Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.04.2013, Az. X B 47/12

10. Senat | REWIS RS 2013, 6517

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Zustellung an eine Postfach-Adresse durch einen privaten Postdienstleister unter Einschaltung eines weiteren Postdienstleisters


Leitsatz

NV: Aufgabe zur Post i.S. des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO bedeutet nicht "Übergabe an die Deutsche Post AG". Die Dreitagesfrist beginnt auch dann bereits mit der Einlieferung bei einem privaten Postdienstleister zu laufen, wenn dieser die Sendung zur weiteren Ausführung an die Deutsche Post AG übergibt, damit diese die Einlegung in ein bei ihr angemietetes Postfach vornimmt .

Tatbestand

1

I. Materiell-rechtlich begehrt der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Berücksichtigung von Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger [X.]rbeit sowie den [X.]bzug von Versorgungsleistungen in Form von dauernden Lasten als Sonderausgaben.

2

[X.] übertrugen die Eltern des Klägers diesem ihr Einfamilienhaus in [X.] im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen Versorgungsleistungen. Im Gegenzug gewährte der Kläger seinen Eltern ein Wohnungsrecht, übernahm vertraglich die insoweit entstehenden Nebenkosten und verpflichtete sich, die tägliche [X.] der Eltern zu den üblichen Mahlzeiten zu erbringen. Wahlweise konnten die Eltern anstelle der [X.] den entsprechenden Geldbetrag verlangen, wobei die Umstellung nur im Jahresrhythmus erfolgen durfte. Darüber hinaus vereinbarten die Beteiligten die Zahlung eines bestimmten monatlichen Betrags in bar.

3

Beruflich ist der Kläger im ca. 180 km entfernten [X.] tätig, in dessen Umgebung er seit Mai 2006 eine Dreizimmerwohnung angemietet hat.

4

Im Einspruchsverfahren erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --F[X.]--) im Einzelnen nachgewiesene Versorgungsleistungen an. Die Berücksichtigung der geltend gemachten [X.]ufwendungen für die Verpflegung der Eltern sowie nicht nachgewiesener [X.]ufwendungen für das Haus lehnte das F[X.] ab. Es bezweifelte angesichts der berufsbedingten [X.]bwesenheit insbesondere, dass der Kläger seiner vertraglichen Verpflichtung zur Erbringung der [X.] nachgekommen sei. Die alternativ vorgesehene Gewährung des entsprechenden Geldbetrags sei von den Eltern nicht geltend gemacht worden. Die [X.]ufwendungen in Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung erkannte das F[X.] nicht an, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass er seinen Lebensmittelpunkt in [X.] habe.

5

Die Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2010 übersandte das F[X.] durch einfachen Brief an das Postfach der Prozessbevollmächtigten des Klägers. Hierbei bediente es sich der Firma [X.] ([X.]), die die [X.]nnahme in ihrem Sortierzentrum laut [X.] am 8. Oktober 2010 um 22:43 Uhr erfasste. Da die Zustellung an ein Postfach erfolgen sollte, war von der [X.] vorgesehen, den Brief im weiteren Verlauf der Deutschen Post [X.]G (DP-[X.]G) zu übergeben, damit diese die Einsortierung in das Postfach vornehme.

6

Die Prozessbevollmächtigten erhoben per Telefax am 12. November 2010 Klage und beriefen sich auf den auf der Einspruchsentscheidung angebrachten Eingangsstempel "13. Okt. 2010".

7

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet ab. [X.]ufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme gelangte es zu der Überzeugung, dass die Einspruchsentscheidung --wie vom F[X.] geltend gemacht-- tatsächlich am Freitag, den 8. Oktober 2010 zur Post gegeben und die Bekanntgabe damit gemäß § 122 [X.]bs. 2 Nr. 1 der [X.]bgabenordnung ([X.]) grundsätzlich für den 11. Oktober 2010 fingiert wurde. Dass die Einspruchsentscheidung tatsächlich erst später, nämlich am 13. Oktober 2010, in den Machtbereich der Prozessbevollmächtigten gelangt sei, sei nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt worden. Darüber hinaus sah sich das [X.] aufgrund der mündlichen Verhandlung weder davon überzeugt, dass die streitigen [X.]ltenteilsleistungen wie unter fremden [X.] tatsächlich durchgeführt worden seien und der Kläger die [X.]ufwendungen wirtschaftlich getragen habe, noch dass dieser in [X.] einen eigenen Hausstand unterhalten habe.

