Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.02.2012, Az. 6 C 11/11

6. Senat | REWIS RS 2012, 8921

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Gegenstand

Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer; Zeitsoldat im Sanitätsdienst der Bundeswehr; Rechtsschutzbedürfnis


Leitsatz

Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit im Sanitätsdienst der Bundeswehr haben auch vor Beendigung ihres Dienstverhältnisses ein Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer (Aufgabe der ständigen Rechtsprechung seit dem Urteil vom 27. November 1985 - BVerwG 6 C 5.85 - BVerwGE 72, 241 = Buchholz 448.6 § 13 KDVG Nr. 3).

Tatbestand

1

Der Kläger ist Oberstabsarzt und Soldat auf [X.]. Die Beteiligten streiten um seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer.

2

Der Kläger wurde noch als Schüler mit Bescheid des [X.] (nunmehr: [X.] und zivilgesellschaftliche Aufgaben) vom 17. Februar 1993 als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Nach dem Erwerb der allgemeinen Hochschulreife im Juni 1993 leistete er Zivildienst im Rettungsdienst des [X.]. In der [X.] von 1995 bis 2001 absolvierte er ein Studium der Humanmedizin. Im November 2001 bestand er die Ärztliche Prüfung, im Oktober 2003 wurde er als Arzt approbiert. Von 2001 bis zum Frühjahr 2006 war er als Arzt in einem Klinikum tätig.

3

Unter dem 22. September 2005 erklärte der Kläger gegenüber dem [X.] [X.] sein Einverständnis, in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf [X.] berufen zu werden und verpflichtete sich, sechs Jahre Wehrdienst zu leisten. Mit Schreiben vom 23. September 2005 bekundete er gegenüber dem [X.], "nach Gewissensgründen nicht mehr daran gehindert zu sein, den Dienst an der Waffe zu leisten".

4

Nach Absolvierung einer Eignungsübung wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 2006 unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf [X.] zum Stabsarzt ernannt. Er wurde - unterbrochen durch Auslandseinsätze von Anfang Juni bis Mitte Juli 2007 in [X.]/[X.] und von Ende September bis Anfang November 2008 in [X.]/[X.] - im [X.]zentralkrankenhaus in [X.] verwandt. Am 15. Oktober 2008 wurde er zum Oberstabsarzt befördert.

5

Unter dem 15. Juni 2009 stellte der Kläger gegenüber dem Kreiswehrersatzamt [X.] einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Unter demselben Datum beantragte er bei dem [X.] [X.], ihn nach § 55 Abs. 3 SG aus dem Dienstverhältnis als Soldat auf [X.] zu entlassen.

6

Mit Bescheid vom 14. Juli 2009 lehnte das [X.] den Anerkennungsantrag des [X.] mit der Begründung als unzulässig ab, dass Sanitätsoffizieren, die sich freiwillig zum Dienst in der [X.] verpflichtet hätten, nach der Rechtsprechung des [X.] das für die Durchführung eines Anerkennungsverfahrens erforderliche Rechtsschutzinteresse fehle. Den Widerspruch des [X.] wies das [X.] mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2010 zurück. Mit seinem Entlassungsbegehren blieb der Kläger im Verwaltungsverfahren vor dem [X.] [X.] und im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht [X.] erfolglos.

7

Die Kriegsdienstverweigerung des [X.] ist Gegenstand seiner am 17. Februar 2010 erhobenen Klage. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger geltend gemacht, seine Erklärung vom 23. September 2005 sei als Verzicht auf seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer vom 17. Februar 1993 unwirksam, da sie nicht als actus contrarius eines Anerkennungsbegehrens formuliert sei. Er hat ferner darauf angetragen, im Einzelnen bezeichnete Zeugen aus dem Sanitätsdienst der [X.] zum Beweis der von ihm behaupteten infanteristischen Ausbildung, Bewaffnung und Verwendung von [X.] - insbesondere im Hinblick auf die Auslandseinsätze der [X.] - zu vernehmen. Das Verwaltungsgericht hat die Beweisanträge mit der Begründung abgelehnt, die unter Beweis gestellten Behauptungen würden als wahr unterstellt.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Ihr fehle bereits nach dem eigenen Vortrag des [X.] das Rechtsschutzinteresse, da er die Auffassung vertrete, sein Verzicht auf die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer sei wegen Formmangels mit der Folge unwirksam, dass die Anerkennung fortgelte und es der begehrten erneuten Anerkennung nicht bedürfe. Dies könne indes dahinstehen, da die Klage auch deshalb unzulässig sei, weil nach der Rechtsprechung des [X.] freiwillig in der [X.] dienende [X.] kein Rechtsschutzbedürfnis für die Stellung eines Antrags auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer hätten. Da der Sanitätsdienst kein Kriegsdienst mit der Waffe sei, könne den aktiven Berufssoldaten und Soldaten auf [X.], die sich in diesem waffenlosen Dienst befänden, zugemutet werden, zunächst ihre Entlassung aus dem freiwillig eingegangenen Dienstverhältnis zu betreiben und erst dann den Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu stellen. Die von dem Kläger zur Situation der [X.] im Auslandseinsatz aufgestellten Behauptungen verdeutlichten allenfalls eine Verschärfung der Einsatzbedingungen, nicht aber eine Änderung der Rolle des Sanitätsdienstes. Der Waffeneinsatz dürfe und müsse sich an der Bedrohungsintensität ausrichten.

