Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.02.2010, Az. IX B 149/09

9. Senat | REWIS RS 2010, 8941

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Gegenstand

(Überschießender Sachantrag im Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren - Anwendung der Bekanntgabevermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO bei Bestreiten des Erhalts innerhalb der Drei-Tage-Frist)


Leitsatz

1. NV: Der über den Antrag, die Revision zuzulassen, hinausgestellte Änderungs-Antrag zur Sache ist bereits deshalb unzulässig, weil mit der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulassung der Revision (oder eine Zurückverweisung der Sache gem. § 116 Abs. 6 FGO) erreicht werden kann, nicht aber die unmittelbare Durchsetzung des im Einspruchsverfahren bzw. Klageverfahren gestellten Sachantrags .

2. NV: Zur Begründung von Zweifeln am Zugang eines VA innerhalb der Drei-Tages-Frist reicht ein abweichender Eingangsvermerk allein nicht aus. Eine als mögliche anwaltliche Versicherung zu wertende Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers genügt zur Glaubhaftmachung des Zugangszeitpunkts eines VA nicht, wenn objektive Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten .

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Denn ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O); im Übrigen liegt der gerügte Mangel auch nicht vor.

2

Der über den Antrag, die Revision zuzulassen, hinaus gestellte Änderungsantrag zur Sache ist bereits deshalb unzulässig, weil mit der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulassung der Revision (oder eine Zurückverweisung der Sache gemäß § 116 Abs. 6 [X.]O) erreicht werden kann, nicht aber die unmittelbare Durchsetzung des im Einspruchs- bzw. Klageverfahren gestellten Sachantrags.

3

1. Unabhängig davon, dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) schon keinen Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 [X.]O bezeichnet hat, ist ein möglicher Zulassungsgrund auch nicht hinreichend dargelegt (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O) worden. Vielmehr setzt der --rechtskundig vertretene-- Kläger seine eigene Tatsachen- und Beweiswürdigung sowie Rechtsansicht anstelle der des Finanzgerichts ([X.]) und rügt nach Art einer Revisionsbegründung dessen (vermeintlich) fehlerhafte Rechtsanwendung, wie auch sein überschießender Sachantrag deutlich macht. Mit der Rüge solcher materiell-rechtlicher Fehler ("Entscheidung ... unrichtig") kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des [X.] --BFH-- vom 22. Januar 2007 [X.]/06, [X.] 2007, 949; vom 25. September 2007 [X.]/06, [X.] 2008, 26).

4

2. Im Übrigen liegt der geltend gemachte Mangel nicht vor, denn das [X.] hat die [X.] des § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung nicht fehlerhaft angewendet. Bestreitet nämlich der Empfänger den Erhalt innerhalb der [X.] eines mit der Post übermittelten Verwaltungsakts, hat er substantiiert Tatsachen vorzutragen, die schlüssig auf den späteren Zugang hindeuten und damit Zweifel an der [X.] begründen (BFH-Urteile vom 17. Juni 1997 [X.], [X.] 1997, 828; vom 3. Mai 2001 [X.]/98, [X.] 2001, 1365; [X.] vom 30. November 2006 [X.], [X.] 2007, 389). Zur Begründung von Zweifeln am Zugang innerhalb der [X.] reicht --entgegen der Ansicht des [X.] ein abweichender Eingangsvermerk allein nicht aus (so [X.] vom 27. Februar 1998 [X.], [X.] 1998, 1064, und in [X.] 2007, 389), auch wenn dieser als private Urkunde zu beurteilen wäre. Eine als mögliche anwaltliche Versicherung zu wertende Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Verlauf des Klageverfahrens genügt indes zur Glaubhaftmachung des Zugangszeitpunkts eines Verwaltungsaktes nicht, wenn objektive Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten (s. [X.] vom 10. Oktober 2003 [X.]/03, [X.] 2004, 219; vom 13. Oktober 2005 [X.], [X.] 2006, 328). Jedoch wurde weder der betreffende Briefumschlag vorgelegt noch die Posteingangsbearbeitung im Büro des Prozessbevollmächtigten näher beschrieben.

5

Danach konnte das [X.] zu dem Ergebnis gelangen (s.a. BFH-Be-schluss vom 23. Mai 2006 [X.], [X.] 2006, 1683), dass die Klage um einen Tag verspätet bei Gericht eingegangen und mangels vorliegender Wiedereinsetzungsgründe unzulässig ist, was auch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden wäre.

Meta

IX B 149/09

25.02.2010

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 5. Mai 2009, Az: 3 K 269/08, Urteil

§ 122 Abs 2 Nr 1 AO, § 115 Abs 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 116 Abs 6 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.02.2010, Az. IX B 149/09 (REWIS RS 2010, 8941)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8941

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