Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.03.2020, Az. V R 48/17

5. Senat | REWIS RS 2020, 3285

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Rechnung ohne Leistungsbeschreibung


Leitsatz

Ein Abrechnungsdokument ist keine Rechnung und kann deshalb auch nicht mit der Folge einer Ausübungsvoraussetzung für den Vorsteuerabzug rückwirkend berichtigt werden, wenn es wegen ganz allgemein gehaltener Angaben (hier "Produktverkäufe") nicht möglich ist, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 24.05.2017 - 1 K 605/17 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) im Jahr 2005 (Streitjahr) die Vorsteuer aus einer Credit Note (Gutschrift) in Höhe von 33,44 € abziehen kann.

2

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die u.a. in den elektronischen Vertrieb von Software eingebunden ist. Hierzu betreibt sie einen Onlineshop für verschiedene Softwarehersteller. Der Kunde schließt über den Onlineshop einen Kaufvertrag unmittelbar mit der Klägerin ab, die wiederum die Software bei dem Softwarehersteller einkauft.

3

Im November 2005 erwarb die Klägerin von der [X.] (Verlag) Standardsoftware und rechnete darüber mit der Credit Note vom 07.12.2005 ab. Darin fehlten Angaben zur Steuernummer und zur [X.] (USt-IdNr.) des Verlags. Der Gegenstand der Abrechnung war mit "Transfer Sum November 2005" beschrieben. Zusammen mit der Credit Note übermittelte die Klägerin einen "Accounting Report", in dem unter "[X.]" (Produktverkäufe) die Nettoumsätze aus den verkauften Software-Produkten in einer Summe zusammengefasst dargestellt waren; darauf wurde der Steuersatz "16 %" angewendet und als Ergebnis der "Rechnungsbetrag brutto" angegeben. Die Klägerin übermittelte die Credit Note und den Accounting Report an den Verlag per E-Mail ohne elektronische Signatur.

4

In ihrer Umsatzsteuererklärung 2005 vom 30.03.2007 zog die Klägerin die Mehrwertsteuer aus der Credit Note in Höhe von 33,44 € als Vorsteuer ab.

5

Im Nachgang zu einer betriebsinternen Prüfung übermittelte die Klägerin dem Verlag die Credit Note mit Begleitschreiben vom 26.04.2011 erneut, nunmehr in Papierform. Beigelegt waren ein Blatt mit der Angabe der Steuernummer des Verlags sowie eine Auflistung der von dem Verlag erworbenen Software.

6

Hierauf gab die Klägerin am 28.06.2011 eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 2005 ab, in der sie aus der streitgegenständlichen Credit Note keine Vorsteuern mehr geltend machte. Gegen diese --als Vorbehaltsfestsetzung wirkende [X.] legte sie am 13.07.2011 Einspruch ein, mit dem sie eine auf das Streitjahr rückwirkende Berichtigung der Credit Note geltend machte.

7

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27.10.2014 als unbegründet zurück.

8

Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht ([X.]) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2018, 244 veröffentlichten Urteil statt. Zwar sei die Credit Note vom 07.12.2005 insoweit unvollständig gewesen, als die Steuernummer oder die USt-IdNr. des leistenden Unternehmers fehlten und auch die Leistungsbeschreibung nicht hinreichend genau gewesen sei.

9

Die fehlende Angabe (Steuernummer oder USt-IdNr.) sowie die ungenaue Leistungsbeschreibung habe die Klägerin jedoch mit Rückwirkung auf das Streitjahr berichtigen können, da ihrem Schreiben vom 26.04.2011 eine Auflistung der verkauften Software beigefügt gewesen sei. Die Credit Note vom 07.12.2005 sei [X.] gewesen, da die Beschreibungen in der Credit Note und dem beiliegenden Accounting Report --unter Berücksichtigung des auch dem [X.] bekannten Umstands, dass die Klägerin den Onlineshop des Verlags betrieb-- nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend seien, dass sie fehlenden Angaben gleichstünden. Dem Vorsteuerabzug im Streitjahr stehe auch nicht entgegen, dass die Credit Note vom 07.12.2005 per E-Mail ohne elektronische Signatur übermittelt wurde.

