Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.06.2017, Az. 30 W (pat) 43/16

30. Senat | REWIS RS 2017, 9238

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "TISIBA" – verspätete Einlegung der Erinnerung gegen den Beschluss des Rechtspflegers – Unzulässigkeit – zur Kostenentscheidung im Erinnerungsverfahren - Billigkeitsentscheidung – maßgeblich ist der Löschungsbeschluss der Markenabteilung - Löschung der Marke wegen Bösgläubigkeit – der Wert des Gegenstands des Erinnerungsverfahrens richtet sich nach dem Wert des Löschungsverfahrens


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2012 020 675 - [X.]/14 Lösch

(hier: Erinnerung gemäß § 23 Abs. 2 RPflG)

hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] in der Sitzung vom 22. Juni 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, des [X.] [X.] sowie des [X.] Dr. Meiser

beschlossen:

Die Erinnerung der Markeninhaberin gegen den Beschluss des [X.] vom 12. Oktober 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des [X.] trägt die Markeninhaberin.

Der Wert des [X.] beträgt 50.000,- Euro

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin hat beim [X.] am 21 März 2014 die Löschung der für die Markeninhaberin seit dem 6. Juni 2012 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 11 und 37 eingetragenen Marke 30 2012 020 675

Abbildung

2

mit der Begründung beantragt, die Markeninhaberin sei bei der Anmeldung der Marke [X.] gewesen (§§ 54 Abs. 1, 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]). Die Markeninhaberin hat der Löschung widersprochen (§ 54 Abs. 2 S. 2 [X.]).

3

Die Markenabteilung 3.4. des [X.]s hat mit [X.]uss vom 16. Februar 2016 die Marke wegen Bösgläubigkeit gelöscht und der Antragsgegnerin ferner die Kosten des Verfahrens auferlegt.

4

Gegen den [X.]uss der Markenabteilung, der den seinerzeitigen Vertretern am 19. März 2016 zugestellt worden ist, hat die Markeninhaberin mit einem am 14. April 2016 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz „Widerspruch“ eingelegt. Die [X.] ist ausweislich eines von der Antragstellerin vorgelegten [X.] am 21. April 2016 von einem Konto bei der [X.] abgebucht und am selben Tag auf dem Konto der Bundeskasse eingegangen und gutgeschrieben worden.

5

Der Rechtspfleger hat mit [X.]uss vom 12. Oktober 2016 festgestellt, dass die Beschwerde gegen den [X.]uss der Markenabteilung 3.4. des [X.]s vom 16. Februar 2016 als nicht eingelegt gilt. Der [X.]uss wurde der Markeninhaberin ausweislich der [X.] am 25. Oktober 2016 durch Übergabe zugestellt.

6

Dieser [X.]uss hatte eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, in welcher u. a. wörtlich folgendes ausgeführt ist:

7

„Gegen diese Entscheidung ist der Rechtsbehelf der Erinnerung für jede Person zulässig, die durch diese Entscheidung beschwert ist.

8

Die Erinnerung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim [X.], [X.] 64, 81549 [X.] einzulegen. Die Erinnerungsfrist ist nur dann gewahrt, wenn die Erinnerung innerhalb der Frist beim [X.] eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden. Die Erklärung über die Erinnerung kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Erinnerungsfrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig beim [X.] eingeht.

9

…..“

Gegen diesen [X.]uss hat die Markeninhaberin mit einem an das [X.] adressierten, jedoch beim [X.] per Fax am 9. November 2016 eingegangenen Schreiben, welches als Datum den 7. November 2016 ausweist, Erinnerung eingelegt, mit der sie zu der verspäteten Zahlung der [X.] vorgetragen hat, dass sie durch die Kanzlei [X.] nicht in Kenntnis gesetzt worden sei, dass Herr [X.] weder den beauftragten Widerspruch eingelegt noch die Gebühr gezahlt habe.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin hat beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, sich zum vorliegenden Beschwerde- und Erinnerungsverfahren inhaltlich jedoch nicht geäußert.

Mit Schriftsatz vom 23. November 2016 hat die Antragstellerin weiterhin beantragt, die Kosten des Verfahrens der Markeninhaberin und Beschwerdeführerin aufzuerlegen sowie den Gegenstandswert auf 50.000,- Euro festzusetzen.

Die Markeninhaberin hat sich dazu nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Erinnerung ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der nach § 23 Abs. 2 Satz 2 RPflG vorgeschriebenen Rechtsbehelfsfrist von zwei Wochen eingelegt worden ist.

Ausweislich der [X.] ist der Markeninhaberin der angefochtene [X.]uss des [X.] am Dienstag, den 25. Oktober 2016 gemäß § 177 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] zugestellt worden Die zweiwöchige Frist endete damit gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. §§ 222 Abs. 1 ZPO 188 Abs. 2, 1. Altern. [X.] mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, in den das für den Fristbeginn maßgebende Ereignis (hier: die Zustellung) fällt. Dieser Tag war Dienstag, der 8. November 2016. Die Erinnerung ist ausweislich der [X.] am 9. November 2016 gegen 15.40 Uhr und damit außerhalb der Rechtsbehelfsfrist eingegangen. Unerheblich ist das auf dem Datum der [X.] ausgewiesene Datum 7. November 2016. Maßgebend ist allein der Eingang beim [X.]. Damit ist die Erinnerung als unzulässig zu verwerfen.

