Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2009, Az. XII ZB 46/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 402

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[X.][X.]/09
vom 25. November 2009 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 1360 a Abs. 4 Für einen Anspruch auf Zugewinnausgleich besteht ein Prozesskostenvor-schussanspruch gegen den neuen Ehegatten. [X.], Beschluss vom 25. November 2009 - [X.]/09 - [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 25. November 2009 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Schilling beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] vom 25. Februar 2009 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Gründe: [X.] Die Antragstellerin beantragt Prozesskostenhilfe für einen Rechtsstreit auf Zugewinnausgleich gegen ihren früheren Ehemann. Das [X.] hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Beschwerde der Antrag-stellerin ist erfolglos geblieben. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Antragstellerin nicht bedürftig sei, weil ihr ein [X.] auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gegen ihren neuen [X.] zustehe. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin. 1 - 3 - I[X.] 2 Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.], 1852 f.; [X.] Beschluss vom 22. Oktober 2009 - 18 UF 233/09 - veröffentlicht bei Juris; [X.] Beschluss vom 21. Oktober 2009 - 2 [X.]/09 - veröf-fentlicht bei Juris und OLG Dresden Beschluss vom 20. Oktober 2009 - 3 W 1077/09 - veröffentlicht bei Juris). Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, weil die Antragstellerin nicht bedürf-tig i.S. des § 114 ZPO ist. 3 1. § 1360 a Abs. 4 [X.] gewährt einem Ehegatten, der nicht in der Lage ist, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegen-heit betrifft, einen Anspruch auf Vorschuss gegen den anderen Ehegatten, so-weit dies der Billigkeit entspricht. Ob diese Vorschusspflicht auch den neuen Ehegatten trifft, wenn sein Partner einen Rechtsstreit gegen den alten [X.] führt, ist streitig. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wird die Vorschusspflicht des neuen Ehegatten teils bejaht ([X.] FamRZ 1983, 588; [X.] FamRZ 1986, 466), teils verneint ([X.] FamRZ 1986, 697; [X.] FamRZ 1984, 388; [X.] FamRZ 1989, 277). Die Literatur spricht sich überwiegend gegen eine Vorschusspflicht aus ([X.]/[X.], Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 7. Aufl., § 6 [X.]. 28; [X.]/[X.], [X.] (2007), § 1360 a [X.]. 69; MünchKomm[X.]/[X.], 4. Aufl., § 1360 a [X.]. 28; [X.]/[X.], Unter-haltsrecht, 9. Aufl. [X.]. 2633; [X.]/Heckelmann, [X.], 11. Aufl., § 1360 a [X.]. 20; a.[X.], Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Teil IV [X.]. 72). Die Befürworter einer Vorschusspflicht betonen, eine persönliche [X.] - 4 - gelegenheit bleibe eine solche auch, wenn der betroffene Ehegatte wieder hei-rate ([X.] aaO; [X.] aaO). Die Gegner argumentieren zum Teil dahin, der Anspruch auf Zugewinnausgleich habe seine Wurzeln in der ehelichen Lebensgemeinschaft. Wenn die Ehe rechtskräftig geschieden sei, ende diese enge Verknüpfung. Ausgleichsansprüche seien dann nicht mehr eingebettet in familienrechtliche Beziehungen, sondern stellten sich letztlich als gewöhnliche Zahlungsansprüche dar ([X.] aaO; [X.]). Zum Teil wird darauf hingewiesen, der neue Ehegatte sei deshalb nicht vor-schusspflichtig, weil der Anspruch seine Wurzeln nicht in der neuen Ehe habe ([X.] aaO; [X.]/[X.] aaO; [X.]/[X.] aaO). Andere begründen ihre ablehnende Auffassung damit, dem neuen Ehepartner sei es nicht zumutbar, Altlasten des Partners aus dessen früherer Ehe zu finanzieren (Knops, NJW 1993, 1237, 1240). Nach einer weiteren Auffassung ([X.], Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen, 3. Aufl. [X.]. 49 ff.) kann es - im Einzelfall - unbillig sein, den zweiten Ehegatten mit den Kosten eines [X.] zu belasten, in dem um vermögensrechtliche Ansprüche gegen den [X.] Ehegatten gestritten wird. [X.]