Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 29/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10028

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:010617UIZR29.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I ZR 29/16
Verkündet am:

1. Juni 2017

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a, Art. 11, 20 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 Satz 1
a)
Der Absender kann vom Frachtführer den gemäß Art.
20 Abs.
1 [X.] nach dem Gewicht der verlorenen oder beschädigten Güter berechneten Betrag nur verlangen, wenn das Gewicht in der [X.] dokumentiert ist.
b)
Der
Frachtführer ist nicht verpflichtet, den Absender darauf hinzuweisen, dass dieser ihm das Gewicht der zu befördernden Güter nach Art.
6 Abs.
2 Satz
1 Buchst.
a [X.] schriftlich mitzuteilen hat.
c)
Der Verlust des Rechts auf Haftungsbeschränkung nach Art.
21 Abs.
1 Satz
1 [X.] knüpft an ein eigenes qualifiziertes schuldhaftes Verhalten des Frachtführers an; ein schuldhaftes Verhalten seiner Bediensteten wird dem Frachtführer nicht zugerechnet.
[X.], Urteil vom 1. Juni 2017 -
I ZR 29/16 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündlichen [X.] vom 1.
Juni 2017 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Prof. Dr.
[X.], Dr.
Löffler
und Fed[X.]en
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin und die [X.]en der [X.] gegen das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 26.
Januar 2016 werden zurückge-wiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Der Streit-helferin werden die im Revisionsverfahren durch die [X.] entstandenen Kosten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die E.

S.

M.

und St.

GmbH (im Weite-
ren: Absenderin) beauftragte die Beklagte zu
1 damit, den in [X.] in [X.] neu gefertigten Schiffsrumpf (im Weiteren: Kasko) des Tankschiffs "Mo.

"
in die Niederlande zu schleppen. Auf der Teilstrecke von [X.] nach
[X.] in [X.] ließ die Beklagte zu
1 den Transport von der [X.] zu
2 vornehmen. Dabei wurde der an der [X.]seite des Schiffs TMS
Mi.

der [X.] zu
2
befestigte Kasko im Verbund befördert. Am
1
-
3
-
18.
Oktober 2010 kam es gegen 6.15
Uhr auf dem [X.] in der Nähe von [X.] in der Slowakischen
Republik
zu einer Kollision mit dem zu [X.] fahrenden Schiff G.

V.

.
Die Absenderin unterhielt bei der Klägerin eine Baurisiko-Versicherung,
aufgrund der
für den eingetretenen Schaden Versicherungsschutz
bestand. Die [X.], die nach dem Versicherungsvertrag 40% des versicherten Risikos trug, hat die auf sie übergegangenen Ansprüche an die Klägerin abgetreten. Diese hat mit ihrer Klage zur Abgeltung des eingetretenen Schadens von den beiden [X.] als Gesamtschuldnern zuletzt einen Be-trag von 246.968,50

verlangt.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die [X.] zur Zahlung des
Gegenwerts von 666,67 Sonderziehungsrechten des [X.] in [X.] nebst Zinsen
verurteilt
und die Be-rufung
der Klägerin
im Übrigen zurückgewiesen
([X.], [X.]
2016, 399).
Mit der vom Senat zugelassenen
Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragen,
verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter, soweit die-ser vor dem
Berufungsgericht erfolglos
geblieben
ist. Die [X.] erstreben mit ihren [X.]en, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, weiterhin die vollständige
Abweisung der
Klage.

Entscheidungsgründe:
I. Das
Berufungsgericht
hat angenommen, der vertraglich vereinbarte Haftungsausschluss für nautisches Verschulden
ändere
nichts daran, dass die Beklagte zu
1 als Frachtführerin und die Beklagte zu
2 als ausführende Fracht-führerin für die in ihrer Obhut eingetretene Beschädigung des [X.] dem 2
3
4
5
-
4
-
Grunde nach gemäß den Bestimmungen
des Budapester Übereinkommens über den [X.] in der Binnenschifffahrt ([X.]) hafteten. Auch wenn dieser Haftungsausschluss

wie das
[X.] gemeint habe

wirksam
wäre,
käme er den [X.] jedenfalls deshalb nicht zugute, weil dem Schiffsführer des Motorschiffs
"Mi.

