Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 19.11.2020, Az. I ZR 27/19

1. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 603

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Gegenstand

Vorlage an den EuGH zur Auslegung der Gemeinschaftsmarkenverordnung und der Unionsmarkenverordnung: Wirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung über die Verpflichtung eines Dritten zur Unterlassung eines Antrags beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke wegen Nichtbenutzung; Unbeachtlichkeit eines rechtskräftigen Urteils des Gerichts eines Mitgliedsstaats über die Verpflichtung zur Rücknahme des Antrags auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke wegen Nichtbenutzung im Verfallsverfahren - Nichtangriffsabrede


Leitsatz

Nichtangriffsabrede

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (GMV) und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (UMV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Führt der in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a GMV und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a UMV geregelte Umstand, dass ein Verfallsantrag gegen eine Unionsmarke wegen deren Nichtbenutzung von jeder natürlichen oder juristischen Person sowie jedem prozessfähigen Interessenverband gestellt werden kann, zur Unwirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung, mit der sich ein Dritter gegenüber dem Inhaber einer Unionsmarke verpflichtet, keinen Antrag beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum auf Erklärung des Verfalls dieser Unionsmarke wegen Nichtbenutzung zu stellen?

2. Bewirkt der in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a GMV und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a UMV geregelte Umstand, dass ein Verfallsantrag gegen eine Unionsmarke wegen deren Nichtbenutzung von jeder natürlichen oder juristischen Person sowie jedem prozessfähigen Interessenverband gestellt werden kann, dass ein rechtskräftiges Urteil des Gerichts eines Mitgliedsstaats, das den Beklagten verpflichtet, den von ihm selbst oder über eine von ihm beauftragte Person gestellten Antrag auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke wegen Nichtbenutzung zurückzunehmen, im Verfallsverfahren vor dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum und den Unionsgerichten nicht zu beachten ist?

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem [X.] werden zur Auslegung von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung ([X.]) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke ([X.]) und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung ([X.]) 2017/1001 des [X.] und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke ([X.]) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Führt der in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a [X.] und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a [X.] geregelte Umstand, dass ein Verfallsantrag gegen eine Unionsmarke wegen deren Nichtbenutzung von jeder natürlichen oder juristischen Person sowie jedem prozessfähigen Interessenverband gestellt werden kann, zur Unwirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung, mit der sich ein Dritter gegenüber dem Inhaber einer Unionsmarke verpflichtet, keinen Antrag beim [X.] auf Erklärung des Verfalls dieser Unionsmarke wegen Nichtbenutzung zu stellen?

2. Bewirkt der in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a [X.] und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a [X.] geregelte Umstand, dass ein Verfallsantrag gegen eine Unionsmarke wegen deren Nichtbenutzung von jeder natürlichen oder juristischen Person sowie jedem prozessfähigen Interessenverband gestellt werden kann, dass ein rechtskräftiges Urteil des Gerichts eines Mitgliedsstaats, das den Beklagten verpflichtet, den von ihm selbst oder über eine von ihm beauftragte Person gestellten Antrag auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke wegen Nichtbenutzung zurückzunehmen, im Verfallsverfahren vor dem [X.] und den Unionsgerichten nicht zu beachten ist?

Gründe

1

A. Die Beklagte zu 1 ist ein im Bereich der [X.] und des [X.] tätiges Unternehmen. Die [X.] zu 2 bis 4 sind Gesellschafter und Geschäftsführer der [X.] zu 1.

2

Zur Weiterführung des Uhrengeschäfts der [X.] zu 1 wurde im Jahr 2010 die Klägerin in Form einer Kommanditgesellschaft gegründet. Von ihren Kommanditanteilen übernahmen die [X.] zu 2 bis 4 zusammengerechnet 1% und der Investor Prof. Dr. Dr. U.   R.  99%.

3

Im Zuge der Gründung schlossen die Parteien weitere Verträge:

4

Gemäß einem [X.] übertrug die Beklagte zu 1 der Klägerin die [X.] Wortmarke Nr. 30163462 "[X.]" gegen Zahlung von 1.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer für die Waren "Uhren und Zeitmessinstrumente; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten, für Uhren und Zeitmessinstrumente". Der [X.] bestimmt in § 5.1:

Der Verkäufer verpflichtet sich, die [X.] weder selbst anzugreifen noch Dritte beim Angriff auf die [X.] zu unterstützen.

5

Zudem vereinbarten die Beklagte zu 1 und die Klägerin in einem [X.] gegen Zahlung von 235.348,50 € zuzüglich Mehrwertsteuer den Verkauf und die Übertragung verschiedener Vermögensgegenstände, die gemäß § 1 Nr. 1 Buchst. b dieses [X.]s auch die "zum [X.] gehörenden immateriellen Wirtschaftsgüter der Verkäuferin … einschließlich … gewerblicher Schutzrechte … gemäß Anlage 1.1.b" umfassten. Der [X.] regelt in § 7 Abs. 3:

Die Verkäuferin verpflichtet sich, sowohl (i) registrierte immaterielle Vermögensgegenstände als auch (ii) die Nutzung immaterieller Vermögensgegenstände weder selbst anzugreifen noch Dritte bei einem solchen Angriff zu unterstützen.

