Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.08.2017, Az. VII ZR 39/17

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 6975

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:030817UVIIZR39.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 39/17
Verkündet am:

3. August 2017

Klein,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

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Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. August 2017 durch [X.]
Eick, den
Richter Dr.
Kartzke und die Richterinnen [X.], Sacher
und Dr.
Brenneisen
für Recht erkannt:
Die Revision des [X.] gegen das Urteil des
18.
Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Hamm vom 30.
Januar
2017 -
18 [X.] -
in der Fassung des Berichti-gungsbeschlusses vom 13. Februar 2017 wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger fordert nach beendetem [X.] im Wege der Stufenklage auf der ersten Stufe die Erteilung eines Buchauszugs.
Mit Vertrag vom 16./20.
August
1995 verpflichtete sich
der Kläger, mit Wirkung zum 1.
September
1995 als Handelsvertreter für das Sortiment der [X.] als Gebietsvertreter für [X.] tätig zu werden. Nach dem Vertrag erhielt der Kläger je nach Produkt Provisionen in Höhe von 3 bis 10 %. Im Vertrag heißt es auszugsweise:
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"

§ 7

Der Anspruch [des Handelsvertreters auf Provision] entsteht endgültig,

§ 10
Die Firma hat über die Provision monatlich, und zwar spätestens bis zum Ende des der unbedingten Entstehung des Provisionsanspruchs folgen-

§ 16
Ansprüche des Handelsvertreters aus diesem Vertragsverhältnis verjäh-ren
innerhalb eines Jahres seit Entstehen des Anspruchs, soweit nicht gesetzlich eine kürzere Frist vorgesehen ist.

"
Die Beklagte rechnete die Provisionen monatlich ab. Mit Schreiben vom 26.
Mai
2014 kündigte die Beklagte den [X.] zum 31.
August 2016.
Mit der am 30. Oktober 2015 bei Gericht eingegangenen und der [X.] am 11. November 2015 zugestellten Stufenklage verlangt der Kläger auf der ersten Stufe die Erteilung eines Buchauszugs in Bezug auf alle Geschäfte der [X.] mit Abnehmern im [X.] [X.] in der [X.] vom 1. Januar 2005 bis zum 31. August 2015. Die Beklagte hat diesen An-3
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spruch in erster Instanz für den [X.]raum vom 30.
August
2014 bis zum 31.
August 2015 anerkannt und im Übrigen eingewandt, dass der Anspruch für den weiter zurückliegenden [X.]raum verjährt sei.
Das [X.] hat der Klage auf der ersten Stufe durch Teilanerkennt-nis-
und Teilurteil vollständig stattgegeben. Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt mit dem Antrag, das Urteil des [X.]s teilweise abzu-ändern und die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger einen Buchauszug über alle Geschäfte zu erteilen, die die Beklagte mit Abnehmern im [X.] [X.] in der [X.] vom 1.
Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2011 getätigt hat. Das Berufungsgericht hat das Urteil des [X.]s unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger einen Buchauszug über alle Ge-schäfte zu erteilen, die die Beklagte mit den Abnehmern im [X.] [X.] in der [X.] vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2011 getätigt hat.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs für den [X.]raum bis zum 30.
November 2011 weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision des [X.] hat in der Sache keinen Erfolg.