"
ein leichtfertiger Navigations-fehler zur Last falle, der in dem Bewusstsein begangen worden sei, dass die Kollision mit dem entgegenkommenden Schiff mit einiger Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Der hierfür erforderliche beson[X.] schwere Pflichtverstoß, bei dem der Frachtführer oder seine Mitarbeiter in krasser Weise das [X.] der Vertragspartner missachtet
hätten, liege zwar nicht schon in dem aus der Sicht
des gerichtlichen Sachverständigen ungeeigneten [X.]. Er bestehe vielmehr
darin, dass auf dem Bug des die "Mi.

"
der Höhe nach
überragenden [X.] kein Ausguck positioniert gewesen sei.
Die Haftung der [X.] sei allerdings summenmäßig beschränkt, weil die Voraussetzungen für einen Verlust des Rechts auf Haftungsbeschränkung nicht vorlägen. Insoweit komme es allein auf ein dem Frachtführer oder dem ausführenden Frachtführer anzulastendes persönliches Verschulden an.
Für ein solches persönliches Verschulden sei nichts vorgetragen und auch nichts
er-sichtlich.
Für den [X.] sei nicht an das Gewicht des [X.], sondern an die Ladungseinheit anzuknüpfen. Da die
[X.] keine An-gaben zum Gewicht des [X.] enthalte, sei die Haftung der [X.] auf 666,67
Rechnungseinheiten beschränkt. Das
Unterlassen der Eintragung des Gewichts in die [X.] stelle
keine Pflichtverletzung des Frachtführers dar, wenn die Gewichtsangabe diesem gegenüber

