Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2007, Az. 5 StR 227/07

5. Strafsenat | REWIS RS 2007, 2076

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

5 [X.][X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 12. September 2007 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12. Sep-tember 2007, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] Basdorf, [X.] Dr. Raum, [X.] Dr. Brause, [X.] [X.], [X.] Prof. Dr. [X.] als beisitzende [X.], Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 12. Dezember 2006 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Ange-klagten zu tragen. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e 1 Das [X.] hat die Angeklagte wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstif-tung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft erstrebt die Aufhebung dieses Urteils und eine Neuver-handlung der Sache. Dazu hat sie eine Befangenheitsrüge gegen die [X.] und die Sachrüge erhoben. Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel bleibt erfolglos. 1. Das [X.] hat [X.] im Wesentlichen auf der Grundlage des Ge-ständnisses der Angeklagten [X.] Folgendes festgestellt: 2 Die Angeklagte gewann im Mai 2006 gemeinsam mit der gesondert verfolgten C. die damals 18-jährige [X.]als Drogenku-rierin. In Erwartung einer Belohnung von insgesamt 5.000 Euro begaben sich die beiden Frauen am 31. Mai 2006 zum [X.], um das von 3 - 4 - [X.]
aus der [X.] eingeführte [X.] (2,8 kg; Wirkstoffge-halt 1,3 kg) entgegenzunehmen und an Hintermänner weiterzugeben. Indes wurde das Rauschgift sichergestellt und die [X.] verhaftet. Sie ist zu ei-ner Jugendstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Danach kehrte [X.]

