Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.03.2020, Az. 26 W (pat) 46/17

26. Senat | REWIS RS 2020, 20

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Kirmeskind" – Freihaltungsbedürfnis - bösgläubige Markenanmeldung – Kostenentscheidung - Kostenauferlegung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2016 210 927 – [X.]/16 Lösch

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Dem Antragsgegner werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 14. April 2016 angemeldet und am 2. Mai 2016 unter der Nummer 30 2016 210 927 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte [X.]gister eingetragen worden für Waren der Klassen 14, 24 und 25.

4

Am 6. Oktober 2016 hat die Beschwerdegegnerin die Löschung der angegriffenen Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 10 [X.] a. F. beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das [X.] "[X.]" bezeichne Personen, die während einer Kirmes gezeugt worden seien, die Spaß und Freude am Besuch von [X.], Festplätzen, [X.] und [X.] hätten oder die als Schausteller oder in anderer Weise am Betrieb von [X.] beteiligt seien. Der Begriff drücke eine besondere Verbundenheit mit dieser Veranstaltungsart aus und beschreibe ein Lebensgefühl im Sinne von Spaß, Ausgelassenheit, Fröhlichkeit sowie Vergnügungen im Allgemeinen, mit dem sich der so Bezeichnete identifiziere. Daher seien ein Lied mit dem Titel "Ich bin ein [X.]" komponiert, ein Buch unter dem Titel "[X.]" verfasst sowie auf [X.] und [X.] zum Hashtag "[X.]" bzw. der entsprechenden Gruppenbezeichnung von begeisterten Kirmesgängern Bildergalerien und Gruppen gegründet worden (Anlagen 2 bis 4). Die Domain "[X.].de" sei von einem Kirmesbegeisterten erworben worden (Anlage 5). Ein Presseartikel vom 9. August 2012 sei mit "Schausteller: [X.] war ein Aussteiger auf [X.]" betitelt (Anlage 6). In einem Pressebericht vom 2. November 2015 sei zudem eine Schaustellerin als "[X.]" porträtiert worden (Anlage 8). Kleidung, Anstecker und Schlüsselanhänger zeigten dem Gegenüber, dass man sich selbst zur Gruppe der [X.]er zähle. Daher dürften Mitbewerber nicht von der Nutzung dieses gebräuchlichen Wortes der [X.] ausgegrenzt werden. Als beschreibender Begriff erfülle er auch keine betriebliche Herkunftsfunktion. Da gedanklich stets ein Bezug zu einer bestimmten Kirmesveranstaltung hergestellt werde, entstehe beim Verkehr der Eindruck, die damit gekennzeichneten Produkte stammten von dem jeweiligen offiziellen Veranstalter und nicht von einem Privatunternehmen, so dass er über die wirkliche Herkunft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] getäuscht werde. Die angegriffene Marke sei zudem [X.] angemeldet worden, weil der Begriff "[X.]" bereits von einer Vielzahl von Personen, insbesondere auch von ihr genutzt werde. Sie, die Antragstellerin, stelle in Handarbeit und Einzelfertigung (Kosmetik-)Taschen und ähnliche Produkte her, auf die u. a. der Schriftzug "[X.]" auf verschiedene Weise, nämlich durch Einnähen von Buchstaben, Verwendung von Strasssteinen oder sonstigen kleinteiligen Gegenständen, Aufsticken oder Aufnähen aufgebracht werde. Ferner produziere sie Aufnäher für unterschiedliche Textilien. Die Nutzung des [X.] erfolge, weil sich die Kunden mit ihren Produkten als begeisterte [X.]er bzw. [X.] darstellen könnten. Diese Produkte vertreibe sie seit Jahren stationär und über das [X.]. Ferner habe sie ihre Produkte über die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der [X.] zum Verkauf angeboten. Diese organisiere die jährliche Allerheiligenkirmes, die größte Innenstadtkirmes [X.], und betreibe einen [X.]shop sowie Verkaufsstände auf der vorgenannten Kirmes und auf dem städtischen Weihnachtsmarkt. Deren Mitarbeiter hätten die Produkte der Antragstellerin – allerdings ohne Namensnennung – gegenüber der lokalen Presse präsentiert und damit große öffentliche Aufmerksamkeit erregt, wie der Pressebericht für die Kirmes des Jahres 2014 und ein Artikel vom 2. November 2015 belegten (Anlagen 7 u. 8). Der ebenfalls in [X.] wohnhafte Antragsgegner habe in Kenntnis dieser Tatsachen den Begriff "[X.]" als Marke eintragen lassen und versuche seitdem, ihr Geschäftsmodell zu torpedieren und sie zur Einstellung ihrer Verkaufsaktivitäten zu zwingen. Sie bestreitet, dass der Antragsgegner die Bezeichnung schon seit 2012 nutze. Die von ihm vorgelegte [X.]chnung vom 26. November 2012 lasse den Käufer nicht erkennen, weshalb sie unproblematisch rückdatiert worden sein könne. Ferner könne ihr nicht entnommen werden, dass tatsächlich ein Verkauf zustande und welcher konkrete Aufdruck zum Einsatz gekommen sei. Sie bestreitet ferner, dass zugunsten des Antragsgegners eine Verkehrsgeltung bestanden habe und gegenwärtig noch bestehe. Vor der Abmahnung durch den Antragsgegner habe sie keine Kenntnis von der Markeneintragung gehabt. Daher sei ein früherer Löschungsantrag nicht möglich gewesen. Vor der Anmeldung der verfahrensgegenständlichen Marke habe der Antragsgegner mit zwei Mitarbeiterinnen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der [X.] gesprochen, weil er seine Produkte über die [X.] bzw. offizielle Verkaufsstände der [X.] habe anbieten wollen. Als das Gespräch auf "[X.]" gekommen sei, hätten die beiden Mitarbeiterinnen mitgeteilt, dass man bereits Produkte mit der Bezeichnung "[X.]" seit Jahren erfolgreich verkaufe. Daraufhin habe der Antragsgegner erklärt, er werde das Zeichen für sich anmelden und exklusiven Schutz erwerben und dann den Verkauf bzw. Vertrieb anderweitiger Produkte unterbinden. Ferner habe er diesen Plan auch für andere Jahrmärkte außerhalb des Gebiets der [X.]er Allerheiligenkirmes angekündigt.