Hiergegen wendet sich das [X.] mit der Revision, mit der es die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Das [X.] habe verkannt, dass § 15 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) auf den § 14 UStG insgesamt verweise, weshalb auch die Anforderungen des § 14 Abs. 3 UStG a.F. Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug aufstellten. Nach der Systematik des § 14 UStG sei die elektronische Signatur eine unabweisliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug gewesen. Im Übrigen reiche die Leistungsbeschreibung der ursprünglichen Credit Note nicht aus, um die Anforderungen an eine [X.]e Rechnung zu erfüllen.

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] Baden-Württemberg vom 24.05.2017 - 1 K 605/17 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen,

hilfsweise beantragt die Klägerin,
das Verfahren auszusetzen und dem [X.] ([X.]) die Frage vorzulegen, ob nach der im Streitjahr geltenden Fassung der [X.]/[X.] des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/[X.]) der Vorsteuerabzug im Jahr der ersten Rechnungsausstellung im [X.] und Zahlung und des Vorliegens aller materiellen Voraussetzungen für den sofortigen Vorsteuerabzug allein deshalb versagt werden kann, weil der Steuerpflichtige die ihm vorliegende ordnungsgemäß ausgestellte Gutschrift nicht mittels qualifizierter elektronischer Signatur, sondern in einfacher elektronischer Form, übermittelt hat, und der Mitgliedstaat nicht von dem Recht Gebrauch gemacht hat, eine Übermittlung in einfacher elektronischer Form zuzulassen. Wenn ja, darf dies auch dann erfolgen, wenn wegen der Anwendung des [X.]s weder Bedenken an der Unversehrtheit des Inhalts noch an der Echtheit der Herkunft bestehen können?

Zur Begründung führt die Klägerin aus, das [X.] habe die Frage der Zulässigkeit der rückwirkenden Rechnungsberichtigung bei fehlender digitaler Signatur zutreffend bejaht. Auch die Berichtigungsfähigkeit der Leistungsbeschreibung habe das [X.] zu Recht bejaht. Im Übrigen habe der [X.] in der Rechtssache "[X.] 06" vom 15.09.2016 - [X.]/14 ([X.]:C:2016:690, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2016, 1031) entschieden, dass der Vorsteuerabzug aus einer Rechnung trotz formeller Mängel zu gewähren sei, wenn die Steuerbehörde über alle notwendigen Informationen verfügt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Unrecht die Voraussetzungen für eine Rechnungsberichtigung und damit einen Anspruch der Klägerin auf den Abzug der Vorsteuer aus der Credit Note vom [X.] für das Streitjahr bejaht.

1. Der Vorsteuerabzug setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung den Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung voraus. [X.] beruhte dies im Streitjahr auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/[X.] i.d.F. der Richtlinie 2003/92/[X.] zur Änderung der [X.]/[X.] (Richtlinie 2003/92/[X.]) und auf dem dort enthaltenen Verweis auf Art. 22 Abs. 3 der [X.]/[X.].

Eine Rechnung kann nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG im Wege der Gutschrift von einem in Satz 1 Nr. 2 der Vorschrift bezeichneten Leistungsempfänger --also von einem Unternehmer oder einer juristischen Person-- für eine von einem anderen Unternehmer erbrachte Lieferung oder sonstige Leistung ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde. [X.]e Grundlage hierfür war Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 8 der Richtlinie 77/388/[X.] i.d.F. der Richtlinie 2003/92/[X.].

Die zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung hat insbesondere Angaben zu der dem Leistenden erteilten Steuernummer oder USt-IdNr. sowie zu Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder zu Umfang und Art der sonstigen Leistung zu enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 5 UStG). [X.] ergab sich dies aus Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 dritter und sechster Gedankenstrich der [X.]/[X.] i.d.F. der Richtlinie 2003/92/[X.].

Eine Rechnung kann nach § 31 Abs. 5 Satz 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) berichtigt werden, wenn sie nicht alle Angaben nach § 14 Abs. 4 oder § 14a UStG enthält oder wenn Angaben in der Rechnung unzutreffend sind. [X.]e Grundlage hierfür war Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 5 Satz 1 der Richtlinie 77/388/[X.] i.d.F. der Richtlinie 2003/92/[X.].

