Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.03.2010, Az. III ZR 79/09

3. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8745

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Gegenstand

„Internet-System-Vertrag“: Rechtliche Einordnung; Wirksamkeit der formularmäßig vereinbarten Vorausleistungspflicht des Kunden


Leitsatz

1. Zur rechtlichen Einordnung eines "Internet-System-Vertrags", der die Erstellung und Betreuung einer Internetpräsentation (Website) des Kunden sowie die Gewährleistung der Abrufbarkeit dieser Website im Internet für einen festgelegten Zeitraum zum Gegenstand hat .

2. Zur Frage der Wirksamkeit einer Klausel, die in einem "Internet-System-Vertrag" eine Vorleistungspflicht des Kunden begründet .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 21. Zivilkammer des [X.] vom 19. Februar 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien schlossen am 14. Juni 2005 einen "[X.]" des Typs "[X.] Premium Plus" mit "[X.]" und "Full Service". Nach der vertraglichen Leistungsbeschreibung schuldete die Klägerin dem [X.]n, der ein einzelkaufmännisches Unternehmen ("B. Abbruchsprengungen, Beton-, Bohr- und Sägearbeiten, Großfeuerwerke") betreibt, die Recherche und Registrierung einer Internet-Domain ("[X.]"), die Zusammenstellung der Webdokumentation - Bild- und Textmaterial - durch einen Webdesigner ("Vor-Ort-Beratung"), die Gestaltung und Programmierung einer individuellen Internetpräsenz nach bestimmten einzeln aufgeführten Vorgaben, das "Hosting" der Websites und Mailboxen auf den Servern der Klägerin sowie die weitere Beratung und Betreuung über eine Hotline. Neben Anschlusskosten von 99 € zuzüglich Umsatzsteuer, die bei Vertragsabschluss zahlbar waren, hatte der [X.] für die vereinbarte Vertragslaufzeit von insgesamt 36 Monaten ein Entgelt von monatlich 120 € zuzüglich Umsatzsteuer zu entrichten. Zur Zahlung dieses Entgelts trifft § 1 Abs. 1 der im Vertrag in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ([X.]) der Klägerin folgende Regelung:

Der Berechnungszeitraum beginnt mit dem Datum der Unterschrift unter diesem Vertrag. Das nach diesem Vertrag zu zahlende Entgelt ist am [X.] und jeweils am selben Tage des folgenden Jahres jährlich im Voraus fällig. Abweichend von Satz zwei ist im ersten Vertragsjahr das Entgelt dreißig Tage nach Vertragsabschluss jährlich im Voraus fällig.

2

Der [X.] zahlte die Anschlusskosten und das Entgelt für das erste Vertragsjahr (2005/2006). Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung der Entgelte für das zweite und dritte Vertragsjahr (2006/2007 und 2007/2008) nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten.

3

Der [X.] hat eingewandt, die Bestimmung einer Vorleistungspflicht in § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] sei gemäß § 307 BGB unwirksam, die Klägerin habe die von ihr geschuldeten Leistungen nicht wie geschuldet erbracht und er, der [X.], habe den Vertrag wirksam gekündigt.

4

Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen - bis auf einen Teil der Zinsforderung - stattgegeben. Auf die Berufung des [X.]n hat das [X.] die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

5

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.

6

[X.] ([X.], 867) hat ausgeführt:

7

Der Klägerin stehe kein fälliger Anspruch auf die verlangten Entgelte zu. Ein solcher ergebe sich nicht aus der in § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] vereinbarten [X.], da diese Regelung wegen der Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften der §§ 641, 632a [X.] und erheblicher Benachteiligung der Vertragspartner der Klägerin nichtig sei. Bei dem "[X.]" überwiege der werkvertragliche Charakter, denn der Schwerpunkt des Vertrages liege in der Gestaltung und Programmierung der individuellen [X.]präsenz und nicht in der Zurverfügungstellung von Software und Speicherkapazitäten auf den Servern der Klägerin. Etwaige Ansprüche aus § 649, § 632a [X.] oder § 642 [X.] habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt.

II.

