Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2017, Az. 3 StR 344/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 1675

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:281117B3STR344.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 344/17
vom
28. November 2017
in der Strafsache
gegen

ali[X.]:

wegen gewerbs-
und bandenmäßigen Betruges
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führerin und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 28.
November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision der Angeklagten wird d[X.] Urteil des [X.] vom 21.
Februar 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a)
im Schuldspruch, soweit die Angeklagte in den Fällen [X.]c) und d) der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des Landgerichts zurückver-wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
D[X.] Landgericht
hat die Angeklagte
wegen gewerbs-
und bandenmäßi-gen Betruges in zwei Fällen, davon in einem Fall
in Tateinheit mit
Urkundenfäl-schung (Fälle [X.] der Urteilsgründe), wegen Körperverletzung in Tateinheit mit
Sachbeschädigung (Fall C.2. der Urteilsgründe) und wegen Verstoßes gegen die P[X.]spflicht in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt im [X.] (Fall C.1. der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs
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Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Angeklagte
mit ihrer auf die
Rüge der Verletzung materiellen Rechts und mehrere Verfahrensrügen gestütz-ten Revision. D[X.] Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschluss-formel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von §
349 Abs. 2 StPO.
I. Die Verfahrensrügen bleiben aus den in der Antragsschrift des Gene-ralbundesanwalts
dargelegten Gründen ohne Erfolg.
II. Während die Verurteilungen der Angeklagten wegen Körperverletzung in Tateinheit mit
Sachbeschädigung und wegen der Verstöße gegen d[X.] [X.] materiellrechtlich nicht zu beanstanden sind, hält der Schuld-spruch wegen gewerbs-
und
bandenmäßigen Betruges in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit
Urkundenfälschung, der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Nach den unter [X.] der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen schloss sich die Angeklagte mit zwei gesondert Verfolgten sowie weiteren nicht identifizierten, in [X.] aufhältigen Personen zusammen, um in einer [X.] Vielzahl von Fällen durch Manipulationen von Rechnungen und Zah-lungserinnerungen beziehungsweise durch Fälschung von Überweisungsträ-gern Gelder von Konten von Privatleuten und Unternehmen auf Zielkonten überweisen zu l[X.]sen, die von der Gruppierung zu diesem Zweck eingerichtet worden waren und die deren Zugriff unterlagen. Dabei kam der Angeklagten insbesondere die Aufgabe zu, d[X.] Geld, d[X.] von einem der gesondert Verfolg-ten von einem solchen Konto abgehoben wurde, an die Hinterleute in [X.] weiterzuleiten und für die Gruppenmitglieder zu sichern. In Ausführung dieses von den gesondert Verfolgten, der Angeklagten und den unbekannt gebliebe-2
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nen Mitgliedern gef[X.]sten Tatentschlusses kam es unter Beteiligung der Ange-klagten zu folgenden Taten:
a) Im Fall [X.]c) der Urteilsgründe ließ einer der gesondert Verfolgten ei-ne P[X.]sfälschung mit einem Lichtbild der Angeklagten anfertigen, d[X.] diese ihm überl[X.]sen hatte. Unter Verwendung der Falschpersonalien aus dem P[X.]s wurde "online" auf nicht bekanntem Wege ein Kreditkartenkonto eröffnet. Die für dieses Konto ausgegebene Kreditkarte holte die Angeklagte bei einer Postfi-liale ab, wobei sie im
Postidentverfahren eine Unterschrift leistete, die der im P[X.]s ähnelte. Die Kreditkarte sowie den P[X.]s übergab die Angeklagte einem In der Folge wurden mittels eines gefälschten Überweisungsträgers rund misslang, da die Fälschung zwischenzeitlich aufgefallen und die Rückbuchung veranl[X.]st worden war.
b) Im Fall [X.]d) der Urteilsgründe ließen die gesondert Verfolgten einen hierfür angeworbenen [X.] Staatsangehörigen ein [X.] errichten. Nachdem ein auf dieses Konto zunächst eingegangener Gutschriftbetrag von zurückgebucht worden war, veranl[X.]sten die unbekannten Hintermänner mit [X.] abzuheben. D[X.] Geld übergab er der Angeklagten zur Weiterleitung an die [X.] in [X.]. Diese benachrichtigte daraufhin ihren in [X.] lebenden Lebensgefährten, der in [X.] 4.000

n-gen, der dafür Fahrzeuge an den Lebensgefährten verkaufte.