9

Der Kläger begehrt mit seiner von dem Senat zugelassenen Revision, die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen zu seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu verpflichten. Er macht geltend, das Verwaltungsgericht sei im Sinne des § 138 Nr. 1 VwGO nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es über die Klage durch die nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts für das Soldatenrecht zuständige zweite Kammer und nicht durch die für das Recht der Kriegsdienstverweigerung zuständige siebte Kammer entschieden habe. Einen weiteren Verfahrensfehler habe das Verwaltungsgericht dadurch begangen, dass es sein Klagebegehren nicht vollständig erfasst und beschieden habe. Dieses sei in interessengerechter Auslegung nach § 88 VwGO auch ohne entsprechende Bezeichnung mit dem Hauptantrag auf die Feststellung des [X.] seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer und lediglich hilfsweise auf die Verpflichtung der Beklagten zu seiner erneuten Anerkennung gerichtet gewesen. In materieller Hinsicht verkenne die von dem Verwaltungsgericht entscheidungstragend herangezogene Rechtsprechung des [X.], derzufolge [X.], die sich als Berufs- oder [X.]soldaten freiwillig zum Dienst in der [X.] verpflichtet hätten, kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zustehe, schon von ihrem Ansatz her den Schutzumfang des Art. 4 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 12a Abs. 2 Satz 3 GG. Unabhängig hiervon sei die Einstufung des Sanitätsdienstes als waffenloser Dienst im Sinne dieser Rechtsprechung jedenfalls unter der Geltung der von dem Verwaltungsgericht als wahr unterstellten Bedingungen im Rahmen der Auslandseinsätze der [X.] nicht haltbar. Darüber hinaus führe die Verweisung auf eine vorrangig zu betreibende Dienstentlassung nach § 55 Abs. 3 SG zu einer Verletzung der grundrechtlichen Gewährleistungen aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

Die Beklagte tritt der Revision mit Ausführungen zu Ausbildung und Bewaffnung des [X.] sowie zu seiner Verwendung im Auslandseinsatz entgegen. Sie sieht keinen Anlass, die Qualifikation des Sanitätsdienstes als waffenlos aufzugeben.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt [X.]undesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Zwar greifen die von dem Kläger erhobenen Verfahrensrügen nicht durch (1.). Jedoch trifft die Einschätzung des [X.] nicht zu, [X.]erufs- und [X.]soldaten des [X.]es der [X.] hätten generell kein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines Verfahrens auf Anerkennung als [X.]verweigerer (2.). Im Fall des [X.] kann ein solches Rechtsschutzbedürfnis auch nicht unter Verweis auf eine Fortgeltung seiner Anerkennung als [X.]verweigerer aus dem [X.] verneint werden (3.). Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat nicht möglich, da es an tatsächlichen Feststellungen dazu fehlt, ob der Kläger eine Gewissensentscheidung gegen den [X.] mit der Waffe getroffen hat. Deshalb ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

1. Dem verwaltungsgerichtlichen Urteil haften die von dem Kläger gerügten Verfahrensfehler nicht an. Weder kann eine nicht vorschriftsmäßige [X.]esetzung des Gerichts festgestellt werden (a) noch hat das Verwaltungsgericht das Klagebegehren falsch ausgelegt und teilweise unbeschieden gelassen (b).

a) Der Einwand des [X.], das Verwaltungsgericht sei bei der Entscheidung über die von ihm anhängig gemachte Klage mit der nach dem gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan für das Soldatenrecht zuständigen zweiten Kammer im Sinne des § 138 Nr. 1 VwGO nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, rechtfertigt nicht die Aufhebung des Urteils.