8

Diese Begründung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

9

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erweist sich § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] nach Maßgabe des revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Sachverhalts nicht als unwirksam.

a) Die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] kann der erkennende Senat selbständig auslegen, weil eine unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Berufungsgerichte in Betracht kommt ([X.], 321, 323 f; Senat, Urteil vom 17. September 2009 - [X.]/08 - NJW 2010, 57 Rn. 16; [X.], Urteil vom 16. Juni 2009 - [X.]/08 - NJW 2009, 3422, 3423 Rn. 20). Im Rahmen der [X.] ist gemäß § 305c Abs. 2 [X.] in Zweifelsfällen die "kundenfeindlichste" Auslegung geboten, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt und damit für den Kunden im Ergebnis am günstigsten ist (Senatsurteil [X.]Z 175, 76, 80 f Rn. 9 m.w.[X.]; [X.]Z 176, 244, 250 f Rn. 19 m.w.[X.]; [X.], Urteil vom 16. Juni 2009 aaO Rn. 21).

§ 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] begründet hiernach eine [X.] des Vertragspartners der Klägerin (Kunde bzw. "Partnerunternehmen"). Denn ihm wird aufgegeben, das vertragliche Entgelt jährlich im Voraus zu entrichten, und zwar unabhängig davon, ob und inwieweit die Klägerin die ihr (für den jeweiligen Zeitabschnitt) obliegenden Leistungen - überhaupt oder ordnungsgemäß - erbringt.

b) Die Überprüfung der Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, die eine [X.] des Kunden begründet, richtet sich in aller Regel - so auch hier - nach den Maßgaben des § 307 [X.]. Danach ist eine Klausel, die den Kunden abweichend von der gesetzlichen Regelung zur Vorleistung verpflichtet, nur dann zulässig, wenn für sie ein sachlich rechtfertigender Grund gegeben ist und den berechtigten Interessen des Kunden hinreichend Rechnung getragen wird, insbesondere keine überwiegenden Belange des Kunden entgegenstehen ([X.]Z 100, 157, 161 ff; 141, 108, 114; 145, 203, 211; [X.], Urteile vom 23. Mai 1984 - [X.] - NJW 1985, 850, 851, vom 24. September 2002 - [X.] - NJW-RR 2003, 834, 836 und vom 20. Juni 2006 - [X.] - NJW 2006, 3134 Rn. 6, 10; [X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 309 Rn. 13; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 309 Nr. 2 Rn. 14; [X.]/Coester-Waltjen, [X.] [2006], § 309 Nr. 2 Rn. 7; [X.], in: [X.]/[X.], [X.]-Recht, 5. Aufl., Rn. [X.] ff; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.]-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 2 [X.] Rn. 11 f). Diese Maßstäbe gelten auch dann, wenn die Vorleistungsklausel, wie im vorliegenden Fall, gegenüber einem Unternehmer verwendet wird (§ 14 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]), wobei den Besonderheiten des unternehmerischen Verkehrs im Rahmen der nötigen Interessenabwägung Rechnung getragen werden kann und muss (s. auch [X.] aaO Rn. [X.]). Der Grundsatz der Leistung Zug um Zug (§§ 320, 322 [X.]) gehört zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), weil er eine gleichmäßige Sicherheit für beide Vertragsparteien gewährleistet. Durch die ihm auferlegte [X.] wird dem Kunden das Druckmittel der Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 [X.]) für die Durchsetzung seines Anspruchs auf vertragsrechte Erfüllung (ohne Erfordernis einer Prozessführung) genommen und das Risiko der Leistungsunfähigkeit seines Vertragspartners, des Verwenders, aufgebürdet. Vor diesem Hintergrund bedarf es im Rahmen der bei der Überprüfung nach § 307 [X.] anzustellenden umfassenden Interessenabwägung (vgl. etwa Senat, [X.]Z 175, 102, 107 f Rn. 19 sowie Urteile vom 12. Februar 2009 - [X.]/08 - NJW 2009, 1334, 1337 Rn. 29 und vom 17. September 2009 aaO [X.] Rn. 18) eines sachlichen Grundes für die Verwendung einer Vorleistungsklausel regelmäßig auch dann, wenn der Kunde Unternehmer ist (so auch [X.] aaO; offen gelassen in [X.], Urteil vom 24. September 2002 aaO; offen gelassen wohl auch bei [X.] aaO Rn. 17; a.A. [X.], NJW-RR 1988, 1458, 1459; [X.] aaO Rn. 21).