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2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen zweifachen mit-täterschaftlich begangenen gewerbs-
und bandenmäßigen Betruges nicht.
a) Im Fall [X.]c) der Urteilsgründe belegen die Feststellungen
schon nicht, d[X.]s die Angeklagte sich als Mittäterin an dem Betrug zu L[X.]ten der überweisenden Firma beteiligt hat. Auch ergeben sie kein gewerbsmäßiges Handeln der Angeklagten.
aa) Bei Beteiligung mehrerer Personen an einer Straftat, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von §
25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat ein-fügt, d[X.]s er als Teil der Handlung der anderen Beteiligten und umgekehrt de-ren Handeln als Ergänzung des eigenen [X.] erscheint. Mittäterschaft [X.] dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am [X.] selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs-
oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus ei-nem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der [X.] sich [X.] als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maß-gebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so d[X.]s die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 17. Oktober 2002 -
3 [X.], [X.], 253, 254; Beschluss vom 2.
Juli 2008 -
1 [X.], [X.], 25, 26).
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Daran gemessen begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Bereits nach dem äußeren [X.] stellen sich die Tätigkeiten der Angeklagten als den [X.] der gesondert Verfolgten untergeordnete Unterstützungshandlungen dar. Diese erschöpften sich im Überl[X.]sen eines P[X.]sbildes, d[X.] der gesondert Verfolgte nutzte, eine P[X.]sfälschung zu veranl[X.]sen, sowie in der Abholung der Kredit-karte unter Vorlage
des gefälschten P[X.]ses, die die Angeklagte zusammen mit der [X.] einem der gesondert Verfolgten übergab, der nach Eingang der Über-weisungsgutschrift die Karte zur Abhebung verwenden wollte. D[X.]s die Ange-klagte
bei den eigentlichen Betrugshandlungen Tatherrschaft oder zumindest den Willen dazu gehabt hätte, wird aus diesen Handlungen auch unter Berück-sichtigung der gemeinsamen Tatplanung nicht erkennbar; denn auch die [X.] Tätigkeit der Angeklagten sollte allein im Transfer und der Sicherstellung er-langter Gelder liegen.
bb) [X.] handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 23. Juli 2015 -
3
StR 518/14, NStZ-RR 2015,
341, 343 mwN). Es genügt insoweit, d[X.]s die Taten mittelbar als Einnahmequelle dienen ([X.], Beschluss vom 29.
November 2016 -
3 [X.],
StraFo
2017, 122, 123 mwN).
Nach diesen Maßstäben ist ein gewerbsmäßiges Handeln der Angeklag-ten in diesem Fall durch die Feststellungen nicht belegt. Zwar kam es der [X.] danach bei Begehung dieser Tat darauf an, sich eine nicht nur
vorübergehende und nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu erschließen. Doch kann -
über diese formelhaften Ausführungen hinaus -
den Urteilsgründen -
auch in ihrem Gesamtzusammenhang -
nicht entnommen werden, ob und 10
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welche finanziellen Vorteile die Angeklagte für die Beteiligung an der Tat erwar-tete. In den Feststellungen wird lediglich angeführt, d[X.]s die Angeklagte "an der
Transaktion dadurch" partizipierte, "d[X.]s sie ... einen Geldanteil dafür erhielt, d[X.]s sie einen günstigeren Wechselkurs einräumte, als im normalen Bankver-kehr zu erlangen gewesen wäre, und sie den Geldtransfer wie beschrieben ver-schleierte". Dies ist zum
einen deswegen unverständlich, weil eine Abhebung der auf d[X.] [X.] überwiesenen Beträge gerade nicht möglich war, so d[X.]s auch kein wie auch immer gearteter "verschleierter" Geldtransfer nach [X.] stattfinden konnte. Zum anderen bleibt aber auch für sich genommen nicht nachvollziehbar, welchen finanziellen Vorteil die Angeklagte dadurch zu erzie-len trachtete, d[X.]s sie "einen günstigeren Wechselkurs einräumte". Soweit die [X.] im Rahmen der Strafzumessung ausführt, d[X.]s der Angeklagten ein "kleiner Teil der [X.] als Geldanteil einschließlich von Wechselkursge-winnen zufließen sollte", macht dies ebenfalls nicht verständlicher, welche nicht unerhebliche Einnahmequelle die Angeklagte sich durch ihre Beteiligung an den Taten der Gruppierung zu
erschließen erstrebte. Den bisherigen Feststellungen lässt sich daher ein gewerbsmäßiges Handeln der Angeklagten nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen.
b) Auch im Fall [X.]d) der Urteilsgründe kann die Verurteilung wegen mittäterschaftlichen Betruges keinen Bestand haben. Hier belegen die [X.] schon nicht, d[X.]s sich die Angeklagte an dem von den gesondert [X.] begangenen Betrug mit einem eigenen Tatbeitrag beteiligt hätte. Nach den Feststellungen wurde die Angeklagte erst tätig, nachdem einer der geson-dert Verfolgten von dem aufgrund betrügerischer Machenschaften gutgeschrie-e-bung des Geldes war der Betrug aber nicht nur vollendet (vgl. hierzu [X.], [X.] vom 19. April 2016 -
3 [X.], [X.], 442), sondern auch -
da die [X.] damit endgültig gesichert war -
beendet. Nach Beendigung der Tat 13
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kommt jedoch auch eine sukzessive Mittäterschaft nicht mehr in Betracht
(st. Rspr.; vgl. zuletzt [X.], Beschluss vom 7. März 2017 -
3 [X.],
NStZ-RR
2017, 134, 135). Denkbar wäre daher nach den bisherigen [X.] allenfalls, d[X.]s die Angeklagte
Beihilfe zum Betrug beging, indem sie andere Tatbeteiligte durch d[X.] Versprechen der Weiterleitung der Beute
psychisch in ihrem Entschluss bestärkte, w[X.] aber im Einzelnen konkret belegt werden müsste. Zum anderen wären Anschlussdelikte nach §§ 257, 259 ff., 261 StGB in Betracht zu ziehen.
Nach alledem kann die Verurteilung wegen zweifachen banden-
und ge-werbsmäßigen Betruges keinen Bestand haben. Der Wegfall der für diese Ta-ten verhängten Einzelstrafen
entzieht auch dem [X.] die Grundlage.
Die Sache bedarf daher in diesem Umfang erneuter Verhandlung und Entscheidung.

[X.] Schäfer Spaniol

Berg Hoch
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Meta

3 StR 344/17

28.11.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2017, Az. 3 StR 344/17 (REWIS RS 2017, 1675)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1675

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