wie im Streitfall
-
nicht schriftlich erfolgt sei.
6
7
-
5
-
II. Diese Beurteilung hält, soweit das Berufungsgericht der Klage stattge-geben hat, den Angriffen der [X.]en der [X.] (dazu
un-ter
II
1 bis 4)
und, soweit das
Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat, den Angriffen
der Revision der Klägerin stand
(dazu unter II
5 und 6).
1. Das Berufungsgericht hat die Haftungstatbestände der Art.
16 Abs.
1 und Art.
4 Abs.
2 [X.] ohne Rechtsfehler als anwendbar angesehen.
a) Nach Art.
16 Abs.
1 [X.] haftet der Frachtführer bei einer der [X.] unterfallenden Beförderung für den Schaden, der durch Verlust oder [X.] der Güter in der [X.] von der Übernahme zur Beförderung bis zur Abliefe-rung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht, sofern er nicht beweist, dass der Schaden durch Umstände verursacht worden ist, die ein sorgfältiger Frachtführer nicht hätte vermeiden können und deren Folgen er nicht hätte [X.] können. Diese Haftung gilt nach Art.
4 Abs.
2 Satz
1 [X.] auch dann, wenn der Frachtführer die Ausführung der Beförderung ganz oder teilweise ei-nem ausführenden Frachtführer übertragen hat, und tritt neben die entspre-chende Haftung des ausführenden Frachtführers
nach Art.
4 Abs.
2 Satz
2 [X.]
für die von diesem
durchgeführte Beförderung.
b) Das Berufungsgericht hat die Haftungsnormen der [X.] als einschlä-gig angesehen, weil sowohl die Klägerin mit der [X.] zu
1 als auch diese mit der [X.] zu
2 "das [X.] Transportrecht nach [X.]"
als anwendbares Haftungsregime vereinbart hatten. Es hat
dieser Formulierung entnommen, dass die Geltung der [X.] jeweils vorrangig vereinbart war
und [X.]s Transportrecht lediglich subsidiär zur Anwendung kommen sollte. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen zulässiger Vertragsauslegung, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt. Dagegen spricht nichts für die von der [X.] der [X.] zu
2 vertretene gegenteilige Ansicht, es sei ausschließlich das nationale [X.] Transportrecht anwendbar, weil in diesem Fall der Hinweis auf die [X.] nicht verständlich wäre. Revisionsrecht-lich nicht zu beanstanden (allgemein zur Nachprüfung der Ermittlung ausländi-8
9
10
11
-
6
-
schen Rechts durch den Tatrichter im Revisionsverfahren: [X.], Beschluss vom 4.
Juli 2013
V
ZB
197/12, [X.]Z 198, 14 Rn.
15 bis 22; Urteil vom 14.
Januar 2014
II
ZR
192/13, NJW 2014, 1244 Rn.
14
f.; Beschluss vom 13.
September 2016
VI
ZB
21/15, [X.], 564 Rn.
54) ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, das [X.] Transportrecht enthalte seinerseits eine Verweisung auf
das Einheitsrecht, das lediglich durch zwingende [X.] des nationalen Rechts verdrängt werde. Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob das
Prozessverhalten der Parteien des Rechtsstreits
eine konklu-dente Rechtswahl darstellen konnte.
Da die Haftungsnormen der [X.] gelten, ist weiter das Vorbringen der [X.] der [X.] zu
2 unerheblich, das nationale [X.] Recht kenne keinen Art.
4 Abs.
2 Satz
2 [X.] vergleichbaren Direktanspruch des Absen[X.] gegen den ausführenden Fracht-führer.
2. Die [X.] der [X.] zu
1 wendet sich ohne Erfolg ge-gen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der in den beiden Verträgen verein-barte Haftungsausschluss für nautisches Verschulden könne bei qualifiziertem Verschulden des [X.] keine Wirkung entfalten.
a) Bei Anwendung der Vorschriften der [X.] folgt dies aus deren Arti-kel
25 Absatz
2 Buchstabe
a. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Frachtführer oder ausführende Frachtführer nach dieser Bestimmung nicht für durch ein
Verhalten
des [X.], Lotsen oder sonstiger Perso-nen im Dienste des Schiffs oder eines Schuboder Schleppbootes bei der nau-tischen Führung oder der Zusammenstellung oder Auflösung eines Schuboder Schleppverbandes verursachte
Schäden haftet, sofern er seine Pflichten ge-mäß Art.
3 Abs.
3 [X.] hinsichtlich der Besatzung erfüllt hat und die Handlung oder Unterlassung nicht in der Absicht, den Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wird, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Es ist
weiterhin zutreffend davon aus-gegangen, dass es in einem solchen Fall nicht auf den im Schrifttum bestehen-12
13
-
7
-
den Meinungsstreit ankommt, ob eine Vertragsklausel wirksam ist, die
wie im Streitfall
weder die positiven
noch die negativen
Voraussetzungen
des in Art.
25 Abs.
2 Buchst.
a [X.] geregelten Haftungsausschlusses im Wortlaut nennt.
b) Das [X.] Recht war nach der [X.] des Berufungsgerichts nur nachrangig anwendbar
(dazu vorstehend
II
1
b). Außerdem lässt es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht [X.] als Art.
25 Abs.
2 Buchst.
a [X.] den Haftungsausschluss für Navigati-onsfehler nicht eingreifen, wenn das
schadensursächliche Verhalten
vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Wissen der Wahrscheinlichkeit des Schadensein-tritts begangen wurde. Auch gegen diese Feststellung zum Inhalt des nieder-ländischen Rechts hat die [X.] der [X.] zu
1 keinen revisi-onsrechtlich erheblichen
Angriff erhoben.
3. Die [X.] der [X.] zu
1 rügt weiterhin ohne
Erfolg, das Berufungsgericht habe die Beweislast verkannt, soweit
es gemeint habe, die [X.] hätten sich wegen der als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommenden leichtfertigen Unterlassung des [X.] der "Mi.

"
hin-
sichtlich der fehlenden Schadensursächlichkeit entlasten
müssen.
a) Die [X.] der [X.] zu
1 weist hierzu auf die Recht-sprechung des Senats
hin, nach der sich die vom
Berufungsgericht angenom-mene Beweislastumkehr auf Fälle des groben Organisationsverschuldens in Form von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit durch den Frachtführer oder [X.] selbst beschränkt (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Januar 2008
I
ZR
146/05, [X.] 2008, 117 Rn.
30; Urteil vom 4.
Februar 2016
I
ZR
216/14, [X.] 2016, 404 Rn.
51, jeweils mwN). Von einem solchen qualifizierten Organisati-onsverschulden der beiden [X.] sei auch das Berufungsgericht nicht aus-gegangen.
14
15
16
-
8
-
b) Mit diesen Ausführungen dringt die [X.] der [X.] zu
1 nicht durch. Das Berufungsgericht hat
in der Sache keine Beweislastent-scheidung getroffen. Es hat vielmehr mit dem gerichtlichen Sachverständigen angenommen, dass der zu [X.] fahrende [X.] der [X.] zu
2 nicht dem Verlauf des Flusses in der Rechtskurve gefolgt, sondern geradeaus weitergefahren und damit in [X.] der
zu [X.] fahrenden "V.