Zwar spricht [X.] - insbesondere die Sachbehandlung des [X.] in dem Parallelverfahren zum Aktenzeichen [X.]VerwG 6 [X.] 31.11 - dafür, dass auf die Anerkennung als [X.]verweigerer gerichtete Verfahren auch dann, wenn sie von [X.]erufs- und [X.]soldaten betrieben werden, nach dem Geschäftsverteilungsplan des [X.] der Zuständigkeit der siebten Kammer für das Recht der [X.]verweigerung zuzuordnen sind. Jedoch rechtfertigt allein die unrichtige Handhabung des [X.] nicht die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen [X.]esetzung des Gerichts nach § 138 Nr. 1 VwGO ([X.], [X.]eschluss des [X.] vom 8. April 1997 - 1 [X.] 1/95 - [X.]E 95, 322 <333>; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 21. Dezember 1994 - [X.]VerwG 1 [X.] 176.93 - [X.]uchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 32 S. 2, Urteil vom 25. Juli 2001 - [X.]VerwG 6 [X.] 8.00 - juris Rn. 11, insoweit in [X.]VerwGE 115, 32 und [X.]uchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 158 nicht abgedruckt). Die [X.]esetzungsrüge ist vielmehr nur begründet, wenn und soweit in der unrichtigen Anwendung des [X.] zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf [X.] im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] liegt, weil das Gericht seine Zuständigkeit auf Grund von willkürlichen Erwägungen angenommen hat. Dass sich die zweite Kammer des [X.] auf Grund einer willkürlichen Überdehnung des in dem nicht revisiblen Geschäftsverteilungsplan enthaltenen [X.]egriffs des [X.] zu einer Entscheidung in dem Verfahren berufen gesehen hat, vermag der Senat nicht festzustellen. Näher liegt die Annahme, dass die Kammer sich deshalb für zuständig erachtet hat, weil sie neben dem Antrag des [X.] auf Anerkennung als [X.]verweigerer auch mit dessen - zu gemeinsamer Verhandlung verbundenen und mit Urteil vom selben Tag entschiedenen - [X.]egehren auf Entlassung aus dem Dienstverhältnis als Soldat auf [X.] befasst war.

Unabhängig hiervon nimmt der Senat die Sachbehandlung des [X.] in dem Parallelverfahren zum Aktenzeichen [X.]VerwG 6 [X.] 31.11 zum Anlass, die Sache im Rahmen der auszusprechenden Zurückverweisung gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO der nach dem geltenden Geschäftsverteilungsplan des [X.] für das Recht der [X.]verweigerung zuständigen Kammer zu überantworten.

b) Fehl geht auch die Rüge der fehlerhaften Auslegung und teilweisen Nichtbescheidung des Klagebegehrens.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch [X.]ezugnahme auf die Klageschrift vom 10. Februar 2010 beantragt, den [X.]escheid des [X.]undesamts für den Zivildienst vom 14. Juli 2009 über die Ablehnung seines Anerkennungsantrags vom 15. Juni 2009 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2010 aufzuheben und seine [X.]erechtigung zur Verweigerung des [X.]es mit der Waffe festzustellen. [X.]ei sachgemäßer Auslegung dieses Klagebegehrens nach § 88 VwGO musste das Verwaltungsgericht das Fortbestehen der durch den [X.]escheid des [X.]undesamts für den Zivildienst vom 17. Februar 1993 ausgesprochenen Anerkennung des [X.] als [X.]verweigerer nicht prüfen.

Zwar war der gestellte Antrag insoweit auslegungsbedürftig und auslegungsfähig, als er entgegen seinem Wortlaut nicht auf eine Feststellung, sondern auf die Verpflichtung der [X.]eklagten zu der von dem Kläger erstrebten - erneuten - Anerkennung als [X.]verweigerer gerichtet war. Richtige Klageart ist nämlich nach geltendem Recht die Verpflichtungsklage; sie schließt die Anfechtung der vorangegangenen, ablehnenden Verwaltungsentscheidung mit ein und zugleich gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine allgemeine Feststellungsklage aus (Urteil vom 29. Juni 1992 - [X.]VerwG 6 [X.] 11.92 - [X.]VerwGE 90, 265 <268 ff.> = [X.]uchholz 310 § 113 VwGO Nr. 249 S. 95 ff.).

Demgegenüber lässt sich ein auf das Fortbestehen der Anerkennungsentscheidung vom 17. Februar 1993 bezogenes eigenständiges Klagebegehren dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Klageantrag und der umfänglichen Klageschrift vom 10. Februar 2010 auch im Wege der Auslegung nicht entnehmen. Erst recht fehlt jeder Anhaltspunkt für die von dem Kläger im Nachhinein reklamierte Stufung in einen Haupt- und einen Hilfsantrag. Das schriftliche Klagevorbringen beschäftigt sich vielmehr ausschließlich mit der Zulässigkeit und [X.]egründetheit der Klage gegen die Ablehnung des neuerlichen Anerkennungsantrags des [X.] durch die [X.]escheide des [X.]undesamts vom 14. Juli 2009 und vom 4. Februar 2010. Eine Ungültigkeit seiner Erklärung vom 23. September 2005, die Voraussetzung für ein Fortwirken der ersten Anerkennung wäre, hat der Kläger erst in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht. Er hat anwaltlich vertreten gleichwohl an seiner in der Klageschrift enthaltenen Antragstellung festgehalten.

