Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.10.2016, Az. 1 WB 14/16

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2016, 3298

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Gegenstand

Heimatnahe Versetzung; Bestimmtheit des Antrags


Tatbestand

1

[X.]er [X.]ntragsteller begehrt seine Versetzung vom Standort [X.] an die Standorte [X.] oder [X.]

2

[X.]er ... geborene [X.]ntragsteller ist Soldat auf Zeit; seine derzeit auf 12 Jahre festgesetzte [X.]ienstzeit endet mit [X.]blauf des ... Zuletzt wurde er am ... zum Kapitänleutnant befördert. Er verfügt über den [X.] für U-[X.]oote. Nach Verwendungen als Wachoffizier in der U-[X.]oot-Klasse ... und als ...dienstoffizier ... in der U-[X.]oot-Klasse ... in [X.] ist er seit ... im ...zentrum ... in [X.] auf einem [X.]ienstposten als ...dienstoffizier/...eingesetzt.

3

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 beantragte der [X.]ntragsteller beim [X.]undesamt für das Personalmanagement der [X.]undeswehr (im Folgenden: [X.]undesamt für das Personalmanagement) seine heimatnahe Versetzung in den Raum [X.] Zur [X.]egründung führte er aus, dass er seit Juli 2013 im ...Geschwader [X.]ienst leiste, sein Lebensmittelpunkt jedoch im Raum [X.] liege, wo er seit fünf Jahren mit seiner Lebensgefährtin eine Wohnung habe. Seit acht Jahren pendele er zwischen seinem jeweiligen [X.]ienstort und [X.] Von Mai 2014 bis Mai 2015 habe er 220 Tage auf See absolviert. 2015 habe er nur 23 Wochenenden im Raum [X.] verbringen können. [X.]ufgrund der neuen [X.]rbeitszeitverordnung müsse er ab Januar 2016 die [X.] in der Kaserne räumen. Für ihn seien zwei Wohnungen in [X.] und in [X.] nicht finanzierbar. [X.]ie [X.]uftragslage in seinem Geschwader sei unübersichtlich, weshalb Urlaube nicht langfristig geplant werden könnten. [X.]uch sei es für ihn wichtiger geworden, für seinen herzkranken Vater erreichbar zu sein. Wenn er heimatnah verwendet werde, werde sich diese Gesamtbelastung entschärfen. Er könne sich Verwendungen im Einsatzführungskommando der [X.]undeswehr, im [X.]undesministerium der Verteidigung oder im Planungsamt der [X.]undeswehr vorstellen.

4

In seiner Stellungnahme vom 28. Oktober 2015 befürwortete der nächste [X.]isziplinarvorgesetzte des [X.]ntragstellers das [X.] nicht. Er führte aus, die Planung für das nächste Jahr sehe vor, dass kein Soldat mehr als 120 [X.]bwesenheitstage haben solle. Um dieses Ziel für alle Soldaten zu erreichen, könne auf einen Offizier mit der [X.]usbildung und Erfahrung des [X.]ntragstellers nicht verzichtet werden. Um den [X.]ntragsteller von der Seefahrt zu entlasten, sei eine Verwendung im ...zentrum ... in [X.] vorstellbar. Für eine Verwendung in den von ihm vorgeschlagenen [X.]ienststellen sei die berufliche Entwicklung des [X.]ntragstellers noch nicht weit genug vorangeschritten.

5

Mit [X.]escheid vom 3. November 2015 lehnte das [X.]undesamt für das Personalmanagement den [X.] ab. Zur [X.]egründung legte es dar, dass auf den [X.]ntragsteller mit seiner [X.]usbildung und Erfahrung derzeit nicht verzichtet werden könne. Für das [X.] sei geplant, die [X.]bwesenheitstage von Soldaten des [X.]s auf 120 zu reduzieren. Unabhängig davon plane die Personalführung, den [X.]ntragsteller ab 1. Juli 2016 entweder im ...zentrum ... in [X.] oder im ... in [X.] zu verwenden, um einerseits die Expertise des [X.]ntragstellers gewinnbringend einzusetzen und ihn andererseits auf diese Weise von der Seefahrt zu entlasten. Eine neue Prüfung des Versetzungsanliegens sei frühestens in zwei Jahren möglich.

6

[X.]iese Planung wurde dem [X.]ntragsteller auch in einem Personalgespräch am 3. November 2015 bekanntgegeben. Er erklärte, dass er sich für den [X.]ienstposten im ...zentrum ... ab 1. Juli 2016 entscheide. Mit der aufgezeichneten Planung sei er grundsätzlich einverstanden.

