Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2004, Az. VIII ZB 66/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4824

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[X.]/03vom28. Januar 2004in dem [X.]:[X.]: nein[X.] § 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.] Berufungsverfahren ist regelmäßig der im Verfahren vor dem Amtsgericht unan-gegriffen gebliebene inländische bzw. ausländische Gerichtsstand einer [X.]zugrunde zu legen und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätz-lich entzogen.[X.], Beschluß vom 28. Januar 2004 - [X.]/03 -LG [X.] [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 28. Januar 2004 durch [X.] Richterin [X.] und die Richter [X.], [X.],[X.] und [X.]:[X.] der [X.] gegen den Beschluß der [X.] des [X.] vom 13. Mai 2003 wird [X.].Die [X.] haben die Kosten des [X.] zu tragen.[X.]: 16.412 Gründe:[X.] Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, daß der zwischenihm und den [X.] geschlossene Mietvertrag vom 15./17. September 1995nicht durch die Kündigungen der [X.] zum 30. September 2002 beendetist, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus zu unveränderten Bedingungen fort-besteht. Das am 31. Oktober 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts [X.], durch das der Klage stattgegeben worden ist, ist den [X.] am5. November 2002 zugestellt worden. Hiergegen haben die [X.] am- 3 -28. November 2002 beim [X.] Berufung eingelegt und diese am3. Januar 2003 begründet. Mit Verfügung vom 3. Januar 2003 sind die [X.] vom [X.] vorsorglich darauf hingewiesen worden, daß die beim[X.] eingelegte Berufung unzulässig sei, sofern der Kläger [X.] Klageerhebung seinen Wohnsitz im Ausland gehabt habe (§ 119 Abs. 1Nr. 1 [X.]), was derzeit mangels vorliegender Akten noch nicht überprüftwerden könne. Demgegenüber haben die [X.] geltend gemacht, daß [X.] im Zeitpunkt der Klagezustellung am 16. August 2002 seinen allgemei-nen Gerichtsstand noch in [X.] gehabt habe; ein Wille, seinen früherenWohnsitz in [X.] aufzugeben, sei bis zu diesem Zeitpunkt nicht erkenn-bar gewesen.Nach entsprechendem Hinweis hat das [X.] durch Beschluß vom13. Mai 2003 die Berufung der [X.] als unzulässig verworfen. Zur [X.] ist ausgeführt, nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.] sei das [X.] fürStreitigkeiten, in denen eine [X.] ihren allgemeinen Gerichtsstand zum Zeit-punkt der Klageerhebung im Ausland habe, nicht zuständig. Die Berufung [X.] nur bei dem [X.] wirksam eingelegt werden können, wasnicht geschehen sei. Die [X.] hätten die Zulässigkeitsvoraussetzungender Berufung und damit auch die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zubeweisen; dieser Beweisverpflichtung seien sie nicht nachgekommen. Da [X.] selbst angegeben habe, in [X.] wohnhaft zu sein, hätten die [X.] nachweisen müssen, daß er statt dessen - oder aber zusätzlich - [X.] einen Wohnsitz in der [X.] innegehabt habe. [X.] hätten nicht einmal substantiiert darlegen können, daß der Klägerunter der angegebenen Adresse in der Gemeinde [X.]überhaupt [X.] habe. Für einen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse des [X.] in[X.] lägen nur gewisse, jedoch nicht ausreichende Indizien vor.- 4 -Mit ihrer Rechtsbeschwerde erstreben die [X.] die Zurückverwei-sung der Sache an das [X.], hilfsweise an das [X.]Schleswig.[X.] [X.] ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wegen grund-sätzlicher Bedeutung für die Klärung der Voraussetzungen des § 119 Abs. 1Nr. 1 [X.], der durch Art. 1 des [X.] vom 27. Juli 2001(BGBl. I S. 1887) neu gefaßt worden ist, zulässig. [X.] ist imübrigen nach § 575 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet [X.]