Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2018, Az. 26 W (pat) 15/16

26. Senat | REWIS RS 2018, 7466

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Flasche mit weißlich mattierter Oberfläche bzw. aus hellgrauem Milchglas (dreidimensionale Marke)" – fehlende grafische Darstellbarkeit – Kostenentscheidung – keine Zulassung der Rechtsbeschwerde


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 033 325 – [X.]/13 Lösch

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde, die Anschlussbeschwerde und der Kostenantrag der Antragstellerin werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die dreidimensionale Marke (rot, grau, schwarz, weiß)

2

Abbildung

3

ist am 2. Juni 2010 unter der Nummer 30 2010 033 325 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet und am 6. Juli 2010 eingetragen worden für Waren der

4

Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und Schwämme; Bürsten und Pinsel (ausgenommen für [X.]); [X.]; Putzzeug; Stahlwolle; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von [X.]); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Gläser (Gefäße);

5

Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

6

Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), insbesondere Wodka.

7

Am 12. Juli 2013 hat die Beschwerdegegnerin die Löschung der angegriffenen Marke wegen mangelnder graphischer Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 [X.] und Bösgläubigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] beantragt. Ferner hat sie den Antrag gestellt, der Beschwerdeführerin die Kosten des [X.] aufzuerlegen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, am 12. Oktober 2008 habe sie mit der Firma [X.], deren Inhaber die Ehefrau des Antragsgegners sei, vereinbart, dass nur die [X.] berechtigt sei, Likör- und Wodkawaren der in [X.] ansässigen Antragstellerin in [X.] zu verkaufen. Danach sei diese Firma zwar berechtigt, nach schriftlicher Zustimmung der Antragstellerin das Etikettdesign und die Warenumschließung zu ändern, nicht aber identische oder ähnliche Marken auf ihren Namen registrieren zu lassen. Nachdem die Firma das Design der Flasche ohne Abstimmung mit der Antragstellerin geändert habe, sei dieses Design vom Antragsgegner als hier streitbefangene Marke angemeldet worden. Die letzte Produktlieferung an die Firma sei im Jahr 2009 erfolgt. Gleichwohl verkaufe sie weiterhin große Mengen Wodka in Flaschen, die mit der angegriffenen Marke gekennzeichnet seien und als Hersteller die Antragstellerin nennen. Der Antragsgegner als Ehemann der Inhaberin der [X.] Firma habe zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht die Absicht gehabt, die Marke selbst zu nutzen. Ihm sei es nur um die formale Rechtsstellung als Inhaber eines Monopolrechts zum Zwecke einer nicht gerechtfertigten Behinderung Dritter gegangen. Darüber hinaus sei die widersprüchlich dargestellte Streitmarke auch nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 [X.] grafisch darstellbar. Das [X.] [X.] bestehe aus einer wappenförmigen Umrandung, die entweder mit dem Bild eines Gebäudes, mit Text oder mit einer leeren Fläche gefüllt sei. Damit sei nicht eindeutig, welchen Inhalt dieses Wappen habe. Der Schriftzug „[X.]“ auf der [X.] sei in der Abbildung der [X.] unten links nicht enthalten. Die fünf Abbildungen stammten offensichtlich von verschiedenen Flaschen. Wegen seines [X.]en Verhaltens habe der Antragsgegner die Kosten des [X.] zu tragen.

8

AbbildungAbbildungAbbildung

9

Die Antragstellerin hat noch im amtlichen Löschungsverfahren das Fehlen der Ziffer 15 in der von ihr vorgelegten Zusatzvereinbarung und die Richtigkeit des vom Antragsgegner vorgelegten [X.] bestätigt.