Eine solche Interessenabwägung ist auch und gerade dann vorzunehmen, wenn die gesetzliche Regelung wie beim Werkvertragsrecht abweichend vom Grundsatz der Leistung Zug um Zug sogar eine [X.] des die [X.] verwendenden (Werk-)Unternehmers vorsieht.

c) Nach diesen Maßgaben hält die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] der [X.] stand.

aa) Dem Berufungsgericht ist freilich darin beizupflichten, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] niedergelegte [X.] des Kunden vom Leitbild der gesetzlichen Regelung abweicht. Bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen "[X.]" handelt es sich nach den [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts insgesamt um einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff [X.], und gemäß § 641 Abs. 1, §§ 632a, 646 [X.] hat nicht der Besteller, sondern der Werkunternehmer vorzuleisten.

Die Qualifizierung des "[X.]s" als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff [X.] steht im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] zur Zuordnung von [X.] zu den Vertragstypen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sie findet ihre maßgebliche Grundlage in dem von den Parteien vereinbarten Vertragszweck, wie er in der vertraglichen Leistungsbeschreibung und dem hieran anknüpfenden Parteiwillen, insbesondere auch in der verobjektivierten Kundenerwartung, zum Ausdruck kommt, und rechtfertigt sich letztlich auch aus einem Vergleich mit Verträgen, die ähnliche Gegenstände betreffen und als Werkverträge anerkannt sind.

(1) Der "[X.]" gehört zum Kreis der [X.]; unter diesem Oberbegriff wird eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragstypen zusammengefasst, bei denen es sich zumeist um atypische oder gemischte Verträge handelt (s. etwa [X.], [X.] 2004, 203 f; ders., in: [X.], Vertragsrecht der [X.]-Provider, 2. Aufl., [X.] Rz. 4 f = S. 240 ff; [X.]/[X.], [X.], 198). Unbeschadet dessen lassen sich einzelne Vertragsgestaltungen im Rahmen der gebotenen Schwerpunktbetrachtung ([X.]Z 2, 331, 333; [X.]/[X.] aaO vor § 311 Rn. 26) - unter besonderer Berücksichtigung der unter dem Blickwinkel des Auftraggebers gewählten Zielrichtung (Senat, Urteil vom 7. März 2002 - [X.] - NJW 2002, 1571, 1573; [X.]Z 54, 106, 107) - einem der im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Vertragstypen zuordnen.

(a) Bei dem "[X.]" geht es um die Pflicht des Anbieters, dem Kunden den Zugang zum [X.] zu verschaffen; hierbei schuldet der Provider - nur - die Bereithaltung des Anschlusses und das sachgerechte Bemühen um die Herstellung der Verbindung in das [X.], so dass dieser [X.] als Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff [X.] anzusehen ist (Senat, Beschluss vom 23. März 2005 - [X.] - NJW 2005, 2076 m.w.[X.]; [X.]/[X.] aaO S. 199; für die Annahme eines Werkvertrags hingegen [X.], IT-Recht, 4. Aufl., Rn. 968).

(b) Gegenstand des "[X.] ([X.] ist die Bereitstellung von Softwareanwendungen für den Kunden zur [X.] über das [X.] oder andere Netze. Im Vordergrund dieses Vertrages steht die (Online-)Nutzung fremder (Standard-)Software, die in aller Regel nicht nur einem, sondern einer Vielzahl von Kunden zur Verfügung gestellt wird, und somit der Gesichtspunkt der (entgeltlichen) Gebrauchsüberlassung, weshalb dieser Vertrag von der Rechtsprechung des [X.] als Mietvertrag im Sinne der §§ 535 ff [X.] eingeordnet worden ist ([X.], Urteil vom 15. November 2006 - [X.]/04 - NJW 2007, 2394 f Rn. 11 ff; [X.]/[X.] aaO S. 203; für die Einordnung als Dienstvertrag hingegen [X.] aaO Rn. 987 ff).

(c) Beim "Web-Hosting"-Vertrag (bzw. "[X.]) stellt der Anbieter auf seinem eigenen Server dem Kunden Speicherplatz und einen entsprechenden [X.]-Zugang zur Verfügung, wobei es Sache des Kunden ist, diesen Speicherplatz (durch eine eigene Website) zu nutzen und zu verwalten. Dieser Vertrag weist dienst-, miet- und werkvertragliche Aspekte auf (s. dazu etwa MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 631 Rn. 279; [X.]/[X.] aaO S. 202 f; [X.], in: [X.], Vertragsrecht der [X.]-Provider, 2. Aufl., [X.] Rz. 48 f = S. 15 f und [X.] Rz. 3 ff = S. 513 ff). Findet der Vertragszweck seinen Schwerpunkt in der Gewährleistung der Abrufbarkeit der Website des Kunden im [X.], so liegt es allerdings nahe, insgesamt einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff [X.] anzunehmen (so [X.], [X.], 474 f; [X.] aaO Rn. 980).