2. Das angefochtene Urteil verstößt jedoch gegen [X.]undesrecht, weil das Verwaltungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis des [X.] für sein [X.]egehren auf Anerkennung als [X.]verweigerer zu Unrecht verneint und dadurch die grundrechtlichen Gewährleistungen aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12a Abs. 2 Satz 3 [X.] und Art. 19 Abs. 4 [X.] sowie den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 [X.] verletzt hat.

Aus den gesetzlichen [X.]estimmungen der § 2 Abs. 6 Satz 3 [X.], § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 55 Abs. 1 Satz 1 [X.] ergibt sich, dass nicht nur gediente und ungediente Wehrpflichtige, sondern auch [X.]erufssoldaten und Soldaten auf [X.] ihre Anerkennung als [X.]verweigerer beantragen können. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung nicht fest, derzufolge [X.]erufs- und [X.]soldaten im [X.] der [X.] aus Rechtsgründen gleichwohl kein Rechtsschutzbedürfnis für ein auf ihre Anerkennung als [X.]verweigerer gerichtetes Verfahren zuzubilligen ist (a). Auch für die freiwillig dienenden Angehörigen eines waffenlosen [X.]es ist die Rechtsposition nicht nutzlos, die sie durch einen Antrag auf Anerkennung der [X.]erechtigung, den [X.] mit der Waffe zu verweigern, zu gewinnen trachten. Sie müssen sie deshalb grundsätzlich in gleicher Weise wie alle anderen Wehrpflichtigen und Soldaten der [X.] erreichen können (b). Eine Rechtfertigung dafür, die im [X.] tätigen [X.]erufs- und [X.]soldaten von der Möglichkeit auszunehmen, jederzeit ein Anerkennungsverfahren durchlaufen zu können, kann nicht in deren freiwilliger Dienstverpflichtung gefunden werden (c). Ebenso wenig können die [X.]etroffenen auf ein vorrangig zu betreibendes Dienstentlassungsverfahren verwiesen werden (d).

a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats haben [X.]erufs- und [X.]soldaten, die sich auf Grund freiwilliger Verpflichtung im aktiven [X.] der [X.] befinden, bis zur [X.]eendigung ihres Dienstverhältnisses kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anerkennung als [X.]verweigerer. Soldaten, die auf Grund ihrer Wehrpflicht als Sanitäter Dienst leisten müssen, unterliegen dagegen im Hinblick auf die Geltendmachung einer Gewissensentscheidung gegen den [X.] mit der Waffe keinen Einschränkungen.

Der Senat hat mit dieser Rechtsprechung an die in dem Urteil des [X.]undesverfassungsgerichts vom 24. April 1985 - 2 [X.]vF 2/83 u.a. - ([X.]E 69, 1 <24 f., 54 ff.>) angelegte Unterscheidung zwischen dem erst geltend gemachten und dem bereits förmlich festgestellten Grundrecht aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] angeknüpft. Während der volle Schutz des förmlich festgestellten Grundrechts unter [X.]erücksichtigung des Art. 12a Abs. 2 Satz 3 [X.] das Recht zur Verweigerung auch des waffenlosen Dienstes in der [X.] umfasse, lasse sich aus dem lediglich geltend gemachten Grundrecht nur eine vorläufige Sicherung seines Kernbereichs in dem Sinne ableiten, dass zwar eine Heranziehung zum [X.] mit der Waffe, nicht aber zum waffenlosen Dienst ausgeschlossen sei.

Ein den Kernbereich der grundrechtlichen Gewährleistung nicht berührender waffenloser Dienst sei ein solcher, der objektiv keine Tätigkeiten umfasse, die in einem nach dem Stand der jeweiligen Waffentechnik unmittelbaren Zusammenhang mit dem Einsatz von Kriegswaffen stünden. Dies gelte insbesondere für den [X.]. Auch wenn Sanitätssoldaten an Handfeuerwaffen wie Pistolen und Gewehren ausgebildet würden, werde ihr Dienst wegen der besonderen völkerrechtlichen Stellung des [X.]es nicht zum [X.] mit der Waffe.

