Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.01.2023, Az. 6 StR 466/22

6. Strafsenat | REWIS RS 2023, 342

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Gegenstand

Revision in Strafsachen: Anforderungen an die Übermittlung der Revisionsbegründung über das besondere elektronische Anwaltspostfach


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. Juni 2022 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum „unerlaubten“ Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit „Verstoß gegen das Waffengesetz“ zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt sowie die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Seine Revision ist unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO).

2

1. Die Revisionsbegründung wurde von dem beigeordneten Verteidiger Rechtsanwalt [X.]verfasst und am 12. September 2022 an das [X.] elektronisch übermittelt. Unterhalb des elektronisch eingefügten Namens des beigeordneten Verteidigers befindet sich der Zusatz

„i.V.

Rechtsanwälte B.      & [X.]

elektronisch signiert

  [X.]

Rechtsanwalt“.

Das Dokument wurde über das besondere elektronische Anwaltspostfach des Rechtsanwalts [X.]       übermittelt.

3

2. Dies genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 345 Abs. 2 i.V.m. § 32d Satz 2, § 32a Abs. 3 und 4 Satz 1 Nr. 2 StPO).

4

a) Bei einer Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (§ 32a Abs. 3 [X.]. 2 StPO i.V.m. § 31a [X.]) muss das Dokument über das Postfach desjenigen Verteidigers oder Rechtsanwalts übertragen werden, dessen Name als Signatur in der Schrift als verantwortende Person aufgeführt ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18. Oktober 2022 – 3 [X.], NStZ-RR 2023, 22; vom 3. Mai 2022 – 3 [X.] mwN, [X.], 389 f.). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Denn der beigeordnete Verteidiger Rechtsanwalt [X.]hat das Dokument „einfach“ signiert (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Mai 2022 – 3 [X.], aaO), jedoch nicht selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht. Erfolgt die Übermittlung nach § 32a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 StPO gleichsam durch einen Boten (vgl. [X.]/[X.], 9. Aufl., § 164 Rn. 79), wird die Authentizität des elektronischen Dokuments nicht gewährleistet (vgl. BT-Drucks. 18/9416, [X.]. BT-Drucks. 17/12634, S. 25; [X.], Beschluss vom 3. Mai 2022 – 3 [X.], aaO).

5

b) Die Form wird auch nicht dadurch gewahrt, dass der das elektronische Dokument übermittelnde Rechtsanwalt [X.]       die Revisionsbegründung ebenfalls „einfach“ signiert hat. Denn dieser ist weder als allgemeiner Vertreter des Pflichtverteidigers nach § 53 Abs. 2 Satz 1 [X.] tätig geworden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Juni 2022 – 5 [X.]; vom 27. November 2019 – 5 StR 539/19), noch war er vom Angeklagten selbst bevollmächtigt worden. Eine etwaig erteilte [X.] wäre unwirksam (vgl. [X.], Beschlüsse vom 1. März 2022 – 5 [X.]; vom 7. Mai 2014 – 4 [X.]; vom 16. Dezember 1994 – 2 StR 461/94, [X.], 356, 357).

6

Auf Nachfrage des Senats hat Rechtsanwalt [X.]mitgeteilt, dass über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach „aus technischen Gründen“ keine elektronischen Dokumente übermittelt werden könnten und daher Rechtsanwalt [X.]      , der nicht sein bestellter Vertreter sei, die Schriftsätze einreiche. Bei verständiger Würdigung beschränkte sich die Tätigkeit von Rechtsanwalt [X.]      daher allein auf den technischen Vorgang der elektronischen Übermittlung des Dokuments, während Rechtsanwalt [X.]die Revisionsbegründung verantwortete.

7

3. Für eine Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Frist zur Begründung der Revision von Amts wegen war schon mangels Nachholung der versäumten Handlung kein Raum (§ 45 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Sander     

      

Feilcke     

      

Wenske

      

Fritsche     

      

von [X.]     

      

Meta

6 StR 466/22

24.01.2023

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Magdeburg, 10. Juni 2022, Az: 23 KLs 1/22

§ 32a Abs 3 Alt 2 StPO, § 345 StPO, § 31a BRAO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.01.2023, Az. 6 StR 466/22 (REWIS RS 2023, 342)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 342

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