"
gesteuert
ist, wobei die nur unzureichend vorhandene Sicht des Rudergängers des Mo-torschiffs
"Mi.

"
für die unterlassene Kurskorrektur nicht unerheblich war.
Das Berufungsgericht hat damit die Schadensursächlichkeit der Fahrt ohne ausreichende Sicht positiv festgestellt.
4. Die [X.]en der [X.] zu
1 und 2 wenden sich schließlich ohne
Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der [X.] für nautisches Verschulden scheitere daran, dass auf dem Bug des
[X.]
kein Ausguck positioniert gewesen sei.
a) Die [X.] der [X.] zu
2 führt dazu aus, die Beklagte zu
2 habe im Berufungsverfahren explizit vorgetragen und unter Beweis durch Einvernahme des [X.] Z.

des Motorschiffs
"Mi.

"
gestellt, dass
sich auf dem [X.] tatsächlich ein mit einem Handfunkgerät ausge-statteter Matrose als Ausguck auf dem Bug befunden und den Zeugen Z.

mit den Worten gewarnt habe, "da kommt was
auf uns zu". Der Umstand, dass der Zeuge Z.

bereits im Einzelrichtertermin vor dem Berufungsgericht am
17.
Juli 2014 vernommen worden sei, habe nichts an der Notwendigkeit geän-dert, ihn zu dem vorliegend angesprochenen Punkt zu vernehmen, da es sei-nerzeit lediglich um die Frage der Planungen zur Mannschaftsstärke des Schiffs gegangen sei. Außerdem lasse die vom Berufungsgericht
aufgestellte Forde-rung, der Ausguck habe gerade auf dem
wesentlich höheren
Kasko positio-niert sein müssen, unberücksichtigt, dass dieser sich in der konkreten Unfallsi-tuation auf der dem Ufer zugewandten Seite befunden habe. [X.] habe das Berufungsgericht zuvor
selbst festgehalten, die Sicht des Schiffsfüh-17
18
19
-
9
-
rers der "Mi.

"
nach [X.]
wo die Begegnung stattgefunden habe

habe durch die höheren Aufbauten des [X.] nicht beeinträchtigt werden können. Damit sei unerfindlich, warum danach ein
unterstellt
auf der "Mi.

"
aufgestellter Ausguck die
auf der einsichtigen Seite entgegenkommende
"V.

"
nicht hätte sehen sollen.
b) Die [X.] der [X.] zu
1 macht ergänzend geltend, die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, der Ausguck habe sich zwingend auf dem Bug des höheren [X.]
befinden müssen, finde auch in den Erläute-rungen des gerichtlichen Sachverständigen keine Stütze. Dieser habe angege-ben, dass eine Kompensation durch
einen Ausguck auf (dem Bug) des Motor-schiffs
"Mi.

"
immerhin eingeschränkt möglich gewesen wäre, wobei seine
Einschränkung nur für die Sicht nach [X.], nicht für die hier entschei-dende
Sicht nach [X.] gegolten habe.
c) Das Berufungsgericht hat demgegenüber unter Bezugnahme auf die entsprechende Beurteilung im schriftlichen Gutachten des gerichtlichen Sach-verständigen angenommen, auf das Vorhandensein einer uneingeschränkt funktionstüchtigen Radaranlage habe nur verzichtet werden dürfen, wenn zum Ausgleich ein permanenter und in ständigem Funkkontakt zum Schiffsführer der
"Mi.