Mit Beschluss vom 24. Juli 2015 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.] die angegriffene Marke wegen fehlender grafischen Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 [X.] gelöscht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Ansichten der Streitmarke widersprächen sich hinsichtlich des Inhalts des großen „Wappens“ auf der [X.]. Während die erste und die fünfte Ansicht darin Schrift bzw. Linien zeigten, enthalte die zweite Ansicht im „Wappen“ die Abbildung eines Gebäudes. Daher fehle es an der für § 8 Abs. 1 [X.] erforderlichen eindeutigen Bestimmung des Schutzgegenstandes, so dass die Frage der Bösgläubigkeit offen bleiben könne. Die beiden Kostenanträge seien zurückzuweisen, weil nach vorläufiger Einschätzung keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Bösgläubigkeit des Antragsgegners zu erkennen seien.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers und Antragsgegners, der seine Argumentation im amtlichen Löschungsverfahren wiederholt und der Ansicht ist, die fünf verschiedenen Ansichten zeigten ein- und dieselbe real existierende Flaschengestaltung aus verschiedenen Perspektiven. Zum Beweis werde die Inaugenscheinnahme einer in den wesentlichen Details entsprechend gestalteten Flasche angeboten sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Der dargestellte [X.] habe eine weißlich mattierte Oberfläche mit vielen weißen Linien und einem aus Klarglas bestehenden „Sichtfenster“ mit wappenartiger Umrandung auf der Vorderseite. Das frontseitige wappenförmige Sichtfenster gebe den [X.]ick auf die Innenseite der [X.] frei, so dass es je nach Lichtbrechung durch die in der Flasche enthaltene Flüssigkeit einen anderen Inhalt zeige. Bei exakt frontseitiger Ansicht (Ansicht 2) erscheine im Sichtfenster das auf der [X.] dargestellte [X.] in [X.] und aufgrund der Lichtbrechung leicht verzerrter Weise. In der zweiten Seitenansicht (Ansicht 5) sei aufgrund des seitlichen [X.]ickwinkels im wappenförmigen Sichtfenster nur die weißlich mattierte Flaschenoberfläche mit ihren Linien erkennbar. In der Ansicht von schräg oben (Ansicht 1) ergebe sich als Inhalt des frontseitigen Wappens ein verzerrtes Bild der hinteren Innenseite der Flasche, welches aufgrund einer Luftblase innerhalb der Flasche und der dort erfolgenden Lichtbrechung dreispaltig unterteilt sei. Der dort verschwommen erkennbare Text könne auf einem flaschenrückseitig aufgeklebten,

Er beantragt,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 24. Juli 2015 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Ferner regt er an, die Rechtsbeschwerde zu der Frage zuzulassen, ob eine z. B. durch optische Reflexe verursachte, vermeintliche Unklarheit in verschiedenen Darstellungen einer dreidimensionalen Marke dem Bestimmtheitsgebot zuwiderlaufe.

Die Antragstellerin ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Sie beantragt sinngemäß,

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

2. dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Im Wege der [X.] beantragt sie,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 24. Juli 2015 im [X.] aufzuheben und dem Antragsgegner die Kosten des patentamtlichen [X.] aufzuerlegen.

Der Antragsgegner beantragt,

1. die [X.] zurückzuweisen;

