Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.11.2012, Az. 28 W (pat) 518/11

28. Senat | REWIS RS 2012, 1490

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "M" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Leitsatz

Der Buchstabe „M“ ist für die Ware der Klasse 12 „Sportwagen“ unterscheidungskräftig und auch nicht freihaltebedürftig.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 035 678.2

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2012 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und [X.] am [X.]

beschlossen:

Der Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 12, vom 15. Dezember 2010 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen 30 2010 035 678.2

M

2

ist am 15. Juni 2010 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden, und zwar – nach Einschränkung des Warenverzeichnisses mit Schriftsatz vom 26. November 2010 - für die Waren der

3

[X.]lasse 12: Sportwagen.

4

Die Markenstelle für [X.]lasse 12 hat mit Beschluss vom 15. Dezember 2010 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das aus dem [X.]n „M“ bestehende Anmeldezeichen symbolisiere lediglich die sachbezogene Abkürzung für die Zugehörigkeit zur „[X.]“ (= [X.]raftfahrzeuge zur Personenbeförderung) gemäß der [X.] und sei zudem die lexikalische Abkürzung für „Modell“. Darüber hinaus bestehe in der [X.]fz-Branche die betriebliche Übung, mittels Buchstaben oder Buchstabenkombinationen auf Produkteigenschaften, wie Ausstattungsvarianten, Modelle etc. hinzuweisen, so dass das Publikum sie - auch ohne die konkrete Bedeutung im Einzelfall zu kennen – nur in diesem Sinne auffassen werde. Bezogen auf die beanspruchten „Sportwagen“ würden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise das Anmeldezeichen daher nur als sachbezogene Abkürzung für eine [X.]lassen-, [X.]ypen-, Serien-, Ausstattungsvarianten- oder Modellbezeichnung auffassen und ihm keine betriebliche Herkunftsfunktion beimessen. Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft sei hier auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung im Sinne des § 8 Abs. 3 [X.] überwunden. Denn das von der Anmelderin zur Glaubhaftmachung vorgelegte Umfragegutachten des [X.] vom 11. Juni 2010 zur Verkehrsgeltung bzw. Verkehrsdurchsetzung des Großbuchstabens „M“ im Zusammenhang mit Sportwagen belege keine Verkehrsdurchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen, da es hinsichtlich des befragten Personenkreises der „Sportwagen-Besitzer und [X.]“ und der Anzahl von nur 231 Befragten nicht repräsentativ sei.

5

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sie damit begründet, dass das Anmeldezeichen bereits von Haus aus über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge. Die von der Markenstelle in diesem Zusammenhang herangezogenen [X.]riterien seien mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen. Auch fehlten nachvollziehbare Feststellungen dazu, weshalb im konkreten Fall ein mit dem Anmeldezeichen „M“ gekennzeichneter Sportwagen vom angesprochenen Publikum nicht als Herkunftshinweis aufgefasst werde. Die von der Markenstelle angeführte [X.]-Richtlinie gelte für die behördliche [X.]ypgenehmigung von [X.]raftfahrzeugen, für die Buchstaben- und Zahlencodes verwendet würden, und befasse sich mit den technischen Anforderungen, die an die Verkehrsfähigkeit von (Serien-)Fahrzeugen zu stellen seien. Mit der Zuordnung zu einer verwaltungsrechtlichen [X.] ließen sich aber keinerlei Produktmerkmale von Sportwagen beschreiben. Die hier relevanten Abnehmerkreise – die Endverbraucher – würden den Buchstaben „M“ nicht als Angabe einer Ordnungsklasse für Fahrzeug-[X.]ypgenehmigungsverfahren verstehen, die ihnen in aller Regel auch nicht einmal bekannt sei. Hinzu komme, dass es eine [X.] in der Praxis gar nicht gebe, da sich die [X.] in die drei eigenständigen [X.]lassen [X.], [X.] und [X.] gliedere, die demzufolge die vollständigen [X.]lassenbezeichnungen darstellten, so wie sie auch in den Fahrzeugpapieren eingetragen würden. Sportwagen seien der [X.]1 zuzuordnen. Die [X.] sei im Übrigen nicht Pkw- und erst recht nicht sportwagenspezifisch, sondern würde auch alle Arten von Bussen umfassen. Von einer ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbaren beschreibenden Bedeutung des [X.] für die beanspruchte Ware könne daher keine Rede sein. Hierfür reiche auch die von der Markenstelle angeführte abstrakte Möglichkeit, dass Buchstaben im Fahrzeugbereich als [X.]ypen-, Serien-, Größen- oder Modellbezeichnungen verstanden werden könnten, nicht aus. Für das angemeldete Zeichen „M“ lasse sich das nämlich, insbesondere im Hinblick auf die konkret beanspruchte Ware, gerade nicht feststellen. Im Übrigen gebe es praktisch bedeutsame und naheliegende Verwendungsmöglichkeiten, bei denen das Publikum das Zeichen als Herkunftshinweis auffasse, beispielsweise bei einer Anbringung am Fahrzeugheck, wo die Automobilhersteller typischerweise ihre ([X.] anbrächten. Die Beschwerdeführerin beruft sich hilfsweise auf eine Verkehrsdurchsetzung des [X.] und ist der Ansicht, dass das im patentamtlichen Verfahren vorgelegte Umfragegutachten des [X.] vom 11. Juni 2010 mit dem dort ermittelten [X.] von mindestens 66% hinreichend repräsentativ sei und zur Glaubhaftmachung ausreiche.