7

Unabhängig davon legte der [X.]ntragsteller mit Schreiben vom 17. November 2015 gegen den [X.]escheid vom 3. November 2015 [X.]eschwerde ein. Zur [X.]egründung wiederholte er sein bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, dass sich aus der Planung, ihn zum ...zentrum ... zu versetzen, ergebe, dass er im [X.] in [X.] nicht unverzichtbar sei. Schon hieraus lasse sich ableiten, dass der [X.]ienstherr nur Interesse an seiner Verwendung am derzeitigen Standort habe. [X.]ei der Ermessensausübung seien die Fürsorgepflicht sowie seine persönlichen und familiären Interessen nicht angemessen berücksichtigt worden. Insbesondere lasse die [X.]blehnungsentscheidung keine hinreichende [X.]useinandersetzung mit dem Erlass "Vereinbarkeit von Familie und [X.]ienst in den [X.]" erkennen.

8

Mit Schreiben vom 16. Februar 2016 sprach sich auch der nächsthöhere Vorgesetzte des [X.]ntragstellers gegen dessen [X.] aus.

9

Mit [X.]eschwerdebescheid vom 1. März 2016 wies das [X.]undesministerium der Verteidigung - [X.] 2 - die [X.]eschwerde als unzulässig zurück. Es führte aus, dass der [X.]ntragsteller sein [X.] nicht hinreichend konkretisiert habe. Er habe lediglich eine "heimatnahe Versetzung" beantragt; diesem [X.]nliegen fehle die erforderliche inhaltliche [X.]estimmtheit. Zwar habe er in seinem [X.] einzelne [X.]ienststellen wie das [X.]undesministerium der Verteidigung, das Einsatzführungskommando der [X.]undeswehr und das Planungsamt der [X.]undeswehr benannt, jedoch keine konkreten [X.]ienstposten bezeichnet. In dem allein in [X.]etracht kommenden Referat ... des Planungsamts der [X.]undeswehr stehe im Übrigen kein [X.]ienstposten für einen Oberleutnant oder Kapitänleutnant zur Verfügung.

Gegen diese ihm am 8. März 2016 eröffnete Entscheidung hat der [X.]ntragsteller mit Schreiben seiner [X.]evollmächtigten vom 4. [X.]pril 2016 die Entscheidung des [X.]undesverwaltungsgerichts beantragt. [X.]en [X.]ntrag hat das [X.]undesministerium der Verteidigung - [X.] 2 - mit seiner Stellungnahme vom 14. [X.]pril 2016 dem Senat vorgelegt.

Zur [X.]egründung seines [X.]s wiederholt und vertieft der [X.]ntragsteller sein [X.]eschwerdevorbringen. [X.]ußerdem teilt er mit, dass er nunmehr drei [X.]ienstposten - Einsatzoffizier Streitkräfte im Planungsamt der [X.]undeswehr (...), Militärisches Nachrichtenwesen-Offizier Streitkräfte [X.]earbeiter Militärische Sicherheit im Kommando Territoriale [X.]ufgaben der [X.]undeswehr (...) und Einsatzoffizier Streitkräfte im Kommando Territoriale [X.]ufgaben der [X.]undeswehr (...) - recherchiert und sich hierauf beworben habe. Gemäß § 45 [X.]bs. 1 Nr. 1 und [X.]bs. 2 VwVfG habe er damit rechtzeitig hinreichend bestimmte [X.]ienstposten im Raum [X.] bezeichnet.

[X.]er [X.]ntragsteller beantragt,

den [X.]escheid des [X.]undesamts für das Personalmanagement der [X.]undeswehr vom 3. November 2015 in Gestalt des [X.]eschwerdebescheids des [X.]undesministeriums der Verteidigung vom 1. März 2016 aufzuheben und das [X.]undesamt für das Personalmanagement der [X.]undeswehr zu verpflichten, seinem [X.]ntrag zu entsprechen,

hilfsweise,

das [X.]undesamt für das Personalmanagement der [X.]undeswehr zu verpflichten, über den [X.]ntrag unter [X.]eachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

[X.]as [X.]undesministerium der Verteidigung beantragt,

den [X.]ntrag zurückzuweisen.

Es bezieht sich auf seinen [X.]eschwerdebescheid und trägt ergänzend vor, der [X.]ntrag auf gerichtliche Entscheidung sei auch in der Sache unbegründet. [X.]er [X.]ntragsteller habe keine schwerwiegenden persönlichen Gründe im Sinne des Zentralerlasses [X.]-1300/46 "Versetzung, [X.]ienstpostenwechsel, Kommandierung" dargelegt. [X.]ie Wegversetzung lasse sich zudem nicht mit dienstlichen [X.]elangen in Einklang bringen, weil die Expertise des [X.]ntragstellers auch zukünftig zumindest im ...zentrum ... benötigt werde. [X.]en familiären [X.]elangen des [X.]ntragstellers sei, soweit möglich, durch die Versetzung in das ...zentrum ... Rechnung getragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der [X.]kten [X.]ezug genommen. [X.]ie [X.]eschwerdeakte des [X.]undesministeriums der Verteidigung - [X.] 2 - [X.]z.: 306/16 - und die Personalgrundakte des [X.]ntragstellers haben dem Senat bei der [X.]eratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist insgesamt - im Haupt- und im Hilfsantrag - unzulässig.

