Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.04.2012, Az. XII ZB 473/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7199

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Versorgungsausgleichsverfahren: Wegfall der Voraussetzungen für eine Verfahrensaussetzung in Ansehung des Systemwechsels in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 12. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 1. September 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

[X.]: 3.216 €

Gründe

I.

1

Auf den am 26. Januar 2010 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 4. Juli 1975 geschlossene Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) - insoweit rechtskräftig - geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.

2

Die am 8. Oktober 1950 geborene Ehefrau hat während der Ehezeit (1. Juli 1975 bis 31. Dezember 2009; § 3 Abs. 1 [X.]) eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der [X.] sowie eine weitere Anwartschaft aus der Zusatzversorgung des Öffentlichen Dienstes bei der [X.] (Beteiligte zu 1; im Folgenden: [X.]) erworben. Der Ehemann hat Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der [X.] Braunschweig-Hannover und aus einer privaten Altersversorgung bei der [X.] erworben. Er hat am 13. August 2009 eine Rente wegen Erwerbsminderung beantragt, deren Bewilligung noch aussteht.

3

Das Familiengericht hat die gesetzlichen Rentenanwartschaften beider Eheleute sowie die vom Ehemann bei der [X.] erworbene Anwartschaft jeweils gemäß § 10 [X.] intern geteilt. Im Übrigen, also hinsichtlich der bei der [X.] erworbenen Anwartschaften, hat es den schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten.

4

Das [X.] hat die Beschwerde des Ehemanns, mit der er die Aussetzung des gesamten Versorgungsausgleichsverfahrens begehrt, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er die Aussetzung des Verfahrens weiter verfolgt.

II.

5

Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

6

1. Das [X.] hat seine Entscheidung, die in [X.], 222 veröffentlicht ist, wie folgt begründet: Zu Recht habe das Familiengericht den Ausgleich der bei der [X.] erworbenen Anwartschaft dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Nach der Umstellung des Zusatzversorgungssystems von einer umlagefinanzierten Zusatzversorgung auf eine kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung und der danach festgestellten Grundrechtswidrigkeit der getroffenen Regelungen über die Startgutschriften sogenannter rentenferner Jahrgänge stehe die notwendige Änderung der Satzung der [X.] noch aus.

7

Eine Aussetzung des Verfahrens sei nach dem nunmehr anwendbaren § 21 FamFG nur aus wichtigem Grund zulässig. Ein solcher könne begrifflich nur dann vorliegen, wenn eine anderweitige Erledigung nicht möglich sei. Diese Möglichkeit sei mit § 19 [X.] geschaffen worden. Das Anrecht der Ehefrau bei der [X.] sei nicht ausgleichsreif im Sinne dieser Vorschrift, denn die Berechnung der Höhe sei von der noch ausstehenden Einigung der Tarifparteien abhängig.

8

Der Vorbehalt des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs habe keinen Einfluss auf ein etwaiges [X.]. Der Wunsch des Ehemanns, das Versorgungsausgleichsverfahren insgesamt auszusetzen, damit die verzögerte Rechtskraft ihm eine zunächst ungekürzte Rente sichere, sei unbeachtlich. Auch wenn es unbillig sei, dass die von ihm vorzeitig bezogene Rente nach der Teilung gekürzt werde, während ihm aus den von der Ehefrau bei der [X.] erworbenen Anrechten noch kein Anspruch zuwachse, sehe das Gesetz eine Korrektur nicht vor.

9

2. Diese Ausführungen sind durch die inzwischen eingetretene Entwicklung überholt.

Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] sind rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurück-wirken, bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Das gilt auch, wenn sich die maßgebliche Versorgungsordnung in einer Weise ändert, die sich auf die Qualität oder die Höhe der Versorgungsanwartschaften auswirkt (vgl. [X.]sbeschlüsse vom 7. Dezember 2005 - [X.] 197/04 - [X.], 321, 322; vom 26. Oktober 1989 - [X.] - FamRZ 1990, 382, 383 und vom 9. Juli 1986 - [X.] - FamRZ 1986, 976, 977 f. mwN).

Durch [X.] vom 30. Mai 2011 zum Tarifvertrag Altersversorgung haben die Tarifparteien des öffentlichen Dienstes die Berechnung der Startgutschriften für rentenferne Versicherte neu geregelt. Auf Grundlage ihrer daraufhin geänderten Satzung (17. Satzungsänderung vom 30. November 2011, BAnz Nr. 14 vom 25. Januar 2012) hat die [X.] am 22. Februar 2012 eine neue Versorgungsauskunft erteilt. Dadurch ist das vormalige Hindernis entfallen; nunmehr sind die Voraussetzungen gegeben, unter denen der Versorgungsausgleich bereits im Erstverfahren vollständig durchgeführt werden kann.

Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann nicht in der Sache abschließend entscheiden, da der Ehezeitanteil der von der Ehefrau bei der [X.] erworbenen Versorgungsanrechte durch den Tatrichter festzustellen ist.

Dose                                   Weber-Monecke                                   Klinkhammer

                   Schilling                                          [X.]

Meta

XII ZB 473/10

18.04.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG München, 1. September 2010, Az: 12 UF 1006/10, Beschluss

§ 5 Abs 2 S 2 VersAusglG, § 19 Abs 1 VersAusglG, § 21 FamFG, ATV-LBV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.04.2012, Az. XII ZB 473/10 (REWIS RS 2012, 7199)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7199

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 473/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 385/15 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleichsverfahren: Behandlung geringfügiger Anrechte bei Tod eines Ehegatten vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich


XII ZB 54/06 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 92/07 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 626/15 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleichssache: Verweisung eines Anrechts der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in den Wertausgleich nach der Scheidung …


Referenzen
Wird zitiert von

XII ZB 473/10

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.