Da das nach Durchführung des [X.] förmlich zuerkannte Grundrecht aus Art. 4 Abs. 3 [X.] gemäß Art. 12a Abs. 2 Satz 3 [X.] das Recht einschließe, jeglichen Dienst in der [X.], also auch einen waffenlosen Dienst einschließlich des [X.]es, zu verweigern, hätten Wehrpflichtige, die sich auf das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] beriefen, einen Anspruch auf Durchführung des [X.], wenn und solange sie auf Grund ihrer Wehrpflicht zu irgendeinem Dienst in der [X.] einschließlich des [X.]es herangezogen werden könnten. Dagegen sei ein Anspruch auf Durchführung des [X.] zu verneinen, wenn aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine Heranziehung zum Wehrdienst auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht nicht in [X.]etracht komme, die betroffenen Wehrpflichtigen den Schutz des Grundrechts also nicht benötigten. Dies sei auch dann der Fall, wenn und solange sie nicht auf Grund ihrer Wehrpflicht, sondern als Folge eigener freiwilliger Verpflichtung waffenlosen Dienst - insbesondere [X.] - leisteten, ihre gesetzliche Wehrpflicht also von der selbst eingegangenen Verpflichtung zu einem Dienst überlagert werde, der als waffenloser Dienst vor Tätigkeiten schütze, die den Kernbereich des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] berührten. Die [X.]etroffenen, die sich der für anerkannte [X.]verweigerer durch Art. 12a Abs. 2 Satz 3 [X.] garantierten Möglichkeit, einen Ersatzdienst außerhalb der [X.] zu wählen, durch ihre freiwillige Verpflichtung zum [X.] in der [X.] begeben hätten, hätten es - wenn ihnen ihr Gewissen auch die Leistung dieses Dienstes verbiete - selbst in der Hand, ihr freiwillig eingegangenes Dienstverhältnis mit einem [X.] nach dem [X.] vorzeitig zu beenden. Werde nach der Entlassung aus dem [X.] die gesetzliche Wehrpflicht der [X.]etroffenen wieder aktuell, hätten sie ein Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren auf Anerkennung als [X.]verweigerer. Einem auf § 46 Abs. 6 (§ 46 Abs. 3 Satz 3 a.F.), § 55 Abs. 3 [X.] gestützten Antrag auf vorzeitige Entlassung aus dem Soldatendienstverhältnis werde stattzugeben sein, wenn dadurch die Möglichkeit geschaffen werden solle, die Anerkennung als [X.]verweigerer aus Gewissensgründen beantragen zu können. Denn der Zwang, gegen die Gebote des eigenen Gewissens einen Dienst leisten zu müssen, der jedenfalls im Zusammenhang mit den Verbänden der [X.] stehe, sei im Licht des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] nach den genannten soldatenrechtlichen Entlassungsvorschriften als eine schwerwiegende persönliche Härte anzusehen, die ein weiteres Verbleiben im Soldatendienstverhältnis unzumutbar mache (vgl. zum Ganzen: Urteile vom 27. November 1985 - [X.]VerwG 6 [X.] 5.85 - [X.]VerwGE 72, 241 <242 ff.> = [X.]uchholz 448.6 § 13 [X.] Nr. 3 S. 7 ff., vom 22. August 1994 - [X.]VerwG 6 [X.] 14.93 - [X.]uchholz 448.6 § 13 [X.] Nr. 17 S. 2 ff. und vom 28. August 1996 - [X.]VerwG 6 [X.] 2.95 - [X.]uchholz 448.6 § 13 [X.] Nr. 19 S. 7 ff. sowie - im Wesentlichen auf formelle Erwägungen gestützt - [X.]eschluss vom 20. November 2009 - [X.]VerwG 6 [X.] 24.09 - [X.]uchholz 448.6 § 1 [X.] Nr. 58 Rn. 4 f. - für im [X.] befindliche [X.]- und [X.]erufssoldaten; Urteile vom 17. August 1988 - [X.]VerwG 6 [X.] 36.86 - [X.]VerwGE 80, 62 <63 ff.> = [X.]uchholz 448.6 § 13 [X.] Nr. 9 S. 5 ff. und - [X.]VerwG 6 [X.] 27.86 - [X.]uchholz 448.6 § 13 [X.] Nr. 10, vom 20. Dezember 1988 - [X.]VerwG 6 [X.] 38.87 - [X.]uchholz 448.6 § 13 [X.] Nr. 11 S. 17 f., vom 10. Februar 1989 - [X.]VerwG 6 [X.] 9.86 - [X.]uchholz 448.6 § 14 [X.] Nr. 21 S. 12, vom 26. März 1990 - [X.]VerwG 6 [X.] 24.88 - juris Rn. 7, vom 28. März 1990 - [X.]VerwG 6 [X.] 45.88 - [X.]uchholz 448.6 § 13 [X.] Nr. 16 S. 28 ff. und vom 3. April 1990 - [X.]VerwG 6 [X.] 30.88 - juris Rn. 8 - für wehrpflichtige Sanitätssoldaten).