2. den Kostenantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung in der Sache. Zur Begründung ihrer [X.] gegen die Kostenentscheidung und ihres Kostenantrages im Beschwerdeverfahren vertritt sie über ihre bisherige Argumentation hinaus die Auffassung, die von der Markenabteilung festgestellten Widersprüche ließen sich selbst mit Hilfe der Auslegungsalternativen des Antragsgegners nicht auflösen. [X.] man einen undurchsichtigen Wappenaufdruck zugrunde, widersprächen sich die verschiedenen Abbildungen. [X.] man ein durchscheinendes Etikett zugrunde, entsprächen die Abbildungen nicht den Gesetzen der Optik. Ein undurchsichtiges, einen flaschenrückseitigen Textblock abdeckendes Etikett sei in keiner der Ansichten 3, 4 oder 5 sichtbar, obwohl es aufgrund seiner unterschiedlichen optischen Eigenschaften gegenüber dem Flaschenmaterial in einem [X.] erkennbar sein müsste. Außerdem müsste ein solches, da es auf die Rückseite einfallendes Licht blockieren würde, zu einer Abschattung des Hintergrundes führen, die in Ansicht 1 nicht zu sehen sei. Ferner habe der Anmelder einer Marke die Darstellungen so zu wählen, dass diese die Marke ohne Widerspruch darstellten. Aufgrund der zylindrischen Form des Flaschenkorpus seien [X.]e stets langgezogen und reichten über einen großen Teil der Höhe der Flasche. Die [X.]e hellten dabei stets die Glasoberfläche auf, so dass sie auch neben oder direkt über den Aufdrucken an der unbedruckten Glasoberfläche erkennbar seien. In der Ansicht 4 sei weder ein langgezogener [X.] im Bereich der Gebäudedarstellung noch eine Aufhellung des [X.] im Bereich des fehlenden Schriftzuges zu erkennen. Der Schriftzug „[X.]“ fehle somit in der Ansicht 4. Der Antragsgegner sei bei der Anmeldung der angegriffenen Marke zudem [X.] gewesen. Er habe ohne Handelsabsicht markante Teile eines dem Vertragspartner der Firma seiner Ehefrau gehörenden Zeichens kopiert und als Marke angemeldet, um diesen Vertragspartner nach Auflösung des Vertrages an einem weiteren Handel mit den betreffenden Produkten zu hindern.

In der mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner seinen schriftsätzlichen Vortrag im Wesentlichen wiederholt und die Auffassung vertreten, die vermeintlichen Widersprüche in der Darstellung der angegriffenen Marke ließen sich durch [X.]e erklären. Zwei verschiedene, der Markengestaltung ähnliche, vom Antragsgegner mitgebrachte Flaschen sind zu Informationszwecken in Augenschein genommen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Markeninhabers, die [X.] der Antragstellerin und deren Kostenantrag haben keinen Erfolg.

A. Beschwerde des Markeninhabers

1. Der Antragsgegner hat dem ihm am 2. August 2013 zugestellten Löschungsantrag fristgerecht mit einem am 30. September 2013 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz widersprochen (§ 54 Abs. 2 [X.]).

2. Nach § 50 Abs. 1 [X.] ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 [X.] eingetragen worden ist. Die angegriffene Marke ist wegen mangelnder grafischer Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 [X.] zu löschen.

a) Die grafische Darstellbarkeit ist nach Art. 2 der [X.]/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken, der durch § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 [X.] in das [X.] Markenrecht umgesetzt worden ist, ein Grunderfordernis für die [X.] ([X.] [X.] 2007, 231 Rdnr. 28 – [X.]; [X.], 858 Rdnr. 22 – [X.]; [X.] 2003, 604 Rdnr. 23 – [X.]; [X.] 2003, 145 Rdnr. 45 – [X.]).

Die grafische Darstellbarkeit dient dabei im Wesentlichen drei Zwecken: erstens soll im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form zugrunde gelegt werden; zweitens soll die Eintragung der Marke im Register dadurch überhaupt ermöglicht werden und drittens soll durch eine Veröffentlichung der Eintragung die Allgemeinheit über die in [X.] stehenden Marken und ihren Schutzumfang unterrichtet werden ([X.] a. a. [X.]. 47 - 51 – [X.]; [X.] 2013, 929 Rdnr. 14 – [X.]; [X.] W (pat) 29/12 – Kappe eines Schreibgeräts).

Nach den vom [X.] ([X.]) aufgestellten Grundsätzen muss das Zeichen daher klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein (a. a. [X.]. 29 – [X.]; a. a. [X.]. 47 - 55 – [X.]). Danach genügt ein Zeichen den Anforderungen beispielsweise nicht, wenn sich der Gegenstand der Anmeldung auf eine Vielzahl unterschiedlicher Erscheinungsformen erstrecken kann (vgl. [X.] a. a. [X.]. 37 bis 40 – [X.]; [X.] a. a. O. – [X.]), oder wenn die eingereichten zweidimensionalen graphischen Wiedergaben einander widersprechen ([X.], 148 – Roots 64).