6

Durch zwei [X.] räumte die Beklagte zu 1 der Klägerin und ihren Gesellschaftern ferner unentgeltlich das Recht zur Nutzung der Bezeichnung "L.    " als Bestandteil der Firma der Klägerin und ihrer Komplementärin ein. Auch diese Verträge enthalten in § 3 jeweils [X.]n.

7

[X.] wurde für die Klägerin auf deren Anmeldung die Unionsbildmarke Nr. 009808205

Abbildung

für die Waren "[X.]serschmiedewaren, Gabeln, Löffel; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; [X.], Schmuckwaren, Edelsteine, Uhren und Zeitmessinstrumente; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten" eingetragen.

8

[X.] fiel bei der Klägerin auf, dass der [X.] des Jahres 2010 im Register nicht umgesetzt worden war. Die [X.] Marke Nr. 30163462 war zwischenzeitlich erloschen, nachdem die Beklagte zu 1 im Jahr 2011 die Wortmarke "[X.]" als Unionsmarke Nr. 009804981 mit der Seniorität der [X.]n Marke angemeldet hatte. [X.] übertrug die Beklagte zu 1 diese Unionsmarke für die Waren "Uhren und Zeitmessinstrumente; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten, für Uhren und Zeitmessinstrumente" an die Klägerin; hieraus entstand die Unionsmarke Nr. 013975461. Darüber hinaus übertrug die Beklagte zu 1 die von ihr im Jahr 2011 angemeldete Unionsbildmarke Nr. 009805326

Abbildung

("EL" in grafischer Gestaltung) für dieselben Waren an die Klägerin; hieraus entstand die Unionsmarke [X.].

9

Die [X.] zu 2 bis 4 ließen in der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 28. Juli 2016 ankündigen, ihre Beteiligung an der Klägerin demnächst zu kündigen und [X.] gegen die "[X.]"-Marken der Klägerin zu stellen. Sie sprachen eine zum 31. Dezember 2017 wirksame ordentliche Kündigung des Gesellschaftsvertrags der Klägerin aus.

Am 10. August 2016 stellte Rechtsanwalt [X.]beim [X.] (jetzt: Amt der [X.], nachfolgend auch: [X.]) [X.] wegen Nichtbenutzung gegen die Unionsmarken Nr. 013975461, 013975453 und 009808205 der Klägerin.

Die Klägerin hat mit ihrer deswegen erhobenen Klage zuletzt beantragt,

die [X.] zu 1 bis 4 - hilfsweise die [X.] zu 2 bis 4 sowohl als Geschäftsführer der [X.] zu 1 als auch persönlich - zu verurteilen, Rechtsanwalt [X.]anzuweisen, die von ihm am 10. August 2016 beim [X.] gestellten Anträge auf Erklärung des Verfalls der Unionsmarken Nr. 013975461 und [X.] zurückzunehmen;

festzustellen, dass die [X.] als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Anträge des [X.]auf Erklärung des Verfalls der Unionsmarken Nr. 013975461 und 013975453 und 009808205 entstanden ist und künftig noch entsteht.

Der zuerst genannte Antrag hatte ursprünglich auch die Unionsmarke Nr. 009808205 umfasst. Die Parteien haben ihn insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der diesbezügliche Verfallsantrag durch eine Entscheidung der Löschungsabteilung des [X.] für "Armbanduhren" bestandskräftig zurückgewiesen worden war.

Das [X.] hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung ([X.]) Nr. 207/2009 vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke ([X.]) und von Art. 63 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung ([X.]) 2017/1001 vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke ([X.]) ab. Vor einer Entscheidung über die Revision ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 A[X.]V eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.

I. Das Berufungsgericht hat den auf Verurteilung der [X.] zur Erteilung einer Weisung an Rechtsanwalt [X.]gerichteten Leistungsantrag der Klägerin sowohl in der Fassung des Haupt- als auch des [X.] mangels [X.] als unzulässig angesehen. Nach der Rechtsprechung des Gerichts der [X.] (Urteil vom 16. November 2017 - [X.]/16, [X.], 68 - [X.]/[X.] [[X.]]) könne ein nationales Gericht nicht anordnen, dass ein beim [X.] gestellter Antrag auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke zurückgenommen werde. Da ein Verfallsantrag beim [X.] kein Rechtsschutzbedürfnis erfordere, könne sich eine [X.] nicht auf seine Zulässigkeit auswirken. Selbst wenn man die [X.] als wirksam ansehe und auf die streitgegenständlichen Marken erstrecke, sei sie daher für die Zulässigkeit der [X.] unbeachtlich und eine auf ihre Rücknahme gerichtete Klage nicht möglich. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Klägerin "nur" die Anweisung der Rücknahme gegenüber einem Dritten als Strohmann begehre. Im Falle einer Stattgabe würden letztlich von der [X.] nicht vorgesehene Zugangshürden für das Stellen von [X.]n aufgebaut. Die Unzulässigkeit folge auch aus den Grundsätzen des [X.] zum Fehlen des [X.] für Klagen auf Unterlassung von Äußerungen in gerichtlichen Verfahren.