/[X.] (aaO) halten es für [X.], in solchen Fällen aus Gründen der Billigkeit eine Begrenzung der [X.] in Betracht zu ziehen, weil es für den neuen Ehegatten unzumut-bar sein kann, einen Rechtsstreit aus der geschiedenen Ehe seines Partners finanzieren zu müssen. a) Die Auslegung des Begriffs "persönliche Angelegenheit" bereitet seit jeher Schwierigkeiten. Weder in Literatur noch in Rechtsprechung wurde bisher eine allgemein anerkannte Definition gefunden ([X.]/[X.] aaO; [X.] aaO). Die Praxis behilft sich daher mit Fallgruppen ([X.]/[X.], [X.], 68. Aufl., § 1360 a [X.]. 14; [X.] aaO). Besondere Probleme bereitet die Ein-ordnung vermögensrechtlicher Ansprüche. 5 - 5 - Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.] 31, 384; 41, 184) ist die Unterscheidung zwischen vermögensrechtlichen und nicht vermö-gensrechtlichen Ansprüchen nicht maßgeblich. Neben den die Person berüh-renden nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten (wie Vormundschafts-, Pflegschafts-, Betreuungs-, Unterbringungs- und Strafsachen) können auch auf vermögensrechtliche Leistungen gerichtete Ansprüche zu den persönlichen An-gelegenheiten eines Ehegatten gehören, insbesondere dann, wenn sie ihre Wurzeln in der Lebensgemeinschaft der Ehegatten haben, die auch die wirt-schaftliche Existenz der Ehegatten umgreife. Das Recht, an dem wirtschaftli-chen Ergebnis der gemeinsamen Tätigkeit in der Ehe beteiligt zu werden, zähle deshalb zu seinen persönlichen Angelegenheiten. Davon geht, worauf das Be-schwerdegericht zu Recht hinweist, auch der Gesetzgeber aus, wenn er in § 621 f ZPO a.F. i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO a.F. (vgl. jetzt § 246 Abs. 1 FamFG) die Möglichkeit vorsieht, einen Kostenvorschuss durch einstweilige Anordnung anzuordnen. Einigkeit besteht aber, dass die Verfahren, die nur dem allgemeinen wirtschaftlichen Interesse eines Ehegatten dienen, nicht zu den persönlichen Angelegenheiten zählen. Die Geltendmachung erbrechtlicher [X.], gesellschaftsrechtlicher Ansprüche sowie von Ansprüchen auf [X.] von Provision wurde deshalb von der Rechtsprechung nicht als persönli-che Angelegenheiten angesehen (Nachweise bei [X.]/[X.] und [X.] aaO [X.]. 51). Bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Dritten ist eine persönliche Angelegenheit nur dann zu bejahen, wenn der Rechtsstreit eine genügend enge Verbindung zur Person des betroffenen Ehegatten aufweist, eine personenbezogene Funktion ([X.] aaO [X.]. 50) hat. Für [X.] über Schadensersatzansprüche nach §§ 844 Abs. 2 [X.], 10 Abs. 2 StVG und sozialgerichtliche Verfahren, die die Zahlung einer Rente wegen [X.] und Erwerbsunfähigkeit oder die Altersrente betreffen, ist die [X.] deshalb von persönlichen Angelegenheiten ausgegangen (Nachweise 6 - 6 - bei [X.]/[X.] und [X.] aaO). Eine allgemein gültige begriffliche Formel, wann ein Rechtsstreit eine genügend enge Verbindung zur Person des betrof-fenen Ehegatten hat, wurde aber nicht gefunden. 7 b) Nach diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht den Anspruch auf Zugewinnausgleich, weil aus der Ehe herrührend, zutreffend als persönliche Angelegenheit des Ehegatten i.S. des § 1360 a Abs. 4 [X.] angesehen. [X.] ist das Gericht auch davon ausgegangen, dass diese Einordnung nicht mit der Wiederverheiratung der Antragstellerin weggefallen ist. Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass ein Anspruch, der bei seiner Entstehung als per-sönliche Angelegenheit einzuordnen ist, diese Eigenschaft nicht durch eine neue Eheschließung des [X.] verliert. Ein Anspruch auf [X.] gegen den neuen Ehepartner wäre deshalb nur abzuleh-nen, wenn § 1360 a Abs. 4 [X.] verlangen würde, dass der Anspruch seine Wurzel in der persönlichen Beziehung zum neuen Partner hat. Eine dahinge-hende Auslegung ist aber abzulehnen. aa) Wie dargelegt ist § 1360 a Abs. 4 [X.] zwar unklar, soweit es um den Begriff der persönlichen Angelegenheit geht. Hinsichtlich der Adressaten lässt der Wortlaut aber keinen Zweifel offen. Der Anspruch auf Prozesskosten-vorschuss richtet sich gegen den "anderen Ehegatten", d.h. den jeweiligen [X.] zum Zeitpunkt der Geltendmachung oder der Abwehr eines [X.]s. Der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den früheren [X.] erlischt mit Rechtskraft der Scheidung. Darüber besteht weitgehend Ei-nigkeit (Senatsurteil vom 9. November 1983 - [X.] - FamRZ 1984, 148 f.; a.A. MünchKomm/[X.] aaO). 