Die – nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erforderliche – Wiedergabe der Marke muss daher so klar und eindeutig dargestellt sein, dass eine genaue Identifizierung und Bestimmung des beanspruchten Schutzgegenstandes möglich ist und nachträgliche Änderungen zweifelsfrei ausgeschlossen sind ([X.] [X.], 502, 503 – Gabelstapler II).

b) Den vorgenannten Anforderungen an die grafische Darstellbarkeit wird die angegriffene Marke nicht gerecht.

aa) Eine dreidimensionale Marke ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] zwingend durch eine zweidimensionale grafische Wiedergabe darzustellen, die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 [X.] bis zu sechs verschiedene Ansichten enthalten kann. Nach § 6a Abs. 1 [X.] kann zur Erläuterung einer zweidimensionalen grafischen [X.] eine Beschreibung eingereicht werden.

mit fünf Ansichten in Form von Fotos eingereicht. Sie zeigt eine Flasche aus verschiedenen Perspektiven mit einer weißlich mattierten Oberfläche bzw. aus hellgrauem Milchglas.

cc) Diese fünf Ansichten widersprechen einander. Sie zeigen nicht ein- und dieselbe dreidimensionale Flaschengestaltung.

aaa) Das [X.] [X.] besteht aus einer wappenförmigen Umrandung, die entweder mit verschwommenem Text (Ansicht 1), dem Bild eines Gebäudes an einer Straße (Ansicht 2) oder mit einer leeren Fläche (Ansicht 4 und 5) gefüllt ist. Damit ist schon für die Vorderseite nicht eindeutig, welchen Inhalt dieses Wappen bei der angemeldeten Flaschengestaltung hat.

bbb) Widersprüche bestehen aber auch für die Rückseite.

Auf der [X.] der Ansicht 3 befindet sich deutlich der Schriftzug „[X.]“ unterhalb des [X.]es. In der Abbildung der [X.] unten links, also in der Ansicht 4, fehlt ein solcher Schriftzug, von dem zumindest die Anfangsbuchstaben zu sehen sein müssten. In der zweiten Seitenansicht 5 sind demgegenüber noch Reste des Schriftzuges erkennbar.

Die Markenabbildung enthält daher drei verschiedene Vorderseiten und zwei verschiedene Rückseiten, so dass der Schutzgegenstand nicht eindeutig bestimmt werden kann.

ccc) Die Erklärungsversuche sind entweder nicht nachvollziehbar oder sie hätten zur Erläuterung der widersprüchlichen Darstellung in einer fakultativ möglichen Beschreibung aufgenommen werden müssen, die aber fehlt.

Klarglas bestehendes, also leeres wappenförmiges „Sichtfenster“ handeln soll, das je nach Lichtbrechung durch die in der Flasche enthaltene Flüssigkeit einen anderen Inhalt zeige, indem es den [X.]ick auf die Innenseite der Flaschenrückseite freigebe:

- Bei exakt frontseitiger Ansicht (Ansicht 2) erscheine im Sichtfenster das auf der [X.] dargestellte [X.] in [X.] und aufgrund der Lichtbrechung leicht verzerrter Weise.

- In der zweiten Seitenansicht (Ansicht 5) sei aufgrund des seitlichen [X.]ickwinkels im (leeren) Sichtfenster nur die weißlich mattierte Flaschenoberfläche erkennbar.

- In der Ansicht 1 von schräg oben ergebe sich als Inhalt des frontseitigen Sichtfensters ein verzerrtes, aufgrund einer Luftblase dreispaltig unterteiltes Bild eines Textes, der auf einem flaschenrückseitig aufgeklebten,

Es mag zutreffen, dass sich diese Effekte bei einer Flasche mit dem geschilderten Klarglasfenster ergeben, aber das hätte zur Auflösung der sichtbaren Widersprüche in einer Beschreibung erläutert werden müssen. Ohne eine solche erläuternde Beschreibung können nur die – für jeden Betrachter, der Einsicht ins Markenregister nimmt, – sichtbaren Merkmale den Schutzgegenstand bilden und diese widersprechen einander.