5

Der Antragsgegner, an den der Löschungsantrag als Übergabeeinschreiben am 3. November 2016 abgesandt worden ist, hat diesem am 19. Dezember 2016 widersprochen mit der Begründung, das [X.] "[X.]" sei nicht geeignet, Merkmale der geschützten Waren zu beschreiben. Geschützt seien nicht nur T-Shirts mit dem großflächigen Aufdruck "[X.]", sondern auch T-Shirts mit einem entsprechend beschrifteten Etikett. Das [X.] sei weder lexikalisch nachweisbar noch allgemein bekannt, sondern vielmehr ungewöhnlich und damit unterscheidungskräftig. Die drei von der Antragstellerin vorgelegten Quellen belegten noch nicht, dass "[X.]" ein gebräuchliches Wort sei. Sobald das [X.] bei der [X.]suchmaschine "[X.]" als Suchwort eingegeben werde, erscheine seine Webseite. Auf der Webseite "www.kirmeskind.de" sei kein Content hinterlegt. Der Begriff sei für die registrierten Waren auch nicht üblich geworden im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.]. Da es keine geographische Herkunftsangabe sei, bestehe keine Täuschungsgefahr. Eingetragen worden seien auch die vergleichbaren Wortmarken "Wunderkind" (397 46 170) u. a. für Bekleidungsstücke, "[X.]" (303 66 411) u. a. für Taschen und Schuhwaren sowie "Gutmensch" (30 2014 066 000) für T-Shirts. Die Markenanmeldung sei auch nicht [X.] erfolgt. Während die Antragstellerin die Bezeichnung erst seit dem [X.] für ihre Produkte benutze, er aber bereits seit dem [X.], wie sich aus der vorgelegten [X.]chnung vom 26. November 2012 ergebe, habe keine Vorbenutzung durch die Antragstellerin stattgefunden. Die [X.]chnung lasse den Käufer aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erkennen. Eine Vordatierung sei nicht vorgenommen worden. Er betreibe in [X.] sogar ein lokales Ladengeschäft, in dem er die geschützten Waren unter der Marke "[X.]" vertreibe. Daher habe zu seinen Gunsten bereits Verkehrsgeltung bestanden, weshalb er ein berechtigtes Interesse daran gehabt habe, diese Verkehrsgeltung durch förmliche Markeneintragung abzusichern sowie sich rechtlich gegen Nachahmer wie die Antragstellerin zu schützen. Der Löschungsantrag sei eine bloße [X.]tourkutsche der Beschwerdegegnerin, weil er sie am 22. September 2016 abgemahnt und aufgefordert habe, die Zeichenbenutzung für Taschen und T-Shirts zu unterlassen. Seine Abmahnung sei erst erfolgt, nachdem er die Antragstellerin zur schnellen Beilegung der Angelegenheit und zur Vermeidung unnötiger Kosten mehrfach per E-Mail angeschrieben und gebeten habe, das Wortzeichen nicht mehr für ihre T-Shirts und Kosmetiktaschen zu benutzen, worauf sie die Hinzuziehung eines [X.]chtsanwalts angekündigt habe.

6

Mit [X.]uss vom 17. August 2017 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.] die angegriffene Marke überwiegend gelöscht, nämlich für die Waren der

7

Klasse 14: [X.] aus Edelmetall [Juwelier- und Schmuckwaren]; [X.] aus Edelmetall [Schmuckwaren]; Schlüsselanhänger;

8

Klasse 24: Bedruckte Textilwaren;

9

Klasse 25: Bedruckte T-Shirts; Kurz- oder langärmelige T-Shirts; Kurzärmelige T-Shirts; T-Shirts.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Begriff "[X.]" habe mehrere Bedeutungen. Er bezeichne während einer Kirmes gezeugte Kinder und im Schaustellergewerbe aufwachsende oder aufgewachsene Kinder. Wie die [X.]recherche gezeigt habe, finde das Wort darüber hinaus lebhafte Verwendung zur (Selbst-) Beschreibung begeisterter Kirmesgänger, die damit ihre große Verbundenheit zur Kirmes zum Ausdruck brächten sowie ihre langjährige, regelmäßige Teilnahme und die besondere Beziehung bzw. [X.] betonten. Damit sei der Begriff zwar nicht unmittelbar beschreibend. Für die gelöschten Waren fehle ihm aber aus sonstigen Gründen sowohl im Anmelde- als auch im Entscheidungszeitpunkt die erforderliche Unterscheidungskraft. Das [X.] beinhalte die bekenntnishafte Aussage, ein begeisterter Kirmesfreund zu sein. Solche Bekenntnisse würden gerne auf der Vorderseite von Bekleidungsoberteilen angebracht. Sie würden auch bei Anbringung auf Ansteckern, Schmuckwaren, Schlüsselanhängern und bedruckten Textilwaren, wie Tüchern oder Schürzen, nicht als Hinweis auf den Hersteller, sondern als eine Art Sinnspruch oder Botschaft verstanden, die der Träger nach außen transportieren möchte. Der Antragsgegner könne sich nicht auf vergleichbare Voreintragungen berufen, da diese keine Bindungswirkung entfalteten. Die Eintragungen der Marken "Wunderkind" und "[X.]" stammten aus den Jahren 1997 und 2003. Seither hätten sich die Verwendung derartiger Begriffe an der Ware und die [X.]chtsprechung deutlich weiterentwickelt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er wiederholt seine Argumentation im patentamtlichen Löschungsverfahren und ist der Ansicht, schon die vom [X.] festgestellte Mehrdeutigkeit des [X.] begründe die Unterscheidungskraft. Die von der Markenstelle angeführten Quellen belegten keine Gebräuchlichkeit dieses Wortes. Zum [X.] der Antragstellerin trägt er vor, eine Vorbenutzung der Bezeichnung "[X.]" sei ihm nicht bekannt gewesen. Die Einreichung der Beschwerdebegründung habe sich verzögert, weil eine sinnvolle Lösung im Vergleichswege versucht worden sei. Die Verteidigung im Löschungsverfahren sei legitim, zumal das [X.] die Marke selbst eingetragen habe.

Er beantragt,

den [X.]uss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 17. August 2017 aufzuheben und das [X.] anzuweisen, den Löschungsantrag auch im Übrigen zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

2. dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Der Antragsgegner stellte den Antrag,

den [X.] der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung, nimmt Bezug auf ihre bisherige Argumentation und vertritt hinsichtlich ihres [X.]es die Auffassung, sie sei durch die Abmahnung des Antragsgegners zur Stellung des [X.] gezwungen worden. Sie habe ihm unmittelbar nach dem Erhalt der Abmahnung per E-Mail mitgeteilt, dass die Marke wegen Freihaltebedürftigkeit löschungsreif sei. Sein Anwalt hätte bei kritischer Prüfung feststellen können, dass seinem Mandanten keine markenrechtlichen Ansprüche zustehen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 3. Dezember 2018 sind die Verfahrensbeteiligten unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 2, [X.]. 32 – 37 [X.]) darauf hingewiesen worden, dass die Wortmarke im Umfang der Beschwerde für löschungsreif erachtet werde.

In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin ergänzend vorgetragen, sie habe auf die Abmahnung des Antragsgegners am 29. September 2016 schriftlich reagiert, sei ihr aber nicht nachgekommen. Daraufhin habe der Antragsgegner am 15. November 2016 eine Verletzungsklage beim [X.] - 37 O 90/16 – erhoben. Dieses Verfahren sei im Hinblick auf die verfahrensgegenständliche Löschungsanordnung des [X.] mit [X.]uss vom 19. Oktober 2017 ausgesetzt worden.

