Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.02.2014, Az. I S 24/13

1. Senat | REWIS RS 2014, 7542

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Gegenstand

Anhörungsrüge: Kircheneinkommensteuer in sog. glaubensverschiedenen Ehen


Leitsatz

NV: Eine "Gesamtschau" von Kircheneinkommensteuer und besonderem Kirchgeld und damit eine Berücksichtigung des Lebensführungsaufwands des nicht-verdienenden Ehegatten (Nicht-Kirchenmitglied) bei der Anteilsbemessung der Kircheneinkommensteuer des alleinverdienenden Ehegatten (Kirchenmitglied) ist auch im Hinblick auf eine in Art. 1 § 2 Abs. 2 HHG 2006/2007 angeordnete Vergleichsberechnung zwischen der Kircheneinkommensteuer und dem besonderen Kirchgeld in einer sog. glaubensverschiedenen Ehe nicht geboten .

Tenor

1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des [X.] vom 8. Oktober 2013 [X.]/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Tatbestand des Beschlusses [X.]/12 wird unter [X.] dahingehend berichtigt, dass der Kläger "Mitglied der [X.]" war und nicht "Mitglied der [X.] in Baden".

3. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 8. Oktober 2013 I B 109/12, [X.], 182 hat der angerufene Senat die Beschwerde des [X.], Beschwerdeführers und [X.] (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 18. Juni 2012  10 K 3864/11 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger wendet sich gegen den ihm am 17. November 2013 zugegangenen Beschluss mit der Anhörungsrüge. Der entsprechende Schriftsatz ist am 2. Dezember 2013 beim [X.] ([X.]) eingegangen.

I[X.]

2

Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde im Beschwerdeverfahren nicht verletzt.

3

1. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, sofern das Vorbringen nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2012 I S 8/12, [X.]/NV 2012, 1813).

4

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, wenngleich es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Dieses Recht wird auch nicht dadurch verletzt, dass das Gericht der Rechtsansicht eines Beteiligten nicht folgt. Denn die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfang nochmals zu überprüfen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt daher nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 26. März 2007 II S 1/07, [X.]/NV 2007, 1094, m.w.N.; vom 30. August 2007 IX S 6/07, [X.]/NV 2007, 2324).

5

2. Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte für eine Gehörsverletzung vor. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2013 die vom Kläger vorgebrachten Einwendungen umfassend geprüft.

6

a) Soweit der Kläger vorbringt, der Senat habe die Vergleichsberechnung zwischen der Kirchensteuer vom Einkommen und dem Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen unbeachtet gelassen, kann dem nicht gefolgt werden.

7

Der Senat hat sich vielmehr erkennbar mit dem rechtlichen Verhältnis zwischen der [X.] auf der einen Seite und dem besonderen Kirchgeld auf der anderen Seite auseinandergesetzt. So hat der Senat insbesondere herausgearbeitet, dass die [X.] und das besondere Kirchgeld bereits auf unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen basieren. Hieraus hat der Senat sodann eine strikte Trennung zwischen der [X.] als [X.] und dem besonderen Kirchgeld als eigenständige Steuer abgeleitet. Ausgehend von dieser Grundannahme konnte der Senat ein "Korrespondenzprinzip", wie es der Kläger für die [X.] steuerlich berücksichtigen will, als verfassungsrechtlich nicht geboten ansehen.

8

Der wiederholte Hinweis des [X.] auf die nach Art. 1 § 2 Abs. 2 des Kirchlichen Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsbuches der [X.] für die [X.] und 2007 ([X.] 2006/2007) vom 19. Oktober 2005 (Gesetzes- und Verordnungsblatt der [X.] 2006, 97) vorzunehmende Vergleichsberechnung zwischen der Kirchensteuer vom Einkommen und dem Kirchgeld in [X.] Ehe vermag daran (erneut) nichts zu ändern. Die strikte Trennung zwischen beiden Steuern, die im Übrigen bereits in § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften in [X.] vom 15. Juni 1978 (Gesetz- und Verordnungsblatt [X.] 1978, 369, BStBl I 1978, 403) hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, wird durch die Vergleichsberechnung nach Art. 1 § 2 Abs. 2 [X.] 2006/2007 nicht aufgehoben. Im Gegenteil wird hierdurch die subsidiäre Funktion des Kirchgeldes gerade betont. Eine "Gesamtschau" von [X.] und besonderem Kirchgeld ist daher auch im Hinblick auf die vom Kläger hervorgehobene "verfassungsrechtliche Vergleichsperspektive" der Vergleichsberechnung nach Art. 1 § 2 Abs. 2 [X.] 2006/2007 nicht zu entnehmen.

9

b) Soweit der Kläger sinngemäß vorträgt, der Senat habe lediglich Ausführungen aus dem Senatsurteil vom 8. April 1997 I R 68/96 ([X.]E 183, 107, [X.] 1997, 545) wiederholt, ohne sich mit den Ausführungen des [X.], in denen sich dieser dezidiert mit der Argumentation des Senats in dieser Entscheidung auseinandersetzt, thematisch zu beschäftigen, ist ein Gehörsverstoß nicht erkennbar. Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt --wie erläutert-- grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen.

3. Auf Antrag des [X.] wird der Tatbestand des Beschlusses vom 8. Oktober 2013 I B 109/12 unter [X.] dahingehend berichtigt, dass der Kläger "Mitglied der [X.]" war und nicht "Mitglied der [X.] in [X.]" (§§ 108 Abs. 1, 113 Abs. 1 FGO).

4. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr von 60 € erhoben (vgl. Anlage 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz i.d.[X.] zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23. Juli 2013, [X.], 2586). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 4 FGO).

Meta

I S 24/13

26.02.2014

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend BFH, 8. Oktober 2013, Az: I B 109/12, Beschluss

§ 5 Abs 1 KiStG BW, § 133a Abs 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.02.2014, Az. I S 24/13 (REWIS RS 2014, 7542)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7542


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I S 24/13

Bundesfinanzhof, I S 24/13, 26.02.2014.


Az. I B 109/12

Bundesfinanzhof, I B 109/12, 08.10.2013.


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(Inhaltsgleich mit Beschluss des BFH vom 13.02.2019 I B 28/18 - Besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener …


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