6

Die Beschwerdeführerin beantragt,

7

den Beschluss des [X.]s, Markenstelle für [X.]lasse 12, vom 15. Dezember 2010 aufzuheben.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

9

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Eintragung des als Wortzeichen angemeldeten [X.]ns „M“ als Marke stehen in Bezug auf die noch beanspruchte Ware „Sportwagen“ keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegen.

1. Dem Anmeldezeichen kann zunächst nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 1143 – [X.]; [X.] 2012, 19, [X.]. 8 - Link economy; [X.], 1100, [X.]. 10 - [X.]!; [X.], 825, 826, [X.]. 13 - [X.]; [X.], 850, 854, [X.]. 18 - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, 412, [X.]. 24 - Matratzen [X.]/[X.]; [X.], 943, 944, [X.]. 24 - [X.] 2; [X.] - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] [X.], 428, 431 [X.]. 53 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 - RA[X.]IONAL SOF[X.]WARE CORPORA[X.]ION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. [X.] [X.], 674, 678 [X.]. 86 – Postkantoor; [X.], 952, 953 [X.]. 10 - [X.]; a. a. [X.]. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 – [X.]; a. a. [X.] - marktfrisch; [X.], 1153 - anti [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.], 1043, 1044 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] 855, [X.]. 19, 28 f. - [X.]).

Diese Grundsätze gelten auch für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von [X.]n ([X.] [X.], 1096 [X.]. 39, 46, 47 – [X.] Buchstabe „a“; [X.] GRUR 2003, 343, 344 – Buchstabe „Z“; 2001, 161, 162 – Buchstabe „[X.]“). Letztlich ist eine auf das jeweilige Anmeldezeichen bezogene Einzelfallbeurteilung geboten, wobei stets auf die Besonderheiten des Bereichs der angemeldeten Waren und/oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 [X.]. 161 [X.]). Eine Verneinung der Unterscheidungskraft setzt auch bei Wortmarken in der Form von [X.]n tatsächliche Feststellungen voraus, aus denen entnommen werden kann, dass der Verkehr den Buchstaben für bestimmte Waren nicht als Herkunftskennzeichnung versteht. Dies kann daran liegen, dass der konkrete [X.] eine sachbezogene Abkürzung darstellt und als solche zur Beschreibung der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen kann ([X.], 161 [X.]. 17 – Buchstabe „[X.]“; nachfolgend [X.], 345, 346 – Buchstabe „[X.]“; [X.] PROMA 30 W (pat) 97/02 – Buchstabe „I“; 30 W (pat) 96/02 – Buchstabe „J“; 32 W (pat) 304/01 – Buchstabe „M“). Auf dem hier relevanten Warengebiet der [X.]raftfahrzeuge hat die Verwendung von Buchstaben und deren [X.]ombinationen (oft auch solcher zusätzlich mit Zahlen) als Abkürzung bestimmter beschreibender Angaben gerichtsbekannt eine lange [X.]radition. So werden Buchstaben und/oder ihre [X.]ombinationen regelmäßig neben einer Marke verwendet, um Charakteristika der jeweiligen Motorenart, Fahrzeugausführung o. ä. zu beschreiben. Abkürzungen wie z. B. „D“ für „Diesel“ und „[X.]“ für „[X.]urbo“, manchmal auch für „[X.]ouring“, sind inzwischen breitesten Verkehrskreisen geläufig (vgl. auch [X.]eplitzky WRP 1999, 461).