Der [X.] hat im [X.] an die mündliche Verhandlung beschlossen, eine Entscheidung an [X.] statt zuzustellen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Verfahrensbeteiligten zur Frage der Kostentragung weiter schriftsätzlich vorgetragen. Danach vertritt der Antragsgegner die Ansicht, mangels [X.]er Markenanmeldung liege kein Ausnahmefall vor, der eine Kostenauferlegung zu seinen Lasten rechtfertigen könne. Wegen ihrer fehlenden Einigungsbereitschaft sei eher die Antragstellerin mit Kosten zu belasten. Die Antragstellerin erwidert, der Antragsgegner habe weder dargelegt noch nachgewiesen, dass er die angegriffene Marke tatsächlich benutze. Ihr Vorbringen zur Bösgläubigkeit habe der Antragsgegner weder einfach noch substantiiert bestritten. Sein Verhalten im vorliegenden Verfahren und im Verletzungsverfahren vor dem [X.] sei als rechtsmissbräuchlich einzustufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Der Eintragung der angegriffenen Wortmarke "[X.]" hat bereits zum Anmeldezeitpunkt am 14. April 2016 in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 14, 24 und 25 das Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegengestanden (§ 50 Abs. 1 [X.] a. F.) und dieser Löschungsgrund besteht auch noch bis zum Entscheidungszeitpunkt fort (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.] a. F.). Die Markenabteilung hat die Marke insoweit deshalb im Ergebnis zu [X.]cht gelöscht.

a) Da der Löschungsantrag am 6. Oktober 2016 gestellt und die Streitmarke am 14. April 2016 angemeldet wurden, sind auf das vorliegende Verfahren gemäß § 158 Abs. 8 Satz 2 [X.] die Vorschrift des § 50 Abs. 2 [X.] sowie gemäß § 158 Abs. 7 [X.] die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 10 in der jeweils bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden.

b) Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag, der von jedermann gestellt werden kann (§ 54 Abs. 1 Satz 2 [X.]), nach rechtzeitig erhobenem Widerspruch wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn die Marke entgegen §§ 3, 7 oder 8 [X.] eingetragen worden ist (§ 50 Abs. 1 [X.]) und wenn Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 [X.] auch noch im [X.]punkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung bestehen (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Ist eine solche Feststellung, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen nicht möglich, muss es – gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen – bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben ([X.], 483 [X.]. 38 – test m. w. N.). Für die Prüfung der Schutzhindernisse ist auf den [X.]punkt der Anmeldung der Marke und das zu diesem [X.]punkt bestehende Verkehrsverständnis abzustellen ([X.], [X.]. v. 13. September 2018 - [X.]/17 [X.]. 11 – [X.]; [X.], 1262 [X.]. 13 – [X.]; [X.], 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten). Soweit der Löschungsantrag auf Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 [X.] gestützt wird, kommt eine Löschung gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur in Betracht, wenn der Antrag innerhalb von zehn Jahren seit dem Tag der Eintragung gestellt worden ist.

c) Der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag, der am 6. November 2016 als zugestellt gilt, fristgerecht innerhalb der Zweimonatsfrist mit einem am 19. Dezember 2016 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz widersprochen (§ 54 Abs. 2 [X.]).

Der Löschungsantrag ist am 3. November 2016 als Übergabeeinschreiben an den Antragsgegner abgesandt worden. Gemäß § 94 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] gilt ein mittels Einschreiben übersandtes Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren [X.]punkt zugegangen ist. Danach gilt vorliegend die Zustellung als am 6. November 2016 erfolgt.

d) Der am 6. Oktober 2016 beim [X.] eingegangene Löschungsantrag ist innerhalb der seit der Eintragung der angegriffenen Marke am 2. Mai 2016 laufenden Zehnjahresfrist gestellt worden (§ 50 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

e) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der [X.] oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden ([X.] [X.] 2011, 1035 [X.]. 37 – 1000; [X.] [X.], 186 [X.]. 38 – [X.]). Für die Beurteilung der Eignung eines Zeichens als beschreibende Angabe ist auf die Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt abzustellen. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfordert nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden. Vielmehr genügt es, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können ([X.] [X.] 2004, 146, 147 [X.]. 32 – [X.]; [X.], 534, [X.]. 52 – [X.]). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es – in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich – ein oder mehrere Merkmale der in [X.]de stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet ([X.] a. a. O. - [X.]).

aa) Unmittelbar warenbeschreibend und damit freizuhalten sind auch [X.], die die branchentypische Verwendung der beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen beschreiben. Diese können allgemeiner Art sein oder sich auf einzelne Bestimmungen beziehen, wie [X.] auf [X.]e ([X.] [X.] 2003, 1040 [X.]. 32 u. 42 – Kinder I; [X.], 1071 [X.]. 25 – [X.]; [X.] 27 W (pat) 521/12 – Naturbursche; 30 W (pat) 26/14 – Entdecker; 27 W (pat) 520/12 – Hausmeister;30 W (pat) 27/11 – [X.]; 30 W (pat) 187/98 – [X.]; 24 W (pat) 8/14 – [X.] [X.]; 25 W (pat) 554/14 – [X.]; 24 W (pat) 568/14 – [X.]; 24 W (pat) 545/14 – [X.]; 26 W (pat) 204/95 – Holzfreund). Sie geben dann die Personengruppe an, für die die so gekennzeichneten Waren bestimmt sein sollen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sich die Waren und Dienstleistungen ausschließlich an den betreffenden [X.] richten, vielmehr genügt es, wenn dieser neben anderen in Betracht kommt ([X.] 30 W (pat) 27/11 – [X.]). Denn die meisten Waren und Dienstleistungen sind nicht für alle Verbrauchergruppen in gleicher Weise interessant, ohne sich jedoch nach ihrer Art nur für eine ganz bestimmte Gruppe von Personen zu eignen. Gerade deshalb werden in der Werbung die Gruppen, für die die Waren in erster Linie gedacht sind, durch herausgestellte Überschriften angesprochen, wie [X.] Radfahrer, Wanderer, Jugendliche oder Musikfreunde. Kommt für eine Ware nach deren Natur nur eine ganz spezielle Verbrauchergruppe in Betracht, wäre es für die Hersteller unnötig, wenn nicht sogar wettbewerbswidrig, nämlich als Werbung mit Selbstverständlichkeiten, hierauf hinzuweisen ([X.], 1007 [X.]. 15 - Geld-Zurück-Garantie III; [X.] (pat) 52/98 – JAZZMAN).

bb) Auch im hier betroffenen Schmuck-, Textilwaren- und Bekleidungsbereich sind werblich hervorgehobene Zielgruppen häufig anzutreffen, [X.] Zielgruppen nach demografischen Merkmalen wie Geschlecht und Alter oder nach personenbezogenen Merkmalen wie Interessen, Hobbys oder Freizeitgestaltung, so dass eine derartige Hervorhebung des Adressaten nichts Ungewöhnliches ist und die angesprochenen Verbraucher nicht zu Interpretationen oder Deutungen veranlasst, in welchem Zusammenhang die Zielgruppe zu dem Produkt selbst stehen mag (vgl. zum Lebensmittelbereich: [X.] 25 W (pat) 554/14 – [X.] m. w. N.)

f) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Wortmarke "[X.]" im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren freihaltebedürftig.

aa) Von den gelöschten Waren werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] 1999, 723 [X.]. 29 – [X.]) als auch der Schmuck-, Textil- und Bekleidungsfachhandel angesprochen.

bb) Die Streitmarke setzt sich aus den beiden Substantiven "Kirmes" und "Kind" zusammen.

aaa) Das Wort "Kirmes" entstammt dem [X.] "[X.]" für eine "Messe zur Einweihung der [X.]". Deshalb kommt ihm die Bedeutung "[X.]" zu. Synonyme sind "Jahrmarkt, Rummel, Volksfest" (www.duden.de, s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis).

bbb) Der Begriff "Kind" bezeichnet ein "noch nicht geborenes, gerade oder vor noch nicht langer [X.] zur Welt gekommenes menschliches Lebewesen; Neugeborenes, Baby, Kleinkind", einen "Menschen, der sich noch im Lebensabschnitt der Kindheit befindet (etwa bis zum Eintritt der Geschlechtsreife)" oder "eine von jemandem leiblich abstammende Person; einen unmittelbaren Nachkommen" (www.duden.de, s. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis). Das Wort findet sich in vielen Sprichwörtern, von denen hier allein die [X.]densart "kein Kind von Traurigkeit" mit der Bedeutung "lebenslustiger Mensch" relevant ist (www.duden.de, s. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis).

cc) In seiner Gesamtheit ist das lexikalisch nicht nachweisbare [X.] "[X.]" schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt, dem 14. April 2016, von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen verstanden worden entweder im Sinne einer Person, die gerne und regelmäßig Volksfeste besucht, oder im Sinne eines im Schaustellergewerbe aufgewachsenen, aufwachsenden und/oder beschäftigten Menschen.

In beiden Bedeutungen ist der Gesamtbegriff "[X.]" schon vor dem Anmeldezeitpunkt häufig verwendet worden, wie einige Belege der Antragstellerin (Anlagen 2 bis 4, 6 und 8 zum Löschungsantrag) und der Markenabteilung sowie die in der mündlichen Verhandlung überreichten [X.]rechercheergebnisse des [X.]s gezeigt haben:

- "Zehn Fragen und Antworten nach 100 Tagen – 15.10.2009 – [X.]. Am 9. Juli löste [X.] [X.] als Ortsvorsteher ab. [X.], zur [X.]er Kirmes habe ich eine ganz besondere Beziehung. Ich bin ein richtiges [X.]. Ich habe bei der [X.]er Großveranstaltung noch nie gefehlt ([X.], Anlage 4 zum angefochtenen [X.]uss);

- "Mister Kirmes Unrau feiert mit Feuerwerk [X.] … Er ist ein richtiges [X.] …" (Kölnische Rundschau, Anlage 8 zum angefochtenen [X.]uss);

- "Familienfeste und Kinderkirmes in [X.] … Familiennachmittag des [X.] am 22. August 2010 … ein Kindersprecher der Kirmesgesellschaft eröffnete mit den Einmarsch der [X.]er den Familiennachmittag …" (www.mauersberger-haarhausen.dewww.mauersberger-haarhausen.de);

- www.mauersberger-haarhausen.de);

- "Wo hält sich wohl ein echtes [X.] [X.] auf? Natürlich auf dem [X.]. … Für ihn war klar, dass die Schausteller besonders gern für ihn und andere Kirmesgeburtstagskinder gekommen waren." (25.9.2011, www.mz-web.de);

- "09.12.2011 … Im Urlaub geht´s mit dem Märchenkarussell rund … Er habe sich damals von seiner Frau anstecken lassen und sei ein richtiges [X.] geworden, …" (Westfälische Nachrichten, Anlage 7 zum angefochtenen [X.]uss);

- "[X.]: [X.] 2012 … Gestern waren wir alle zusammen mit den Kindern auf die Kirmes. War ein richtig schöner Nachmittag. [X.] ist ein echtes [X.]. …" ([X.], Anlage 2 zum angefochtenen [X.]uss);

- "[X.]er stürmen Erlebnispark – [X.]aukittel wecken Vorfreude auf die Kirmes 2012 …" (www.kirmesverein.de, Anlage 11 zum angefochtenen [X.]uss);

- "5. September 2012 … Bewunderung für … [X.] (d.J.) [X.] mag das Bild sehr, sagt sie lachend, denn ich bin ein richtiges Kirmes-Kind. …" ([X.], Anlage 6 zum angefochtenen [X.]uss);

- "[X.]: ein Leben als [X.] … Knapp 40 Orte in einem Jahr. Sie sind das Zuhause von Schaustellern. Das [X.]isen gehört zu ihrer Arbeit, genauso wie die ständigen Schulwechsel für ihre Kinder …" ([X.] ONLINE vom 19.7.2013);

- "[X.] Jorden erlebt ersten Schultag in [X.] … Am ersten Schultag ist … auch ein "[X.]" eingeschult worden. [X.][…], dessen Familie wegen der [X.]r Kirmes in der [X.] ist, wird gut eine Woche die [X.] besuchen. …" ([X.] Volksblatt vom 21.8.2014);

- "Off-Topic: Historischer Jahrmarkt in der [X.] Bochum 2014 … Grüße aus [X.] nach [X.] von einem echten Wanne-Eickeler [X.]!" (www.teil-der-maschine.de);

- "[X.] [X.] – Das neue [X.]er [X.] wurde vorgestellt – … Zunächst freut sich das "[X.]" Andre auf die Kirmes … ([X.] vom 30.10.2015).

dd) Schon vor dem Anmeldezeitpunkt hat die Bezeichnung "[X.]" daher aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise schlagwortartig und [X.] die Bestimmung der beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 14, 24 und 25 angegeben. Denn diese Angabe ist geeignet gewesen, die Zielgruppe bzw. den [X.] der gelöschten Waren unmittelbar zu beschreiben. Der angesprochene Verkehr hat das [X.] "[X.]" daher als Hinweis auf eine in irgendeiner Weise ausschließlich für regelmäßige Besucher von Volksfesten oder für Angehörige des [X.] vorgesehene Beschaffenheit der Waren und nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aufgefasst.

ee) Dabei ist es unerheblich, dass dem Begriff mehrere Bedeutungen zukommen können. Denn zum einen kann von einem beschreibenden Begriff auch dann ausgegangen werden, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt ([X.] a. a. O. – [X.]; [X.] 2004, 680 [X.]. 38 - 42 – [X.]; [X.], 872 [X.]. 25 – [X.]; [X.], 569 [X.]. 18 – [X.]; [X.], 522 [X.]. 13 – [X.]s schönste Seiten). Zum anderen eignet sich vorliegend jede Bedeutung zur Beschreibung des [X.]es der in [X.]de stehenden Waren.

ff) Sämtliche gelöschten Produkte können sich an Kirmesgänger oder Schausteller richten oder dazu bestimmt sein, von ihnen auf und außerhalb von [X.] als Zeichen ihrer Begeisterung für Volksfeste oder ihrer Zugehörigkeit zum [X.] getragen zu werden.

