Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2014, Az. VII ZR 187/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5441

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 187/13

vom

20. Mai 2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 20.
Mai
2014 durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.], die Richter Dr.
[X.], [X.] und Dr.
Kartzke und die Richterin Graßnack
beschlossen:
Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der [X.] wird teilweise stattgegeben.
Das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 12.
Juni
2013 wird gemäß §
544 Abs.
7 ZPO im
Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Verurteilung zur Er-teilung eines [X.] (Nr.
2 der Urteilsformel des Teilurteils der 6.
Zivilkammer des [X.] vom 25.
November
2011) bestätigt worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzu-lassung der Revision zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 170.008,92

des stattgebenden Teils: 25.000

-
3
-
Gründe:
I.
Die Parteien machen wechselseitig Ansprüche aus einem inzwischen beendeten [X.] geltend.
Der Kläger war für die Beklagte seit dem 7.
Dezember
1984 als Handels-vertreter tätig und leitete zuletzt die Direktion 682. Dem Kläger waren 17 Ver-mögensberater unmittelbar zu-
bzw. untergeordnet. Mit Schreiben vom 1.
August
2008 kündigte die Beklagte das Handelsvertreterverhältnis mit dem Kläger fristlos aus wichtigem Grund; die Direktion
682 wurde aufgelöst.
Gegenstand der Klage ist die Zahlung eines in einer Provisionsabrech-nung als Saldo ausgewiesenen Betrags in Höhe von 7.088,92

eines so genannten [X.] in Höhe von 22.380

-kontos, die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten und die Aushändigung von Prüfberichten. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage die Feststellung der Verpflichtung des [X.] zum Ersatz aller Schäden begehrt, die der [X.] aufgrund der ausgesprochenen fristlosen Kündigung entstanden sind.
Das [X.] hat der Klage, von im Wege der Stufenklage geltend gemachten Zahlungsansprüchen abgesehen, stattgegeben. Insbesondere hat das [X.] die Beklagte zur Erteilung eines [X.] betreffend den Zeitraum 1.
Juli
2008 bis 31.
Dezember
2008 verurteilt. Die Widerklage hat das [X.] abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, die ihren Klageabweisungsantrag und ihre ge-gen den Kläger gerichtete Widerklage weiterverfolgt.
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-
4
-
II.
1. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts beruht, soweit die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines [X.] (Nr.
2 der Urteils-formel des landgerichtlichen Urteils) vom Berufungsgericht bestätigt worden ist, auf einer Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör.
a) Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungs-gericht bei der Bestätigung der genannten Verurteilung entscheidungserhebli-ches Vorbringen der Beklagten unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtli-ches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) außer [X.] gelassen hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbetei-ligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG setzt voraus, dass im Einzelfall besondere Umstände deut-lich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder über-haupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht [X.] worden ist. Geht das Berufungsgericht in den Gründen des [X.] auf [X.] des [X.] zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. [X.], Beschluss vom 16. März 2011 -
VIII ZR 338/09, [X.], 300 Rn. 3; Beschluss vom 6.
Februar 2013 -
I
ZB
85/11, [X.], 1046 Rn.
11

Variable Bildmarke; [X.], NJW 2009, 1584 Rn. 14 m.w.N.).
b)
Nach diesen Maßstäben ist Art.
103 Abs.
1 GG hier verletzt. Den Gründen des Berufungsurteils ist nicht zu entnehmen, dass sich das [X.] mit dem Einwand der Beklagten, sie habe den Anspruch auf Ertei-lung eines [X.] erfüllt, befasst und das betreffende Vorbringen bei der 5
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7
-
5
-
Entscheidung erwogen hat. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 2.
Mai
2012 geltend gemacht, sie habe den Bevollmächtigten des [X.] während des [X.] insgesamt 15 CD-ROMs übersandt, die nach ihrer Behaup-tung sämtliche gegenüber den früheren Partnern des [X.] abgerechneten Geschäfte abbilden; hierdurch sei Erfüllung des genannten Anspruchs eingetre-ten. Eine Verbescheidung dieses [X.]s ist den Gründen des [X.] nicht zu entnehmen.
c) Auf dieser Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör kann das angefochtene Urteil, soweit die Verurteilung zur Erteilung eines [X.] vom Berufungsgericht bestätigt worden ist, auch beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, wenn es das den [X.] stützende Vorbringen bei der Entscheidung erwogen hätte, zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass bezüglich des Anspruchs auf Ertei-lung eines [X.] aufgrund der übersandten 15 CD-ROMs Erfüllung oder jedenfalls Teilerfüllung eingetreten ist (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Februar
1964

