Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2010, Az. 3 StR 406/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 1025

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Gegenstand

Strafverfahren: Mehrfache Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. Dezember 2009 im [X.] dahin geändert, dass lediglich die im Urteil des [X.] vom 14. August 2009 angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten wird sowie die erneute Anordnung dieser Maßregel und der im Hinblick darauf angeordnete [X.] eines Teils der Gesamtfreiheitsstrafe entfallen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung mehrerer Freiheitsstrafen aus anderen Urteilen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, die in einer Vorverurteilung angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten, die Maßregel nach § 64 StGB erneut angeordnet und einen [X.] der Freiheitsstrafe von drei Monaten festgesetzt. Die hiergegen gerichtete, auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

2

Während die Nachprüfung des Urteils zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht hat, hält die (erneute) [X.] nach § 64 StGB rechtlicher Überprüfung nicht stand.

3

Das [X.] hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass bei dem Angeklagten die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auch zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch vorliegen. Es hat deshalb zutreffend die im Urteil des [X.]s Wuppertal vom 14. August 2009 angeordnete und im Urteil des [X.]s Düsseldorf nach § 55 Abs. 2 StGB aufrechterhaltene Maßregel erneut aufrechterhalten. Für eine zusätzliche Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bestand indes kein Raum, weil die jetzt abgeurteilte Tat vor der früheren, die Maßregel anordnenden Verurteilung des Angeklagten begangen wurde. In diesem Fall haben die Grundsätze der nachträglichen Gesamtstrafenbildung Vorrang vor der Regelung des § 67f StGB (st. Rspr.; [X.], Urteil vom 10. Dezember 1981 - 4 StR 622/81, [X.]St 30, 305; Beschluss vom 8. November 1991 - 2 StR 401/91; Urteil vom 11. September 1997 - 4 StR 287/97, [X.]R StGB § 64 Anordnung 4).

4

Für seine gegenteilige Entscheidung hat sich das [X.] auf den Beschluss des [X.] vom 30. März 1992 (4 [X.], [X.], 432) bezogen. Der [X.] hat darin ausgesprochen, die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sei bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 StGB "auch dann zwingend" anzuordnen, "wenn die Maßregel schon in einem früheren Verfahren angeordnet worden ist". Dieser Entscheidung lag indes gerade kein Fall einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung zugrunde. Im Übrigen ist diese Rechtsprechung, soweit sie eine "zwingende Anordnung" verlangt (ebenso [X.], Urteil vom 11. September 1997 - 4 StR 287/97, [X.]R StGB § 64 Anordnung 4; Urteil vom 12. September 2001 - 3 StR 313/01; Beschluss vom 5. September 2006 - 3 [X.], [X.], 38), durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 ([X.]) ohnehin überholt, da seither die [X.] im Ermessen des Gerichts steht. Sie hat nur noch Bedeutung für die Fälle, in denen das Gericht unter Ausübung seines Ermessens die Maßregel anordnet.

5

Die vom [X.] neu angeordnete Maßregel hatte deshalb zu entfallen. Gleiches gilt für die vom [X.] getroffene Entscheidung über einen teilweisen [X.] der Gesamtfreiheitsstrafe. Diese ist vorliegend ohne praktische Bedeutung, da sich der Angeklagte bereits mehr als die zur Vorwegvollstreckung bestimmten drei Monate in Untersuchungshaft befunden hat. Der [X.] braucht deshalb nicht zu entscheiden, wie in Fällen zu verfahren wäre, in denen nachträglich eine so hohe Gesamtfreiheitsstrafe gebildet wird, dass eine nach § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB bemessene, am [X.]  orientierte Anordnung des [X.]s zu einer Herausnahme des Angeklagten aus dem Maßregelvollzug führen müsste. Er neigt dazu, darin eine der Konstellationen zu sehen, in denen entgegen der Regel des § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB auf eine Entscheidung über einen [X.] verzichtet werden kann.

[X.]                               von [X.]

                  Sost-Scheible                            [X.]

Meta

3 StR 406/10

25.11.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Wuppertal, 14. Dezember 2009, Az: 30 KLs 36/09, Urteil

§ 55 Abs 2 StGB, § 64 StGB, § 67f StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2010, Az. 3 StR 406/10 (REWIS RS 2010, 1025)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1025

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