Die [X.]recherche des [X.]s, deren Ergebnisse in der mündlichen Verhandlung überreicht worden sind, hat ergeben, dass schon vor dem Anmeldetag, dem 14. April 2016, eine Vielzahl an Bekleidungsstücken, vor allem aber auch T-Shirts, Pins und andere Artikel zum Kauf angeboten worden sind, die eine bekenntnishafte Aussage zur Kirmes enthalten:

- "Oktoberfest [X.] – Kirmes Mädchen – [X.] T-Shirt mit V-Ausschnitt [X.] noch auf der Suche nach der passenden Ausstattung bist, liegst du mit diesem sexy Motiv zum Thema "Kirmes Mädchen" richtig! Im Zusammenspiel wirken Dirndl, Comic, Bierkrug und Bier, die gemeinsam den [X.] für Frauen und [X.] zaubern …" (im Angebot von [X.] seit 5.9.2015);

- "[X.] 2015 – Zwei [X.] aus [X.] entwerfen T-Shirt mit [X.] … Was tun, wenn man ein schönes T-Shirt von der [X.] sucht und keins findet? …" ([X.] vom 6.7.2015);

- Zum 475. Jubiläum der [X.] Kirmes, ihres Zeichens die größte Kirmes am [X.], hatten sich der Veranstalter [X.] und die zahlreichen Schausteller jede Menge vorgenommen … Zum Jubiläum legte [X.] Merchandise-Artikel auf. Das T-Shirt und der Pin wurden von Schaustellern wie auch Besuchern stark nachgefragt …" (www.duisburgkontor.de von 2014);

- "[X.] – [X.] wurde erstmals ein Anstecker mit dem [X.] von [X.] – der Symbolfigur der [X.]er Allerheiligenkirmes – herausgegeben. Seitdem gibt es jedes Jahr einen Pin mit neuem Motiv zum Sammeln und Anstecken. Die Auflage des Pins ist limitiert und der Ansturm auf die [X.] traditionell groß. …" ([X.]).

Daher gibt der Begriff "[X.]" den [X.] der beschwerdegegenständlichen Waren "Bedruckte T-Shirts; Kurz- oder langärmelige T-Shirts; Kurzärmelige T-Shirts; T-Shirts" der Klasse 25 sowie der Produkte "Bedruckte Textilwaren" der Klasse 24 an. Dies gilt auch für die in Klasse 14 gelöschten Waren "[X.] aus Edelmetall [Juwelier- und Schmuckwaren]; [X.] aus Edelmetall [Schmuckwaren]; Schlüsselanhänger", weil es ausweislich der vorgenannten [X.] schon vor dem Anmeldetag üblich gewesen ist, zur Erinnerung an den Besuch einer Kirmes oder als Zugehörigkeitsausweis Anstecker herauszugeben, so dass die Aufschrift "[X.]" auf den in [X.]de stehenden Produkten nur die Begeisterung für oder die Zugehörigkeit zur Kirmes zum Ausdruck bringt, aber nicht auf einen bestimmten Hersteller hinweist.

gg) Der Umfang der nachgewiesenen Verwendung dieses Begriffs vor dem Anmeldezeitpunkt reicht aus, um eine generelle Beschreibungseignung anzunehmen. Er ist zudem ein bedeutendes Indiz für das erhebliche Interesse der Mitbewerber daran, diese Bezeichnung weiterhin ungestört von Markenrechten Dritter nutzen zu können. Soweit die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist, bedarf es entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers für die Begründung des Eintragungshindernisses der Freihaltebedürftigkeit keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angemeldete Marke als beschreibende Angabe bereits bekannt ist oder verwendet wird. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ergibt, dass die Zeichen oder Angaben diesem Zweck "dienen können" ([X.]).

hh) Wegen seiner Eignung zur unmittelbaren Beschreibung der Zielgruppe der in [X.]de stehenden Waren kommt auch keine Schutzfähigkeit aufgrund markenmäßiger Verwendungsmöglichkeit in Betracht.

aaa) Nach der [X.]chtsprechung des [X.] genügt es für die Bejahung der Unterscheidungskraft, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das angemeldete Zeichen bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen tatsächlich so zu verwenden, dass die Verkehrskreise es ohne weiteres als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen. Zur Beurteilung sind die üblichen Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in [X.]de stehenden Waren- oder Dienstleistungssektor einzubeziehen ([X.], 1204 [X.]. 21 – [X.]; [X.], 1044 [X.]. 20 – [X.]; [X.]Z 185, 152 [X.]. 21 f. - [X.]; [X.], 1100 [X.]. 28 – [X.]!). Seinen früheren Standpunkt, wonach die prüfenden Stellen nur die nach ihrer Sachkunde auf dem jeweils betroffenen Waren- oder Dienstleistungsgebiet wahrscheinlichste Verwendung zugrunde zu legen hatten ([X.] [X.], 519 [X.]. 55 [X.]/[X.] [umsäumter Winkel]), hat der [X.] aufgegeben und verlangt nunmehr, alle wahrscheinlichen [X.] zu prüfen, soweit sie wegen ihrer Üblichkeit in der betreffenden Branche praktisch bedeutsam sein können ([X.] [X.] 2019, 1194 [X.]. 17 ff. - [X.]/[X.] [#darferdas?]). Die Anbringung eines Zeichens in der Art einer Marke auf der Ware, auf Etiketten der fraglichen Ware oder auf der Verpackung führt aber nicht ausnahmslos dazu, dass der Verkehr es als Herkunftshinweis versteht. Vielmehr kann auch bei dieser Art der Anbringung die Frage, ob der Verkehr das Zeichen als Herkunftshinweis ansieht, nach der Art des Zeichens und der Waren variieren, an denen es angebracht wird (vgl. [X.] a. a. O. – [X.]; [X.], 838 [X.]. 20 – [X.]). Dies kommt etwa in Betracht, wenn der Verkehr das [X.] wegen einer besonderen Nähe zu den Verwendungsmöglichkeiten der Waren unabhängig von der konkreten Präsentation auf der Ware, auf Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder der Verpackung jeweils nur in einem beschreibenden Sinne auffasst und ihm deshalb keinen Herkunftshinweis entnimmt (vgl. [X.] a. a. O. – [X.]; [X.], 411 [X.]. 13 - [X.]; [X.] a. a. O. [X.]. 30 – [X.]!; [X.] a. a. O. [X.]. 23 - [X.]).

bbb) Da es sich bei der vorliegenden Zielgruppenangabe um eine unmittelbar beschreibende Angabe handelt, wird die angegriffene Marke auch auf Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder der Verpackung der Waren als auf dem Schmuck-, Textilwaren- und Bekleidungssektor übliche und praktisch bedeutsame [X.] nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst.

ii) Der Umstand, dass bei einer [X.]recherche nach dem [X.] die Webseite des Antragsgegners erscheint, ist wenig aussagekräftig. Ohne die Mitteilung von Umsatzzahlen, getätigten [X.] und Angaben zum Marktanteil der Streitmarke sowie den Nachweis, dass diese vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen wird, lässt dieses [X.]ergebnis keine Rückschlüsse auf einen möglichen Durchsetzungsgrad zu.

g) Das Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit der Streitmarke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren besteht auch noch zum Entscheidungszeitpunkt fort.