Soweit nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen freiwillig dienenden Sanitätssoldaten der [X.] ein Rechtsschutzbedürfnis für das jederzeitige und unmittelbare Durchlaufen eines auf die Anerkennung als [X.]verweigerer gerichteten Verfahrens abzusprechen ist, hält der Senat an ihnen nicht fest. Die den Grundsätzen insoweit zu Grunde liegenden Annahmen haben sich als nicht tragfähig erwiesen.

b) Das Rechtsschutzbedürfnis im Verwaltungsprozess - und in Entsprechung dazu das Sachbescheidungsinteresse im Verwaltungsverfahren - ist im Regelfall zu bejahen und bedarf nur in besonderen Fällen der [X.]egründung (Urteile vom 17. Januar 1989 - [X.]VerwG 9 [X.] 44.87 - [X.]VerwGE 81, 164 <165 f.> = [X.]uchholz 402.25 § 2 AsylVfG Nr. 9 S. 19 f. und vom 29. April 2004 - [X.]VerwG 3 [X.] 25.03 - [X.]VerwGE 121, 1 <3> = [X.]uchholz 451.74 § 9 [X.] Nr. 9 S. 5). Von den Fallgruppen, in denen diese Voraussetzung für eine Sachentscheidung fehlen kann (vgl. dazu: [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], VwGO, [X.]d. 1, Stand: September 2011, Vorbemerkung § 40 Rn. 81 ff.), kommt hier nur diejenige der Nutzlosigkeit der begehrten Entscheidung in [X.]etracht. Nutzlos ist eine Entscheidung indes nur dann, wenn sie demjenigen, der sie erstrebt, offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (Urteil vom 29. April 2004 a.a.[X.] bzw. S. 5).

Die Anerkennung als [X.]verweigerer, die am Ende eines erfolgreich durchlaufenen [X.] steht, ist für die [X.]erufs- und [X.]soldaten im aktiven [X.] der [X.] nicht in dem beschriebenen Sinne offensichtlich ohne jeglichen Nutzen. Dies gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die betroffenen Soldaten in Gestalt des [X.]es einen waffenlosen Dienst versehen und deshalb dauerhaft in dem Kernbereich ihres Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] geschützt sind, weil sie vor dem Zwang bewahrt werden, entgegen den Geboten ihres Gewissens in einer Kriegshandlung einen anderen töten bzw. Tätigkeiten ausführen zu müssen, die in einem nach dem Stand der jeweiligen Waffentechnik unmittelbaren Zusammenhang mit dem Einsatz von Kriegswaffen stehen (vgl. dazu: [X.], [X.]eschlüsse vom 26. Mai 1970 - 1 [X.]vR 83/69 u.a. - [X.]E 28, 243 <262> und vom 12. Oktober 1971 - 2 [X.]vR 65/71 - [X.]E 32, 40 <46>, Urteile vom 13. April 1978 - 2 [X.]vF 1/77 u.a. - [X.]E 48, 127 <163 f.> und vom 24. April 1985 a.a.[X.], 56, [X.]eschluss vom 11. Juli 1989 - 2 [X.]vL 11/88 - [X.]E 80, 354 <358>). Denn mit einer Sicherung des bloßen Kernbereichs des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] müssen sich anerkannte [X.]verweigerer nicht begnügen.

Auf den Kernbereich des Grundrechts auf [X.]verweigerung hat das [X.]undesverfassungsgericht nur im Zusammenhang mit der Frage abgestellt, welche Dienstpflichten Soldaten in der Übergangszeit zwischen der Einreichung eines Antrags auf Anerkennung als [X.]verweigerer und dem Abschluss des [X.] erfüllen müssen. Da einerseits der Kernbereich des Grundrechts durch den Waffendienst im [X.] nicht berührt wird und andererseits auch der Einrichtung und der Funktionsfähigkeit der [X.] Verfassungsrang zukommt, ist es den [X.]etroffenen in [X.]szeiten zumutbar, den bisher geleisteten Dienst für die Dauer des mit möglichster [X.]eschleunigung zu führenden [X.] fortzusetzen ([X.], [X.]eschlüsse vom 26. Mai 1970 a.a.[X.] und vom 12. Oktober 1971 a.a.[X.] ff.). Im Spannungs- und Verteidigungsfall bleibt jedenfalls die Heranziehung zu einem waffenlosen Dienst zulässig, bis endgültig feststeht, dass das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] zu Recht in Anspruch genommen wird ([X.], Urteil vom 24. April 1985 a.a.[X.] 56 f.).

