStab [X.]

- Wahrnehmung und Vertretung der Interessen der [X.] und der [X.] im Britischen [X.] nach Weisung MilAttStab [X.]

- Beantwortung von Informationsersuchen der [X.] Seite

- Vorbereiten und Teilnehmen an bilateralen Gesprächsformaten auf [X.] ([X.] - MoD) und Militärischer Organisationsbereiche

- Planen, Vorbereiten und Durchführen von Tagungen, Besuchen und Besprechungen [X.] Delegationen im MoD.

Als Besonderheiten wird angeführt

- [X.] im Dienstgrad Oberst/Kapitän zur See

- [X.] nimmt in [X.] die Aufgaben des [X.] im [X.] GBR wahr

Hiernach gehören - neben verschiedenen wünschenswerten Erfordernissen - zu den zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils:

- Referent [X.] vor StOffz [X.] vor vergl. Verwendung

- LGAN

- Kompetenzbereich Führung/Einsatz

- [X.] 1000103 - [X.] oder Verwendung als [X.]/[X.]/Einsatzstabsoffizier

- [X.] 1002903 - Verbindungsstabsoffizier Streitkräfte oder Vorverwendung im Verbindungswesen

- Vorverwendung im integrierten/internationalen Bereich in [X.]

- Vorverwendung als Bataillonskommandeur oder vergleichbar

- Erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit [X.] 3

- Englisch SLP 4343

- Einsatzerfahrung auf der [X.] in den vergangenen 5 Jahren

- Hochschulstudium mit Abschluss

Ausweislich des [X.] wurde der Antragsteller mitbetrachtet, aber - ebenso wie zwei weitere Oberste - mangels Einsatzerfahrung in den vergangenen fünf Jahren nicht weiter betrachtet.

Der Auswahl lag die am 19. Februar 2020 getroffene Organisationsgrundentscheidung "Querversetzung" zugrunde.

Auf Nachfrage erklärte der Antragsteller am 11. September 2020, eine Vorlage seines Rechtsbehelfs an den Senat zu wünschen. Das [X.] hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 28. September 2020 dem Senat vorgelegt.

Der Antragsteller führt aus, er beantrage nicht die Aufhebung der Versetzung des Beigeladenen, sondern die Feststellung, dass er ungerecht behandelt werde. Er werde allein wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Die Bedarfsträgerforderung nach aktueller Einsatzerfahrung sei für den von Bürotätigkeiten geprägten Dienstposten nicht zwingend notwendig. Dass aktuelle Einsatzerfahrung für die Funktion des Verbindungsoffiziers zum [X.] [X.] ([X.]) notwendig sei, überzeuge nicht. Eine Personalentscheidung sei auf eine unbestimmte Zukunft ausgerichtet. Welcher Erfahrungsschatz in den nächsten vier Jahren hilfreich sei und ob Erfahrungen aus Auslandseinsätzen der vergangenen fünf Jahren noch künftig nutzbar seien, sei zweifelhaft. Die Frage sei über den konkreten Einzelfall hinaus bedeutend. Mit nicht schwerbehinderten Mitbewerbern, die das Kriterium aktueller Einsatzerfahrung nicht erfüllten, sei er nicht vergleichbar, weil diese die Erfahrungen noch erwerben könnten. Dass das [X.] sein in der Vergangenheit erworbenes Wissen als nutzlos bezeichne, sei ein Schlag ins Gesicht. Anzumerken sei weiter, für den Beigeladenen sei eine Vorverwendung auf einem Dienstposten als Erfüllung eines zwingenden Kriteriums anerkannt worden, auf dem dieser sein Nachfolger gewesen sei. Diese Verwendung werde ihm dagegen nicht als Erfüllung dieses Kriteriums anerkannt. Ein Militärattaché sei nicht bei einem befreundeten [X.] angesiedelt, sondern unterstehe dem [X.] und der Botschaft. Ihm sei die Zuweisung des Kompetenzbereichs [X.] nicht mitgeteilt worden. Vielmehr seien ihm die Kompetenzbereiche Militärpolitik und Führung und Einsatz zugewiesen.

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zwar sei die Beschwerde vom 10. März 2020 noch vor der Sachentscheidung vom 27. April 2020 gestellt worden. Jedoch sei sein Begehren nunmehr endgültig abgelehnt und der auf Aufhebung der Besetzungsentscheidung und Neubescheidung gerichtete Rechtsbehelf damit wirksam geworden. Der im gerichtlichen Verfahren gestellte Feststellungsantrag sei mangels Erledigung des Verpflichtungsbegehrens oder Nichtigkeit der Besetzungsentscheidung und mangels Feststellungsinteresses unzulässig.