2. Im Streitfall hat das [X.] den Vorsteuerabzug aus der Credit Note vom [X.] unter Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG und § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV bejaht.

a) Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Credit Note vom [X.] für sich genommen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte. Denn zum einen fehlte dort die nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG geforderte Angabe zur Steuernummer oder USt-IdNr. des leistenden Unternehmers (vgl. Senatsurteil vom 02.09.2010 - V R 55/09, [X.], 332, [X.], 235, Rz 11 f.). Zum anderen genügte die Leistungsbeschreibung "Transfer Sum November 2005" --auch unter Berücksichtigung der Angabe "Sales Products" (Produktverkäufe) im beigefügten Accounting Report-- nicht den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG, weil sich daraus weder die Art noch die Menge der verkauften Produkte ergibt (vgl. Senatsurteile vom 16.01.2014 - V R 28/13, [X.], 126, [X.], 867, Rz 10 ff., und vom 01.03.2018 - V R 18/17, [X.], 187, Rz 14 f.; [X.]-Urteil [X.] 06, [X.]:C:2016:690, Rz 28, [X.], 1031).

b) Das [X.] hat allerdings rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Klägerin aufgrund einer Berichtigung der Credit Note vom [X.] durch ihr Schreiben vom 26.04.2011 einen Anspruch auf Vorsteuerabzug im Streitjahr hat. Denn das Dokument vom [X.] stellt keine nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV berichtigungsfähige Rechnung in Form einer Gutschrift dar.

aa) Ein Dokument ist eine Rechnung und damit berichtigungsfähig, wenn es Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält (Senatsurteile vom 20.10.2016 - V R 26/15, [X.], 348, Rz 19, sowie vom 15.10.2019 - V R 19/18, [X.], 572, Rz 16; Senatsbeschluss vom 20.07.2012 - V B 82/11, [X.], 545, [X.], 809, Rz 33). Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung hat hinsichtlich der Leistungsbeschreibung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG folgende Angaben zu enthalten: "die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung".

Eine berichtigungsfähige Rechnung muss Angaben tatsächlicher Art enthalten, die es erlauben, die abgerechnete Leistung zu identifizieren. Das erfordert zwar keine erschöpfende Beschreibung der konkret erbrachten Leistung; die Rechnung muss es aber ermöglichen, die Leistung, über die abgerechnet worden ist, eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen. Was hierzu notwendig ist, richtet sich naturgemäß nach den Umständen des Einzelfalls. An einer Leistungsbeschreibung fehlt es jedoch, wenn die Angaben in hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind. So verhält es sich, wenn sich aus der Abrechnung keinerlei Anhaltspunkte für die Art des gelieferten Gegenstandes oder der sonstigen Leistung ergeben (vgl. zum Vorstehenden Senatsurteile in [X.], 348, Rz 19, und in [X.], 187, Rz 15 f.; Urteil des [X.] --[X.]-- vom 10.07.2019 - XI R 28/18, zur amtlichen [X.] bestimmt, [X.]/NV 2020, 313, Rz 16, jeweils m.w.[X.]).

bb) Nach diesen Maßstäben fehlt es vorliegend an einer berichtigungsfähigen Rechnung. Denn die Angaben in der Credit Note vom [X.] sind --auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände-- unbestimmt und ermöglichen nicht, die abgerechnete Leistung zu erkennen. Soweit das [X.] den Sachverhalt anders gewürdigt hat, ist der Senat hieran nicht gebunden.

(1) Ob eine Leistungsbeschreibung hinreichend bestimmt ist, entscheidet sich aufgrund einer in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegenden tatsächlichen Würdigung. Diese ist revisionsrechtlich nur bindend (§ 118 Abs. 2 [X.]O), wenn die Tatsachenwürdigung verfahrensrechtlich ordnungsgemäß durchgeführt wurde und die Würdigung weder gegen Denkgesetze verstößt noch Erfahrungssätze verletzt (Senatsurteile vom 18.02.2016 - V R 23/15, [X.], 432, [X.], 496, Rz 20; [X.]-Urteil vom 25.11.2010 - VI R 34/08, [X.], 86, [X.], 24, Rz 15). Letzteres ist hier indes nicht der Fall.