Jenseits der durch das Anerkennungsverfahren bedingten zeitlichen Übergangsphase geht bei einem für den jeweiligen Antragsteller erfolgreichen Abschluss dieses Verfahrens der Gewährleistungsgehalt des Rechts auf [X.]verweigerung indes über den beschriebenen Kernbereich hinaus. Dies gibt das Grundgesetz durch die in Art. 12a Abs. 2 [X.] erteilte Ermächtigung, auf gesetzlichem Wege eine Ersatzdienstpflicht einzuführen, allgemein zu erkennen (vgl. im Hinblick auf das Recht zur [X.]verweigerung bereits im [X.]: [X.], Urteil vom 13. April 1978 a.a.[X.] 164, [X.]eschluss vom 11. Juli 1989 a.a.[X.]). Speziell der Regelung des Art. 12a Abs. 2 Satz 3 [X.] kann - hieran hält der Senat fest - entnommen werden, dass ein anerkannter [X.]verweigerer das Recht hat, jeglichen Dienst in der [X.], also auch einen waffenlosen Dienst einschließlich des [X.]es zu verweigern. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund bestimmt das einfache Recht in § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 55 Abs. 1 Satz 1 [X.], dass [X.]erufs- und [X.]soldaten im Falle ihrer Anerkennung als [X.]verweigerer zu entlassen sind. Dies entspricht der Regelung, die § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 [X.] für als [X.]verweigerer anerkannte Wehrpflichtige trifft.

Sind mit der Anerkennung als [X.]verweigerer derartige, über die bloße Sicherung des Kernbereichs des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] hinausgehende Gewährleistungen verbunden, muss den [X.]erufs- und [X.]soldaten des [X.]es wie allen Wehrpflichtigen und Soldaten der [X.] grundsätzlich die Möglichkeit zugestanden werden, diese Rechtsposition jederzeit und unmittelbar durch das Durchlaufen des für die Anerkennung erforderlichen Verfahrens zu erreichen.

c) Dem [X.] im Status von [X.]erufs- und [X.]soldaten ein beachtliches [X.]edürfnis hierfür abzusprechen, kann entgegen der bisherigen Einschätzung des Senats nicht durch die Erwägung gerechtfertigt werden, dass die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] eingegangene freiwillige Dienstverpflichtung der [X.]etroffenen deren Wehrpflicht überlagere und diese sich hierdurch des durch Art. 12a Abs. 2 Satz 3 [X.] garantierten Rechts zur Ableistung eines Ersatzdienstes außerhalb der [X.] begeben hätten.

Denn zum einen ist das Recht der [X.]verweigerung ausweislich der einfachgesetzlichen Regelung in § 2 Abs. 6 Satz 3 [X.], § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 55 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht an die gesetzliche Wehrpflicht gekoppelt. Zum anderen ist mit den [X.]egriffen des Überlagerns und des Sich-[X.]egebens im Ergebnis die Annahme verbunden, die [X.]etroffenen verzichteten bei Abgabe ihrer Dienstverpflichtung mit Wirkung für die gesamte Dauer ihres jahrelangen Dienstes unwiderruflich darauf, das Recht der [X.]verweigerung aus Gewissensgründen in seinem vollen Gewährleistungsgehalt wahrzunehmen. Ein derartiger Verzicht erfasste mithin nicht nur bereits getroffene, sondern auch erst im Laufe der Jahre entstehende Gewissensentscheidungen. Ein solcher Gehalt kann der von den [X.]etroffenen abgegebenen Dienstverpflichtung rechtlich und tatsächlich keinesfalls zukommen.

d) Entgegen der bisherigen Annahme des Senats stellt für die [X.]erufs- und [X.]soldaten des [X.]es auch die Möglichkeit, unter Verweis auf einen beabsichtigten Antrag auf Anerkennung als [X.]verweigerer ihre vorzeitige Entlassung aus dem Soldatendienstverhältnis auf der Grundlage der Härtefallklauseln der § 46 Abs. 6 (§ 46 Abs. 3 Satz 3 a.F.), § 55 Abs. 3 [X.] zu betreiben und im Erfolgsfall gegebenenfalls in das Anerkennungsverfahren überzuwechseln, keine Alternative dar, die das unmittelbare Durchlaufen eines [X.] als überflüssig erscheinen lassen könnte.

Hierfür spricht bereits, dass der [X.] der persönlichen Härte eines Verbleibens im Dienst einer Inanspruchnahme durch sämtliche [X.]erufs- und [X.]soldaten der [X.] und nicht nur durch diejenigen des [X.]es offen steht, ohne dass indes allgemein das Dienstentlassungsverfahren als vorrangig gegenüber einem Verfahren auf Anerkennung als [X.]verweigerer begriffen und die damit verbundene zusätzliche Verfahrenslast als hinnehmbar erachtet würde.