"
stehender Ausguck auf dem Bug des [X.] gewährleistet worden
wäre. Die [X.] seien dem Vortrag der Klägerin, dies sei nicht der Fall ge-wesen, nicht mit substantiiertem
Vorbringen entgegengetreten, sondern hätten sich darauf beschränkt, den nautischen Vorteil eines Ausgucks in Abrede zu stellen, und im Übrigen behauptet, ein Ausguck sei aufgestellt gewesen, ohne dessen Person namhaft zu machen oder anzugeben, wo konkret er auf dem [X.] aufgestellt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat danach mit Recht angenommen, dass die [X.] weder ihrer [X.] nach §
138 Abs.
2 ZPO entsprochen noch ihrer sekundären Darlegungslast genügt haben. Damit war der Vortrag der Klägerin
gemäß §
138 Abs.
3 ZPO als zugestanden anzusehen und die Einvernahme der von den [X.] benannten Zeugen 20
21
-
10
-
deshalb nicht veranlasst
(vgl. [X.], Beschluss
vom 25.
Januar
2011

II
ZR
171/09, juris Rn.
5; [X.], [X.], 505 Rn.
41).
5.
Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis rechtsfehlerfrei
ange-nommen, dass der von den [X.] geschuldete Wertersatz
nach Art.
19 Abs.
2 und 3 [X.]
auf die in Art.
20 Abs.
1 Satz
1 [X.] vorgesehene [X.] beschränkt
ist, weil die
Voraussetzungen für einen Verlust des Rechts auf Haftungsbeschränkung gemäß Art.
21 Abs.
1 [X.] nicht vorlie-gen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
a) Nach Art.
21 Abs.
1 [X.] kann sich der Frachtführer oder der ausfüh-rende Frachtführer nicht auf die in diesem Übereinkommen vorgesehenen oder im [X.] vereinbarten Haftungsbefreiungen und [X.], wenn nachgewiesen wird, dass er selbst den Schaden durch ein Verhalten verursacht hat, das in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Insoweit erfolgt keine Zurechnung eines Verschuldens von Hilfspersonen
des Frachtführers
wie hier des [X.] oder der Mannschaft des Schiffs
"Mi.

".
b) Auf der Grundlage der von der Revision nicht angegriffenen [X.], die das
Berufungsgericht zu
der Frage
getroffen hat,
ob die Haftung der [X.] bereits dem Grunde
nach an dem vereinbarten Haftungsausschluss für
nautisches Verschulden scheitert, kann nicht von einem für den eingetrete-nen Schaden nachweislich ursächlich gewordenen qualifizierten eigenen [X.] der [X.] im Sinne von Art.
21 Abs.
1 [X.] ausgegangen wer-den.
aa) Das Berufungsgericht hat insoweit zunächst ausgeführt, der in dieser Vorschrift vorausgesetzte beson[X.] schwere Pflichtverstoß habe noch nicht darin bestanden, dass mit dem Motorschiff
"Mi.

"
ein für die Koppelung des
[X.] und den Transport ungeeignetes Schiff verwendet worden sei. Der ge-22
23
24
25
-
11
-
richtlich
bestellte Sachverständige
habe bei
der mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens vom 2.
April 2015
am 24.
November 2015 diese Kop-pelung zwar als von vornherein ungeeignet bezeichnet und hinzugesetzt, ein verantwortlicher Schiffsführer hätte diese Zusammenstellung seines Erachtens nicht gewählt. In seinem schriftlichen Gutachten habe der Sachverständige al-lerdings ausgeführt, die Regelungen der "Grundsätzlichen Bestimmungen für die Schifffahrt auf der [X.]"
verböten Verbandszusammenstellungen der streitgegenständlichen Art nicht. Dementsprechend sei die konkrete Koppelung in dem von der staatlichen Schifffahrtsverwaltung [X.] nach dem Unfall am 18.
Oktober 2010 erstellten Havariebericht nicht beanstandet und die von den [X.] Behörden am 19.
Oktober 2010 erteilte "[X.] für Sondertransporte"
lediglich mit der Einschränkung verbunden worden, dass das verbandführende Fahrzeug mit einer funktionstüchtigen und während der Fahrt ständig in Betrieb befindlichen Radaranlage ausgestattet und während der Fahrt ständig ein Ausguck am Bug mit Funkverbindung zum Schiffsführer vor-handen sein müsse.
Der Umstand, dass die gewählte Verbandszusammenstel-lung möglicherweise nicht einem "guten Schifffahrtsbrauch", also

