Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.12.2016, Az. I ZR 88/16

1. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 1137

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß. Mangelnde Lesbarkeit der Fundstelle eines Testergebnisses


Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 24. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags 4 a) und des Anspruchs auf Abmahnkostenerstattung zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Streitwert für den zurückgewiesenen Teil des Beschwerdeverfahrens wird auf 35.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien sind Mitbewerber im Telekommunikationssektor. Die [X.] hat für ihren Tarif "[X.]" unter Verwendung von Test-Emblemen geworben.

2

Die Klägerin hat die Werbung der [X.] mit einem Emblem des Vergleichsportals "[X.]" als irreführend beanstandet, weil es mangels Lesbarkeit an der Angabe einer Fundstelle fehle. Eine vorgerichtliche Abmahnung vom 21. Oktober 2013 hat nicht zur Streitbeilegung geführt.

3

Das Berufungsgericht hat - soweit für die Revision von Bedeutung - die [X.] auf den Klageantrag 4 a) unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr mit einem Testergebnis zu werben, ohne den angesprochenen Verkehrskreisen die Möglichkeit zu geben, den Test aufzufinden, wenn dies dadurch geschieht, dass die Fundstelle des Tests nicht angegeben und/oder die Werbung mit der Fundstelle des Tests nicht verlinkt ist.

4

Das Berufungsgericht hat der Klägerin ferner Abmahnkostenersatz in Höhe von 679,79 € zuzüglich 8,5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29. Oktober 2013 zuerkannt.

5

Mit der zuzulassenden Revision möchte die [X.] ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgen.

6

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat teilweise Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur teilweisen Aufhebung des angegriffenen Urteils, soweit hinsichtlich des Klageantrags 4 a) und des Anspruchs auf Abmahnkostenerstattung zum Nachteil der [X.] entschieden worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

7

1. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung nach dem Klageantrag 4 a) wie folgt begründet: Es liege ein Verstoß gegen § 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG vor. Bei einer Werbung mit Testergebnissen sei die Angabe der Fundstelle erforderlich, um dem Verbraucher eine informierte geschäftliche Entscheidung zu ermöglichen. Diese Angabe könne im [X.] durch einen Link ersetzt werden. An beidem fehle es vorliegend. Die Klägerin habe mit der Berufungsbegründung vorgetragen, dass die [X.] wie beanstandet geworben habe, ohne dass die Angabe bei Ansteuern mit dem [X.] vergrößert worden sei ("Mouseover-Effekt") und ohne dass der [X.]nutzer die Chance gehabt habe, durch Anklicken des [X.] zu der [X.]seite zu gelangen, auf der die Testergebnisse beschrieben waren. Dies habe die [X.] zunächst in unzureichender Weise mit Nichtwissen bestritten, auf Hinweis des [X.] habe sie jedoch ausgeführt, der [X.]auftritt benötige keinen Mouseover-Effekt, weil das Siegel auf der [X.]seite der [X.] in ausreichender Größe abgebildet und lesbar sei. Damit, so das Berufungsgericht weiter, sei unstreitig, dass ein Mouseover-Effekt nicht installiert gewesen sei.

8

2. Das Berufungsurteil beruht teilweise auf einer Verletzung des Rechts der [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht hat den Klageantrag 4 a) unter Außerachtlassung von Vortrag der [X.] zuerkannt.

9

a) Das Berufungsgericht hat auf die Abwesenheit eines [X.] abgestellt, obwohl die [X.] unabhängig davon eine hinreichende Lesbarkeit der Fundstellenangabe geltend gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung nicht berücksichtigt, dass die [X.] in ihrer Klageerwiderung die mangelnde Lesbarkeit der in den Emblemen enthaltenen Texte bestritten und darauf verwiesen hat, bei der von der Klägerin eingereichten Anlage handele es sich um eine verkleinerte, zudem verschwommene Abbildung der [X.]seite der [X.]. Der weitere Vortrag der [X.], jedenfalls seien die Angaben infolge eines [X.] lesbar, ist - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - nicht so zu verstehen, dass die [X.] ihre Rechtsverteidigung allein auf die Existenz eines [X.] gestützt hätte. Von diesem Vortrag ist die [X.] in der Berufungsinstanz nicht abgerückt.

b) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat keine - aufgrund der Einlassung der [X.] erforderlichen - Feststellungen dazu getroffen, ob die Angaben auch ohne Mouseover-Effekt lesbar waren.

Im weiteren Verfahren wird zu berücksichtigen sein, dass der von der Klägerin bisher gestellte Antrag 4 a) nicht der Charakteristik des gerügten Rechtsverstoßes entspricht, weil die mangelnde Lesbarkeit einer Testfundstelle nicht mit dem Fehlen jeglicher Testfundstellenangabe gleichzusetzen ist. Es wird ferner zu berücksichtigen sein, dass der [X.] im Bereich der Testsiegelwerbung nicht die Schaltung eines elektronischen Verweises (Links) zum Testergebnis verlangt, sondern die Angabe einer [X.]seite ausreichen lässt (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juli 2016 - [X.], [X.], 1076 Rn. 35 = [X.], 1221- LGA tested).

3. Danach kann auch die Zuerkennung des Anspruchs auf Abmahnkostenerstattung nebst Zinsen keinen Bestand haben. Im weiteren Verfahren wird hinsichtlich der Höhe zu fordernder Zinsen zu berücksichtigen sein, dass - wie von der [X.] im nachgelassenen Schriftsatz vom 3. März 2016 geltend gemacht - der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten keine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB darstellt.

III. Die weitergehende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist zurückzuweisen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten [X.] nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] auch im Übrigen nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Büscher     

       

Koch     

       

Löffler

       

Schwonke     

       

Feddersen     

       

Meta

I ZR 88/16

08.12.2016

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 24. März 2016, Az: 6 U 182/14, Urteil

§ 5a Abs 2 S 1 Nr 1 UWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.12.2016, Az. I ZR 88/16 (REWIS RS 2016, 1137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1137

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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