Ob bezüglich des Feststellungsantrags ein Feststellungsinteresse der Klägerin bestehe, könne dahinstehen, weil die Klage insoweit jedenfalls unbegründet sei. Ein Verstoß gegen eine unbeachtliche [X.] könne von vornherein nicht zum Schadensersatz verpflichten, da dies faktisch der Durchsetzung eines von der Rechtsordnung nicht gebilligten Anspruchs auf Umwegen gleichkomme. Es fehle zudem an der erforderlichen Kausalität, weil adäquat kausal für einen Schaden nicht der Verfallsantrag wäre, sondern die Verfallserklärung aufgrund der mangelnden rechtserhaltenden Benutzung durch die Klägerin selbst.

II. Für den Erfolg der Revision kommt es darauf an, ob für den Leistungsantrag der Klägerin, der darauf gerichtet ist, die [X.] zu verurteilen, Rechtsanwalt [X.]zur Rücknahme der von ihm gestellten [X.] gegen die Unionsmarken Nr. 013975461 und [X.] anzuweisen, ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Klägerin mit einem dem Leistungsantrag stattgebenden rechtskräftigen Urteil im Verfallsverfahren vor dem Amt der [X.] oder den Unionsgerichten unter keinen Umständen einen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. In diesem Zusammenhang stellen sich klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a [X.] und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a [X.].

1. Nach dem [X.]n Zivilprozessrecht ist eine Klage als unzulässig abzuweisen, wenn für sie kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Das Erfordernis des [X.] soll verhindern, dass Rechtsstreitigkeiten in das Stadium der Begründetheitsprüfung gelangen, für die eine solche Prüfung nicht erforderlich ist. Grundsätzlich haben Rechtssuchende jedoch einen Anspruch darauf, dass die staatlichen Gerichte ihr Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden. Bei Leistungsklagen ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs, dessen Vorliegen für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist (vgl. [X.], Urteil vom 21. September 2017 - [X.], [X.], 1236 Rn. 37 = [X.], 1488 - Sicherung der Drittauskunft, mwN; Urteil vom 23. April 2020 - [X.]/19, [X.], 886 Rn. 20 = [X.], 1017 - Preisänderungsregelung). Der voraussichtliche [X.] ist für die Beurteilung des [X.] einer Klage im Erkenntnisverfahren ohne Belang ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2012 - [X.], [X.], 464 Rn. 51). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt jedoch, wenn eine Klage oder ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger oder Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (vgl. [X.], [X.], 1236 Rn. 37 - Sicherung der Drittauskunft, mwN; [X.], 886 Rn. 20 - Preisänderungsregelung).

2. Für die vom Senat zu treffende Revisionsentscheidung ist in tatsächlicher Hinsicht zu unterstellen, dass die zwischen den Parteien des Rechtsstreits geschlossenen Verträge den von der Klägerin mit dem Leistungsantrag geltend gemachten Anspruch umfassen und dass Rechtsanwalt [X.]die streitgegenständlichen [X.] im Auftrag der [X.] gestellt hat. Aus Sicht des Berufungsgerichts kam es hierauf nicht entscheidend an, weil es bereits aus rechtlichen Gründen davon ausgegangen ist, dass für den Leistungsantrag der Klägerin kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Im Falle einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache wird das Berufungsgericht hierzu daher weitere Feststellungen zu treffen haben.

3. Das Rechtsschutzbedürfnis für den Leistungsantrag der Klägerin fehlt, wenn sie aus im Unionsmarkenrecht liegenden Gründen mit ihrer Klage unter keinen Umständen einen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. Das ist zum einen dann der Fall, wenn eine vertragliche Vereinbarung, mit der sich ein Dritter gegenüber dem Inhaber einer Unionsmarke verpflichtet hat, keinen Antrag beim Amt der [X.] auf Erklärung des Verfalls dieser Unionsmarke wegen Nichtbenutzung zu stellen, mit dem Unionsmarkenrecht generell unvereinbar ist (dazu [X.] 3 b). Zum anderen besteht auch dann kein Rechtsschutzbedürfnis für den Leistungsantrag der Klägerin, wenn ein dem Leistungsantrag stattgebendes rechtskräftiges Urteil im Verfallsverfahren vor dem Amt der [X.] oder den Unionsgerichten unbeachtlich wäre (dazu [X.] 3 c).

a) Das Berufungsgericht hat sich für seine Annahme, dem Leistungsantrag der Klägerin fehle das Rechtsschutzbedürfnis, maßgeblich auf ein Urteil des Gerichts der [X.] vom 16. November 2017 ([X.]/16, [X.], 68 - [X.]/[X.] [[X.]]) gestützt.

Danach sind [X.]n im Verfallsverfahren (Art. 51, 56 Abs. 1 Buchst. a [X.]/Art. 58, 63 Abs. 1 Bucht. a [X.]) vor dem [X.] und in den Verfahren vor den Unionsgerichten, die die Entscheidung des [X.] überprüfen, unbeachtlich und wirken sich nicht auf die Zulässigkeit des [X.] aus (vgl. [X.], [X.], 68 Rn. 30 bis 35 - [X.]/[X.] [[X.]]). Das Gericht der [X.] hat hierfür insbesondere darauf abgestellt, dass die Verfallsgründe den Schutz des ihnen zugrundeliegenden Allgemeininteresses zum Ziel haben, was erklärt, dass Art. 56 Abs. 1 Buchst. a [X.] [jetzt Art. 63 Abs. 1 Buchst. a [X.]] nicht verlangt, dass der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis nachweist ([X.], [X.], 68 Rn. 33 f. - [X.]/[X.] [[X.]]).