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I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung
seiner Entscheidung ausge-führt, der sich aus § 87c Abs. 2 HGB ergebende Anspruch des [X.] auf Er-teilung eines Buchauszugs sei in Bezug auf die bis November 2011 getätigten Geschäfte verjährt.
Die Beurteilung der Frage der Verjährung richte sich nicht
nach § 16 des [X.]s, sondern nach den allgemeinen Vorschriften, §§ 195, 199 BGB. Die Vereinbarung in § 16 zur Verkürzung der Verjährung benachteili-ge den Vertragspartner unangemessen und sei nach § 306 Abs. 2, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BGB unwirksam, da sie der gesetzlichen Regelung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB und des § 202 Abs. 1 BGB widerspreche. Bei § 16 handele es sich nach den -
insoweit nicht angegriffenen -
Feststellungen des [X.]s um eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Beklagte gestellt habe. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist zu Lasten des Handelsvertreters erfordere anerkennenswerte Interessen zumindest einer der Vertragsparteien, die nicht gewahrt seien, wenn der Verjährungsbeginn entge-gen § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB kenntnisunabhängig erfolgen solle. Außerdem be-ziehe sie sich dem Wortlaut nach auch auf Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung, für die eine Verkürzung der Verjährungsfrist ge-mäß § 202 Abs. 1 BGB nicht vereinbart werden könne.
Für bis November 2011 getätigte Geschäfte sei der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs verjährt. Der [X.] entstehe in der für den Verjährungsbeginn gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB maßgeblichen Weise mit der Abrechnung der Provisionen. Der Anspruch auf einen Buchauszug werde mit der Abrechnung fällig und sei im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden. Die vollständige und abschließende Abrechnung 8
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lasse mit dem Schluss des jeweils maßgeblichen Jahres die Verjährung begin-nen. [X.] und Fälligkeit setzten nicht die Geltendmachung durch den Handelsvertreter voraus. Dem Umfang nach beziehe sich der [X.] auf alle getätigten oder gemäß § 87a Abs. 3 HGB nicht getä-tigten Geschäfte in dem jeweiligen Abrechnungszeitraum, die möglicherweise einen Provisionsanspruch auslösen könnten. Nur zweifelsfrei nicht provisions-pflichtige Geschäfte brauchten im Buchauszug nicht enthalten zu sein. Fälligkeit des für einen bestimmten [X.]raum geltend gemachten [X.]s liege deshalb nicht bloß vor betreffend die in der Abrechnung enthaltenen, son-dern auch betreffend die übrigen in den Buchauszug aufzunehmenden, d.h. abrechnungsreifen Geschäfte aus dem Abrechnungszeitraum, sofern die [X.] als abschließend zu verstehen sei. Der abweichenden Auffassung, wonach für Geschäfte, die trotz [X.] nicht abgerechnet würden, die Verjährung des [X.]s nicht beginnen könne, sei nicht zu folgen.
Neben der Abrechnung
durch den Prinzipal sei für die Entstehung des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs nicht erforderlich, dass -
objekti-viert oder nach bloßer Meinung des Handelsvertreters -
Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Abrechnung bestünden. Ein späterer Verjährungsbeginn folge auch nicht aus § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Diese subjektiven Voraussetzungen bezögen sich auf den [X.] als Kontrollrecht selbst und nicht auf den zugrundeliegenden Provisionsanspruch. Die kenntnisabhängige Verjäh-rung des [X.]s beginne deshalb mit Erhalt der auf einen be-stimmten [X.]raum bezogenen, abschließenden Abrechnung des [X.]. Die subjektiven Voraussetzungen für den kenntnisabhängigen Verjährungsbeginn gingen nicht über die objektiven Tatsachen hinaus, aus denen sich die [X.]sentstehung ergebe.
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Für die bis zum 30. November 2011 getätigten Geschäfte habe die [X.] Verjährungsfrist zum 31. Dezember 2011 und vorher begonnen, weil diese Geschäfte in den bis zum 31. Dezember 2011 erteilten Abrechnungen enthalten oder einzustellen gewesen seien. Da gemäß § 7 des [X.] endgültig verdient sei, wenn der Kunde den Kaufpreis zahle, sei der Klageantrag dahingehend auszulegen, dass "getätigtes Geschäft"
die Kaufpreiszahlung des Kunden im Sinne von § 7 meine. Da die Abrech-nungspflicht nach § 10 des [X.] dieses [X.]punkts ab-stelle, habe für "getätigte Geschäfte"
mit Kaufpreiszahlung im November 2011 erst Ende Dezember 2011 [X.] bestanden. Die Verjährungsfrist für diese Geschäfte sei damit spätestens mit Ablauf des Jahres 2014 abgelau-fen und durch die Klageerhebung auch nicht rechtzeitig gehemmt worden.

II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Von der Revision unbeanstandet
geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Antrag des [X.] auf Erteilung eines Buchauszugs diejenigen von der [X.] getätigten Geschäfte umfassen soll, für die der Anspruch des [X.] auf Provisionszahlung gemäß § 7 des [X.]s
endgül-tig verdient ist. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB mit diesem Inhalt für die im [X.]raum vom
1. Januar 2009 bis zum 30. November 2011 von der [X.] getätigten
provisionspflichtigen
Geschäfte gemäß §
195 i.V.m. §
199 Abs. 1 BGB
verjährt ist.

