Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2007, Az. VI ZR 220/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1066

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 6. November 2007 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 249 Bb; StVG §§ 7, 8 Nr. 3; [X.] 3 Nr. 1 Der Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 3 StVG gilt nicht für Kosten, die anlässlich ei-nes Verkehrsunfalls dadurch entstehen, dass die beförderte Sache beseitigt werden muss, weil sie eine andere beeinträchtigt. [X.], Urteil vom 6. November 2007 - [X.]/06 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 18. Oktober 2006 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Zwischen den Parteien besteht Streit über die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer eines LKW für die Kosten der Entsorgung von [X.] nach einem Verkehrsunfall. 1 Der bei der Beklagten versicherte LKW geriet am 17. März 2003 auf der [X.] in [X.], nachdem ein Reifen geplatzt war. Er brach sodann ausein-ander. Die Ladung des Fahrzeugs, die aus 25 t Orangen bestand, wurde durch den [X.] weitgehend unbrauchbar und blockierte zusammen mit dem be-schädigten LKW die Fahrbahn. Die Klägerin ließ die Fahrbahn räumen und so-dann die Orangen durch Verbrennen entsorgen. 2 - 3 - Das [X.] hat der Klage auf Erstattung der Entsorgungskosten stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revi-sion begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin gegen die [X.] aus § 7 StVG, § 823 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit § 31 Abs. 2 StVZO, § 3 Nr. 1 [X.]. Infolge der - unstreitig - vom Versicherungsnehmer der [X.] verursachten Eigentumsverletzung habe die Klägerin die Orangen entsor-gen müssen. Die Entsorgungskosten seien ein Schaden im Sinne des § 249 [X.]. Zu ersetzen seien die erforderlichen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten dürfe. Da die Orangen unverwertbar bzw. unverkäuflich gewesen seien, habe die Klägerin entsprechend dem mutmaßlichen Willen des Versicherungsnehmers der Beklagten [X.] vernichten dürfen. 4 I[X.] Das Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. 5 1. Auch wenn das Berufungsgericht die Revision zur Klärung der Frage zugelassen hat, ob die Entsorgungskosten einen adäquat-kausalen Schaden im Rahmen der Eigentumsverletzung durch den Versicherungsnehmer der [X.] darstellten, ist eine Beschränkung der Zulassung der Revision nicht gege-6 - 4 [X.]. Wird die Revision zugelassen, so erfasst die Zulassung den gesamten Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat und für den die zur Zulassung führende Rechtsfrage von Bedeutung ist (vgl. Senatsurteile vom 25. März 2003 - [X.] ZR 131/02 - VersR 2003, 1441, 1442 und vom 28. März 2006 - [X.] ZR 50/05 - [X.], 944). Die Frage des [X.] zwischen Schadensereignis und Entsorgungskosten ist für den [X.] insgesamt entscheidend. 2. Die Beklagte haftet für die Kosten der Verbrennung der Orangen nach § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 [X.]. Die zur Behebung der Sachbeschädigung, d.h. zur Wiederherstellung der Benutzbarkeit der [X.], erforderlichen Kosten umfassen neben den nicht mehr im Streit [X.] Kosten für Reinigung der Straße, Aufnahme und Abtransport der die Fahrbahn blockierenden Ladung auch die Kosten der Vernichtung der unstreitig zerstörten Ladung (vgl. zu Entsorgungskosten [X.], Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 27 Rn. 15). 7 a) Der [X.] des LKW während der Fahrt auf der Autobahn war Folge eines Betriebsvorgangs (vgl. [X.], [X.], 104, 105 mit Nichtan-nahmebeschluss des erkennenden Senats vom 28. März 2000 - [X.] ZR 217/99; vgl. auch [X.], NVwZ-RR 2001, 382), dessen Auswirkungen eine Sa-che der Klägerin, nämlich die Bundesautobahn (§ 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 [X.]), beschädigten. Der Schadensbegriff des § 7 StVG entspricht dem des [X.] ([X.]St 29, 132, 135; [X.], Urteil vom 20. Dezember 2006 - [X.]/05 - [X.], 200, 201; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 7 Rn. 26; [X.], [X.] 1989, 193, 194 ff.). Danach ist eine Sache beschädigt, wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigt [X.] ist, ohne dass zugleich in ihre Substanz eingegriffen werden müsste ([X.] - 5 - natsurteil vom 7. Dezember 1993 - [X.] ZR 74/93 - [X.], 319, 320; [X.], Urteil vom 20. Dezember 2006 - [X.]/05 - aaO; Urteil vom 21. Dezember 1970 - [X.]/68 - VersR 1971, 418, 420; [X.] VersR 1983, 287). Nach den von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen tatsächlichen Umständen war die Bundesautobahn an der Unfallstelle durch die Ladung blockiert und musste gereinigt werden, bevor sie wieder dem Verkehr übergeben werden konnte. Dementsprechend hat die Beklagte inzwischen die zur Wiederherstellung der Benutzbarkeit der Bundesautobahn erforderlichen Kosten für die Reinigung der Straße und den Abtransport der die Fahrbahn blockierenden Ladung beglichen. b) [X.] sind die Entsorgungskosten jedenfalls im vorlie-genden Fall, in dem die zerstörte Ladung die Bundesautobahn verschmutzte und blockierte, nicht als Folgeschäden der Eigentumsverletzung an der [X.] (Zerstörung der Orangen) einzustufen, sondern als - allerdings ursächlich in der Zerstörung der transportierten Sache begründete - Folgekos-ten aus der bei der Klägerin eingetretenen Eigentumsverletzung an der [X.]