Vorliegend hat das [X.] seine Würdigung entscheidend auf die Annahme gestützt, die Bestimmtheit der Leistungsbeschreibung ergebe sich aus dem Umstand, dass die Klägerin --wie dem [X.] bekannt gewesen [X.] den Onlineshop des Verlags betreibt. Dieser Umstand sagt jedoch nur etwas über die von der Klägerin gegenüber dem Verlag erbrachte Leistung aus. Er lässt aber keinerlei Rückschluss auf die Art der mit der Credit Note abgerechneten Umsätze zu, die --umgekehrt-- der Verlag gegenüber der Klägerin getätigt hat (vgl. nachfolgend unter [X.] bb (2) (c)). Im Übrigen bietet der genannte Umstand erst recht keinen Anhaltspunkt für die Menge bzw. den Umfang der von dem Verlag gegenüber der Klägerin getätigten Umsätze.

(2) Der [X.] kann auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] in der Sache selbst entscheiden. Danach fehlt es der Credit Note vom [X.] --auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände-- an einer hinreichend bestimmten Leistungsbeschreibung, sodass sie keine berichtigungsfähige Rechnung darstellt.

(a) Die Wortfolge "Transfer Sum November 2005" ist derart unbestimmt, dass sie einer fehlenden Angabe gleichsteht. Sie hält lediglich fest, dass es sich bei dem in der Credit Note aufgeführten Betrag um die [X.] für den Monat November 2005 handelt. Ihr lässt sich nicht entnehmen, ob überhaupt über einen steuerbaren Umsatz abgerechnet werden soll. Erst recht enthält sie keinerlei aussagekräftigen Angaben zu der Art des (etwaigen) Umsatzes.

(b) Im Ergebnis nichts anderes ergibt sich aus der Angabe "Sales Products" in dem der Credit Note beigefügten "Accounting Report".

Dabei kann offen bleiben, ob einer Berücksichtigung der Angaben im Accounting Report bereits der Umstand entgegen steht, dass die Credit Note keine --eindeutig gekennzeichnete-- Bezugnahme hierauf enthält (vgl. [X.]-Beschluss vom 22.07.2014 - XI B 29/14, [X.]/NV 2014, 1780, Rz 19; Senatsbeschluss vom 14.03.2012 - V B 111/10, [X.]/NV 2012, 1196, Rz 5, jeweils m.w.[X.]). Denn auch unter Berücksichtigung der Angabe "Sales Products" in dem Accounting Report stellt die Leistungsbeschreibung sich als derart unbestimmt dar, dass sie einer fehlenden Angabe gleichsteht.

Die Angabe "Sales Products" nimmt Bezug auf Produktverkäufe, lässt jedoch die Art der verkauften Produkte gänzlich offen. Dabei ist der verwendete Begriff der "Products" derart allgemein, dass ihm nicht einmal entnommen werden kann, ob körperliche Gegenstände oder nicht verkörperte Werke erfasst sein sollen. Schon deshalb bietet die Angabe "Sales Products" keinen Anhaltspunkt für die Identifizierung der abgerechneten Umsätze.

Ebenso wenig lässt ein Umkehrschluss aus den weiteren Positionen des Accounting Reports ([X.], Sales Backup [X.], Sales Coupons und Sales Shipping) konkrete Anhaltspunkte für die Bestimmung der abgerechneten Umsätze erkennen. Diese weiteren Positionen betreffen lediglich vier punktuell abgegrenzte [X.]. Angesichts der Allgemeinheit der Angabe "Sales Products", die jedenfalls sämtliche Erzeugnisse materieller und immaterieller Art erfassen kann, bleibt deshalb auch bei Aussonderung dieser weiteren Positionen gänzlich unklar, welche Art von Umsätzen mit "Sales Products" beschrieben sein soll.

(c) Auch bei Berücksichtigung der sonst dem [X.] bekannten Umstände lassen sich der Credit Note und dem Accounting Report keine aussagekräftigen Angaben zu der Art der abgerechneten Umsätze entnehmen.

So bietet die Firmenbezeichnung des Leistenden (vgl. Senatsurteil in [X.], 572, Rz 21) --hier also des [X.] keine konkreten Anhaltspunkte zur Art der abgerechneten Umsätze. Denn die Angebotspalette eines Verlags kann klassische Printangebote (z.B. Bücher und Zeitschriften), Kalender und Gesellschaftsspiele ebenso umfassen wie etwa digitale Medienangebote (z.B. Lernsoftware, eBooks, Hörspiele) oder Werbe- und Marketingleistungen. Damit lässt sich auch der Firmenbezeichnung des Verlags bereits nicht entnehmen, ob der abgerechnete Verkauf von "Produkten" sich auf körperliche Gegenstände oder nicht verkörperte Werke (oder sogar auf Dienstleistungen) bezieht.