Im Übrigen sei die Nichtberücksichtigung des Antragstellers rechtskonform und der Feststellungsantrag unbegründet. Zwar komme der Antragsteller wie der Beigeladene für eine Querversetzung, die hier rechtskonform zugrunde gelegt und ordnungsgemäß dokumentiert sei, in Betracht. Hierbei sei aber nach militärischer Zweckmäßigkeit zu entscheiden. Der Grundsatz der Bestenauslese komme auch nicht durch freiwillige Selbstbindung zur Anwendung. Da bei der dotierungsgleichen Querversetzung der künftige Status eines Soldaten nicht berührt sei, seien geringere Anforderungen an die Rechtmäßigkeit von Ausschlusskriterien des Anforderungsprofils zu stellen. Der Grundsatz der Bestenauslese gelte nur eingeschränkt. Die Forderung nach aktueller Einsatzerfahrung sei wegen einer Umstrukturierung 2019, nach der dem Dienstposteninhaber die Aufgaben des [X.] zum [X.] übertragen worden seien, erfolgt. Aktuelle Erfahrungen seien zweckmäßiger als länger zurückliegende. Die Forderung nach nicht länger als fünf Jahren zurückliegenden Erfahrungen sei bereits großzügig bemessen. Ihr Erfordernis ergebe sich aus einer Stellungnahme des Leiters der [X.] Delegation in [X.]. Der Beigeladene erfülle das Anforderungsprofil vollumfänglich. Dem Antragsteller würde aktuelle Einsatzerfahrung fehlen. Er sei hiernach unabhängig von seiner Schwerbehinderung nicht ausgewählt worden. Auch andere, nicht schwerbehinderte Oberste seien mangels aktueller Einsatzerfahrung nicht ausgewählt worden. Den Vorgaben des [X.] und der [X.] zum Schutze Schwerbehinderter sei genügt. Die zuständigen Schwerbehindertenvertretungen seien gehört worden. Auf die Kompetenzbereichszuweisung des Antragstellers komme es nicht mehr an. Der Antragsteller stehe in der vierten Verwendung in der ... und werde daher in den Kompetenzbereichen Militärpolitik und [X.] betrachtet.

Der Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des [X.] und die Personalgrundakte des Antragstellers und des Beigeladenen haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg. Denn er ist unzulässig und unbegründet.

1. Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des [X.] gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Sein Rechtsschutzbegehren ist daher im Lichte seines Sachvortrages dahin auszulegen(§ 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 86 Abs. 3 VwGO), dass er die Feststellung der Rechtswidrigkeit seines Ausschlusses aus dem Auswahlverfahren für die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens begehrt. Einer Auslegung seines Begehrens als Anfechtungs- und Neubescheidungsantrag steht entgegen, dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10. November 2020 ausdrücklich erklärt hat, nicht die Aufhebung der Verfügung zugunsten des Beigeladenen, sondern die Feststellung, selbst ungerecht behandelt worden zu sein, zu begehren.

2. Der Antrag ist mit dem verfolgten Feststellungsziel unzulässig.

Wendet sich ein Soldat dagegen, trotz eines entsprechenden [X.] nicht für die Besetzung eines konkreten Dienstpostens ausgewählt worden zu sein, kann er sein Begehren im Wege des auf Neubescheidung gerichteten [X.] weiterverfolgen. Damit ist die Aufhebung der seinem Antrag entgegenstehenden Entscheidung notwendig verbunden. Hinter dieser [X.] tritt der subsidiäre Feststellungsantrag zurück (§ 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 43 Abs. 2 VwGO).

Da sich der [X.] nicht durch die Versetzung des Beigeladenen auf den streitigen Dienstposten erledigt hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 [X.] 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m.w.[X.], vom 28. September 2018 - 1 [X.] 4.18 - juris Rn. 11 und vom 29. Januar 2020 - 1 [X.] 4.19 - [X.] 449 § 3 SG Nr. 97 Rn. 19), entscheidet der [X.] nicht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 [X.]O i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.]O, ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist. Zudem hat der Antragsteller weder substantiiert ein Feststellungsinteresse geltend gemacht (vgl. Beschluss vom 25. März 2010 - BVerwG 1 [X.] 42.09 - [X.] 450.1 § 19 [X.]O Nr. 3 m.w.[X.]) noch ist ein solches feststellbar. Da der Antragsteller wegen der Nichterfüllung eines dienstpostenabhängigen Kriteriums des Anforderungsprofils aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden ist und dies nicht mit seinem Ansehen abträglichen Erwägungen begründet wurde, fehlt es an einem Rehabilitierungsinteresse. Die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches erscheint von vornherein aussichtslos. Da nicht konkret absehbar ist, dass in naher Zukunft eine gleichartige Entscheidung unter im Wesentlichen gleichartigen Verhältnissen zu Lasten des Antragstellers zu erwarten ist, fehlt es auch an einer Wiederholungsgefahr.