Der Antragsteller hat das von ihm verfolgte Begehren auf "[X.] Versetzung in den Raum [X.]" nicht hinreichend konkretisiert. Seinem Antrag fehlt die erforderliche Bestimmtheit; er ist deshalb unzulässig.

Versetzungen erfolgen dienstpostenbezogen und nicht nur standortbezogen. Die gerichtliche Kontrolle, ob das [X.] oder die zuständige personalbearbeitende Stelle bei der Ablehnung einer beantragten Versetzung rechtmäßig gehandelt haben, ist nur möglich, wenn ein bestimmter Dienstposten konkret bezeichnet wird. Nur bei einer Konkretisierung des angestrebten Dienstpostens kann das Wehrdienstgericht insbesondere das jeweils in Betracht kommende dienstliche Bedürfnis oder die in Frage stehenden dienstlichen Belange überprüfen und ggf. Konkurrenzverhältnisse am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 [X.] beurteilen. Aufgabe der [X.] ist es - auch unter dem Blickwinkel des Grundsatzes der Gewaltenteilung und des der Personalführung regelmäßig zustehenden [X.] -, die Rechtmäßigkeit getroffener Personalmaßnahmen zu überprüfen, nicht jedoch selbst originäre (Personal-)Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Der Senat verlangt deshalb bei streitigen Versetzungsanträgen in ständiger Rechtsprechung, dass der Antragsteller spätestens im Beschwerdeverfahren konkrete Dienstposten bezeichnen muss, auf die er versetzt werden möchte (vgl. z.B. [X.], Beschlüsse vom 24. Februar 2005 - 1 [X.] 65.04 -, vom 13. Dezember 2011 - 1 [X.] 43.11 - juris Rn. 18 und vom 27. August 2015 - 1 [X.] 59.14, 1 [X.] 61.14 - juris Rn. 24, jeweils m.w.N.).

Die vom Antragsteller mit seinem [X.] und der Beschwerde begehrte "[X.] Versetzung in den Raum [X.]" wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Erklärung des Antragstellers, dass für ihn beispielsweise Verwendungen im Einsatzführungskommando der [X.], im [X.] oder im Planungsamt der [X.] vorstellbar seien. Angesichts der Größe dieser Dienststellen lässt sich auch im [X.] nicht ermitteln, welcher konkrete Dienstposten Gegenstand des Versetzungsbegehrens sein soll.

Soweit der Antragsteller erstmals mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung drei Dienstposten - einer im Planungsamt der [X.] und zwei beim Kommando Territoriale Aufgaben der [X.] - bezeichnet hat, auf die er sich nunmehr beworben habe, ist diese Konkretisierung für das vorliegende gerichtliche Verfahren verspätet. Dem Antragsteller ist es unbenommen, in dem Falle, dass seine diesbezüglichen Versetzungsanträge abgelehnt werden, hiergegen jeweils Beschwerde zu erheben und ggf. die gerichtliche Entscheidung zu beantragen. Insofern kommt es dadurch, dass diese Bewerbungen im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden können, auch zu keiner Verkürzung des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG).

Die Möglichkeit, die Bezeichnung konkreter Dienstposten im gerichtlichen Verfahren nachzuholen, ergibt sich schließlich auch nicht, wie der Antragsteller geltend macht, aus einer (ggf. entsprechenden) Anwendung von § 45 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 VwVfG. Danach ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die den Verwaltungsakt nicht nichtig macht, unbeachtlich, wenn der für den Erlass des Verwaltungsakts erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird, was bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich ist.

§ 45 VwVfG zielt nach Wortlaut, Zweck und systematischer Stellung im Zusammenhang der §§ 44 bis 47 VwVfG allein darauf, von der Behörde verursachte Verfahrens- oder Formfehler zu heilen und auf diese Weise die Wirksamkeit des erlassenen Verwaltungsakts zu erhalten (vgl. [X.]/[X.], VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 45 Rn. 6). Im vorliegenden Fall fehlt es im Hinblick auf das Versetzungsgesuch des Antragstellers vom 12. Oktober 2015 schon nicht an einem verfahrenseinleitenden Antrag (§ 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG). Es geht dem Antragsteller aber auch nicht um die Heilung eines behördlichen, vom [X.] verursachten Verfahrens- oder Formfehlers, sondern um die nachträgliche Erfüllung eigener Mitwirkungsobliegenheiten, die er selbst im vorgerichtlichen Verfahren vernachlässigt hat. Schließlich möchte der Antragsteller auch nicht den Bestand der ablehnenden Entscheidung über seinen [X.] bewahren; vielmehr möchte er eine andere, für ihn günstige Entscheidung erwirken. All dies ist nicht Regelungsgegenstand des § 45 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 VwVfG.

Meta

1 WB 14/16

26.10.2016

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 45 Abs 1 Nr 1 VwVfG, § 45 Abs 2 VwVfG, § 3 Abs 1 SG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.10.2016, Az. 1 WB 14/16 (REWIS RS 2016, 3298)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3298

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