Soweit der Antragsgegner ausgeführt hat, die reale Flasche weise unterhalb des rückseitigen Schriftzuges „[X.]“ einen Textblock auf, der bei der Erstellung des Markengegenstandes flaschenaußenseitig mit einem weißen Etikett abgedeckt worden bzw. durch Nachbearbeitung des Bildes entfernt worden sei, ist dieser Vortrag schon deshalb unerheblich, weil sich der Schutzgegenstand ausschließlich aus der beim [X.] eingereichten Wiedergabe der 3-D-Marke ergeben muss. Hinzu kommt, dass auch dieses Vorbringen widersprüchlich ist. Denn wenn das außen angebrachte Etikett mit dem Textblock undurchsichtig ist, wie behauptet wird, ist der Text auch nur flascheninnenseitig wie in Ansicht 1 lesbar und an der Außenseite nicht erkennbar. Dann hätte er aber auch nicht abgedeckt oder durch Bildnachbearbeitung entfernt werden müssen. Ferner müsste ein solches undurchsichtiges, den flaschenrückseitigen Textblock abdeckendes Etikett in den Ansichten 3, 4 oder 5 aufgrund seiner unterschiedlichen optischen Eigenschaften gegenüber dem Flaschenmaterial in einem [X.] erkennbar sein.

(2) Aber selbst wenn sich die unterschiedliche Füllung der wappenartigen Umrandung in den Ansichten 1, 2, 3 und 4 mit dem Klarglasfenster auch ohne erläuternde Beschreibung physikalisch erklären ließe, bliebe noch der Widerspruch bestehen, dass in der Abbildung der [X.] unten links, also in Ansicht 4, der Anfangsbuchstabe des rückseitig aufgedruckten Schriftzuges „[X.]“ fehlt. Dessen Fehlen hat der Antragsgegner auch in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar erklären können.

Wenn sich dies durch einen [X.] bzw. eine Spiegelung an dem für die Schrift verwendeten Glanzlack erklären ließe, müssten auch in dem sichtbaren Teil des [X.]es [X.]e erkennbar sein. Das ist aber nicht der Fall. In der Ansicht 4 ist weder ein langgezogener [X.] im Bereich der Gebäudedarstellung noch eine Aufhellung des [X.] im Bereich des fehlenden Schriftzuges zu erkennen. Ferner ist am Flaschenverschluss erkennbar, dass sich die [X.]ion in dieser Aufnahme in einem weißen Streifen etwa in der Mitte der Flasche von oben nach unten erstreckt. Die [X.]ion berührt nicht den rechten Flaschenbereich, auf dem sich die Anfangsbuchstaben des Schriftzuges „[X.]“ befinden müssten.

ddd) Die Inaugenscheinnahme der beiden, der Markengestaltung ähnliche, vom Antragsgegner mitgebrachten [X.] nicht geeignet, die der vorliegenden [X.] immanenten Widersprüche aufzulösen, da sich Ansatzpunkte für eine Auslegung nur aus der [X.] selbst ergeben dürfen.

eee) Das Gleiche gilt für die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis, dass die [X.] mit der Gestaltung einer real existierenden Flasche in Einklang gebracht werden könne, und zu Lacken oder hologrammartigen Aufdrucken, die den Effekt erzeugen könnten, dass sich Buchstaben bei seitlicher Ansicht und einer entsprechenden Beleuchtungssituation nicht mehr von der weißen Umgebung abheben. Denn die [X.] muss aus sich heraus für Behörden und Wettbewerber eindeutig sein.

fff) Deshalb sind auch die als Anlage 1 zum Schriftsatz vom 26. März 2018 vorgelegten Fotos ([X.]. 103 [X.]) einer in den wesentlichen Details mit einer markengegenständlichen übereinstimmenden Flasche, die belegen sollen, dass [X.]e nicht sichtbar sein müssen, als Beweismittel ungeeignet.