Nach dem Urteil des Gerichts der [X.] ist die Auslegung einer [X.] durch ein nationales Gericht für das [X.] beziehungsweise die Unionsgerichte nicht bindend und das Stellen eines Verfallsantrags entgegen einer [X.] nicht rechtsmissbräuchlich (vgl. [X.], [X.], 68 Rn. 36 bis 43 - [X.]/[X.] [[X.]]). In diesem Zusammenhang hat das Gericht der [X.] angemerkt, dass die nationalen Gerichte keine Befugnis nach nationalem Recht hätten, den Verfallsantragsteller zur Rücknahme seines beim [X.] gestellten Antrags auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke zu verpflichten ([X.], [X.], 68 Rn. 39 - [X.]/[X.] [[X.]]). Die hierzu ergangene Beschwerdeentscheidung des Gerichtshofs der [X.] behandelt die genannten Punkte nicht (vgl. [X.]H, Beschluss vom 14. Juni 2018 - [X.]/18, juris Rn. 4 - [X.]/[X.] [[X.]], hier insbesondere Rn. 20 und 21 der zitierten Stellungnahme des Generalanwalts).

b) Das Rechtsschutzbedürfnis für den Leistungsantrag der Klägerin fehlt, wenn sich die [X.] von vornherein nicht wirksam dazu verpflichten konnten, die streitgegenständlichen Unionsmarken Nr. 013975461 und [X.] der Klägerin nicht wegen Verfalls durch Nichtbenutzung anzugreifen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a [X.] und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a [X.] geregelte Umstand, dass ein solcher Verfallsantrag von jeder natürlichen oder juristischen Person sowie jedem prozessfähigen Interessenverband gestellt werden kann, zur Unwirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung führt, mit der sich ein Dritter gegenüber dem Inhaber einer Unionsmarke verpflichtet, keinen Antrag beim Amt der [X.] auf Erklärung des Verfalls dieser Unionsmarke wegen Nichtbenutzung zu stellen. Dies soll mit der Vorlagefrage 1 geklärt werden.

aa) Die Revision macht geltend, die zwischen den Parteien des Streitfalls geschlossene [X.] enthalte als privatautonome Vereinbarung einen Verzicht auf das Stellen eines Löschungsantrags. Die bestehende Dispositionsbefugnis des Antragstellers, der entscheiden könne, ob er einen Verfallsantrag stelle oder später zurücknehme, zeige, dass auch eine vertragliche Vereinbarung über diese zur Disposition des Antragstellers stehenden Rechte zulässig sein müsse.

bb) Der Gerichtshof der [X.] hat bislang - soweit ersichtlich - vor allem unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten über die Vereinbarkeit von [X.]n mit dem Unionsrecht entschieden. Eine markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung, die auch eine [X.] enthielt, hat er als grundsätzlich zulässig und zweckmäßig anerkannt, jedoch wegen ihres wettbewerbsbeschränkenden Zwecks als unionsrechtswidrig angesehen (vgl. [X.]H, Urteil vom 30. Januar 1985 - 35/83, Slg. 1985, 363 Rn. 33 = NJW 1985, 1278 - [X.]/Kommission). Demgegenüber hat der Gerichtshof der [X.] die in einem Patentlizenzvertrag enthaltene [X.] bei kostenloser Lizenzerteilung oder bei Lizenzierung eines technisch überholten Verfahrens nicht als Wettbewerbsbeschränkung angesehen (vgl. [X.]H, Urteil vom 27. September 1988 - 65/86, Slg. 1988, 5249 Rn. 21 = NJW 1988, 3082 - [X.] und [X.]).

cc) Aus Sicht des Senats sollten [X.]n, die das Stellen eines Verfallsantrags gegen eine Unionsmarke wegen deren Nichtbenutzung ausschließen, zulässig und wirksam sein, soweit sie nicht im Einzelfall gegen das Kartellrecht verstoßen.

(1) Nach der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur zu den Löschungstatbeständen des [X.]n Markengesetzes, die mit denen der [X.] und der [X.] weitgehend deckungsgleich sind, verstoßen [X.]n nicht grundsätzlich gegen das Markenrecht (vgl. [X.], Urteil vom 6. November 2014 - 29 U 735/14, juris Rn. 47; [X.], [X.], 197 [juris Rn. 16]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 54 Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 55 Rn. 53 bis 55; [X.], 22. Edition [Stand 1. Juli 2020], § 53 [X.] Rn. 19.2 bis 19.4 und § 55 [X.] Rn. 17 bis 19; [X.]/[X.], Markenrecht, 4. Aufl., § 54 [X.] Rn. 8 und § 55 [X.] Rn. 24; [X.], Markenrecht, 4. Aufl., § 55 [X.] Rn. 33; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 54 Rn. 4 und § 55 Rn. 14 und 36; dagegen [X.], Urteil vom 17. April 1928 - II 411/27, [X.]Z 120, 402, 404 f.; wohl auch [X.], Urteil vom 29. März 1960 - [X.], [X.]Z, 32, 133, 142 bis 145 [juris Rn. 25 bis 33] - Dreitannen; kritisch auch [X.], [X.] 2015, 109 112 [juris Rn. 71]; offengelassen in [X.], Urteil vom 20. März 1997 - [X.], [X.], 747, 748 [juris Rn. 26] = WRP 1997, 1089 - Cirkulin).