. An der Adäquanz, d.h. der Eignung des zum Schaden führenden Ereignisses im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, un-wahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Be-tracht zu lassenden Umständen, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizu-führen (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2002 - [X.] ZR 227/05 - [X.], 773), besteht nach Lage des Falles kein Zweifel (vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 2007 - [X.]/05 - [X.], 200, 201). Die durch den Betrieb des [X.] zerstörte Ladung blockierte die Fahrbahn; zur Wiederherstellung der Brauchbarkeit der Fahrbahn war die Ladung aufzunehmen, abzutransportieren und - da zerstört und damit wertlos - zu entsorgen. Erst dann war der Schaden beseitigt und der vor dem schädigenden Ereignis bestehende Zustand wieder hergestellt. Eine weitere Verwahrung hätte, weil letztlich nur die Vernichtung der Ware in Frage kam, nur überflüssige Kosten verursacht. Bei den getroffenen 9 - 6 - Maßnahmen ging es mithin darum, den zur Beseitigung der Unfallfolgen erfor-derlichen Aufwand und damit den Schaden zu begrenzen, für den die Beklagte als Versicherer des Fahrzeugs einzustehen hat. 10 Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegensetzen, dass die Ladung unter Umständen zu Dünger hätte verarbeitet werden können. Dieser Vortrag steht in Widerspruch zu den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen tat-sächlichen Feststellungen im Tatbestand des Urteils des [X.]s, dass die Fracht unstreitig "weitgehend zerstört" und "verdorben" gewesen sei. Er kann deshalb in der Revision nicht berücksichtigt werden (§ 559 Abs. 2 ZPO). c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Haftung gemäß § 7 StVG, § 3 Nr. 1 [X.] nicht deshalb nach § 8 Nr. 3 StVG ausgeschlossen, weil die Orangen Transportgut des verunfallten LKW waren. Zwar schließt § 8 Nr. 3 StVG die Haftung des Halters aus, "wenn eine Sache beschädigt worden ist, die durch das Kraftfahrzeug ... befördert wurde ...". Doch sind damit nur Schäden an der transportierten Sache selbst gemeint (vgl. [X.], Urteil vom 13. Februar 1980 - [X.] - [X.], 522, 524; vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 8 Nr. 3 StVG in [X.]. 14/7752, [X.]). Entgegen der Auffassung der Re-vision hat § 8 Nr. 3 StVG keinen anderen Regelungsgehalt. Schon nach dem Wortlaut des § 8 Nr. 3 StVG sind nur Schäden an der transportierten Sache selbst von der Haftung nach § 7 StVG nicht umfasst. Außerdem ist § 8 Nr. 3 StVG als Ausnahmevorschrift zur grundsätzlichen Haftung des Halters für Sachschäden eng zu verstehen (vgl. zu § 8 StVG a.F. Senatsurteile [X.] 116, 200, 205; vom 7. Juli 1956 - [X.] ZR 157/55 - [X.], 640). Dieses Ver-ständnis der Regelung in § 8 Nr. 3 StVG stimmt überein mit der Auffassung des [X.] des [X.], wonach die [X.] in § 11 [X.], die für das Deckungsverhältnis zwischen Versicherer und Halter gilt, nur [X.] erfasst, die unmittelbar an den beförderten Gütern selbst eingetreten sind, 11 - 7 - ([X.], Urteil vom 23. November 1994 - [X.] - [X.], 162, 163; ebenso schon Urteil vom 28. Mai 1969 - [X.] - [X.], 726, 727; siehe auch Stiefel/[X.], Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 11 Rn. 24 [X.]). 12 Nach alledem gilt der Haftungsausschluss nicht für Kosten, die dadurch entstehen, dass die beförderte Sache beseitigt werden muss, weil sie eine [X.] beeinträchtigt. 3. Im Hinblick auf den nach § 7 StVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 [X.] gegebenen Anspruch bedarf keiner Klärung, ob der Anspruch der Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt der Verschuldenshaftung begründet wäre. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen kann dies vom erkennenden Senat nicht beurteilt werden. Ebenso kann offen bleiben, ob die Klägerin Ersatz ihrer Aufwendungen im Wege des [X.] nach § 3 Nr. 1 [X.] für eine Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen könnte (vgl. hierzu Senatsurteil vom 4. Juli 1978 - [X.] ZR 96/77 - VersR 1978, 962 f. unter I[X.] 2.). 13 - 8 - 4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. 14 [X.] [X.] [X.]

Pauge Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.04.2006 - 15 O 70/06 - [X.], Entscheidung vom 18.10.2006 - 3 U 114/06 -

Meta

VI ZR 220/06

06.11.2007

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2007, Az. VI ZR 220/06 (REWIS RS 2007, 1066)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1066

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3 U 114/06

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