Vor diesem Hintergrund kann vorliegend – entgegen der vom [X.] vertretenen Auffassung – nicht festgestellt werden, dass das Anmeldezeichen dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] unterliegt.

a) Der Buchstabe „M“ ist lexikalisch ([X.]) u. a. die Abkürzung für „medium“ (mittel; internationale [X.]leidergröße)“, „Modell“, „[X.]“ sowie für das „[X.] Zahlzeichen 1.000“. Im [X.]fz-Bereich steht der Buchstabe „M“ auf [X.] [X.]fz-[X.]ennzeichen als erster Buchstabe vor dem Spiegelstrich als Abkürzung für die Stadt „München“.

b) Außerdem findet der Buchstabe „M“ im Zusammenhang mit der Zuordnung zur „[X.]“, kurz als „[X.]“ bezeichnet, Verwendung. Dieser [X.]lassifizierung von Fahrzeugklassen nach Anlage [X.] zu § 20 Abs. 3a Satz 4 StVZO lag ursprünglich die [X.] vom 6. Februar 1970 zugrunde, die mit Wirkung vom 29. April 2009 aufgehoben und durch die Richtlinie 2007/46/[X.] „zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von [X.]raftfahrzeugen und [X.]raftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge“ vom 5. September 2007 ersetzt wurde (vgl. Art. 49 der [X.] 2007/46/[X.]). Gemäß Art. 2 gilt diese Richtlinie „für die [X.]ypgenehmigung von Fahrzeugen, die in einer oder mehreren Stufen zur [X.]eilnahme am Straßenverkehr konstruiert und gebaut werden...“. [X.]raftfahrzeuge und Anhänger werden danach in verschiedene, jeweils mit [X.]n bezeichnete [X.]lassen eingeteilt, durch die Gruppen von Fahrzeugen [X.]-weit einheitlich eingeordnet werden können. Die „[X.]“ bezieht sich dabei auf „für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute [X.]raftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern“ (vgl. Anhang II Buchstabe A Ziff. 1 zur [X.] 2007/46/[X.]), also umgangssprachlich auf Pkw, Wohnmobile und Busse (http://de.wikipedia.org/wiki/[X.]#[X.]lasse_M). Die „[X.]“ unterteilt sich wiederum in drei eigenständige [X.]lassen, nämlich die

„[X.]1: Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute [X.]raftfahrzeuge mit höchstens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz;

[X.]2: Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute [X.]raftfahrzeuge mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 5 [X.]onnen;

[X.]3: Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute [X.]raftfahrzeuge mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 5 [X.]onnen“ (vgl. Anhang II Buchstabe A Ziff. 1 zur [X.] 2007/46/[X.]).“

c) Ausgehend von den obigen Feststellungen weist der [X.] „M“ für die beanspruchte Ware „Sportwagen“ aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise keinen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt auf.

aa) Die lexikalisch belegte Abkürzung von „M“ für „medium“ vermag Eigenschaften der beanspruchten Ware „Sportwagen“ nicht zu beschreiben, da in der [X.] – anders als beispielsweise im [X.] – nicht nach den Größen „S“ (small), „M“ (medium) und „L“ (large) differenziert wird. Soweit die Markenstelle auf die Abkürzung von „M“ für „Modell“ verwiesen hat, kann daraus eine beschreibende Bedeutung für „Sportwagen“ ebenfalls nicht hergeleitet werden. Zwar werden von Fahrzeugherstellern regelmäßig verschiedene Fahrzeugmodelle angeboten, aber allein das Wort „Modell“ hat in diesem Zusammenhang ohne weiteren Zusatz keinen sinnvollen Aussagegehalt. Entsprechendes gilt für den Buchstaben „M“ als Abkürzung für das [X.] Zahlzeichen für 1.000 und für „[X.]“, zumal ein Großteil der angesprochenen Verkehrskreise diese Bedeutungen kaum erkennen wird. „M“ als Abkürzung für die [X.] findet sich lediglich auf [X.]fz-[X.]ennzeichen.

bb) Der [X.] kann auch einen sonstigen beschreibenden Aussagehalt des Buchstabens „M“ in Alleinstellung für die Waren “Sportwagen” nach umfangreicher Recherche nicht feststellen.