Anhaltspunkte für die Art der abgerechneten Umsätze bietet vor diesem Hintergrund --entgegen der Auffassung des [X.]-- auch nicht die Behauptung, dass dem [X.] bekannt gewesen sei, dass die Klägerin den Onlineshop des Verlags betreibt. Denn über die Art und die Menge der über den Onlineshop des Verlags vertriebenen und in diesem Zusammenhang von dem Verlag an die Klägerin verkauften "Produkte" --sowie die Kenntnis des [X.] hiervon-- sagt dies nichts aus (vgl. bereits unter [X.] bb (1)).

3. Die Versagung des Vorsteuerabzugs im Streitjahr, in dem die Klägerin lediglich über ein Dokument verfügte, das die Anforderungen an eine berichtigungsfähige Rechnung nicht erfüllt, und in dem deshalb eine --erstmalige-- Rechnung noch nicht erteilt war (vgl. Senatsbeschluss in [X.], 545, [X.], 809, Rz 33), entspricht auch der Rechtsprechung des [X.]. Danach kann der Vorsteuerabzug erst ausgeübt werden, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung bewirkt wurde und der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 29.04.2004 - [X.]/02, [X.]:C:2004:268, Leitsatz sowie Rz 38, [X.] 2004, 709; Senatsurteil vom 15.10.2019 - V R 14/18, [X.]/NV 2020, 295, Rz 28 ff.). Etwas anderes ergibt sich --entgegen der Auffassung der Klägerin-- weder aus dem [X.]-Urteil Vӑdan vom 21.11.2018 - [X.]/16 ([X.]:C:2018:933, [X.] 2019, 65) noch aus dem [X.]-Urteil [X.] 06 ([X.]:C:2016:690, [X.], 1031).

a) Nach dem [X.]-Urteil [X.] ([X.]:C:2018:933, [X.] 2019, 65) kann "ein Steuerpflichtiger, der nicht in der Lage ist, durch Vorlage von Rechnungen oder anderen Unterlagen den Betrag der von ihm gezahlten Vorsteuer nachzuweisen, nicht allein auf der Grundlage einer Schätzung in einem vom nationalen Gericht angeordneten Sachverständigengutachten ein Recht auf Vorsteuerabzug geltend machen" ([X.]-Urteil [X.], [X.]:C:2018:933, Rz 48, [X.] 2019, 65). Zur Entbehrlichkeit einer Rechnung oder bestimmter Rechnungsinhalte sagt diese Entscheidung nichts aus. Vielmehr bestätigt sie die Bedeutung einer Rechnung oder anderer Abrechnungsunterlagen für das Recht auf Vorsteuerabzug.

b) Nach der [X.]-Entscheidung [X.] 06 ([X.]:C:2016:690, [X.], 1031) kann der Vorsteuerabzug u.a. nicht allein wegen der unzureichenden Leistungsbeschreibung einer Rechnung versagt werden, wenn die Steuerbehörde über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts zum Vorsteuerabzug vorliegen. Dabei darf sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken, sondern hat auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen ([X.]-Urteil [X.] 06, [X.]:C:2016:690, Rz 43 f., [X.], 1031). Im vorliegenden Fall verfügte das [X.] jedoch nicht über alle notwendigen Informationen, um zu prüfen, ob hinsichtlich der mit der Credit Note abgerechneten Umsätze die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts zum Vorsteuerabzug vorliegen. Denn der Credit Note und dem Accounting Report ließen sich auch bei Berücksichtigung der sonst dem [X.] bekannten Umstände --Firmenbezeichnung des Verlags und Betrieb des Onlineshops des Verlags durch die [X.] keine aussagekräftigen Angaben zu der Art der abgerechneten Umsätze entnehmen (s.o. unter [X.] bb (2) (c)). War danach bereits offen, ob sich der abgerechnete Verkauf von "Produkten" auf körperliche Gegenstände oder nicht verkörperte Werke (oder sogar auf Dienstleistungen) bezieht, hatte das [X.] nicht sämtliche Informationen, um zu prüfen, inwieweit der als Vorsteuer geltend gemachte Betrag gesetzlich geschuldet war.