Teilweise wird nach den von einer [X.] erfassten [X.] differenziert: Während relative Gründe (§ 51 Abs. 1 [X.]/Art. 53 Abs. 1 und 2 [X.]/Art. 60 Abs. 1 und 2 [X.]) nur das Verhältnis zwischen verschiedenen Marken beträfen und daher zur Disposition der jeweiligen Markeninhaber stünden, dienten absolute Schutzhindernisse (§ 50 Abs. 1 [X.]/Art. 52 Abs. 1 [X.]/Art. 59 Abs. 1 [X.]) überwiegend dem öffentlichen Interesse an der Bereinigung des Registers und seien der Parteidisposition daher entzogen (vgl. [X.], [X.] 2015, 109, 112 [juris Rn. 71]; [X.] aaO § 55 [X.] Rn. 33; [X.], [X.], 2010, [X.] f.; [X.] in Festschrift [X.], 2019, [X.], 291). Die Verfallsgründe (§ 49 Abs. 1 und 2 [X.]/Art. 51 Abs. 1 [X.]/Art. 58 Abs. 1 [X.]) werden im Grundsatz der zweiten Gruppe zugeordnet (vgl. [X.] aaO § 55 [X.] Rn. 32 mwN; [X.], [X.], [X.]; [X.] in Festschrift [X.], 2019, [X.], 291 f.). Dennoch soll es nach überwiegender Auffassung möglich sein, vertraglich auf die Geltendmachung des - im Streitfall betroffenen - Verfallsgrunds der Nichtbenutzung (§ 49 Abs. 1 [X.]/Art. 51 Abs. 1 Buchst. a [X.]/Art. 58 Abs. 1 Buchst. a [X.]) zu verzichten ([X.], Urteil vom 6. November 2014 - 29 U 735/14, juris Rn. 46 f.; [X.], [X.], 197 [juris Rn. 16]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 55 Rn. 53 bis 55; [X.] aaO § 55 [X.] Rn. 33 mwN; [X.]/[X.] aaO § 55 Rn. 14; [X.], [X.] 1973, 179; [X.], [X.] im Markenrecht, 1974, [X.] [X.]. 33; Fammler in [X.], Handbuch der Markenpraxis, 3. Aufl., [X.] Rn. 43; Jackermeier, [X.] im Markenrecht, 1983, S. 149 bis 157; [X.], [X.] 2006, 210, 211; [X.], [X.], 2010, [X.] bis 93; [X.], [X.] 1973, 175; [X.]., [X.] 1973, 348; [X.], [X.] 1974, 324; [X.], [X.], 1983, S. 53 bis 55; [X.], [X.] 1981, 386, 390; [X.] in Festschrift [X.], 2019, [X.], 292).

Dem stimmt der Senat zu. Das Markenrecht hat die Durchsetzung des Benutzungszwangs der [X.] unterstellt. Da aus den hierfür maßgeblichen Regelungen kein zwingendes Verbot folgt, nicht rechtserhaltend benutzte Marken im Register zu belassen, muss auch eine privatautonome Vereinbarung über die Geltendmachung der Nichtbenutzung einer Marke grundsätzlich möglich sein (vgl. [X.], Markenrecht aaO § 55 [X.] Rn. 32; [X.], [X.], 2010, [X.] bis 93; [X.], [X.] 2006, 210, 211; wohl auch [X.], [X.] 2016, 160, 164). Zudem hat der Umstand, dass das Markenrecht jedem das Recht einräumt, die Löschung einer Marke wegen Verfalls zu betreiben, nicht zur Folge, dass ein [X.]spartner, der zusagt, von diesem Recht keinen Gebrauch zu machen, gemäß § 134 [X.] gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder gemäß § 138 [X.] sittenwidrig handelt (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 55 Rn. 54).