in ihr Heimatland [X.]. 2. Der Befangenheitsrüge (§ 338 Nr. 3 StPO) liegt folgendes [X.] zugrunde: 4 Die Berichterstatterin und der Vorsitzende der [X.] kamen nach Prüfung der Akten am 5. Dezember 2006 übereinstimmend zu der [X.], dass die Angeklagte im Falle eines umfassenden glaubhaften Geständnisses angemessen bestraft würde, wenn eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten nicht überschritten würde. Der Vorsitzende rief noch am gleichen Tag den Verteidiger an und teilte ihm —diese Prognosefi der Berufsrichter mit. Der Verteidiger kündigte am 6. Dezember 2006 nach Besprechung mit seiner Mandantin gegenüber dem Vorsitzenden deren ge-ständige Einlassung an. Das Hauptverfahren wurde noch am [X.] 2006 eröffnet und unter Verzicht der Angeklagten auf Einhaltung der La-dungsfrist Termin zur Hauptverhandlung auf den 12. Dezember 2006 be-stimmt. Zeugen wurden nicht geladen. 5 Der Vorsitzende teilte schließlich am 11. Dezember 2006 dem Ankla-geverfasser, der auch zum Sitzungsdienst in dieser Sache eingeteilt worden war, mit, dass ein Geständnis angekündigt sei und er eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für angemessen erachte. Dieser [X.] widersprach der Staatsanwalt. 6 Vor Beginn der Hauptverhandlung bemerkte der Verteidiger gegen-über dem [X.], dass er die Zusage des Vorsitzenden betreffend die Freiheitsstrafe für den Fall eines Geständnisses der Angeklagten als ver-7 - 5 - bindlich betrachtet habe und überrascht sei, dass der Staatsanwalt nichts davon wisse. Der Staatsanwalt lehnte sodann die Berufsrichter wegen [X.] der Befangenheit ab, weil sich das Gericht bei dieser Sachlage unter bewusster Ausklammerung der Staatsanwaltschaft bereits vor Beginn der Hauptverhandlung auf eine Strafe verbindlich festgelegt habe. Das [X.] ist als unbegründet zurückgewiesen worden. 3. Ob die Verfahrensrüge mangels Mitteilung des weiteren Prozess-verhaltens der Staatsanwaltschaft nach Bekanntgabe und Protokollierung einer Strafobergrenze zu Beginn der Hauptverhandlung zulässig ist (vgl. zur eventuellen Maßgeblichkeit dieses Vortrags für die Frage der Statthaftigkeit einer solchen Revisionsrüge BGHSt [[X.]] 50, 40, 52; BGHR StPO § 338 Nr. 3 [X.] 4 und 5), kann dahinstehen. Die Rüge greift jedenfalls in der Sache nicht durch. 8 9 a) Sie ist offensichtlich unbegründet, soweit die beisitzende [X.]in betroffen ist. Diese hat nach dem gesamten [X.] lediglich ihre richterliche Pflicht als Berichterstatterin erfüllt, indem sie die Sach- und Rechtslage geprüft und eine [X.] ersichtlich nicht einen gerechten Schuldaus-gleich missachtende (vgl. BGHSt 45, 312, 318 f.) [X.] vorläufige Prognose zur Strafhöhe im Falle eines Geständnisses gestellt hat. An allen weiteren [X.], die von der Revision zur Begründung der Besorgnis der Befangen-heit herangezogen werden, war die abgelehnte [X.]in nicht beteiligt. b) Auch in Bezug auf den Vorsitzenden ist die Rüge unbegründet. So-weit sie sich darauf stützt, der Vorsitzende habe dem Verteidiger ohne Betei-ligung der Staatsanwaltschaft eine verbindliche Strafobergrenze zugesichert, spricht nichts für ein solches Geschehen, was indes eine Besorgnis der Be-fangenheit hätte nahe legen können (vgl. BGHSt 45, 312, 316; BGHR StPO vor § 1/faires Verfahren [X.] Vereinbarung 16). 10 - 6 - aa) Allerdings hat der Vorsitzende gegenüber dem Verteidiger eine nach Einschätzung der Berufsrichter angemessene Strafobergrenze von drei Jahren und sechs Monaten genannt. Dies rechtfertigt nicht die Annahme [X.]. Der Vorsitzende hat in beiden dienstlichen Erklärungen [X.] bestärkt in der Stellungnahme zur Verfahrensrüge [X.] bekundet, dass er [X.] in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] zur Verbindlichkeit zugesicherter Strafobergrenzen [X.] die mitgeteilte Strafe als Prognose verstanden wissen wollte, und hat ersichtlich bei dem Verteidiger eine solche Kenntnis des Verfahrensrechts vorausgesetzt, die eine dahingehende Wertung ermöglicht hätte. Damit war die möglicherweise vom Verteidiger als verbindliche Zusicherung missverstandene Erklärung des Vorsitzenden aber nicht von einem entsprechenden Bindungswillen des [X.] getragen. Eine Befangenheit wegen der Erklärung gegenüber dem Verteidiger aus Sicht der Staatsanwaltschaft scheidet [X.] insoweit überein-stimmend mit der Auffassung des [X.]s [X.] aus. 11 12 [X.]) Soweit die Revision geltend macht, der Vorsitzende habe gezielt an der Staatsanwaltschaft vorbei Vorgespräche mit der Verteidigung geführt (vgl. BGHR StPO vor § 1/faires Verfahren [X.] Vereinbarung 15 und 16; BGHSt [[X.]] 50, 40, 47), und behauptet, dass der Sitzungsstaatsanwalt über die Kommunikation zwischen Gericht und Verteidigung vollständig in [X.] gelassen werden sollte, ist dieser auf Schlussfolgerungen beruhen-de Vortrag nicht durch Indizien des [X.] bewiesen. Im Ge-genteil: Der Vorsitzende war berechtigt, auch einseitig mit der Verteidigung zwecks Förderung des Verfahrens Kontakt aufzunehmen (vgl. BGHSt 42, 46, 47; BGHR StPO vor § 1/faires Verfahren [X.] Vereinbarung 15), und erst in der Hauptverhandlung verpflichtet, dies offenzulegen (vgl. BGHSt 42, 46, 50; 43, 195, 206). Letztlich spricht nichts gegen die Richtigkeit der Stellungnahme des Vorsitzenden zur Verfahrensrüge, dass er entschlossen gewesen sei, den Inhalt der Vorgespräche in der Hauptverhandlung öffentlich zu machen und zu protokollieren. Aus der Mitteilung des Vorsitzenden an den [X.] vor der Hauptverhandlung, die neben der Ankündigung des - 7 - Geständnisses durch den Verteidiger die Straferwartung der Berufsrichter zum Inhalt hatte, konnte der Staatsanwalt zudem auf eine entsprechende Information des Verteidigers vor seiner Ankündigung unschwer schließen. Zwar wären eine eindeutiger gefasste Mitteilung an den Staatsanwalt über die Vorbesprechung und eine sachlich klarere Ausräumung bei der [X.] eingetretener Missverständnisse in der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden (vgl. zu deren Bedeutung BGHSt 23, 200, 203; BGHR StPO § 338 Nr. 3 [X.] 1) vorzugswürdig gewesen. Gleichwohl ist dem Verhalten des abgelehnten [X.]vorsitzenden bei besonnener Be-trachtungsweise eine bewusst unvollständige Unterrichtung der Staatsan-waltschaft nicht zu entnehmen. 13 cc) Auch in einer Gesamtschau mit weiteren Umständen lässt sich ei-ne Besorgnis der Befangenheit nicht erkennen. Der Vorsitzende ist nicht [X.] auf eine Urteilsabsprache ausgewichen, ohne zuvor pflichtgemäß die Anklage tatsächlich anhand der Akten und insbesondere auch rechtlich überprüft zu haben (vgl. BGHSt [[X.]] 50, 40, 49 m.w.N.). Die [X.] (Verzicht auf Ladung von Zeugen; Hinwirken auf Verzicht der Einhal-tung der Ladungsfrist) setzte zwar ein starkes Vertrauen des Vorsitzenden in das Zustandekommen einer verfahrensverkürzenden Absprache voraus. Solches kann angesichts der rechtlichen Zulässigkeit dieser Praxis (vgl. BGHSt aaO), zumal bei der hier besonders zügig durchzuführenden Haftsa-che, aber ebenfalls keine Befangenheit begründen. 4. [X.] ist in Übereinstimmung mit der Auffassung des [X.] unbegründet. Nach den Urteilsfeststellungen musste sich das [X.] nicht [X.] entgegen der rechtlichen Würdigung in der Anklage [X.] 14 - 8 - zur Annahme von Mittäterschaft statt Anstiftung gedrängt sehen. Zum gel-tend gemachten möglichen belastenden Inhalt einer Aussage der Zeugin [X.]

hätte es der Erhebung einer Aufklärungsrüge bedurft. [X.] Brause [X.] [X.]

Meta

5 StR 227/07

12.09.2007

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2007, Az. 5 StR 227/07 (REWIS RS 2007, 2076)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2076

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.