Dies würde im Übrigen selbst dann gelten, wenn dem [X.] bekannt gewesen wäre, dass der Verlag ein Softwarehersteller ist. Denn auch dann wäre es dem [X.] ohne genauere Kenntnis von den abgerechneten [X.] nicht möglich gewesen, den angewendeten Steuersatz zu überprüfen. Bei [X.] ist die Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG u.a. davon abhängig, ob auch das Recht zur Verwertung insbesondere durch Vervielfältigung und Verbreitung übertragen wird (vgl. Senatsurteil vom 25.11.2004 - V R 4/04, [X.]E 208, 470, [X.], 415, unter II.2., und vom 27.09.2001 - V R 14/01, [X.]E 196, 357, [X.], 114, unter II.2.).

4. Es besteht für den Senat keine Veranlassung, den [X.] nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens anzurufen.

a) Die von der Klägerin in ihrem Hilfsantrag formulierte Frage, ob die Versagung des Vorsteuerabzugs allein aufgrund der Übersendung der Credit Note in einfacher elektronischer Form mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, ist nicht entscheidungserheblich. Denn der Vorsteuerabzug war im Streitjahr bereits deshalb zu versagen, weil sie über kein Dokument verfügte, das die Anforderungen an eine berichtigungsfähige Gutschrift erfüllt.

b) Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeregt hat, den [X.] zu den Anforderungen an eine berichtigungsfähige Rechnung anzurufen, bestehen im Hinblick auf die bereits vorliegende [X.]-Rechtsprechung keine Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Unionsrechts. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass auch unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Erfordernisse eine berichtigungsfähige Rechnung jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn sie u.a. keine hinreichenden Angaben zur Leistungsbeschreibung enthält (Senatsurteile in [X.], 572, Rz 16, und in [X.], 348, Rz 19). Zudem ist in der Rechtsprechung des [X.] die besondere Bedeutung der Leistungsbeschreibung für den Vorsteuerabzug anerkannt. So hat dieser u.a. im [X.] vom 22.12.2010 - [X.]/09 ([X.]:C:2010:818, Leitsatz 1 sowie Rz 38, [X.] 2011, 366) entschieden, dass einem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer zusteht, "wenn die entsprechenden Rechnungen (…) insbesondere diejenigen Angaben enthalten, die notwendig sind, um (…) die Art der erbrachten Dienstleistungen zu identifizieren". Hieraus folgt, dass die Leistungsbeschreibung ein unverzichtbares Element des [X.] darstellt und dass ohne sie nicht von einer (berichtigungsfähigen) Rechnung oder Gutschrift ausgegangen werden kann. Wenn der Zweck der Rechnungsangaben darin besteht, es den Steuerverwaltungen zu ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und ggf. das Bestehen des Vorsteueranspruchs zu kontrollieren (vgl. [X.]-Urteil [X.] 06, [X.]:C:2016:690, Rz 27, [X.], 1031, unter Hinweis auf die Schlussanträge der Generalanwältin in den [X.]. 30, 32 und 46), kann dieser Zweck nur dann erreicht werden, wenn die Steuerbehörden der Rechnung bzw. Gutschrift jedenfalls entnehmen können, über welche Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wurde.

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

V R 48/17

12.03.2020

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 24. Mai 2017, Az: 1 K 605/17, Urteil

§ 14 Abs 2 S 2 UStG 2005, § 14 Abs 4 UStG 2005, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 S 2 UStG 2005, § 31 Abs 5 UStDV 2005, Art 18 Abs 1 EWGRL 388/77, Art 22 Abs 3 EWGRL 388/77, Art 267 AEUV, § 14 Abs 4 S 1 Nr 5 UStG 2005, UStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.03.2020, Az. V R 48/17 (REWIS RS 2020, 3285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3285

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V R 26/15 (Bundesfinanzhof)

(Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung - Voraussetzungen der Rechnungsberichtigung - Rechnungsberichtigung …


V R 14/18 (Bundesfinanzhof)

Rechnungsanforderungen für den Vorsteuerabzug


V R 29/19 (V R 44/16), V R 29/19, V R 44/16 (Bundesfinanzhof)

Anforderungen zur Leistungsbeschreibung und zum Leistungszeitpunkt für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung


V R 64/14 (Bundesfinanzhof)

Umsatzsteuer: Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung


V R 33/20 (Bundesfinanzhof)

Grenzen der Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung


Referenzen
Wird zitiert von

14 K 77/21

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.