„M“ lässt sich nicht als übliche Abkürzung für „Motorsport“ nachweisen, womit möglicherweise die Bestimmung von „Sportwagen“ beschrieben werden könnte. Eine solche Abkürzung ergibt sich nicht bereits aus der [X.]atsache, dass „M“ der erste Buchstabe des Wortes „Motorsport“ ist und Begriffe häufig mit ihrem Anfangsbuchstaben abgekürzt werden. Auch die [X.]atsache, dass die Anmelderin bzw. die 1972 als [X.]ochterunternehmen gegründete [X.] (damals noch [X.]) den Buchstaben “M” zwar seit nunmehr 40 Jahren als Abkürzung für “Motorsport” verwendet, rechtfertigt nicht die Annahme einer allgemein üblichen Bedeutung von „M“ für „Motorsport“. Umfangreiche Recherchen des [X.]s in den einschlägigen [X.] haben keinerlei Hinweise ergeben, dass der Buchstabe “M” allgemein als Abkürzung für “Motorsport” Verwendung findet. Lediglich im Zusammenhang mit Fahrzeugen von [X.] lässt sich ein entsprechender Bedeutungsgehalt von „M“ erschließen. Dies liegt indes allein an der Marketing- und [X.]ommunikationsstrategie der Anmelderin bzw. der [X.], im Rahmen derer die Bedeutung dieser selbst kreierten Abkürzung erläutert wurde. So heißt es beispielsweise in einem Online-Artikel vom 3. Juli 2012: “Wer sich mit der Marke [X.] auskennt, dem ist das “M” in der Modellbezeichnung ein bekannter Begriff. „M“ wurde vom bayrischen Automobilhersteller vor über 40 Jahren als Abkürzung für „Motorsport“ in seine Modellreihen eingebaut und auch heute steht das M als Zeichen für eine außergewöhnliche Leistungsstärke im Namen bestimmter Modelle...” (http://www.automativ.de/der-neue-bmw-m6-halt-was-er-verspricht-id-11340.html).

Entgegen der Ansicht der Markenstelle wird „M” im Zusammenhang mit der beanspruchten Ware aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen in erster Linie die Endverbraucher gehören, auch nicht als bloße beschreibende Abkürzung für die Zugehörigkeit zur „[X.]“ verstanden. Zwar ist für die hier umworbenen Abnehmerkreise die Zugehörigkeit zu einer bestimmten [X.] seit dem 1. Juli 2012 nicht mehr gänzlich irrelevant. Denn Wechselkennzeichen für zwei [X.]raftfahrzeuge gibt es seit diesem [X.]ag nach § 8 Abs. 1a [X.] nur dann, wenn beide Fahrzeuge derselben [X.] angehören. Jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass der überwiegende [X.]eil der angesprochenen Verkehrskreise bei „Sportwagen“ allein in dem Buchstaben „M“ ohne das vorausgehende Wort „[X.]lasse“ einen Bezug zu einer Fahrzeugklassifizierung nach den [X.]n herstellen wird. Im Übrigen ist bei den zur [X.]ennzeichnung der beanspruchten Sportwagen praktisch bedeutsamen und naheliegenden Verwendungsmöglichkeiten des [X.] – insbesondere am Fahrzeugheck – anzunehmen, dass der angesprochene Endverbraucher das Zeichen nicht als Hinweis auf die Zugehörigkeit zur „[X.]“ nach der o. g. [X.]-Richtlinie, sondern als Marke verstehen wird ([X.] [X.], 825 [X.]. 21 f. - [X.]).