"[X.]" enthält auch gegenwärtig nur eine Sachaussage über den Träger der Textilwaren und Anstecker, nämlich, dass es sich um einen leidenschaftlichen [X.] oder Angehörigen der Schausteller handelt. An diesem Verständnis hat sich bis zum Entscheidungszeitpunkt nichts geändert, wie eine weitere, in der Sitzung überreichte [X.]recherche des [X.]s gezeigt hat:

- Wie sich [X.] auf die fünfte [X.]r Jahreszeit vorbereiten – Die größten Fans der [X.] …Eine Familie echter [X.]er ist die [X.][ …]. Die drei Brüder … sind in unmittelbarer Nähe zum [X.] aufgewachsen. … [X.] ist ein richtiges [X.]: Sie ist währen der Kirmes geboren …" (https://inherne.net, Das [X.]magazin [X.] vom 20.7.2018);

- "VREDENER [X.]KIND – D[X.] [X.] ZUR VREDENER [X.] – Bereits im vergangenen Jahr schmückte das Armband "[X.]er [X.]" viele Kirmesfreunde, die sich mit [X.] und hier vor allem mit seinem Volksfest verbunden fühlen und dieses auch gerne nach außen zum Ausdruck bringen. ... Die Armbänder gibt es auch dieses Jahr wieder! … Sie können voraussichtlich ab Mittwochnachmittag, den 28.08.2019 am Bürgerbüro der [X.] [X.] zum Preis von 1 [X.] erworben werden (www.vreden.de);

- "[X.]-Hit "[X.]" wird am Montag auf der [X.]er Kirmes live präsentiert" (Münsterland [X.]ung vom 31.8.2019);

- "Zwischen Tradition und Moderne – Der Präsident der [X.] kommt zur Eröffnung des [X.] … Er ist ein waschechtes [X.]. …" ([X.] WOCHENBLATT).

Auch gegenwärtig werden T-Shirts und Pins für begeisterte Kirmesgänger oder Angehörige der Schausteller mit entsprechenden Aufdrucken angeboten, wie bei der in der mündlichen Verhandlung bekannt gemachten [X.]recherche des [X.]s vom 7. und 28. Oktober 2019 festgestellt worden ist:

- "[X.] mit dem Aufdruck "Kirmes Zicke" (www.spreadshirt.de);

- Kirmes T-Shirt [X.] mit den Aufdrucken "[X.]" oder einer [X.] (www.buysomeshirts.com);

- T-Shirt mit dem Aufdruck "[X.] ENDLICH NORMALE LEUTE" (www.teezily.com);

- T-Shirt mit dem Aufdruck "[X.] ZUR [X.]" (www.freenet.de);

- [X.] mit den Aufdrucken "[X.] SLEEP [X.] REP[X.]" oder "Schausteller Dad" und [X.] mit dem Aufdruck "Schausteller Kind" (www.amazon.de);

- [X.] mit dem Aufdruck "[X.] GR[X.]EST [X.]" (www.redbubble.com);

- T-Shirt mit dem Aufdruck "[X.] [X.] - [X.]ER [X.]", angeboten unter der Überschrift "[X.] rockt! [X.] für ein einzigartiges Kirmes-Shirt!" (www.beecker-kirmes.de);

- "[X.] [X.] 2015 ([X.]) und

- "[X.] [X.] 2019 …Dies war für die Veranstalter der Grund, mit dem diesjährigen [X.] auf das große [X.] aufmerksam zu machen. …" (www.kirmes-info.de).

Der Umfang der nachgewiesenen Verwendung dieses Begriffs zum Entscheidungszeitpunkt reicht ebenfalls aus, um eine generelle Beschreibungseignung für die in [X.]de stehenden Waren der Klassen 14, 24 und 25 anzunehmen.

2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vorliegt, kann dahinstehen, ob die Marke darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 4 oder 10 [X.] schutzunfähig ist.

3. Die vom Antragsgegner angeführten Voreintragungen rechtfertigen keine andere Entscheidung.

a) Die Eintragung der Wortmarke "Wunderkind" (397 46 170) für Schmuck- und Textilwaren sowie Bekleidung in den Klassen 14, 24 und 25 ist am 14. September 1998 erfolgt und liegt somit mehr als 20 Jahre zurück. Sie ist zudem noch vor der [X.]chtsprechungsänderung durch den [X.] in den Entscheidungen zu "[X.]” und "[X.]” ([X.] a. a. O.) ergangen, wonach ein Wortzeichen schon dann von der Eintragung ausgeschlossen werden kann, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen beschreibt. Hinzu kommt, dass es eine relevante Zielgruppe "Wunderkinder" nicht geben dürfte, weil eine Ausrichtung auf diesen speziellen [X.] wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre.

b) Die am 2. August 2004 und damit vor 15 Jahren registrierte Wortmarke "[X.]" (303 66 411) ist vor allem für Leder- und Schuhwaren und damit für andere Produkte eingetragen worden. Ferner handelt es sich weder in der registrierten Zusammenschreibung noch in getrennter Form als Anrede eines braven kleinen Menschen um eine typische Zielgruppenbezeichnung.

c) Die am 21. Januar 2015 u. a. ebenfalls für T-Shirts eingetragene Wortmarke "Gutmensch" (30 2014 066 000) ist schon von der Zeichenbildung her nicht ver-gleichbar, weil er weder aus zwei Substantiven besteht noch irgendein Element der Streitmarke enthält.

d) Aber selbst wenn diese Voreintragungen vergleichbar wären, könnte es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen handeln. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte [X.]chtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen ([X.] [X.], 667, 668 [X.]. 18 - Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und [X.]). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz gerade das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.

III.

Der Antrag der Beschwerdegegnerin, dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, hat Erfolg.

1. Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann das [X.] die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hierzu bedarf es stets besonderer Umstände ([X.] [X.] 1972, 600, 601 – [X.]; [X.] 1996, 399, 401 – Schutzverkleidung). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem [X.] vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. [X.] a. a. O. – [X.]; [X.] 29 W (pat) 504/15 – Vital You!®/VITAL/VITAL regional; 27 W (pat) 14/13 – [X.]; 27 W (pat) 40/12 – [X.]/[X.]; [X.]E 12, 238, 240 – [X.]/[X.]). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand [X.]chnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – Schutzverkleidung).