8

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen sämtlicher Zulassungsgründe des § 115 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O).

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Teilweise sind die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dargelegt, im Übrigen liegen sie nicht vor.

1. Das [X.] beruht nicht auf einem Verfahrensfehler.

a) Das [X.] hat weder die Klage rechtsfehlerhaft als unzulässig angesehen, noch hat es in diesem Zusammenhang die Bekanntgabenorm des § 122 Abs. 2 [X.] fehlerhaft gehandhabt.

aa) Wird über eine Klage objektiv fehlerhaft nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden, so liegt darin ein Verfahrensmangel (Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 5. November 2007 IV B 166/06, [X.], 248; Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2010 X B 212/09, [X.], 564). Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gericht zu Unrecht davon ausgeht, dass die Klagefrist versäumt wurde ([X.] vom 26. Mai 2010 VIII B 228/09, [X.], 2080).

bb) Das [X.] hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Klage verfristet war.

(1) Gemäß § 47 Abs. 1 [X.]O ist eine Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung einzulegen. Diese gilt nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 [X.] mit dem dritten Tage nach ihrer Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn sie nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Bestreitet der Steuerpflichtige nicht den Zugang des Schriftstücks überhaupt, sondern den Erhalt innerhalb des [X.] des § 122 Abs. 2 Nr. 1 [X.], so hat er sein Vorbringen im Rahmen des Möglichen zu substantiieren, um Zweifel an der [X.] zu begründen. Er muss Tatsachen vortragen, die den Schluss darauf zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der typische --Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur [X.] ernstlich in Betracht zu ziehen ist. Nimmt ein steuerlicher Berater für seinen Mandanten einen Bescheid entgegen, so muss er, wenn dieser ihm später als drei Tage nach dem angeblichen Tag der Aufgabe zur Post (der Ausstellung) zugegangen ist, Maßnahmen treffen, die es ihm erlauben, zu dem [X.] substantiiert vorzutragen (so Urteil des [X.] vom 13. Februar 1992 IX ZR 105/91, [X.] 1992, 236, siehe [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 122 Rz 54, m.w.N.). Zur Begründung von Zweifeln am Zugang innerhalb der Dreitagesfrist reicht ein abweichender Eingangsvermerk nicht aus ([X.] vom 30. November 2006 XI B 13/06, [X.], 389, m.w.N.).

(2) Das [X.] ist von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hat den Sachverhalt aufgeklärt und die tatsächlichen Umstände im Wege freier Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 [X.]O gegeneinander abgewogen ([X.] vom 31. März 2008 III B 151/07, [X.], 1335). Wenn es danach aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zum einen davon ausgegangen ist, die Einspruchsentscheidung sei --wie vom [X.] geltend gemacht-- am Freitag, den 8. Oktober 2010 zur Post gegeben worden, und zum anderen der Behauptung des [X.] über den verspäteten Zugang der Einspruchsentscheidung erst am 13. Oktober 2010 nicht folgte und infolgedessen keinen Zweifel am Zugang innerhalb der Dreitagesfrist hatte, so war dies nicht verfahrensfehlerhaft.

(3) Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass das [X.] aufgrund der Vernehmung der zuständigen Sachbearbeiterin der [X.] und der von der [X.] vorgelegten Sendungsdaten, nach denen die fragliche Einspruchsentscheidung im [X.] am 8. Oktober 2010 um 22:43 Uhr erfasst wurde, den 8. Oktober 2010 als [X.] angesehen hat. Eine andere Würdigung erscheint angesichts der Feststellungen des [X.] ausgeschlossen.