(d) Im "[X.]" verpflichtet sich der Anbieter, für den Kunden eine individuelle Website zu erstellen. Ein solcher Vertrag dürfte - ebenso wie ein Vertrag über die Erstellung oder Bearbeitung einer speziellen, auf die Bedürfnisse des Auftraggebers abgestimmten Software (s. [X.]Z 102, 135, 140 f; [X.], Urteile vom 15. Mai 1990 - [X.] - NJW 1990, 3008, vom 3. November 1992 - [X.] - NJW 1993, 1063, vom 9. Oktober 2001 - [X.]/00 - [X.] 2002, 93, 95 und vom 16. Dezember 2003 - [X.]/01 - NJW-RR 2004, 782, 783) - regelmäßig als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff [X.], unter Umständen auch als [X.] im Sinne von § 651 [X.], anzusehen sein (s. dazu etwa [X.] aaO m.w.[X.]; [X.]/[X.] aaO S. 201; [X.] aaO Rn. 980; [X.], in: Handbuch des [X.], 4. Aufl., Teil [X.]. 342 f = S. 2066; [X.], in: [X.], Vertragsrecht der [X.]-Provider, 2. Aufl., [X.]III Rz. 4 = S. 659 ff; [X.], [X.]-Verträge, 2. Aufl., [X.] ff; Härting, [X.]recht, 3. Aufl., Rn. 334 ff = S. 83 ff).

(e) Beschränkt sich die Leistungspflicht des Anbieters auf die Beschaffung und Registrierung einer vom Kunden gewünschten [X.]-Domain, so stellt sich der [X.] als ein Werkvertrag dar, der eine entgeltliche Geschäftsbesorgung (§ 675 Abs. 1, §§ 631 ff [X.]) zum Gegenstand hat (s. [X.], [X.], 191; [X.]/[X.] aaO S. 200 m.w.[X.]; [X.] aaO Rn. 1085; [X.] aaO [X.]I Rz. 11 = S. 600).

(f) Verträge über die "Wartung" oder "Pflege" von Software, [X.] oder Websites sind als Werkverträge einzuordnen, soweit sie auf die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und die Beseitigung von Störungen (und somit: auf einen Tätigkeitserfolg) gerichtet sind, wohingegen ihre Qualifizierung als Dienstvertrag nahe liegt, wenn es an einer solchen Erfolgsausrichtung fehlt und die laufende Serviceleistung (Tätigkeit) als solche geschuldet ist (s. dazu [X.]Z 91, 316, 317; [X.]; Urteil vom 8. April 1997 - [X.] - NJW-RR 1997, 942, 943; ferner: [X.], [X.] 1989, 283, 284 und [X.] 1992, 401, 402; [X.]/[X.] aaO vor § 631 Rn. 22; [X.] aaO § 631 Rn. 284; [X.] aaO Rn. 648 ff m.w.[X.]; [X.]/[X.] aaO S. 201).

(2) Der hier zu beurteilende "[X.]" weist in einzelnen Elementen Bezüge zu einigen der vorerwähnten Vertragstypen auf, ist indes keinem dieser Vertragstypen vollständig zuzuordnen, sondern als eigener Vertragstypus anzusehen, der sich insgesamt als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff [X.] darstellt.