3. Der Antrag ist zudem unbegründet. Die Auswahl des Beigeladenen für den streitigen Dienstposten und die angegriffenen Bescheide verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Er hätte daher auch keinen Anspruch auf eine Neubescheidung seines Antrages, auf den streitigen Dienstposten versetzt zu werden.

a) Die angegriffenen Entscheidungen sind nicht wegen formeller Mängel der Auswahlentscheidung rechtswidrig.

aa) Insbesondere ist der Dokumentationspflicht Genüge getan. Bei dotierungsgleichen Versetzungsentscheidungen gelten grundsätzlich nicht dieselben Dokumentierungspflichten wie bei [X.] um höherwertige Dienstposten; hier müssen nur die allgemeinen Begründungsanforderungen nach § 39 Abs. 1 VwVfG erfüllt werden. Danach sind zwar die für die Ermessensentscheidung leitenden Gesichtspunkte schriftlich niederzulegen. Der Personalbehörde steht es jedoch in diesen Fällen nach § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 114 Satz 2 VwGO offen, ihre Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren zu ergänzen (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2018 - 1 [X.] 40.17 - [X.] 449 § 3 SG Nr. 90 Rn. 39).

Diesen Anforderungen ist vollumfänglich genügt worden, da sowohl die Organisationsgrundentscheidung für eine dotierungsgleiche Querversetzung als auch die Hauptaufgaben des streitigen Dienstpostens, die - zwingenden und wünschenswerten - Kriterien des Anforderungsprofils und die wesentlichen, die Auswahlentscheidung tragenden Erwägungen in dem [X.] schriftlich niedergelegt sind.

bb) Die im Hinblick auf die Einbeziehung des Antragstellers in das Kandidatenfeld erforderliche Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ist erfolgt.

Gemäß § 178 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.] in der Fassung vom 23. Dezember 2016, der seit 1. Januar 2018 an die Stelle der früheren Regelung in § 95 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.] getreten ist, ist die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die (hier:) einen einzelnen schwerbehinderten Menschen berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung getroffenen Entscheidung ist auszusetzen und die Beteiligung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen.

Vorliegend ist das Einverständnis sowohl der Bezirksschwerbehindertenvertretung der Streitkräftebasis als auch der Hauptschwerbehindertenvertretung beim [X.] dokumentiert.

cc) Die Anhörung des Personalrats bei der Auswahlentscheidung war nicht geboten. § 24 Abs. 4 Satz 2 [X.] schließt die Beteiligung der Vertrauensperson bzw. des Personalrats (§ 63 Abs. 1 Satz 1 [X.]) bei Dienstposten der Besoldungsgruppe [X.] und höher auch bei einer Entscheidung über die Verwendung auf einem höherwertigen Dienstposten im Vorfeld einer (späteren) Beförderung aus (vgl. zu § 23 Abs. 3 Satz 2 [X.] a.F. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 1 [X.] 60.10 - [X.] 449.7 § 23 [X.] Nr. 8 Rn. 29 ff.).

b) Die Auswahlentscheidung verletzt auch materielle Rechte des Antragstellers nicht.

aa) Zwar gilt für Entscheidungen über höherwertige, die Beförderung in den höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägenden Verwendungen der Grundsatz der Bestenauslese (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 30. Januar 2014 - 1 [X.] 1.13 - [X.] 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 32 und vom 14. Dezember 2017 - 1 [X.] 42.16 - juris Rn. 31). Er gilt aber regelmäßig nicht für den Fall, dass ein Dienstposten dotierungsgleich im Wege der Querversetzung besetzt werden soll (vgl. - auch zu hier nicht einschlägigen möglichen Ausnahmefällen - BVerwG, Beschlüsse vom 1. März 2018 - 1 [X.] 40.17 - [X.] 449 § 3 SG Nr. 90 Rn. 22 ff. und vom 26. April 2018 - 1 [X.] 1.18 - juris Rn. 26). Anders als bei [X.] ist der Dienstherr bei [X.] nicht verpflichtet, die Besetzung ausschließlich an Eignungs- und Leistungskriterien auszurichten, sondern kann auch sonstige Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen. Das [X.] hat sich bei der Auswahl der Bewerber auch nicht freiwillig den strengen Kriterien des Art. 33 Abs. 2 [X.], § 3 SG unterworfen.