Entgegen der Auffassung des [X.] bedeutet "Aufgabe zur Post" i.S. des § 122 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht "Übergabe an die [X.]". Von der [X.] wird vielmehr auch eine Übermittlung des Verwaltungsakts durch einen privaten Postdienstleister erfasst (vgl. Senatsbeschluss in [X.], 564; [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 122 Rz 53, m.w.N.). Daran ändert sich nichts, wenn der private Postdienstleister die Zustellung --wie im Streitfall die [X.]-- nicht selbst vornimmt, sondern diese der DP-AG zur endgültigen Ausführung anvertraut, weil der Empfänger bei dieser ein Postfach angemietet hat. Auf die Einschaltung eines weiteren Postdienstleisters durch die zunächst beauftragte Firma hat das [X.] keinen Einfluss. Hierdurch wird nicht der [X.] hinausgeschoben, sondern dies kann allein bei der Frage von Bedeutung sein, ob die [X.] als widerlegt gilt, weil hierdurch möglicherweise ein längerer Postlauf die Folge ist. Nach der Stellungnahme des Geschäftsführers der [X.] sollte die Zustellung im Regelfall aber auch dann innerhalb von drei Tagen erfolgt sein, wenn die Sendung an einem Freitag nach 18:00 Uhr im [X.] der [X.] abgefertigt und zur weiteren Ausführung der DP-AG übergeben wird.

Eine Widerlegung der [X.] hat das [X.] verneint, weil der Kläger als Indiz für den Zugang erst am 13. Oktober 2010 nur auf den Eingangsstempel verweisen konnte, der auf der Einspruchsentscheidung angebracht war. Diesem maß das [X.] indes deshalb keinen besonders hohen Beweiswert zu, weil nach der Schilderung der betreffenden [X.] am Samstag in das Postfach eingelegte [X.] automatisch mit dem Datum des darauf folgenden Montags versehen werden, dieser Stempel mithin nicht zwangsläufig das zutreffende Eingangsdatum ausweist. Insoweit trifft es nicht zu, wenn der Kläger meint, das [X.] habe unzutreffend festgestellt, dass die Einlegung in das Postfach tatsächlich noch am 9. Oktober 2010 erfolgt sei. Eine solche Feststellung hat das [X.] nicht getroffen; erst recht ist nicht ersichtlich, dass das [X.] von einer Zustellung im Sinne einer Einlegung in das Postfach noch am Freitag ausgegangen wäre. Die Ausführungen zu der Einlegung von [X.]n an einem Samstag dienten erkennbar dazu, den geringen Beweiswert des Kanzleistempels aufzuzeigen.

Entgegen der Auffassung des [X.] ist ein Zugang vor dem 13. Oktober 2010 durch die Aussagen der [X.] nicht widerlegt. Nach den --insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen-- hatten die Zeuginnen keine Erinnerungen mehr an den konkreten Fall, sondern orientierten sich ausschließlich an dem auf der Einspruchsentscheidung angebrachten Eingangsstempel. Die Würdigung des [X.], die Aussagen hätten deshalb keinen höheren Beweiswert als der Eingangsstempel, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

b) Die Revision ist nicht wegen mangelnder Sachaufklärung oder übergangener Beweisangebote zuzulassen.

aa) Soweit der Kläger geltend macht, das [X.] hätte aufklären müssen, wann und wo die Einspruchsentscheidung von der [X.] an die DP-AG übergeben worden sei, ist ein Verstoß gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O nicht ausreichend dargelegt. Der Kläger legt insbesondere nicht dar, aus welchen Gründen sich dem [X.] eine Aufklärung des exakten Weitergabezeitpunkts und –ortes auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des [X.] zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. insoweit z.B. Senatsbeschluss vom 22. August 2012 X B 155/11, [X.], 2015). Die Rüge basiert letztlich auf der unzutreffenden Ansicht des [X.], § 122 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erfordere die "Aufgabe zur [X.]". Den [X.] "8. Oktober 2010" hatte das [X.] --wie ausgeführt-- in nicht zu beanstandender Weise festgestellt.