Nach dem vereinbarten Zweck des "[X.]s", wie er in der "Leistungsbeschreibung" in der Anlage zum Vertrag sowie in dem daran anknüpfenden Willen der Vertragsparteien, insbesondere auch in der verobjektivierten Kundenerwartung, zum Ausdruck kommt, hat die Klägerin auf ihren eigenen Servern für den Kunden unter der von ihm gewünschten Domain eine Website (Homepage; [X.]präsentation) einzurichten, diese Website für den vereinbarten Zeitraum zu unterhalten und sie über das [X.] Dritten zugänglich zu machen. Auf diesen Leistungszweck beziehen sich sämtliche der in der "Leistungsbeschreibung" aufgeführten einzelnen Leistungspflichten, nämlich die Recherche und Registrierung einer (den Kundenwünschen entsprechenden) [X.]-Domain ("[X.]"), die Zusammenstellung der Webdokumentation - Bild- und Textmaterial - durch einen Webdesigner ("Vor-Ort-Beratung"), die Gestaltung und Programmierung einer individuellen [X.]präsenz nach bestimmten einzeln aufgeführten Vorgaben, das "Hosting" der Websites und Mailboxen auf den Servern der Klägerin sowie die (diesbezügliche) weitere Beratung und Betreuung des Kunden über eine Hotline der Klägerin.

Gegenstand des "[X.]s" ist demnach die auf einen bestimmten Zeitraum festgelegte Gewährleistung der Abrufbarkeit einer von der Klägerin für ihren Kunden erstellten und betreuten Website (Homepage) im [X.] und somit nicht das schlichte Tätigwerden der Klägerin als solches, sondern die Herbeiführung eines Erfolgs als Ergebnis der Tätigkeit der Klägerin. Die "Abrufbarkeit" der Website ist in diesem Zusammenhang nicht als eine Garantie für den jederzeitigen Zugriff über das [X.] - die der Webhostbetreiber wegen der technischen Gestaltung des [X.] nicht übernehmen kann - zu verstehen, sondern dahin, dass die Website so bereitzustellen ist, dass sie für [X.]nutzer abgerufen werden kann, wenn das [X.] im üblichen Rahmen den Zugriff ermöglicht ([X.] aaO Rn. 980). Dementsprechend ist dieser Vertrag - anders als der lediglich auf die Verschaffung des Zugangs zum [X.] angelegte "[X.]" - nicht als Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff [X.], sondern als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff [X.] einzuordnen (zur allgemeinen Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag s. etwa Senat, Urteil vom 7. März 2002 aaO S. 1572; ferner [X.]Z 31, 224, 226 ff; 54, 106, 107; [X.], Urteile vom 19. Juni 1984 - [X.] - NJW 1984, 2406 f und vom 16. Juli 2002 - [X.] - NJW 2002, 3323, 3324; [X.]/[X.] aaO vor § 631 Rn. 8; [X.] aaO § 631 Rn. 14). Im Gegensatz zum "[X.]" geht es bei dem "[X.]" nicht - jedenfalls: nicht primär - um die Bereitstellung (Gebrauchsüberlassung) von Softwareanwendungen zur [X.] für den Kunden. Soweit die Klägerin dem Kunden nach dem "[X.]" "[X.]" und "Webdesign" schuldet, stellen diese Leistungen jeweils schon für sich genommen werkvertragliche Leistungen dar, denn dabei geht es um die Beschaffung und Registrierung einer vom Kunden gewünschten [X.]-Domain und um die Herstellung einer individuellen Website (Homepage), die - anders als beim [X.] - nicht als bewegliche Sache an den Kunden "geliefert" wird, sondern auf den Servern und in der Verfügung der Klägerin verbleibt. Auch das von der Klägerin zu erbringende "[X.]" steht einer werkvertraglichen Leistung näher als einer dienst- oder mietvertraglichen Leistung, da es in erster Linie dazu dient, die Abrufbarkeit der Website des Kunden im [X.] zu gewährleisten und in diesem Sinne einen "Erfolg" herbeizuführen, somit weder als ein bloßes Tätigwerden noch lediglich als die Gebrauchsüberlassung von Speicherplatz angesehen werden kann. Im Lichte dieser prägenden Zweckrichtung ist schließlich auch die vertraglich vereinbarte Beratungs- und Betreuungspflicht der Klägerin zu würdigen; auch diese zielt auf die Gewährleistung der Abrufbarkeit einer von der Klägerin erstellten und betreuten "[X.]präsentation" des Kunden.