2. Das angemeldete Zeichen unterliegt auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] [X.], 680, 681 [X.]. 35, 36 - [X.]; [X.], 723, 725 [X.]. 25 - [X.]). Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfordert nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden, vielmehr genügt, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können ([X.] [X.], 146, 147 [X.]. 32 - DOUBLEMIN[X.]; a. a. [X.]. 38 - [X.]). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es - in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich - ein Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet ([X.] a. a. [X.]. 32 - DOUBLEMIN[X.]; a. a. [X.]. 38, 39 - [X.]). Des Weiteren erfordert das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] keine einhellige oder überwiegende Verkehrsauffassung. Vielmehr kann auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise allein von ausschlaggebender Bedeutung sein und einer Markeneintragung entgegenstehen, zumal jeder Mitbewerber beschreibende Angaben frei verwenden können muss ([X.] [X.], 534 [X.]. 25 - 31 – [X.]; [X.], 411 ff. - Matratzen [X.]/[X.]; BPatG [X.] 2007, 527, 529 f. – [X.]; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 [X.]. 296 [X.]).

a) Ein gegenwärtiges Freihaltebedürfnis ist nicht gegeben. Die Mitbewerber benötigen gegenwärtig nicht den Buchstaben „M“ zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit, der Bestimmung oder eines sonstigen Merkmals der Ware „Sportwagen“. Für den beteiligten [X.], zu dem in erster Linie andere Automobilhersteller, also die [X.]onkurrenten der Anmelderin gehören, ist zwar die Einteilung in [X.]n nach der oben genannten Richtlinie 2007/46/[X.] u. a. für die „Allgemeine Betriebserlaubnis für [X.]ypen“ bedeutsam (vgl. § 20 Abs. 3a Satz 4 StVZO i. V. m. Anlage [X.]). Im Zusammenhang mit den hier beanspruchten „Sportwagen“ ist dabei die „[X.]“, unter die „für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute [X.]raftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern“ fallen (vgl. Anhang II Buchstabe A Ziff. 1 zur [X.] 2007/46/[X.]), von Relevanz. Insoweit benötigt der [X.] die konkrete Wort-Buchstabenkombination „[X.]“ (und auch nur in dieser konkreten Reihenfolge) zur Beschreibung der [X.]lassenzugehörigkeit von Personenkraftwagen bzw. Sportwagen, nicht jedoch den [X.]n „M“. So ist auch in den oben jeweils zitierten Rechtsvorschriften zu den [X.]n immer nur von „[X.]“ die Rede, d. h. nur in genau dieser [X.]ombination hat die Bezeichnung einen sinnvollen Aussagegehalt. Insbesondere scheidet, wie bereits dargelegt, „M“ auch als allgemein bekannte Abkürzung für „Motorsport“, die von Mitbewerbern im Allgemeininteresse benötigt würde, aus.

b) Es ergaben sich für den [X.] nach intensiver Recherche u. a. in einschlägigen [X.]fz-Magazinen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass künftige, nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegende wirtschaftliche Entwicklungen eine beschreibende Verwendung des Buchstabens „M“ durch die Mitbewerber vernünftigerweise erwarten lassen (vgl. [X.] a. a. [X.] – [X.]; zur Problematik dieses Begriffs s. [X.], Markenrecht, 2. Aufl. [X.]. 125; [X.] in: [X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 [X.]. 284 f.). Insbesondere konnte auch für die Zukunft nicht prognostiziert werden, dass sich der Buchstabe „M“ als allgemein gebräuchliche Abkürzung für „[X.]“ oder für „Motorsport“ etablieren könnte. Der Umstand, dass ausschließlich die Anmelderin über 40 Jahre den Buchstaben „M“ als Abkürzung für „Motorsport“ verwendet hat, spricht gegen die Annahme, dass künftig Mitbewerber den Buchstaben ebenfalls mit dieser Bedeutung benötigen werden.

Mangels entgegenstehender Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] kommt es auf die Frage einer Verkehrsdurchsetzung des [X.] nach § 8 Abs. 3 [X.] nicht mehr an.

Meta

28 W (pat) 518/11

14.11.2012

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.11.2012, Az. 28 W (pat) 518/11 (REWIS RS 2012, 1490)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1490

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