bb) Soweit der Kläger --ohne nähere Ausführungen-- auf Beweisangebote hinweist, die das [X.] nicht wahrgenommen habe, fehlt es bereits an der Darlegung, dass das Übergehen in der mündlichen Verhandlung von dem sachkundigen Vertreter des [X.] gerügt worden ist oder weshalb eine solche Rüge nicht möglich war. Eine Rüge ist auch nicht aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung ersichtlich. Bereits das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge hat aber den endgültigen [X.] zur Folge (vgl. z.B. [X.] vom 5. August 2011 III B 144/10, [X.], 1915).

c) Soweit der Kläger die (angeblich) fehlerhafte Beweiswürdigung durch das [X.] beanstandet, übersieht er, dass die richterliche Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzuordnen ist und deshalb einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O regelmäßig nicht begründen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 82).

d) Ein Verfahrensmangel ergibt sich schließlich nicht daraus, dass die Entscheidung von dem Einzelrichter gefällt wurde, den der Kläger zuvor erfolglos wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte.

aa) Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann grundsätzlich nicht auf die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gestützt werden, da dem Endurteil vorangegangene Entscheidungen, die --wie der Beschluss über die Ablehnung von [X.] (vgl. § 128 Abs. 2 [X.]O)-- nach der [X.]O unanfechtbar sind, nicht der Beurteilung der Revision unterliegen (§ 124 Abs. 2 [X.]O). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die unberechtigte Ablehnung eines Befangenheitsantrages die Vorenthaltung des gesetzlichen Richters zur Folge hat, was nur bei einer greifbar gesetzwidrigen, d.h. willkürlichen Zurückweisung eines Befangenheitsantrages der Fall ist ([X.] vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, [X.], 177, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 119 Rz 6, m.w.N.).

Deshalb hat eine Besetzungsrüge nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass der Beschluss über die Zurückweisung des [X.] nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 [X.], [X.], 757).

bb) Derartiges Vorbringen enthält die Beschwerde im Streitfall nicht. Der Kläger beschränkt sich vielmehr auf die Wiederholung der Gründe, die aus seiner Sicht belegen, dass der Einzelrichter "voreingenommen und befangen" gewesen sei. Mit der Ablehnung seines Befangenheitsgesuchs setzt er sich nicht auseinander. Dass der Zurückweisungsbeschluss des [X.] greifbar gesetzwidrig wäre, ist auch nicht ansatzweise erkennbar.

2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) zuzulassen. Die Beschwerdebegründung genügt insoweit nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O.

Der Kläger macht in diesem Zusammenhang nur geltend, die von dem [X.] herangezogenen [X.] in [X.], 564, vom 11. August 2008 III B 141/07 ([X.], 1646) und vom 13. Februar 2008 XI B 218/07 ([X.], 742), nach denen auch die Übergabe an einen privaten Postdienstleister die Frist des § 122 [X.] in Lauf setze, seien mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage (vgl. hierzu Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 116 Rz 32) ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen. Entsprechend fehlen Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit.

3. Die Revision ist nicht wegen Divergenz zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O zuzulassen.

a) Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn das [X.] mit einem das angefochtene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dabei die gleiche Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (z.B. Senatsbeschluss vom 10. Mai 2012 X B 57/11, [X.], 1307, m.w.N.). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer u.a. tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen [X.] einerseits und aus der mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. [X.] vom 11. März 2011 III B 76/10, [X.], 981).

b) Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht. Abgesehen davon, dass die (angeblichen) Divergenzentscheidungen überwiegend allein mit einer Fundstelle sowie teilweise nur zur Wiedergabe des Gesetzestexts des § 122 Abs. 2 Halbsatz 2 [X.] angeführt sind, fehlt es insgesamt daran, dass den zitierten [X.] abweichende abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils gegenübergestellt sind.