(3) Der Einordnung des "[X.]s" als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff [X.] steht es nicht entgegen, dass der Kunde ein monatliches pauschales Entgelt zu entrichten hat, dass der Vertrag auf eine bestimmte Zeitdauer angelegt ist und somit Züge eines "[X.]" aufweist und dass dem Kunden kein körperlicher Gegenstand als "Werkleistung" übereignet wird. Angesichts des auf einen Erfolg bezogenen Vertragszwecks kommt diesen Umständen kein entscheidendes Gewicht zu. Sie finden sich insbesondere auch bei [X.], die einen ähnlichen Zweck und Gegenstand wie der hier zu beurteilende "[X.]" aufweisen und von der Rechtsprechung des [X.] als Werkverträge angesehen worden sind, wie etwa Verträge über die Präsentation von Werbespots/Videoclips auf einem öffentlichen Videoboard ([X.], Urteil vom 26. März 2008 - [X.]/06 - NJW-RR 2008, 1155), über die Anbringung von Werbeplakaten auf bestimmten Flächen für eine festgelegte Zeitspanne ([X.], Urteil vom 19. Juni 1984 aaO) oder über Werbeanzeigen im Telefonbuch (s. [X.], Urteil vom 24. September 2002 aaO m.w.[X.]).

bb) Die in § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] bestimmte, vom Leitbild der gesetzlichen Regelung abweichende [X.] des Kunden kann sich indes auf sachliche Gründe stützen und trägt den berechtigten Interessen des Kunden hinreichend Rechnung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Klausel (wie hier) gegenüber einem Unternehmer (§§ 14, 310 Abs. 1 [X.]) verwendet wird. Die hierfür maßgeblichen Erwägungen hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt.

(1) Sachlich rechtfertigende Gründe findet die [X.] des Kunden zunächst darin, dass der Anbieter bei dem hier vorliegenden "[X.]" bereits zu Beginn der Vertragslaufzeit die Website zu erstellen und einzurichten sowie die Abrufbarkeit dieser Website im [X.] herbeizuführen hat. Auf der Grundlage der vertraglichen Leistungsbeschreibung sind beide Vorinstanzen - im Einklang mit dem Vorbringen der Klägerin, dem der Beklagte nicht mit Substanz entgegengetreten ist - davon ausgegangen, dass damit die Klägerin typischerweise den überwiegenden Teil des von ihr zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten zu erbringenden [X.] bei Vertragsbeginn tragen muss. Der Anbieter (hier: die Klägerin) hat daher ein berechtigtes Interesse daran, mit der Bezahlung jeglichen Entgelts nicht lange Zeit, etwa gar bis zum Ende der Vertragslaufzeit - also: bis zur vollständigen Erbringung der von ihm geschuldeten Werkleistung -, warten zu müssen. Ferner kann dem Anbieter die Zahlung monatlicher [X.] in dem hier in Rede stehenden Umfang von - lediglich - 120 € zuzüglich Umsatzsteuer einen nicht unerheblichen buchhalterischen Aufwand bereiten und sich eine monatliche Ratenzahlung aus seiner nachvollziehbaren Sicht deshalb als unpraktikabel erweisen.

(2) Dem berechtigten Interesse des Anbieters an einer dem jeweils erbrachten bzw. noch zu erbringenden Aufwand entsprechenden, praktikablen und zeitnahen Entgeltzahlung steht das ebenso berechtigte Interesse des Kunden gegenüber, das Druckmittel der Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 [X.]) für die Durchsetzung seines Anspruchs auf vertragsgerechte Erfüllung (ohne Erfordernis einer Prozessführung) zu behalten und nicht mit dem Risiko der Leistungsunfähigkeit seines Vertragspartners belastet zu werden. Durch die [X.] läuft der Kunde Gefahr, das von ihm geschuldete Entgelt auch dann entrichten zu müssen, wenn der Anbieter die ihm obliegende (Werk-)Leistung überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß erbringt.

Dem vorerwähnten Interesse des Kunden muss die Vorleistungsklausel auch dann Rechnung tragen, wenn der Kunde ein Unternehmer ist. Denn auch einem Unternehmer gegenüber wäre es nicht angemessen, wenn diesem das wesentliche Sicherungs- und Druckmittel der Einrede des nicht erfüllten Vertrages vollumfänglich und [X.] genommen würde. Dem Verwender einer formularmäßigen Vertragsbestimmung ist es gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.] - auch bei Verwendung der Klausel gegenüber einem Unternehmer (s. § 310 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]) - verwehrt, durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, da hierin eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners entgegen den Geboten von Treu und Glauben läge (s. dazu etwa Senat, [X.]Z 175, 102, 107 f Rn. 19 sowie Urteile vom 12. Februar 2009 aaO und 17. September 2009 aaO).