Im Löschungsverfahren sind solche besonderen Umstände gegeben, wenn der Markeninhaber trotz einer ersichtlich begründeten Löschungsaufforderung an einer gemäß § 8 [X.] schutzunfähigen Marke festhält und damit den Löschungsantrag provoziert, oder wenn eine [X.]e Markenanmeldung vorliegt ([X.] 26 W (pat) 61/14 – [X.]). Denn wer missbräuchlich Markenschutz in Anspruch nimmt, muss sich notwendige Maßnahmen, die auf Beseitigung der rechtswidrigen Zeichenlage gerichtet sind, zurechnen lassen ([X.] [X.] 2001, 744, 748 - S100).

2. Im Hinblick darauf, dass die Markenstelle selbst die gegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verstoßende Streitmarke eingetragen hat, kann dem Antragsgegner nicht vorgeworfen werden, dass er den Löschungsantrag provoziert habe.

3. Es ist aber von einer [X.]en Markenanmeldung auszugehen (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a. F).

a) Eine solche wird angenommen, wenn die anmeldende Person in Kenntnis eines fremden, durch Vorbenutzung entstandenen, bundesweit schutzwürdigen Besitzstandes ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung oder Unterbindung dieses Besitzstandes als Kennzeichen eintragen lässt, wenn sie die mit der Eintragung entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzen will oder wenn sie die Markenanmeldung allein zu dem Zweck beabsichtigt, den Marktzutritt einer anderen Person zu verhindern, ohne die Marke selbst benutzen zu wollen ([X.] [X.], 763 [X.]. 44 – [X.]; [X.] [X.] 2016, 380 [X.]. 17 - [X.] m. w. N.; [X.] [X.] 2016, 378 Rn. 18 ff. – [X.]).

b) Über einen eigenen markenrechtlich relevanten schutzwürdigen Besitzstand, in den die Anmeldung der angegriffenen Marke eingreifen könnte, hat die Antragstellerin nicht verfügt. Abgesehen davon, dass sie selbst von einer Freihaltebedürftigkeit des allgemein gebräuchlichen [X.] "[X.]" ausgeht, hat sie nicht vorgetragen, diese Bezeichnung für die von ihr hergestellten Produkte markenmäßig verwendet zu haben. Sie hat nach ihrem unbestrittenen Vorbringen lediglich auf verschiedene Weise – durch Einnähen von Buchstaben, Verwendung von Strasssteinen oder sonstigen kleinteiligen Gegenständen, Aufsticken oder Aufnähen – den Schriftzug "[X.]" auf (Kosmetik-)Taschen und ähnliche Produkte aufgebracht oder gleichlautende Aufnäher für unterschiedliche Textilien hergestellt sowie stationär, im [X.] und über die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der [X.] zum Verkauf angeboten, die die die jährliche Allerheiligenkirmes, einen [X.]shop sowie Verkaufsstände auf der vorgenannten Kirmes und auf dem städtischen Weihnachtsmarkt betreibt.

c) Unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen Besitzstandes eines [X.] kann der Erwerb eines formalen Markenrechts aber auch dann [X.] sein, wenn sich die Anmeldung der Marke unter anderen Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig darstellt. Das wettbewerblich Verwerfliche kann insoweit insbesondere darin gesehen werden, dass ein [X.] die mit der Eintragung der Marke verbundene – an sich unbedenkliche – Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzt (vgl. [X.] [X.] 2008, 917 [X.]. 20 – [X.]; [X.] 2008, 621 [X.]. 21 – [X.]). Dabei ist die maßgebliche Grenze zur Bösgläubigkeit dann überschritten, wenn das Verhalten des [X.]s bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen [X.] gerichtet ist (vgl. [X.] a. a. O. [X.]. 28 - [X.]; [X.] a. a. O. [X.]. 23 – [X.]; [X.] a. a. O. [X.]. 32 - [X.]). Für eine Bösgläubigkeit spricht beispielsweise, wenn der Markeninhaber mit der Anmeldung Druck ausübt, um finanzielle oder sonstige Gegenleistungen zu erzwingen ([X.] [X.] 2001, 244, [X.]. 39 – [X.]; [X.] 30 W (pat) 61/09 – [X.]). Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des [X.] einzusetzen, braucht nicht der einzige Beweggrund für die Anmeldung zu sein; vielmehr reicht es aus, wenn diese Absicht das wesentliche Motiv war ([X.] [X.] 2000, 1032, 1034 – [X.] 2000; a. a. O. – [X.]; a. a. O. – [X.]). Die Annahme einer Bösgläubigkeit wird nicht schon durch die Behauptung oder den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens ausgeschlossen. Vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (vgl. [X.] a. a. O. – [X.]). Je weniger der Markeninhaber die angemeldete Marke sinnvoll für seine eigenen Geschäfte verwenden kann, desto eher kommt eine Behinderungsabsicht in Betracht ([X.] [X.], 763, 765 – [X.]/[X.]; [X.] [X.] 1984, 210 f. – [X.]). Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit ist der [X.]punkt der Markenanmeldung maßgeblich ([X.] [X.] a. a. O. [X.]. 14 – Glückspilz; [X.] a.a.O. [X.]. 14 - [X.]; [X.], 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten). Dies schließt jedoch eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor und nach der Markenanmeldung nicht aus, denn aus diesem Verhalten können sich Anhaltspunkte für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht ergeben (vgl. [X.] a. a. O. – Glückspilz; [X.] 29 W (pat) 16/14 – [X.]; 25 W (pat) 77/17 – HORSE KICK).

aa) Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass der Antragsgegner vor der Markenanmeldung mit zwei Mitarbeiterinnen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der [X.] gesprochen habe, weil er seine Produkte über die [X.] bzw. offizielle Verkaufsstände der [X.] habe anbieten wollen. Als das Gespräch auf "[X.]" gekommen sei, hätten die beiden Mitarbeiterinnen mitgeteilt, dass man bereits Produkte mit der Bezeichnung "[X.]" seit Jahren erfolgreich verkaufe. Daraufhin habe der Antragsgegner erklärt, er werde das Zeichen für sich anmelden und exklusiven Schutz erwerben und dann den Verkauf bzw. Vertrieb anderweitiger Produkte unterbinden. Ferner habe er diesen Plan auch für andere Jahrmärkte außerhalb des Gebiets der [X.]er Allerheiligenkirmes angekündigt.