(2) Auf Marken bezogene [X.]n können jedoch wegen Verstoßes gegen § 1 GWB oder Art. 101 Abs. 1 A[X.]V nach § 134 [X.] nichtig sein (vgl. [X.]H, NJW 1985, 1278 Rn. 33 - [X.]/Kommission; [X.], [X.], 248, 255; zum Patentrecht auch [X.]H, NJW 1988, 3082 Rn. 21 - [X.] und [X.]; [X.], Urteil vom 21. Februar 1989 - [X.], [X.] 1991, 558, 560 [juris Rn. 42] - [X.]). Hierzu wird vertreten, [X.]n seien nur als kartellrechtsneutral anzusehen, soweit sie sich auf die Geltendmachung relativer Schutzhindernisse bezögen (vgl. [X.], [X.] 2015, 109, 112 [juris Rn. 71]). Dieser generalisierenden Betrachtungsweise ist in der Literatur jedoch mit Recht entgegengehalten worden, dass aus einer [X.] noch kein Verbot des [X.]spartners folgt, identische oder ähnliche Zeichen zu benutzen. Insbesondere wird der Handlungsspielraum möglicher Wettbewerber mit Blick auf den im Streitfall relevanten Löschungsgrund der Nichtbenutzung nicht bereits durch den Verzicht auf einen deswegen möglichen Verfallsantrag beeinflusst, sondern erst dann, wenn der [X.]spartner auch auf die einredeweise Geltendmachung des Verfalls gegen [X.] verzichtet oder der [X.] eine eigenständige, von [X.]n unabhängige Nichtbenutzungspflicht vorsieht (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 55 Rn. 54). Auch dann ist aber auf den konkreten Einzelfall bezogen zu prüfen, ob der die [X.] enthaltende [X.] eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 15. Dezember 2015 - [X.], [X.] 2016, 849 Rn. 22 f. und 41 = [X.], 1271 - Pelican/Pelikan, mwN).

(3) Auch im Patentrecht sind [X.]n grundsätzlich beachtlich, soweit das Kartellrecht ihnen nicht entgegensteht (vgl. [X.], Urteil vom 20. Mai 1952 - [X.], [X.]Z 10, 22, 23 bis 30 [juris Rn. 32 bis 39]; Urteil vom 18. März 1955 - [X.], [X.]Z 17, 41, 53 f. [juris Rn. 32] - Kokillenguss; Urteil vom 15. Oktober 1957 - [X.], [X.] 1958, 177, 178 - Aluminiumflachfolien; Urteil vom 30. November 1967 - [X.], [X.] 1971, 243 [juris Rn. 25]; Beschluss vom 4. Oktober 1988 - [X.], [X.] 1989, 39, 41 f. [juris Rn. 35 bis 40] - Flächenentlüftung; [X.], [X.] 1991, 558, 560 [juris Rn. 42 bis 44] - [X.]; [X.], Urteil vom 7. Oktober 2009 - [X.], [X.]-RR 2010, 136 Rn. 17; Beschluss vom 24. Januar 2011 - [X.], [X.] 2011, 409 Rn. 11 - Deformationsfelder; [X.] 32, 54, 56; [X.] 36, 177, 181 bis 189; [X.], Beschluss vom 2. März 2016 - 2 Ni 15/14 (EP), juris Rn. 47; [X.], Urteil vom 10. September 2015 - [X.], juris Rn. 57, 59 und 62 f.; [X.]/[X.] in [X.], [X.], 11. Aufl., § 22 Rn. 33 und 39 bis 42; [X.], [X.] Gebrauchsmustergesetz, 5. Aufl., § 15 [X.] Rn. 31 und § 59 [X.] Rn. 37 bis 40; [X.]/Moufang, [X.] mit EPÜ, 10. Aufl., § 59 Rn. 59 bis 61; Lunze in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 22 [X.] Rn. 8 und § 81 [X.] Rn. 14).

dd) Die Vereinbarkeit der zwischen den Parteien des Rechtsstreits geschlossenen [X.]n mit dem Unionsmarkenrecht ist entscheidungserheblich. Die Revisionserwiderung behauptet lediglich pauschal ihre Kartellrechtswidrigkeit. Der Umstand, dass die Beklagte zu 1 ihr Uhrengeschäft an die Klägerin ausgegliedert hat, deutet aber eher darauf hin, dass die Gesellschaften zumindest bei Abschluss der Verträge nicht in tatsächlichem oder potentiellem Wettbewerb zueinander standen. Das Berufungsgericht hat diesbezüglich keine Feststellungen getroffen.

c) Auch wenn [X.]n, die das Stellen eines Verfallsantrags gegen eine Unionsmarke wegen deren Nichtbenutzung ausschließen, mit dem Unionsmarkenrecht vereinbar sind, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den Leistungsantrag der Klägerin dann, wenn sie aus im unionsrechtlichen Verfallsverfahren liegenden Gründen mit ihrer Klage unter keinen Umständen einen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a [X.] und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a [X.] geregelte Umstand, dass ein Verfallsantrag gegen eine Unionsmarke wegen deren Nichtbenutzung von jeder natürlichen oder juristischen Person sowie jedem prozessfähigen Interessenverband gestellt werden kann, zur Unbeachtlichkeit eines dem Leistungsantrag stattgebenden rechtskräftigen Urteils im Verfallsverfahren vor dem Amt der [X.] oder den Unionsgerichten führt. Dies soll mit der Vorlagefrage 2 geklärt werden.