c) Eine Abweichung ist zudem auch in der Sache nicht ersichtlich.

aa) Dies gilt zunächst soweit der Kläger auf die Beweislastregel des § 122 Abs. 2 Halbsatz 2 [X.] verweist. Diese kommt erst dann zur Anwendung, wenn trotz Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts noch Zweifel daran bestehen, dass der Verwaltungsakt innerhalb der Dreitagesfrist zugegangen ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 27. November 2002 [X.], [X.] 2003, 586). Hiervon ist auch das [X.] ausgegangen, es hatte letztlich jedoch keine Zweifel an einem typischen Geschehensablauf. Dass der Kläger dieses vom [X.] gefundene Ergebnis in Frage stellt, begründet keine Divergenz.

bb) Eine solche ist auch nicht erkennbar, soweit der Kläger geltend macht, das [X.] habe die "neuere Rechtsprechung des [X.] zur [X.] bei Postschließfächern an Samstagen verkannt" und sei hiervon abgewichen. Der vom Kläger gemeinte Vorlagebeschluss vom 17. September 2002 IX R 68/98 ([X.]E 199, 493, [X.] 2003, 2) sowie die [X.]-Urteile vom 4. November 2003 IX R 4/01 ([X.] 2004, 159), vom 11. März 2004 VII R 13/03 ([X.] 2004, 1065), vom 25. Mai 2004 VII R 8/03 ([X.] 2004, 1498) und vom 6. Oktober 2004 IX R 60/03 ([X.] 2005, 327) werden von dem Rechtssatz getragen, dass sich die Dreitagesfrist zwischen der Aufgabe eines Verwaltungsakts zur Post und seiner vermuteten Bekanntgabe (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) bis zum nächstfolgenden Werktag verlängert, wenn das Fristende auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt. Auch in seiner grundlegenden Entscheidung vom 14. Oktober 2003 IX R 68/98 ([X.]E 203, 26, [X.] 2003, 898) hat der [X.] den Rechtssatz, dass "ein Nachweis der Abholung am Samstag oder am darauf folgenden Montag [generell] nicht mehr erforderlich ist", nicht aufgestellt. Bei den Ausführungen zur Leerung von Postfächern an einem Samstag handelt es sich vielmehr um die Schilderung, welche Probleme durch die geänderte Rechtsprechung im Gegensatz zu der bis dahin gültigen Rechtsprechung künftig vermieden werden. Da die Dreitagesfrist im Streitfall --ohne Verlängerung nach § 108 Abs. 3 [X.]-- an einem Montag endete, ist zudem nicht ersichtlich, inwiefern diese Rechtsprechung entscheidungserheblich sein soll.

4. Soweit der Kläger meint, das [X.] habe die Klage zu Unrecht hilfsweise als unbegründet angesehen, und geltend macht, die Revision sei auch insoweit aufgrund von [X.] sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, kann die Beschwerde mit Einwendungen gegen die [X.] schon deshalb keinen Erfolg haben, weil hinsichtlich der [X.] des angefochtenen Urteils kein Zulassungsgrund gegeben ist (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 29. August 2012 X B 69/12, [X.], 185).

Hat das [X.] sein Urteil --wie im [X.] auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich das Entscheidungsergebnis trägt, ist die Revision nur zuzulassen, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 [X.]O schlüssig dargelegt wird und vorliegt ([X.] vom 26. Oktober 2010 V B 104/09, [X.], 609, m.w.N.). Dies ist hinsichtlich der selbständig tragenden Begründung "Versäumung der Klagefrist" --wie vorstehend ausgeführt-- nicht der Fall.

Meta

X B 47/12

18.04.2013

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 20. Januar 2012, Az: 10 K 4168/10, Urteil

§ 122 Abs 2 Nr 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.04.2013, Az. X B 47/12 (REWIS RS 2013, 6517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6517

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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9 ME 142/18

L 2 U 140/13

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