8 [X.]) Sinn und Zweck der Regelung verlangen keine vom Wortlaut abwei-chende Auslegung. Es gibt weder Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber 9 - 7 - den neuen Ehepartner nicht als Schuldner eines Anspruchs auf Prozesskosten-vorschuss gewollt hat, noch gebieten dies Gerechtigkeits- und Zweckmäßig-keitserwägungen (zu den Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion Pa-landt/[X.] aaO, Einl. [X.]. 46). 10 (1) Die Auffassung, vermögensrechtliche Ansprüche müssten ihre [X.] in der ehelichen Lebensgemeinschaft oder in den aus der Ehe [X.] persönlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen haben, Unterhalts- oder Zugewinnausgleichsansprüche aus einer früheren Ehe seien vom jetzigen [X.] nicht zu finanzieren, weil ihnen die Beziehung zur gemeinsamen [X.] in der jetzigen Ehe fehle, findet im Gesetz keine Stütze. § 1360 a Abs. 4 [X.] verlangt lediglich eine persönliche Angelegenheit. Dass sie ihre Wurzel im Verhältnis zum neuen Ehepartner haben muss, ist nicht ersichtlich. Die Rechtsbeschwerde kann sich für die von ihr geforderte Auslegung insoweit auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des [X.] berufen. Zwar hat der [X.] ([X.] 31, 384; Urteil vom 24. Juli 2003 - [X.] 539/02 - NJW 2003, 2910, 2912) ausgeführt, dass zu den persönlichen Angelegenheiten eines Ehegatten i.S. des § 1360 a Abs. 4 [X.] diejenigen auf vermögenswerte Leistungen gerichteten Ansprüche gehören, die ihre Wurzeln in der Lebensgemeinschaft der Ehegatten haben. Dass die Angelegenheiten zusätzlich ihre Wurzeln in der neuen Ehe haben müssen, um den neuen [X.] prozesskostenvorschusspflichtig werden zu lassen, kann den Entscheidun-gen des [X.] aber nicht entnommen werden. (2) Auch die Argumentation, dem neuen Ehepartner sei nicht zumutbar, Rechtsstreitigkeiten seines Partners gegen den früheren Ehegatten zu finanzie-ren, vermag nicht zu überzeugen. Der Anspruch auf Gewährung eines [X.]es ist unterhaltsrechtlicher Natur ([X.]/[X.] aaO, § 1360 a [X.]. 7). Wortlaut und Sinnzusammenhang sprechen dafür, die 11 - 8 - Prozesskostenvorschusspflicht als eine Unterstützungspflicht des leistungsfähi-gen Ehegatten anzusehen, die ihre innere Rechtfertigung in der gegenseitigen personalen Verantwortung aus der ehelichen Lebensgemeinschaft findet und der allgemeinen unterhaltsrechtlichen Pflicht zum finanziellen Beistand am Nächsten kommt. Der leistungsfähige Ehegatte soll den wirtschaftlich schwa-chen bei der Durchsetzung seiner persönlichen Ansprüche unterstützen. Die erfolgreiche Durchsetzung eines berechtigten oder die Abwehr eines unberech-tigten Anspruchs berührt die finanzielle Basis der neuen Ehe und kommt damit auch dem neuen Partner zugute. Im Regelfall ist deshalb die Finanzierung ei-nes solchen Rechtsstreits für ihn nicht von vorneherein unzumutbar. Soweit die Finanzierung im Einzelfall unzumutbar sein sollte - etwa wenn aus sachfremden Erwägungen prozessiert wird - kann dem mit dem Tatbestandsmerkmal der Bil-ligkeit Rechnung getragen werden. Eine generelle Auslegung gegen den [X.] ist nicht geboten. (3) Schließlich widerspräche eine einschränkende Auslegung dem Grundsatz, dass Familiensolidarität staatlicher Fürsorge vorgeht (vgl. Pa-landt/[X.] aaO [X.]. 14). Eine Auslegung, die dazu führt, dass - entgegen dem Wortlaut des Gesetzes - nicht der leistungsfähige (neue) [X.], sondern die staatliche Gemeinschaft in Form der Prozesskostenhilfe einen Rechtsstreit finanzieren muss, ist abzulehnen. 12 - 9 - 2. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden. Anhaltspunkte dafür, dass dem neuen Ehepartner der Antragstellerin die Finanzierung des beabsich-tigten Rechtsstreits wegen besonderer Umstände unzumutbar sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 13 Hahne [X.] Vézina [X.] Schilling Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 11.02.2009 - 2 F 814/08 [X.] - [X.]/Main, Entscheidung vom 25.02.2009 - 1 WF 44/09 -

Meta

XII ZB 46/09

25.11.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2009, Az. XII ZB 46/09 (REWIS RS 2009, 402)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 402

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