aa) Die Revision macht geltend, die Entscheidung des Gerichts der [X.] ([X.], [X.], 68 - [X.]/[X.] [[X.]]) sei nicht auf den Streitfall übertragbar. Die Klage ziele auf die Verurteilung der [X.] zu einer Handlung, zu deren Vornahme sie sich vertraglich verpflichtet hätten. Sie sei nicht auf eine gerichtliche Anordnung zur Rücknahme der beim [X.] gestellten [X.] gerichtet; daher stelle sich die Frage nach der Zuständigkeit des nationalen Gerichts für eine solche Anordnung im Streitfall nicht. Würde gemäß der Verurteilung gehandelt, bestünde die rechtliche Folge darin, dass nach Rücknahme der [X.] über diese nicht mehr zu befinden wäre. Darin sei kein unzulässiger Eingriff in das Verfallsverfahren zu sehen, da es der [X.] entspreche, dass der Antragsteller seinen Antrag jederzeit zurücknehmen könne. Hieran ändere auch nichts, dass ein Verfallsantrag von jedermann ohne Erforderlichkeit eines [X.] gestellt werden könne. Im vom Gericht der [X.] entschiedenen Fall sei die [X.] demgegenüber im Verfahren vor dem [X.] mit dem Ziel geltend gemacht worden, das Rechtsschutzbedürfnis für den Verfallsantrag in Frage zu stellen. Demnach seien die rechtlichen Auswirkungen einer [X.] auf die Zulässigkeit des Verfallsantrags zu prüfen gewesen. Der Umstand, dass für den Verfallsantrag kein Rechtsschutzbedürfnis erforderlich sei, stehe nicht der Möglichkeit entgegen, dass ein Verfallsantrag im konkreten Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein könne.

bb) Der Senat teilt im Grundsatz die Auffassung der Revision, dass die Entscheidung des Gerichts der [X.] ([X.], [X.], 68 - [X.]/[X.] [[X.]]) eine andere Konstellation betrifft als die des Streitfalls. Allerdings kann das Rechtsschutzbedürfnis für den Leistungsantrag der Klägerin nicht losgelöst von der Frage beurteilt werden, ob ein hierauf ergehendes rechtskräftiges Urteil aus Sicht des Unionsrechts im Verfallsverfahren beachtlich wäre.

(1) Im Ausgangspunkt zutreffend merkt die Revision an, dass die Klägerin vertragliche Ansprüche geltend macht, um eine Rücknahme der noch nicht beschiedenen [X.] zu erreichen. Die Rücknahme eines Verfallsantrags im laufenden Verfahren ist aufgrund der [X.] jederzeit möglich und führt zur Beendigung des Verfahrens (vgl. [X.]/[X.], 21. Edition [Stand 1. Mai 2020], Art. 58 [X.] 2017 Rn. 5 und Art. 64 Rn. 53 f.). Ein Eingriff in das autonome System des Unionsmarkenrechts ist damit nicht verbunden.

(2) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann ein dem Leistungsantrag stattgebendes Urteil ohne Weiteres vollstreckt werden. Die von den [X.] begehrte Weisung an Rechtsanwalt [X.]im Rahmen eines Anwaltsvertrags ist eine Willenserklärung (§ 675 Abs. 1, § 665 [X.]; vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 665 Rn. 2 und § 675 Abs. 1) und gilt mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben (§ 894 Satz 1 ZPO), so dass die begehrte Weisung mit der Rechtskraft des Urteils als erteilt anzusehen wäre. Im Übrigen könnte auch ein gegen den Antragsteller selbst gerichtetes rechtskräftiges Urteil - dessen Verpflichtung zur [X.] unterstellt - nach § 888 Abs. 1 ZPO mit Zwangsgeld und -haft durchgesetzt werden, soweit das Urteil nicht ohnehin im Verfallsverfahren anerkannt würde (vgl. [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 894 Rn. 4 mwN; aA wohl [X.] in Festschrift [X.], 2019, [X.], 293).

(3) Auf den voraussichtlichen [X.] kommt es jedoch - wie ausgeführt (vgl. Rn. 18) - für die Beurteilung des [X.] einer Klage im Erkenntnisverfahren nicht an. Maßgeblich hierfür ist, ob mit der Klage ein schutzwürdiger Vorteil erlangt werden kann. Die Schutzwürdigkeit des erstrebten Vorteils ist aus Sicht des für das Verfallsverfahren maßgeblichen Unionsrechts zu beurteilen.

(4) Nach Auffassung des Senats sollte das rechtskräftige Urteil eines Mitgliedsstaats im unionsrechtlichen Verfallsverfahren beachtlich sein.

Der in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a [X.] und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a [X.] geregelte Umstand, dass ein Verfallsantrag gegen eine Unionsmarke wegen deren Nichtbenutzung von jeder natürlichen oder juristischen Person sowie jedem prozessfähigen Interessenverband gestellt werden kann, schließt - wie die Revision mit Recht ausführt - nicht aus, dass die Antragstellung im konkreten Einzelfall aus anderen Gründen, wie zum Beispiel wegen der Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung, rechtsmissbräuchlich sein kann. Hieran ändert nichts, dass andere Personen jederzeit einen Verfallsantrag stellen könnten. Da die Zeiträume, für die eine rechtserhaltende Benutzung nachgewiesen werden muss, nach Maßgabe des Art. 51 Abs. 1 Buchst. a [X.] und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a [X.] (auch) vom Zeitpunkt der Verfallsantragstellung abhängen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich bei Rücknahme des Verfallsantrags eine für den Markeninhaber günstigere Situation ergibt, selbst wenn sofort danach ein neuer Verfallsantrag gestellt wird oder ein solcher bereits anhängig ist.