Hinzu kommt, dass das von dem Senat bisher befürwortete Verhältnis von Anerkennungsverfahren und Dienstentlassungsverfahren in den einschlägigen Verfahrensvorschriften nicht angelegt ist. Vielmehr hat das [X.]verweigerungsgesetz in allen seinen bisherigen Fassungen die Entscheidung über Anträge auf Anerkennung als [X.]verweigerer Stellen außerhalb der Wehrverwaltung bzw. ihrer Weisungsbefugnis überantwortet. Zudem hat bei einer [X.]verweigerung von [X.]erufs- oder [X.]soldaten das von diesen Stellen durchzuführende Anerkennungsverfahren nach der Vorstellung des Gesetzgebers einem Dienstentlassungsverfahren voranzugehen. Dies ergibt sich aus den bereits genannten Vorschriften der § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 55 Abs. 1 Satz 1 [X.], die die Entlassung aus dem Dienst als Rechtsfolge einer Anerkennung als [X.]verweigerer ausgestalten.

Diese im Sinne des Gesetzes liegende Zuständigkeitsverteilung und [X.] ist durch die bisherige Rechtsprechung des Senats zur [X.]verweigerung, derzufolge zunächst die Wehrverwaltung über einen Antrag von freiwillig dienenden Sanitätssoldaten auf Dienstentlassung wegen besonderer Härte zu entscheiden hat, bevor diese gegebenenfalls ein Verfahren auf Anerkennung als [X.]verweigerer betreiben können, praktisch abgeändert bzw. umgekehrt worden. Hierdurch wird in jedem Fall die [X.]eschleunigungsmaxime, der das Anerkennungsverfahren unterliegt, in vermeidbarer Weise eingeschränkt. Es kann darüber hinaus zu einer nicht hinnehmbaren Komplizierung der Verfahrensabläufe kommen. Denn es ist einerseits grundsätzlich möglich, dass ein [X.]etroffener im Hinblick auf einen beabsichtigten Antrag auf Anerkennung als [X.]verweigerer aus dem Dienst entlassen, später jedoch nicht anerkannt wird. Dann stellt sich die Frage einer Aufhebung der Entlassungsverfügung nach §§ 48, 49 [X.] Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Sanitätssoldat, der tatsächlich eine Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] getroffen hat, in dem für die Feststellung dieser Entscheidung nicht geschaffenen Dienstentlassungsverfahren scheitert und mit ihr dann über eine lange [X.] kein Gehör mehr findet.

3. Das verwaltungsgerichtliche Urteil stellt sich schließlich nicht deshalb nach § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis als richtig dar, weil davon ausgegangen werden müsste, dass der Kläger wegen einer nach wie vor gegebenen Wirksamkeit des Anerkennungsbescheids vom 17. Februar 1993 bereits anerkannter [X.]verweigerer ist und deshalb für die Klage, mit der er seine erneute Anerkennung erstrebt, kein Rechtsschutzbedürfnis hat. Denn auf seine erstmalige Anerkennung hat der Kläger durch die unter dem 23. September 2005 abgegebene Erklärung verzichtet, aus Gewissensgründen nicht mehr daran gehindert zu sein, den Dienst an der Waffe zu leisten.

Der Senat hat den Gehalt der Erklärung des [X.] vom 23. September 2005 nach den Auslegungsregeln der §§ 133, 157 [X.]G[X.] zu ermitteln, obwohl es sich insoweit um eine Tatsachenfeststellung handelt. Die Vorschrift des § 137 Abs. 2 VwGO, die das Revisionsgericht grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bindet, bezieht sich nicht auf Tatsachen, die für das Vorliegen von Sachurteilsvoraussetzungen - hier in Gestalt des [X.] für die erhobene Klage - erheblich sind. Über das Vorliegen dieser Tatsachen hat vielmehr das Revisionsgericht von Amts wegen zu entscheiden.

Die Erklärung des [X.] vom 23. September 2005 kann objektiv nur als Verzicht auf die Anerkennung als [X.]verweigerer vom 17. Februar 1993 verstanden werden. Die Zulässigkeit eines solchen Verzichts unterliegt in Anbetracht der Vorschriften des § 7 Abs. 2 [X.] und des § 43 Abs. 1 Nr. 10 [X.] keinen [X.]edenken. Der Kläger hatte ein erkennbares Interesse daran, den Verzicht auszusprechen, da er als anerkannter [X.]verweigerer einen [X.] erfüllte und deshalb nicht die für die [X.]erufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf [X.] erforderliche Eignung besaß. Die Ausräumung dieses [X.]erufungshindernisses war nur in der Form des Verzichts auf die Anerkennung als [X.]verweigerer möglich.

Meta

6 C 11/11

22.02.2012

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Koblenz, 28. September 2010, Az: 2 K 216/10, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, Art 4 Abs 3 GG, Art 12a Abs 2 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 2 Abs 6 KDVG 2003, § 1 Abs 2 SG, § 46 Abs 2 SG, § 46 Abs 6 SG, § 55 Abs 1 SG, § 55 Abs 3 SG, § 7 Abs 2 WehrPflG, § 29 Abs 1 WehrPflG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.02.2012, Az. 6 C 11/11 (REWIS RS 2012, 8921)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8921

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