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1. Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nach §
87c Abs.
2
HGB verjährt selbständig in der regelmäßigen Verjährungsfrist des §
195
BGB. Dieser Anspruch, bei dem es sich um einen Hilfsanspruch handelt, wird allerdings gegenstandslos, wenn der Provisionsanspruch, dessen Vorbe-reitung er dienen soll, verjährt ist oder aus anderen Gründen nicht mehr durch-gesetzt werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
Februar
2016
-
VII ZR 28/15, [X.] 2016, 124 Rn. 14; Urteil vom 3. April 1996 -
VIII ZR 54/95, NJW 1996, 2100, 2101, juris Rn. 11; Urteil vom 22. Mai 1981
-
I ZR 34/79, NJW
1982, 235
f.,
juris Rn. 40; Urteil vom 1. Dezember 1978
-
I [X.], NJW
1979, 764, juris Rn. 16). Für eine Verjährung der mit der Stufenklage in letzter Stufe begehrten Provisionsansprüche bestehen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte. Dies wird von der [X.] in der Revisionsinstanz auch nicht in Frage gestellt.
2. Die Verjährung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Er-teilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB richtet sich nicht nach der von der [X.] gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung in §
16 des [X.]s, wonach die Verjährung für Ansprüche aus dem [X.] innerhalb eines Jahres seit Entstehen des Anspruchs enden soll, soweit nicht gesetzlich eine kürzere Frist vorgesehen ist. Diese Klausel ist, wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt, wegen [X.] gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den [X.] entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen be-nachteiligt.
Dies stellt auch die Revision nicht in Frage.
3. Gemäß §
199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den [X.] begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis 15
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erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Ein Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals vom Gläubiger geltend ge-macht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus, da erst von diesem [X.]punkt an (§ 271 Abs. 2 Halbsatz
1 BGB) der Gläubiger mit Erfolg die Leistung fordern und ge-gebenenfalls den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung unterbinden
kann ([X.], Urteil vom 8. Juli 2008 -
XI [X.], NJW-RR 2009, 378 Rn. 17 m.w.N.).
Für die Verjährung des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs nach §
87c Abs. 2 HGB bedeutet dies, dass sie regelmäßig mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der
Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschlie-ßende Abrechnung über die diesem zustehende Provision erteilt hat (vgl. [X.], Urteil vom 29. Oktober 2008 -
VIII ZR 205/05, [X.] 2009, 70 Rn.
28; Urteil vom 11. Juli 1980 -
I [X.], NJW 1981, 457, juris Rn.
12
ff.; [X.], [X.], 233, 235 f. = [X.]
2016, 246, 248 f., juris Rn. 29; [X.], [X.], 306, 308 = [X.]
2016, 252, 254, juris Rn. 35
und Urteil vom 14.
Juli 2016 -
23 [X.], juris Rn. 36; OLG
Oldenburg, Urteil vom 4.
April 2011 -
13 U 27/10, juris Rn. 65 f.). Zur Begründung wird auf das unter demselben Datum verkündete Urteil des Senats in der Sache VII
ZR
32/17 Bezug genommen.
4. Das Berufungsgericht hat nach diesen Maßgaben zutreffend ange-nommen, dass der Anspruch des [X.] auf Erteilung eines Buchauszugs für die von der [X.] bis zum 30. November 2011 getätigten Geschäfte, für die der Kläger möglicherweise nach §
7 des [X.]s eine Provisi-on endgültig beanspruchen kann und die im Dezember 2011 von der [X.] abgerechnet worden sind oder jedenfalls abgerechnet werden konnten, verjährt ist. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren begann für die bis zum 18
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Dezember
2011 abgerechneten Provisionen für diese Geschäfte gemäß §§
195, 199 Abs.
1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen mit der Folge, dass der [X.] für diese Provisionen am 31. Dezember 2014 verjährt war. Die erst im Jahr 2015 erhobene Stufenklage des [X.] hat die Verjährung dieses Anspruchs danach nicht gehemmt.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Eick
Kartzke
[X.]

Sacher

Brenneisen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.05.2016 -
I-8 O 116/15 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 30.01.2017 -
I-18 [X.] -

20

Meta

VII ZR 39/17

03.08.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.08.2017, Az. VII ZR 39/17 (REWIS RS 2017, 6975)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6975

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 28/15

23 U 3521/15

18 U 95/16

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