Darüber hinaus belastet es das unionsrechtliche Verfallsverfahren nicht, wenn die Reichweite einer [X.] - wie im Streitfall - von den Gerichten der Mitgliedsstaaten geklärt wird. Der Streitfall unterscheidet sich insoweit von der vom Gericht der [X.] entschiedenen Konstellation, als dort eine [X.] direkt im Verfallsverfahren geltend gemacht wurde ([X.], [X.], 68 - [X.]/[X.] [[X.]]).

(5) Auch auf [X.] Marken bezogene [X.]n sind im [X.] und [X.] sowohl vor dem [X.] (§ 53 [X.]) als auch vor den ordentlichen Gerichten (§ 55 [X.]) grundsätzlich beachtlich und können zum Wegfall des [X.] für den Antrag oder die Klage führen (zum Verfahren vor dem [X.] vgl. [X.], [X.] 2013, 78, 80 [juris Rn. 35 bis 40 und 45 bis 48]; [X.], Beschluss vom 12. September 2012 - 28 W (pat) 25/1, juris Rn. 21; zur Klage vor den ordentlichen Gerichten vgl. [X.], Urteil vom 6. November 2014 - 29 U 735/14, juris Rn. 46 f.; [X.], [X.], 197 [juris Rn. 16]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 55 Rn. 51; allgemein zum Rechtsmissbrauch bei der [X.] vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 1985 - I ZR 209/83, [X.] 1986, 315, 316 [juris Rn. 15] - [X.]; [X.], [X.], 747, 748 [juris Rn. 26] - Cirkulin; an[X.] noch [X.], Urteil vom 21. Oktober 1924 - II 652/23, [X.]Z 109, 73, 77; [X.]Z 120, 402, 404 f.; [X.], Urteil vom 22. Februar 1952 - I ZR 117/51, [X.] 1952, 577, 582 [juris Rn. 42] - Zwilling, insoweit nicht in [X.]Z 5, 189 abgedruckt; zum Patentrecht vgl. [X.], Urteil vom 10. Januar 1963 - [X.], [X.] 1963, 253, 254 - [X.]; Urteil vom 2. Juni 1987 - [X.], [X.] 1987, 900, 901 [juris Rn. 8] - Entwässerungsanlage).

d) Das Rechtsschutzbedürfnis für den Leistungsantrag der Klägerin entfällt im Streitfall zudem nicht aufgrund der vom Berufungsgericht als Hilfsbegründung in Bezug genommenen Rechtsprechung des [X.] zur Privilegierung von Verfahrensäußerungen. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht dadurch Einfluss genommen werden und seinem Ergebnis nicht dadurch vorgegriffen werden soll, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird; die Relevanz des Vorbringens soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geklärt werden ([X.], Urteil vom 15. November 2012 - [X.], [X.] 2013, 647 Rn. 12 = [X.], 770 - Rechtsmissbräuchlicher Zuschlagsbeschluss; Urteil vom 27. Februar 2018 - [X.], [X.] 2018, 757 Rn. 16 f.; [X.], [X.], 886 Rn. 21 - Preisänderungsregelung). Mit Recht wendet die Revision gegen eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf den Streitfall ein, dass das unionsrechtliche Verfallsverfahren, in dem insbesondere die rechtserhaltende Benutzung zu prüfen ist, durch die Klärung der dem Verfallsverfahren vorgelagerten Frage, ob der Antragsteller mit dem Stellen des Antrags gegen eine vertragliche Verpflichtung verstoßen hat, nicht beeinträchtigt wird.

4. Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen entfiele auch dann nicht, wenn die streitgegenständlichen Verfallsverfahren vor einer rechtskräftigen Entscheidung in diesem Verfahren abgeschlossen würden. In diesem Fall könnte die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt erklären. Auch für die dann zu treffende Entscheidung käme es darauf an, ob die Klage ursprünglich zulässig war (vgl. [X.].ZPO/[X.], 6. Aufl., § 91a Rn. 82), insbesondere ob für sie ein Rechtsschutzbedürfnis bestand.

III. Von der Antwort auf die Vorlagefrage 1 hängt darüber hinaus auch die Begründetheit des Feststellungsantrags der Klägerin ab. Die [X.] können sich nur dann mit den gegen die Unionsmarken Nr. 013975461 und 013975453 und 009808205 gerichteten [X.]n wegen Nichtbenutzung schadensersatzpflichtig gemacht haben, wenn eine hierauf bezogene [X.] mit dem Unionsmarkenrecht vereinbar ist.

Koch     

      

Schaffert     

      

Pohl   

      

Schmaltz     

      

Odörfer     

      

Meta

I ZR 27/19

19.11.2020

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 15. November 2018, Az: 29 U 420/18

Art 56 Abs 1 Buchst a EGV 207/2009, Art 63 Abs 1 Buchst a EUV 2017/1001, Art 267 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 19.11.2020, Az. I ZR 27/19 (REWIS RS 2020, 603)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 433-435 GRUR 2021, 478 REWIS RS 2020, 603

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