VII
ZR
147/62, VersR
1964, 429, 430; Urteil vom 23.
Oktober
1981

I
ZR
171/79, [X.], 152, 153).
2. Danach ist das angefochtene Urteil im tenorierten Umfang aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, es hätte keine Verur-teilung zur Abrechnung und zur Erteilung eines [X.] erfolgen dürfen. Im Ausgangspunkt zutreffend weist sie darauf hin, dass ein Anspruch auf Ertei-lung eines [X.] grundsätzlich nicht besteht, solange der Unternehmer nicht abgerechnet hat (vgl. MünchKommHGB/von [X.], 3.
Aufl., §
87c Rn.
43; [X.], HGB, 3.
Aufl., §
87c Rn.
16; [X.]/[X.], 8
9
10
11
-
6
-
HGB, 36.
Aufl., §
87c Rn.
18 m.w.N.). Das [X.] hat allerdings, wie sich aus Seite
16 seines Urteils ergibt, den vom Kläger gestellten Antrag Nr.
2
a) dahin verstanden, dass der Wendung "gegenüber dem Kläger abzurechnen" angesichts der begehrten Erteilung des [X.] keine eigenständige Be-deutung zukommt. Für das Berufungsgericht, das vollumfänglich auf die [X.] im Urteil des [X.]s Bezug genommen hat, gilt [X.]. Dem Kläger ist im weiteren Verfahren Gelegenheit zu geben klarzustellen, ob der Antrag in diesem Sinne zu verstehen ist.
b) Ohne Erfolg macht die
Nichtzulassungsbeschwerde geltend, das Be-rufungsgericht habe, soweit es die Verurteilung zur Erteilung eines [X.] bestätigt hat, ein unzulässiges Teilurteil erlassen. Die Nichtzulassungsbe-schwerde führt insoweit aus, der Kläger habe

nach Verkündung des erstin-stanzlichen Urteils

die Klage beim [X.] erweitert und die Erteilung ei-nes [X.] auch für den Zeitraum vom 1.
Januar
2009 bis 31.
Dezember
2011 beansprucht; da die Widerspruchsfreiheit nicht gewährleis-tet sei, habe das Berufungsgericht nicht lediglich über den Anspruch des [X.] auf Erteilung eines [X.] für das zweite Halbjahr 2008 entscheiden dürfen.
Grundsätzlich darf allerdings ein Teilurteil auch bei subjektiver oder ob-jektiver Klagehäufung oder grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstands nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen

auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht
-
ausge-schlossen ist (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juni
2010 -
VIII ZR 62/09,
NJW-RR 2011, 189 Rn.
21 m.w.N.). Eine solche Gefahr besteht bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen ihnen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein 12
13
-
7
-
Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juni
2010

VIII
ZR 62/09, aaO, Rn.
22 m.w.N.).
Im Streitfall ist indes ein etwaiger Widerspruch zwischen der Entschei-dung über den Anspruch auf Erteilung eines [X.] betreffend den Zeit-raum 1.
Juli
2008 bis 31.
Dezember
2008 im vorliegenden Verfahren und der späteren Entscheidung über den Anspruch auf Erteilung eines [X.] betreffend den Zeitraum 1.
Januar 2009 bis 31.
Dezember
2011 angesichts der Besonderheit der prozessualen Situation hinzunehmen. Die genannte Klageer-weiterung ist vom Kläger erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils beim [X.] anhängig gemacht worden. Mit Beschluss vom 16.
Februar 2012 hat das [X.] bezüglich dieser Klageerweiterung -
im Einverneh-men mit den Parteien
-
das Ruhen des Verfahrens angeordnet, soweit dieses nicht bereits Gegenstand des Berufungsverfahrens war. Die genannte Klageer-weiterung ist beim Berufungsgericht nicht angefallen. Das Berufungsgericht [X.] und hat auch keine Möglichkeit, die Klageerweiterung ohne Zustimmung der Parteien an sich zu ziehen.
c) Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich mit den weiteren [X.] der Nichtzulassungsbeschwerde auf Seite 20 der [X.] unter [X.]) zu befassen.
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8
-
3. Soweit die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil des Berufungsgerichts im Übrigen zu-rückgewiesen worden ist, wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).

[X.]
[X.]
[X.]

Kartzke

Graßnack

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.11.2011 -
2-6 O 550/10 -

O[X.], Entscheidung vom 12.06.2013 -
3 U 6/12 -

16

Meta

VII ZR 187/13

20.05.2014

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2014, Az. VII ZR 187/13 (REWIS RS 2014, 5441)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5441

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 338/09

VIII ZR 62/09

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