(3) Im Ergebnis der sonach gebotenen Interessenabwägung wird § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] den berücksichtigungsfähigen Interessen des Kunden - jedenfalls im unternehmerischen Verkehr - ausreichend gerecht.

Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in aller Regel den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit und ganz überwiegenden Teil der von ihr geschuldeten Leistung am Beginn der Vertragslaufzeit erbringt und demgegenüber auf die noch verbleibenden, in der nachfolgenden Vertragslaufzeit anstehenden Leistungen kein größerer Aufwand entfällt, ist es nicht unangemessen, wenn der Kunde (etwa) ein Drittel der von ihm zu zahlenden Gesamtvergütung (Werklohn) im Voraus zu entrichten hat. Diese Vorleistung, die zudem erst 30 Tage nach Vertragsabschluss fällig wird, belastet den Kunden vor allem deshalb nicht unverhältnismäßig, weil der Anteil des für das erste Jahr der Vertragslaufzeit im Voraus zu zahlenden Entgelts an der vereinbarten Gesamtvergütung deutlich hinter dem Anteil am Gesamtaufwand zurückbleibt, den die Klägerin zur Erfüllung ihrer Leistungspflichten in diesem Zeitraum aufzubringen hat. Unter dem Blickwinkel dieser vergleichenden Betrachtung stellt die [X.] in § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] keine einseitige, unangemessene Benachteiligung des Kunden dar.

Hinzu tritt, dass die Vorauszahlung etwa eines Drittels der vereinbarten Gesamtvergütung die Druckmittel des Kunden für die Durchsetzung seines Anspruchs auf vertragsgerechte Erfüllung (ohne Erfordernis einer Prozessführung) nur in einem verhältnismäßig geringen Umfang beeinträchtigt. Leistet die Klägerin im ersten Vertragsjahr nicht oder nicht wie vereinbart, so kann der Kunde die für die beiden Folgejahre geschuldeten [X.] zurückbehalten und Erfüllungs- oder Gewährleistungsansprüche geltend machen und den (Werk-)Vertrag gegebenenfalls auch kündigen. Um den Anspruch auf den auf das zweite und dritte Vertragsjahr entfallenden Entgeltanteil - insgesamt also (etwa) zwei Drittel der vereinbarten Gesamtvergütung - nicht zu verlieren, wird die Klägerin bestrebt sein, das Schwergewicht der von ihr geschuldeten Leistung - nämlich die Erstellung und Einrichtung der Website sowie die Gewährleistung der Abrufbarkeit dieser Website im [X.] - rechtzeitig und ordnungsgemäß zu erbringen und ihren Kunden auf diese Weise zufrieden zu stellen. Geben die Leistungen der Klägerin - erst - im Verlauf des zweiten Vertragsjahres berechtigten Anlass für Beanstandungen des Kunden, so kann dieser mit der Einbehaltung des für das dritte Vertragsjahr zu zahlenden letzten [X.] immer noch einen wirkungsvollen Druck auf die Klägerin ausüben und sie hierdurch zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Pflichten anhalten. Erst mit der Zahlung des zu Beginn des dritten Vertragsjahres zu entrichtenden [X.] verliert der Kunde das Druckmittel der Einrede des nicht erfüllten Vertrages. Zu diesem Zeitpunkt aber hat die Klägerin den für die von ihr geschuldete Vertragserfüllung erforderlichen Gesamtaufwand regelmäßig schon nahezu vollständig erbracht.

2. Demnach durfte das Berufungsgericht die Klage nicht mit der Begründung abweisen, § 1 Abs. 1 Satz 2 der [X.] sei unwirksam. Da wegen der weiteren gegen die Entgeltforderung der Klägerin vorgebrachten Einwände des Beklagten (keine vertragsgerechte Leistung der Klägerin; Kündigung des Vertrags) noch ergänzende Feststellungen erforderlich sind, ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, so dass die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).

Schlick     

        

Dörr     

        

Herrmann

        

Hucke     

        

Tombrink     

        

Meta

III ZR 79/09

04.03.2010

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Düsseldorf, 19. Februar 2009, Az: 21 S 53/08, Urteil

§ 307 Abs 2 Nr 1 BGB, § 611 BGB, § 631 BGB, § 641 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.03.2010, Az. III ZR 79/09 (REWIS RS 2010, 8745)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8745

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