B. [X.] der Antragstellerin

Die Kostenentscheidung des [X.] ist nicht zu beanstanden. Jeder Verfahrensbeteiligte hat seine Kosten im patentamtlichen Verfahren selbst zu tragen.

1. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung im patentamtlichen Verfahren ist § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach das [X.] die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann, wenn dies der Billigkeit entspricht.

§ 63 Abs. 1 Satz 3 [X.] geht im Grundsatz davon aus, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände ([X.] 1972, 600, 601 – [X.]; [X.] 1996, 399, 401 – Schutzverkleidung). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem [X.] vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. [X.] W (pat) 40/12 – [X.]/[X.]; [X.] 12, 238, 240 – [X.]/[X.]). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – Schutzverkleidung).

Solche besonderen Umstände sind im Löschungsverfahren beispielsweise gegeben, wenn der Markeninhaber trotz einer ersichtlich begründeten Löschungsaufforderung an einer gemäß § 8 [X.] schutzunfähigen Marke festhält und damit den Löschungsantrag provoziert, oder wenn eine [X.]e Markenanmeldung vorliegt.

2. Keiner der vorgenannten besonderen Umstände ist hier gegeben.

a) Im Hinblick darauf, dass die Markenstelle selbst die gegen § 8 Abs. 1 [X.] verstoßende Streitmarke eingetragen hat, kann dem Antragsgegner nicht vorgeworfen werden, dass er den Löschungsantrag provoziert habe.

b) Für eine Bösgläubigkeit des Antragsgegners im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke, am 2. Juni 2010, bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Eine [X.]e Markenanmeldung wird angenommen, wenn die anmeldende Person in Kenntnis eines fremden, durch Vorbenutzung entstandenen, bundesweit schutzwürdigen Besitzstandes ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung oder Unterbindung dieses Besitzstandes als Kennzeichen eintragen lässt, wenn sie die mit der Eintragung entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzen will oder wenn sie die Markenanmeldung allein zu dem Zweck beabsichtigt, den Marktzutritt einer anderen Person zu verhindern, ohne die Marke selbst benutzen zu wollen ([X.] [X.] 2009, 763 Rdnr. 44 – [X.]; [X.] 2016, 380 Rdnr. 17 – [X.] m. w. N.; [X.] 2016, 378 Rn. 18 ff. – LIQUIDROM).

b) Einen eigenen markenrechtlich relevanten schutzwürdigen Besitzstand, in den die Anmeldung der angegriffenen Marke eingreift, hat die Antragstellerin nicht dargelegt.

c) Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die mit der Eintragung der Streitmarke entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzen wollte.

Voraussetzung dafür ist, dass der Einsatz auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht in erster Linie auf die Förderung des eigenen [X.] gerichtet ist ([X.] 2008, 917 Rdnr. 23 – [X.]). Grundsätzlich ist von der Vermutung des generellen Benutzungswillens des [X.] auszugehen. Diese Vermutung kann zwar widerlegt werden. Dies gilt jedoch nur für Ausnahmefälle, in denen eine ernsthafte Planung für die eigene oder eine fremde Benutzung der angemeldeten Marke von vornherein nach allgemeiner Lebenserfahrung auszuschließen ist ([X.] 2001, 242, 245 – Classe E).

Vorliegend hat der Antragsgegner unwidersprochen vorgetragen, dass er Markenrechte verwaltet und lizensiert und dass die Firma seiner Ehefrau Lizenznehmerin der Streitmarke ist.

d) Es liegen auch keine sonstigen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsgegner die angegriffene Marke hauptsächlich oder ausschließlich zur Behinderung Dritter angemeldet hat.

