Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.08.2022, Az. 6 StR 268/22

6. Strafsenat | REWIS RS 2022, 6075

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Gegenstand

Wiedereinsetzung im Strafverfahren: Nachholung einer formunwirksamen Revisionseinlegung per Fax


Tenor

Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag und auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 16. Februar 2022 gewährt.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten am 16. Februar 2022 wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Mit [X.] vom 23. Februar 2022 hat sein Verteidiger Revision hiergegen eingelegt. Mit Schreiben vom 27. Juni 2022, dem Angeklagten am 4. Juli 2022 zugestellt, hat der [X.] auf die Formunwirksamkeit des Rechtsmittels und die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrags hingewiesen. Über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach hat der Verteidiger am 5. Juli 2022 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und im selben elektronischen Dokument im [X.] zugleich die [X.] gegen das vorbezeichnete Urteil übermittelt. Nach dem – anwaltlich versicherten – Vortrag des Verteidigers hatte der Angeklagte diesen unmittelbar im [X.] an die Hauptverhandlung mit der [X.] beauftragt. Erst durch das Schreiben des [X.]s war dem Verteidiger aufgefallen, dass das Rechtsmittel nicht den gesetzlichen Formvorgaben entsprechend eingelegt worden war.

2

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig und begründet.

3

1. Der Angeklagte hat die Frist zur Einlegung der Revision (§ 341 Abs. 1 [X.]) versäumt. Nach der seit dem 1. Januar 2022 geltenden Vorschrift des § 32d Satz 2 [X.] müssen Verteidiger und Rechtsanwälte die Revision und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermitteln. Insoweit handelt es sich um eine Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung, welche bei Nichteinhaltung deren Unwirksamkeit zur Folge hat (vgl. BT-Drucks. 18/9416 S. 51; [X.], Beschlüsse vom 20. April 2022 – 3 [X.]; vom 28. April 2022 – 4 StR 59/22; vom 24. Mai 2022 – 2 [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 65. Aufl., § 32d Rn. 2). Diesen Anforderungen entspricht die am 23. Februar 2022 per Telefax übermittelte [X.] nicht. Die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls nach § 32d Satz 3 [X.] sind nicht dargetan.

4

2. An dieser [X.] traf den Angeklagten, wie sein Verteidiger fristgerecht vorgetragen und glaubhaft gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 1 [X.]), allerdings kein Verschulden. Den Auftrag zur [X.] hatte der Beschuldigte demzufolge rechtzeitig erteilt; es ist deshalb allein auf [X.] zurückzuführen, dass die Revision nicht formgerecht und mithin nicht wirksam eingelegt wurde.

5

3. Die versäumte Handlung hat der Verteidiger frist- und [X.] nachgeholt (§ 45 Abs. 2 Satz 2 [X.]; vgl. [X.], Beschluss vom 7. Januar 1992 – 1 StR 704/91, [X.]R [X.] § 44 Satz 1 Verhinderung 11). Die innerhalb der Wochenfrist nach § 45 Abs. 1 [X.] eingelegte Revision erfüllt die gesetzlichen Formerfordernisse der § 32d Satz 2, § 32a [X.].

6

a) Nach § 32a Abs. 3 [X.] muss die schriftlich abzufassende [X.] bei einer Übermittlung als elektronisches Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder aber von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg bei dem elektronischen Gerichts- oder Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht werden. Ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 32a Abs. 3 [X.] ist etwa gemäß § 32a Abs. 4 Nr. 2 [X.] die Übersendung über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (§ 31a [X.]). Dabei muss die elektronisch übermittelte Revisionsbegründung gemäß § 32a Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1, § 14 ElektronischeRechtsverkehr-Verordnung ([X.]) ein Dokument im Dateiformat [X.] sein (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Mai 2022 – 3 [X.] Rn. 12; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 130a Rn. 4).

7

b) Dem entspricht die eingelegte Revision. Dies ergibt die gebotene Zusammenschau von Verteidigerschriftsatz und dem zu den Akten zu nehmenden Prüfvermerk des EGVP (vgl. [X.], aaO Rn. 13 mwN), der hier namentlich Angaben zur Einreichung über das besondere elektronische Anwaltspostfach durch den signierenden Verteidiger und zum Dateiformat des übermittelten Dokuments enthält.

8

4. Mit der Zustellung dieses Beschlusses beginnt die Frist zur Begründung der Revision zu laufen (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Januar 1982 – 2 StR 751/80, [X.]St 30, 335, 337 f.).

[X.]     

      

[X.]     

      

Wenske

      

[X.]     

      

von [X.]     

      

Meta

6 StR 268/22

09.08.2022

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Regensburg, 16. Februar 2022, Az: 5 KLs 504 Js 12296/21

§ 32a Abs 2 S 2 StPO, § 32a Abs 3 StPO, § 32d S 2 StPO, § 45 Abs 2 S 1 StPO, § 45 Abs 2 S 2 StPO, § 341 Abs 1 StPO, § 2 Abs 1 S 1 ERVV, § 14 ERVV, § 31a BRAO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.08.2022, Az. 6 StR 268/22 (REWIS RS 2022, 6075)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6075 NJW 2022, 3588 REWIS RS 2022, 6075

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