Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.06.2014, Az. 4 StR 59/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 5021

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Gegenstand

Revision in Strafsachen: Antrag der Staatsanwaltschaft auf Wiedereinbeziehung eines ausgeschiedenen Tatteils; Strafmilderung bei geringer krimineller Energie


Tenor

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 6. September 2013 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte des versuchten sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person schuldig ist.

2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten „wegen versuchten Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person" zu der Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte und vom [X.] vertretene Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.

2

1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Die Beschwerdeführerin beantragt zwar, das angefochtene Urteil in vollem Umfang aufzuheben (§ 344 Abs. 1 [X.]); der Senat versteht die maßgebliche Revisionsbegründung jedoch dahin, dass nicht der Schuldspruch angefochten sein soll, sondern nur der Strafausspruch. Mit ihren Einzelbeanstandungen wendet sich die Rechtsmittelführerin lediglich gegen die Strafzumessung (vgl. [X.] in Löwe/[X.], [X.], 26. Aufl., § 344 Rn. 9 mwN); der abschließende Satz, dass sich "noch die Frage (stelle), ob bei dem festgestellten Sachverhalt die Strafe nicht den §§ 177 Abs. 1, 22, 23 StGB hätte entnommen werden müssen", führt entgegen der Auffassung des [X.]s in seiner Terminszuschrift zu keinem anderen Ergebnis. In der Hauptverhandlung vom 23. August 2013 hat die [X.] nämlich „auf Antrag" der Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung nach § 154a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 [X.] auf den - später ausgeurteilten - Vorwurf des (versuchten) sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person beschränkt. Mit einem Antrag auf Wiedereinbeziehung gemäß § 154a Abs. 3 Satz 2 [X.] in der Revisionsinstanz könnte die Staatsanwaltschaft die das Verfahren abschließende Entscheidung über ihr Rechtsmittel nicht hindern (vgl. [X.], Urteile vom 3. Oktober 1967 - 1 StR 355/67, [X.]St 21, 326, 328 ff., vom 28. Februar 1984 - 1 StR 870/83, NJW 1984, 1365, und vom 11. Januar 2000 - 1 StR 505/99 unter Ziff. [X.]). Ergänzend bemerkt der Senat, dass, zumal bei einer Revision der Staatsanwaltschaft, sich aus Antrag und Begründung das Ziel des Rechtsmittels ohne weiteres klar ergeben sollte (vgl. Nr. 156 Abs. 2 RiStBV).

3

Der Senat hat das der [X.] im Schuldspruch unterlaufene Fassungsversehen berichtigt (vgl. § 260 Abs. 4 Satz 2 [X.]); dem steht die [X.] nicht entgegen (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 1 StR 515/09).

4

2. Mit ihren Einzelausführungen vermag die Staatsanwaltschaft einen Rechtsfehler in der Strafzumessung des angefochtenen Urteils nicht aufzuzeigen. Der Tatrichter hat den ihm zukommenden und vom Revisionsgericht nur eingeschränkt nachprüfbaren Bewertungsspielraum (vgl. [X.], Urteil vom 28. März 2013 - 4 [X.]) nicht überschritten.

5

Zwar sind die Erwägungen zur Strafrahmenmilderung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB knapp ausgefallen. Soweit die [X.] das "deutlich geringere Erfolgsunrecht" anführt, hat sie jedoch entgegen der Auffassung des [X.]s nicht lediglich darauf abgestellt, dass die Tat im Versuchsstadium steckengeblieben ist. Mit der beanstandeten Erwägung hat das [X.] vielmehr ersichtlich - und rechtsfehlerfrei - hervorheben wollen, dass der Rechtsgutsangriff von eher geringer krimineller Energie getragen war. Damit hat die [X.] mit Recht einen wesentlichen, versuchsbezogenen Umstand in den Blick genommen (vgl. [X.], Urteil vom 15. September 1988 - 4 StR 352/88, [X.]St 35, 347, 355). Darüber hinaus besorgt der Senat im Blick auf die sich unmittelbar anschließenden Ausführungen zur konkreten Strafzumessung nicht, dass die für die Prüfung einer Strafrahmenverschiebung erforderliche Gesamtabwägung der Tatumstände und der Persönlichkeit des [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 17. November 1961 - 4 StR 292/61, [X.]St 16, 351, vom 15. September 1988, aaO, vom 15. Juni 2004 - 1 StR 39/04, [X.], 620 und vom 11. September 2013 - 2 StR 287/13) unterblieben ist.

6

Im Übrigen erschöpfen sich die [X.] der Staatsanwaltschaft in dem Versuch, die eigene Strafzumessung - teils unter Heranziehung urteilsfremden Vorbringens - an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Damit kann die Revision keinen Erfolg haben. Die Strafzumessung im angefochtenen Urteil genügt auch den Anforderungen an die Begründung einer dem unteren Rand des gewählten Strafrahmens angenäherten Strafe (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Oktober 2002 - 5 [X.], [X.], 52, 53; Urteil vom 28. April 2010 - 2 [X.], [X.], 237, 238). Der Senat ist entgegen der Auffassung des [X.]s in seiner Terminszuschrift und des Generalstaatsanwalts in [X.], welcher der Revision beigetreten ist, schließlich nicht der Auffassung, dass sich die verhängte Strafe nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, soweit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt (vgl. [X.] - Großer Senat für Strafsachen -, Beschluss vom 10. April 1987 - [X.], [X.]St 34, 345, 349).

7

Der Strafausspruch weist auch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 301 [X.]); rechtsfehlerfrei hat das [X.] insbesondere § 47 Abs. 1 StGB angewandt und dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose gemäß § 56 Abs. 1 StGB versagt.

[X.]

                       Mutzbauer                             [X.]

Meta

4 StR 59/14

05.06.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Essen, 6. September 2013, Az: 27 KLs 8/13

§ 22 StGB, § 23 Abs 2 StGB, § 49 Abs 1 StGB, § 179 StGB, § 154a Abs 1 Nr 1 StPO, § 154a Abs 2 StPO, § 154a Abs 3 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.06.2014, Az. 4 StR 59/14 (REWIS RS 2014, 5021)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5021

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