Diesen Vortrag hat der Antragsgegner nicht, geschweige denn substantiiert bestritten. Seine unstreitige Äußerung zeigt, dass er mit der Markenanmeldung in erster Linie beabsichtigt hat, die Antragstellerin und alle anderen möglichen Wettbewerber beim Warenvertrieb auf [X.] zu behindern. Offensichtlich hat er die Antragstellerin aus der Geschäftsbeziehung mit der [X.] herausdrängen und selbst ihr Partner werden wollen.

bb) Hinzu kommt, dass es hinreichende Anhaltspunkte für das Fehlen eines generellen Benutzungswillens des Antragsgegners gibt.

 aaa) Zum Nachweis einer Benutzung hat er eine einzige [X.]chnung vom 26. November 2012, also 1 ½ Jahre vor der Anmeldung, vorgelegt, aus der sich nicht einmal eine markenmäßige Benutzung der Bezeichnung "[X.]" ergibt. Die [X.]chnung ist vom Antragsgegner als Inhaber der [X.] ausgestellt für ein unbedrucktes schwarzes T-Shirt zum Preis von 5 €, für 15-minütige Plotarbeiten zum Preis von 16,80 € und für den "Aufdruck [X.] weiß Flex" für 5,60 €. Daraus ergibt sich, dass er ein T-Shirt mit dem Schriftzug "[X.]" bedruckt hat. Seine Druckerei, die in der [X.]chnung auch als Werbeagentur und Designwerkstatt bezeichnet wird, leistet wohl auch [X.]. Eine markenmäßige Verwendung der Bezeichnung "[X.]" für seine T-Shirts lässt sich dieser [X.]chnung nicht entnehmen.

bbb) Soweit er darüber hinaus vorgetragen hat, dass er die geschützten Waren im Ladengeschäft in [X.] unter der angegriffenen Marke vertreibe, ist diese Behauptung angesichts der vorgelegten [X.]chnung widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Er hätte substantiiert vortragen müssen, ob und in welchem Umfang er neben der Bedruckung von T-Shirts im Kundenauftrag auch fertig bedruckte Textilwaren, [X.] und Schlüsselanhänger unter der Streitmarke in seiner Druckerei/Werbeagentur/Designwerkstatt anbietet oder welches andere Ladengeschäft er für solche Waren in [X.] betreibt.

ccc) Auch seinem von der Antragstellerin bestrittenen Vorbringen, zu seinen Gunsten habe Verkehrsgeltung für die Bezeichnung bestanden, fehlen konkrete Angaben und Belege zu Art, Form, Beginn, Dauer und Umfang der Benutzung durch Darlegung von Umsätzen, Marktanteilen, [X.] sowie Vorlage von Preislisten, Produktmustern, Werbematerial etc.. In der [X.]gel ist zudem ein empirischer Nachweis der Verkehrsgeltung in Form eines Meinungsforschungsgutachtens erforderlich.

ddd) Es ist zudem nicht erkennbar, dass er mit der Markenanmeldung einen berechtigten wirtschaftlichen Zweck bzw. eine wirtschaftliche Logik verfolgt hat ([X.] Urt. v. 12.9.2019 – [X.]/18 P ([X.]), BeckRS 2019, 20743 [X.]. 46 – [X.]/[X.]).

(1) Nach der jüngsten EUGH-[X.]chtsprechung (Urt. v. 12.9.2019 – [X.]/18 P ([X.]), BeckRS 2019, 20743 – [X.]/[X.]) ist im Rahmen der Bösgläubigkeit auch zu prüfen, ob der Anmeldung einer Marke für die fraglichen Waren und Dienstleistungen in Anbetracht der Tätigkeiten des Inhabers eine unternehmerische Logik zukam ([X.] a. a. O. [X.]. 62 – [X.]/[X.]).

(2) Da der Antragsgegner nachweisbar in erster Linie einen Textildruck, aber keine Anstecker, T-Shirts oder Schlüsselanhänger unter der angegriffenen Marke anbietet, ist eine unternehmerische Logik nicht zu erkennen. Insoweit obliegt ihm aber die Darlegungs- und Beweislast, denn nur er ist in der Lage, zum Inhalt seiner noch nicht nach außen gelangten wirtschaftlichen Pläne bzw. seinem Nutzungskonzept vorzutragen.

eee) Ferner hat er, obwohl die Antragstellerin im [X.] mit ihm Anfang September 2016 gewichtige Argumente für die Freihaltebedürftigkeit der Streitmarke geliefert und um gemeinsame kritische Prüfung gebeten hat, ohne darauf einzugehen, bereits am 22. September 2016 eine schriftliche Abmahnung ausgesprochen und sogar die Benutzung für Taschen untersagt, obwohl diese nicht zu den für ihn geschützten Waren gehören. Nachdem die Antragstellerin ihren Standpunkt am 29. September 2016 schriftlich wiederholt hat, hat der Antragsgegner am 15. November 2016 eine Verletzungsklage gegen sie beim [X.] – 37 O 90/16 – erhoben.

c) Die Gesamtabwägung aller vorstehenden Umstände des Einzelfalls rechtfertigt vorliegend die Annahme, dass der Antragsgegner die Marke in der Absicht hat eintragen lassen, ihre Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] gegen die Antragstellerin einzusetzen, um sie aus dem Wettbewerb zu verdrängen sowie Unterlassungs- und Geldersatzansprüche gegen sie durchzusetzen.

4. Das nach Schluss der mündlichen Verhandlung schriftlich vorgebrachte Vorbringen der Verfahrensbeteiligten sind nicht zu berücksichtigen. Nachdem der [X.] entschieden hat, dass gemäß § 79 Abs. 1 Satz 3 [X.] eine Entscheidung an [X.] Statt zugestellt wird, hat diese Entscheidung auf der Grundlage der vorangegangenen mündlichen Verhandlung zu ergehen ([X.]E 77, 80 f. - [X.]; [X.] 2011, 217 [X.]. 13 – [X.]). Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 296a Satz 1 ZPO können nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die eine gerichtliche Entscheidung ergeht, Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgetragen werden. Eine Ausnahme gilt nach § 296a Satz 2 ZPO nur dann, wenn das Gericht den Verfahrensbeteiligten gemäß § 283 ZPO eine Frist zur Nachreichung von Schriftsätzen gewährt hat. Im vorliegenden Fall ist eine solche Frist weder beantragt noch bewilligt worden.

5. Wegen der beiden nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze bestand schon deshalb kein Anlass, die mündliche Verhandlung gemäß § 76 Abs. 6 Satz 2 [X.] wiederzueröffnen, weil die Verfahrensbeteiligten keine wesentlichen neuen Umstände vorgetragen, sondern lediglich ihre unterschiedlichen [X.]chtsauffassungen zur Frage der Kostentragung aufgrund [X.]er Markenanmeldung bekräftigt haben. Ein Fall des § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. §§ 156 Abs. 2 Nr. 1, 139 Abs. 5 ZPO ist ebenfalls nicht gegeben. Denn der [X.] hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Kostenauferlegung zu Lasten des Antragsgegners wegen Bösgläubigkeit in Betracht komme und beide Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen.

Meta

26 W (pat) 46/17

26.03.2020

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG vom 04.04.2016, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 MarkenG vom 12.03.2004, § 71 Abs 1 MarkenG, § 158 Abs 8 S 2 MarkenG, § 158 Abs 7 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.03.2020, Az. 26 W (pat) 46/17 (REWIS RS 2020, 20)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 20

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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