Der Antragsteller wird durch die Auswahl des Beigeladenen im vorliegenden Versetzungsverfahren auch nicht in seinem Rechten auf ermessensfehlerfreie Entscheidung und Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 [X.] verletzt. Für das Modell der Querversetzung gilt der Grundsatz, dass ein Soldat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf eine Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten hat. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verwendung eines Soldaten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2002 - 1 [X.] 30.02 - [X.] 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 und vom 14. Dezember 2017 - 1 [X.] 42.16 - juris Rn. 32). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 [X.]O) bzw. die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom [X.] im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind, wie sie sich hier insbesondere aus dem [X.] ([X.]) [X.]/46 "Versetzung, Dienstpostenwechsel, Kommandierung" bzw. der seit 15. Juni 2020 geltenden Zentralen Dienstvorschrift ([X.]) [X.]/37 "Versetzung, Dienstpostenwechsel und Kommandierung von Soldatinnen und Soldaten" ergeben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Februar 2003 - 1 [X.] 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> und vom 14. Dezember 2017 - 1 [X.] 42.16 - juris Rn. 32).

bb) Hiernach ist die Versetzung des Beigeladenen auf den streitigen Dienstposten nicht zu beanstanden. Sie ist nicht ermessensfehlerhaft. Der Antragsteller musste nicht in einen Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen einbezogen werden, da der Dienstherr nach der von ihm im Rahmen der Ausübung seines Organisationsspielraumes gewählten Verfahrensgestaltung nur solche Bewerber in die nähere Auswahl für die Querversetzung genommen hat, die ein bestimmtes Eignungsprofil erfüllten. Zu diesen gehört der Antragsteller nicht.

Der Beigeladene erfüllt alle im [X.] festgehaltenen dienstpostenbezogenen Voraussetzungen, insbesondere diejenigen, deren Nichterfüllung den Antragsteller von der weiteren Betrachtung ausschlossen. Die den Antragsteller von der Betrachtung ausschließenden Kriterien des Anforderungsprofils sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Steht - wie vorliegend - ein im Wege der reinen Querversetzung zu besetzender Dienstposten in Rede, kommt dem Dienstherrn bei der Ausgestaltung des Anforderungsprofils ein weites Organisationsermessen zu, das hinsichtlich der Maßgaben militärischer Zweckmäßigkeit nicht, im Übrigen nur auf sachfremde Erwägungen gerichtlich überprüfbar ist (BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 [X.] 39.07 - BVerwGE 133, 1 Rn. 42 und Urteile vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 Rn. 54 sowie vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 18). Welche Qualifikationen für die Effektivität der Auftragserfüllung auf einem Dienstposten erforderlich sind, entscheidet der Dienstherr im Rahmen seines organisatorischen und personalwirtschaftlichen Ermessens (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2017 - 1 [X.] 8.16 - Rn. 32, vom 7. Juni 2018 - 1 [X.] 32.17 - [X.] 450.1 § 17 [X.]O Nr. 100 Rn. 32).

Hiernach hat der Dienstherr seinen Organisationsspielraum nicht dadurch überschritten, dass er vom Inhaber des Dienstpostens verlangt, über aktuelle, nicht mehr als fünf Jahre zurückliegende Erfahrung aus Auslandseinsätzen zu verfügen. Dies ist sachgerecht damit begründet, dass der [X.] auch die Funktion des [X.] Verbindungsoffiziers beim [X.] in [X.] wahrnimmt. Diese Stelle ist dem Einsatzführungskommando der [X.] vergleichbar. Sie plant, koordiniert und überwacht nach der erläuternden Stellungnahme des Leiters der [X.] Delegation in [X.] alle militärischen Operationen und Einsätze in [X.]. Nachvollziehbar wird für den [X.] Verbindungsmann bei dieser Stelle nicht nur generell Einsatzerfahrung, sondern auch aktuelle Einsatzerfahrung verlangt. Das [X.] führt plausibel aus, dass dies für die Akzeptanz des [X.]s bei den [X.] und die effiziente Erfüllung der Aufgabe erforderlich ist.