. Auf die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO kommt es nicht an (vgl. [X.] vom 4. September 2002 - [X.], NJW 2002, 3783 unter [X.] b).2. [X.] ist jedoch nicht begründet und daher zurück-zuweisen.a) Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.] sind mit Wirkung vom 1. Januar 2002die [X.]e zuständig für die Verhandlung und Entscheidung überdie Rechtsmittel der Berufung und Beschwerde gegen Entscheidungen [X.] in Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen [X.] erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt derRechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereichs des Ge-richtsverfassungsgesetzes hatte. Durch diese Sonderzuweisung soll nach derBegründung des Gesetzesentwurfs in der Fassung der [X.] Rechtsausschusses dem Umstand Rechnung getragen werden, "daß durch- 5 -die Internationalisierung des Rechts und den zunehmenden [X.] Rechtsverkehr ein großes Bedürfnis nach Rechtssicherheit durch eineobergerichtliche Rechtsprechung besteht". Dabei wurde an den allgemeinenGerichtsstand einer [X.] im Ausland angeknüpft, weil "das Gericht in [X.] regelmäßig die Bestimmungen des [X.] hat, um zu entscheiden, welches materielle Recht es seiner Entschei-dung zugrunde legt"; dabei gewährleiste das Gerichtsstandskriterium im Zeit-punkt der Rechtshängigkeit "eine hinreichende Bestimmtheit und damit Rechts-sicherheit für die Abgrenzung der Berufungszuständigkeit zwischen [X.]und [X.]" (BT-Drucks. 14/6036 S. 118 f.). Aufgrund dieser reinformalen Anknüpfung der Rechtsmittelzuständigkeit des [X.]skommt es daher nicht darauf an, ob sich - wie auch im vorliegenden Fall - [X.] keine besonderen Fragen des internationalen Privatrechts stellen([X.], Beschluß vom 19. Februar 2003 - [X.], NJW 2003, 1672 unter [X.]; [X.] vom 15. Juli 2003 - [X.], NJW 2003, 3278 unter [X.] a; siehe auch [X.]/[X.], ZPO, 24. Aufl., § 119 [X.] Rdnr. 15; [X.]/[X.], § 119 [X.] Rdnr. 4).b) Die gegen diese Regelung erhobenen verfassungsrechtlichen Beden-ken der [X.] greifen nicht durch. Durch die Anknüpfung der Rechtsmittel-zuständigkeit des [X.]s an den allgemeinen Gerichtsstand einer[X.] im Ausland im Zeitpunkt der Klageerhebung ([X.]/[X.] aaORdnr. 14; [X.] NJW 2002, 494 f.) ist bereits bei [X.] vordem Amtsgericht bestimmbar, wo Rechtsmittel eingelegt werden müssen, wasder Rechtssicherheit und der Verfahrensvereinfachung dient (vgl. [X.] in:[X.]/[X.], [X.] 2002 mit [X.], § 119[X.]. 8; [X.]/[X.] aaO). In [X.] dieser klaren Zuständigkeitsregelung kommt auch entgegen der [X.] Rechtsbeschwerde eine Abgabe des Verfahrens durch das angerufene [X.] 6 -richt an das funktionell zuständige Gericht entsprechend den für das Kartell-verfahren geltenden Sonderregeln ([X.]Z 71, 367 ff.) nicht in Betracht ([X.],Beschluß vom 19. Februar 2003 aaO).c) Auch soweit die [X.] sich mit ihrer Rechtsbeschwerde dagegenwenden, daß das [X.] einen Wohnsitz des [X.] bei Klageerhebungin [X.] nicht festgestellt hat, können sie damit keinen Erfolg haben.aa) Wie die Rechtsbeschwerde im Grundsatz nicht in Abrede stellt, ob-liegt den [X.] als Berufungsklägern der Nachweis für das Vorliegen [X.], zu denen auch die funktionelle Zuständigkeit des an-gerufenen Gerichts gehört ([X.]/[X.]/[X.], [X.] Aufl., § [X.], [X.]; [X.]