[X.]

Die Kosten des [X.] sind gemäß § 71 Abs. 1, 4 [X.] der Markeninhaberin aufzuerlegen. Zwar kann bei der Feststellung der nach § 6 Abs. 2 PatKostG eintretenden Rechtsfolge (durch den Rechtspfleger) selbst mangels gesetzlicher Grundlage keine Kostenentscheidung erfolgen ([X.]E 45, 201 - Kosten bei [X.]). Dies gilt aber nicht für eine gegen diese Feststellung gerichtete befristete Rechtspflegererinnerung, bei der eine Kostenentscheidung entsprechend § 71 [X.] ergehen kann ([X.]E 40,144,146 – DIESEL; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 66 Rdnr. 53).

Für die danach erforderliche Billigkeitsentscheidung ist nicht maßgebend, ob die Erinnerung gegen den (deklaratorischen) [X.]uss des [X.] vom 12. Oktober 2016 z. B als „mutwillig“ o. ä. anzusehen ist; maßgeblich ist vielmehr, dass durch den angefochtenen [X.]uss der Markenabteilung vom 16. Februar 2016, welcher auch den Gegenstand des [X.] bestimmt, die Löschung der Marke wegen Bösgläubigkeit angeordnet worden ist.

bestandskräftig geworden ist.

IV.

Der Antrag der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin, den Gegenstandswert für das [X.] festzusetzen, ist nach § 33 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 RVG mit der Maßgabe zulässig, dass es mangels Anhängigkeit einer Beschwerde (§ 6 Abs. 2 PatKostG) um die Festsetzung des Werts für das vorliegende Erinnerungsverfahren geht. Dieser Wert bestimmt sich nach § 23 Abs. 2 Satz 3 und 1 i. V. m, Abs. 3 Satz. 2 RVG und ist, da in den markenrechtlichen Verfahren vor dem [X.] für die Anwaltsgebühren keine speziellen Wertvorschriften existieren, nach billigem Ermessen zu bestimmen.

Da Gegenstand des [X.] - wie bereits erwähnt - die Frage war, ob die Markeninhaberin wirksam Beschwerde gegen den die Löschung der Marke wegen Bösgläubigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] anordnenden [X.]uss der Markenabteilung vom 16. Februar 2016 eingelegt hat, bemisst sich auch der Gegenstandswert des [X.] nach dem entsprechenden Wert des Löschungsverfahrens. Für dieses ist das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner Marke maßgeblich, welches vom [X.] regelmäßig mit 50.000 Euro bemessen wird (vgl. [X.], [X.]. v. 16. März 2006 – I ZB 48/05, GRUR 2006, 704 – Markenwert; [X.]. v. 30. Juli 2015 – I ZB 61/13 veröffentlicht in juris.). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung der Mehrheit der Senate des [X.] (30 W (pat 1/14 - [X.]; 27 W (pat) 57/07 – [X.]; 27 W (pat) 103/12 – jugend forscht Schüler experimentieren; 28 W (pat) 58/12 - Lactec; 29 W (pat) 39/09 – [X.]; 29 W (pat) 15/10 – Wasserkraft; 24 W (pat) 20/07 – [X.]; 24 W (pat) 45/12 - [X.]; 26 W (pat) 128/03 – Dual Mode; 26 W (pat) 2/10 – ErblühTee; 26 W (pat) 47/12, 26 W (pat) 50/14 - Ismaqua).

Der Gegenstandswert für das vorliegende Erinnerungsverfahren ist daher nach § 33 Abs. 1, § 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 RVG auf

50.000,-- Euro

festzusetzen.

V.

Einer gesonderten Anordnung der Rückzahlung der [X.] bedarf es nicht, da diese von Amts wegen zurückgezahlt wird (vgl. [X.]/Hacker, § 71 Rdnr. 41).

Meta

30 W (pat) 43/16

22.06.2017

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.06.2017, Az. 30 W (pat) 43/16 (REWIS RS 2017, 9238)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9238

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

29 W (pat) 44/18 (Bundespatentgericht)


28 W (pat) 54/18 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "AUTOteam (Wort-Bildmarke)" – zur Zulässigkeit des Kostenauferlegungsantrags – zur fristgerechten Einlegung …


26 W (pat) 47/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – zur Festsetzung des Gegenstandswertes im Löschungsverfahren wegen Bösgläubigkeit bei der Markenanmeldung – zum …


I ZB 54/07 (Bundesgerichtshof)


26 W (pat) 59/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – zu Zulässigkeit der Beschwerde – Eingang der Beschwerde beim BPatG – unterbliebene Weiterleitung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZB 48/05

I ZB 61/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.