Der Umstand, dass er erfolglos versucht hat, sein Markenrecht in einem einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Antragstellerin und ihren Vertriebshändler wegen des Exports bzw. Imports von Wodka in einer nahezu identischen Flaschenaufmachung durchzusetzen, begründet allein noch keine Bösgläubigkeit. Denn ein Markeninhaber ist jederzeit berechtigt, sein Markenrecht gegen Dritte zu verteidigen. Die Eintragung einer Marke dient grundsätzlich gerade dem Zweck, sich das Alleinbenutzungsrecht zu sichern und gegen die Benutzung durch andere zur Wehr setzen zu können. Zu diesem Zweck können alle legalen Mittel eingesetzt werden ([X.] W (pat) 84/10 – Gelbe Seiten).

Ein zweckfremder Einsatz kann daher nicht in der legitimen Verteidigung eines Markenrechts gesehen werden ([X.] W (pat) 16/12 – VCV).

[X.] der Antragstellerin

Der Antrag der Antragstellerin, dem Markeninhaber die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, hat aus den gleichen vorgenannten Gründen keinen Erfolg.

Nach § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann das [X.] die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hierzu bedarf es stets besonderer Umstände ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – Schutzverkleidung). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Im Übrigen gilt das zu § 63 [X.] Ausgeführte.

III.

Gründe für eine Kostenauferlegung von Amts wegen zu Lasten der Antragstellerin aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind ebenfalls nicht gegeben.

Die erforderlichen besonderen Umstände fehlen auch hier. Zwar hat die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz zur Begründung des Löschungsantrags vom 12. Juli 2013 eine [X.] Übersetzung der Zusatzvereinbarung vom 1. Juni 2010 beigefügt, in der die – für die Frage der Bösgläubigkeit relevante – Ziffer 15 nicht aufgeführt war, obwohl der Antragsgegner die Antragstellerin schon mit Schriftsatz vom 25. Juni 2013 auf diese Ziffer hingewiesen hatte, aber die Antragstellerin hat dies noch im patentamtlichen Löschungsverfahren mit Schriftsatz vom 17. Februar 2014 richtiggestellt und die Markenabteilung hat die angegriffene Marke nicht wegen Bösgläubigkeit, sondern wegen mangelnder graphischer Darstellbarkeit gelöscht, so dass die Einlegung der Beschwerde durch den unzutreffenden Vortrag der Antragstellerin nicht verursacht worden ist.

IV.

Die vom Antragsgegner angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 [X.] ist nicht veranlasst.

Weder war über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 82 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), noch war die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich zu erachten (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

Die vom Beschwerdeführer gestellte Frage, ob eine z. B. durch optische Reflexe verursachte, vermeintliche Unklarheit in verschiedenen Darstellungen einer dreidimensionalen Marke dem Bestimmtheitsgebot zuwiderlaufe, haben der [X.] und der [X.] schon dahingehend beantwortet, dass die Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – [X.]; a. a. O. – [X.]) bzw. so klar und eindeutig sein muss, dass nachträgliche Änderungen zweifelsfrei ausgeschlossen werden können ([X.] a. a. O. – Gabelstapler II; [X.] a. a. O. – [X.]). Dabei ist es unerheblich, aus welchen Gründen die Darstellung unklar ist.

Im Übrigen hat der Senat bei der Beurteilung der grafischen Darstellbarkeit die vom [X.] und [X.] in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Maßstäbe angelegt.

Meta

26 W (pat) 15/16

20.06.2018

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2018, Az. 26 W (pat) 15/16 (REWIS RS 2018, 7466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7466

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

26 W (pat) 61/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "MUC" – Unterscheidungskraft – Kostenentscheidung betreffend die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens …


29 W (pat) 29/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – dreidimensionale Marke (Kappe eines Schreibgeräts) – abstrakte Unterscheidungseignung – grafische Darstellbarkeit -


27 W (pat) 164/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "LIMES LOGISTIK" – keine bösgläubige Markenanmeldung – typische Gründungsaktivitäten können keinen …


26 W (pat) 46/17 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Kirmeskind" – Freihaltungsbedürfnis - bösgläubige Markenanmeldung – Kostenentscheidung - Kostenauferlegung


27 W (pat) 36/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Turnschuh (Bildmarke)" – zur Zulässigkeit des Löschungsantrags – zum Erfordernis der …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.