-Lüke, ZPO, 2. Aufl., Vor § 253Rdnr. 6, 14). Zu Unrecht machen die [X.] geltend, in Anbetracht der re-gelmäßigen Zuständigkeit des [X.]s für Berufungen gegen Urteile desAmtsgerichts, der gegenüber die Zuständigkeit des [X.]s nurausnahmsweise gegeben sei, sei von einer funktionalen Zuständigkeit des[X.]s auszugehen, solange die Voraussetzungen für die Zuständigkeitdes [X.]s nicht positiv festgestellt seien. Dem kann schon [X.] nicht gefolgt werden, weil § 72 [X.] selbst die Zuständigkeit des Landge-richts unter den Vorbehalt einer Zuständigkeit des [X.]s stellt.bb) Die Rüge der [X.], das [X.] hätte zur Feststellung desvon ihnen behaupteten inländischen Wohnsitzes des [X.] eine weitere Be-weisaufnahme durchführen müssen, ist nicht begründet.Durch die Bestimmung, daß für Berufung und Beschwerden gegenamtsgerichtliche Entscheidungen in Streitigkeiten über Ansprüche, die von eineroder gegen eine [X.] mit allgemeinem Gerichtsstand im Zeitpunkt der [X.] außerhalb des Geltungsbereichs des [X.] -erhoben werden, das [X.] zuständig ist, soll bereits bei [X.] für die [X.]en erkennbar sein, bei welchem Gericht gegebenen-falls ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts einzulegen ist.Dies entspricht dem aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit abgeleiteten [X.], dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfunggerichtlicher Entscheidungen klar vorzuzeichnen (vgl. [X.], [X.] vom 30. April 2003 - 1 [X.] 1/02, NJW 2003, 1924, 1928m.w.Nachw.; siehe auch [X.]Z 71, 367, 371 f.). Diesem Gebot widersprächees, wenn der in erster Instanz unbestritten gebliebene ausländische Wohnsitzeiner [X.] in der Rechtsmittelinstanz uneingeschränkt wieder in Frage gestelltwerden könnte mit der Folge, daß bei Durchgreifen dieses [X.] bei dem unzuständigen Gericht eingelegt und eine Berufung [X.] unzulässig verworfen werden müßte, wenn - was regelmäßig der [X.] - zu diesem Zeitpunkt die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei demzuständigen Gericht verstrichen ist. Das gleiche gilt für den Fall, daß in derRechtsmittelinstanz erstmals der ausländische Gerichtsstand einer [X.] be-hauptet wird. Der im ersten Rechtszug unterlegenen [X.] kann auch regelmä-ßig nicht zugemutet werden, sofern ein ausländischer Gerichtsstand einer [X.] im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht ausgeschlossen werden kann, vor-sorglich parallel sein Rechtsmittel sowohl beim [X.] sowie beim Ober-landesgericht einzulegen (vgl. [X.] aaO).Neben dem Grundsatz der Rechtssicherheit, die eine klare Zuständig-keitsregelung auch für Rechtsmittelverfahren mit Auslandsberührung erfordert,gebietet ferner das Rechtsstaatsprinzip, den Zugang zu den in den [X.] eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründennicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.]E 74, 228, 234;88, 118, 123 ff.; siehe auch [X.] vom 4. September 2002 aaO).Diesem Gebot kann nur dadurch wirksam Rechnung getragen werden, daß im- 8 -Rechtsmittelverfahren regelmäßig der im Verfahren vor dem Amtsgericht unan-gegriffen gebliebene inländische bzw. ausländische Gerichtsstand einer [X.]zugrunde gelegt wird und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgerichtgrundsätzlich entzogen ist (a.A. [X.]/[X.],§ 119 [X.], Rdnr. 7).Für den Streitfall bedeutet dies, daß das [X.] bei seiner Ent-scheidung von dem in der Klageschrift genannten und von den [X.] imersten Rechtszug nicht in Abrede gestellten Wohnsitz des [X.] in [X.]auszugehen hatte, ohne daß es einer weiteren Nachprüfung bedurfte. [X.] [X.] sich gegen die vom [X.] im Wege des Freibeweises [X.] des Wohnsitzes des [X.] bei Klageerhebung getroffenen Feststellun-gen wenden, können sie daher damit nicht gehört werden.[X.] [X.] [X.][X.] Dr. [X.]

Meta

VIII ZB 66/03

28.01.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2004, Az. VIII ZB 66/03 (REWIS RS 2004, 4824)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4824

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