Diese Anforderung verletzt auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 [X.]) und stellt keine unzulässige Benachteiligung behinderter Menschen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 [X.]) dar. Dabei kann zugunsten des Antragstellers davon ausgegangen werden, dass auch die unterbliebene Auswahl für einen dotierungsgleichen Dienstposten einen Nachteil darstellt, weil darin jedenfalls ein Ausschluss von [X.] Entfaltungsmöglichkeiten liegt ([X.], Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 1 BvR 9/97 - [X.]E 96, 288 <303>). Der Antragsteller macht selbst nicht geltend, dass das Erfordernis einer aktuellen Einsatzerfahrung aus den letzten fünf Jahren unmittelbar an die Behinderung anknüpft (direkte Ungleichbehandlung). Vielmehr sieht er darin eine mittelbare Benachteiligung (indirekte Ungleichbehandlung), weil schwerbehinderte Soldaten regelmäßig eine entsprechende zeitnahe Vorverwendung nicht aufweisen können. Auch wenn einige erst kürzlich schwerbehindert gewordene Soldaten das Kriterium erfüllen und umgekehrt auch nicht schwerbehinderte Bewerber daran scheitern können, wird man eine mittelbare nachteilige Auswirkung des Erfordernisses einer aktuellen Einsatzerfahrung auf dauerhaft schwerbehinderte Soldaten nicht in Abrede stellen können. Allerdings kann eine mittelbare Schlechterstellung behinderter Soldaten oder Beamten sogar bei Verwendungs- und [X.] nach Art. 33 Abs. 2 [X.] bzw. § 3 Abs. 1 SG durch zwingende dienstliche Gründe gerechtfertigt sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2007 - 2 A 6.06 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 [X.] Nr. 35 Rn. 20 und [X.], Beschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - [X.]K 14, 492 Rn. 11). Diese Einschränkung ist durch kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt. Bei bestimmten militärischen Führungspositionen kann es insbesondere die in Art. 87a Abs. 1 [X.] vorausgesetzte Funktionsfähigkeit der [X.] zwingend erforderlich machen, dass aktuelle Erfahrungen im militärischen Einsatzgeschehen vorliegen.

Dementsprechend sehen Nr. 509 Satz 3 der [X.] "[X.] schwerbehinderte Menschen" und Nr. 216 Satz 2 der Zentralen Dienstvorschrift [X.]/37 "Versetzung, Dienstpostenwechsel und Kommentierung von Soldatinnen und Soldaten" vor, dass begründeten Anträgen schwerbehinderter Soldaten auf Versetzung nur entsprochen werden kann, wenn dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Dienstliche Gründe stehen entgegen, wenn dem Antragsteller die Eignung für den Dienstposten fehlt. Hieran fehlt es ihm, wenn er ein zwingendes Kriterium des Anforderungsprofils nicht erfüllt. Hier ist aus einleuchtenden, in den Aufgaben des [X.]s liegenden Gründen eine maximal fünf Jahre zurückliegende Vorverwendung gefordert, weil die Funktion eines Verbindungsoffiziers zum [X.] nur mit entsprechend aktuellem Erfahrungswissen sinnvoll wahrgenommen werden kann. Es kommt daher nicht darauf an, dass auf dem streitigen Dienstposten selbst keine Anforderungen an die körperliche Eignung gestellt werden, die der Antragsteller als Schwerbehinderter nicht erfüllen könnte.

Angesichts der Hauptaufgaben des Dienstpostens war es sachgerecht, vom [X.] die Zuordnung zum Kompetenzbereich Führung und Einsatz zu verlangen. Der Antragsteller trägt zwar unter Vorlage der entsprechenden Entscheidung vom 25. Januar 2012 zutreffend vor, dass ihm im Januar 2012 die Kompetenzbereiche Militärpolitik sowie Führung und Einsatz zugewiesen waren. Dies gibt auch seine planmäßige Beurteilung zum Stichtag 30. September 2015 wieder. Allerdings weist die Beurteilung zum Stichtag 30. September 2017 dem Antragsteller die Kompetenzbereiche Militärpolitik und Ausbildungsmanagement zu. Angesichts der langjährigen Verwendung des Antragstellers an der ... ist plausibel, dass dem Antragsteller 2017 neue Kompetenzbereiche zugeordnet wurden, auch wenn ihm kein Bescheid ausgehändigt wurde. Spätestens mit der Eröffnung der planmäßigen Beurteilung 2017 war ihm die Änderung seiner Kompetenzbereiche bekannt.

4. Der Beigeladene, der keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt seine Aufwendungen selbst.

Meta

1 WB 26/20

31.03.2021

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

Art 3 Abs 1 GG, Art 3 Abs 3 S 2 GG, § 43 Abs 2 VwGO, § 19 Abs 1 S 3 WBO, § 21 Abs 2 WBO, § 23a Abs 2 S 1 WBO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.03.2021, Az. 1 WB 26/20 (REWIS RS 2021, 7285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7285

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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