wie der Sachverständige bei seiner Anhörung erläutert habe

der beruflichen Übung entsprochen habe, rechtfertige es nicht, die konkrete Zusammenstellung, wenn sie sich als nautisches Verschulden darstellen sollte, als beson[X.] schweren Pflichtverstoß zu qualifizieren. Auf das Vorhandensein einer uneingeschränkten funktionstüchtigen Radaranlage, deren Betrieb bei nicht eingeschränkten Sicht-verhältnissen nicht zwingend und auch von den [X.] Behörden nicht konkret vorgeschrieben worden sei, habe nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen aber
nur verzichtet werden dürfen, wenn ein sicherer Fahrt-verlauf zum Ausgleich der fehlenden Rundumsicht durch Gestellung eines per-manenten,
in ständigem Kontakt zum Schiffsführer der "Mi.

"
stehenden
Ausgucks auf dem Bug
der "Mo.

"
gewährleistet worden wäre.
-
12
-
bb) Danach liegt kein unfallursächliches qualifiziertes Organisationsver-schulden der [X.] vor.
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Schaden gehe ungeach-tet dessen, dass der genaue Unfallhergang
letztlich nicht geklärt sei, ursächlich auf die leichtfertige Unterlassung des [X.] des Motorschiffs
"Mi.

"

zurück. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten festgestellt, dass sich die "V.

"
in der
[X.] vor der Havarie auf einem nicht zu beanstandenden
Kurs befunden habe und [X.] der "Mi.

"
bis zum [X.]punkt der
Havarie nicht zu beanstanden gewesen sei. Bei seiner Anhörung in der mündli-chen Verhandlung habe er erklärt, der Unfall könne nur darauf beruhen, dass der zu [X.] fahrende [X.] aus welchem Grund
auch immer [X.] gesteuert habe, nicht dem Verlauf des Flusses in der Rechtskurve gefolgt, sondern geradeaus weitergefahren und in [X.] der "V.

"
gesteuert sei. Der Sachverständige sei zu dem Ergebnis gelangt,
für beide Schiffe habe die Möglichkeit bestanden, [X.] nach [X.] zu korrigieren und die Havarie zu verhindern; die nur unzureichend vorhandene Sicht des Rudergängers der "Mi.

"
sei dabei "nicht unerheblich"
gewesen.
(2)
Zutreffend ist das Berufungsgericht bei dieser Sachlage davon aus-gegangen, dass ein nautisches Versagen von Angehörigen der Mannschaft vor-lag und ein unfallursächliches qualifiziertes Organisationsverschulden der [X.] nicht ersichtlich ist. Der Verband war
an[X.] als die Revision meint

keineswegs von Anfang an fahruntüchtig.
(3) Vorliegend findet auch keine Umkehr der Beweislast statt. Nach der Senatsrechtsprechung
obliegt es, wenn ein grober Organisationsmangel vor-liegt, grundsätzlich dem Frachtführer, sich hinsichtlich der fehlenden Schadens-ursächlichkeit zu entlasten, sofern das beanstandete Verhalten als Schadens-ursache ernsthaft in Betracht kommt ([X.], [X.] 2008,117 Rn.
30 mwN). Dieser Rechtssatz kann im Streitfall nicht zur
Anwendung kommen, weil
die Parteien gerade darüber streiten, ob ein bei den [X.] bestehender Orga-26
27
28
29
-
13
-
nisationsmangel vorgelegen hat. Ohne eine entsprechende Beweislastumkehr kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass ein
Verstoß der [X.] gegen Pflichten zur Organisation ihrer Betriebe in der in Art.
21 Abs.
1 [X.] vorgesehenen qualifizierten Form unfallursächlich geworden ist.
6. Ebenfalls ohne
Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung
des Berufungsgerichts, für den [X.] nach Art.
20 Abs.
1 Satz
1 [X.] sei
nicht an das
Gewicht
des [X.], sondern an die Ladungsein-heit anzuknüpfen
und
die Haftung der [X.] damit
auf 666,67
Rech-nungseinheiten beschränkt, da die [X.] im Streitfall keine Angabe zum Gewicht des [X.] enthalten habe.
a)
Nach Art.
20 Abs.
1 Satz
1 [X.] haftet der Frachtführer vorbehaltlich des Art.
21 und des Abs.
4 in keinem Fall und aus welchem Rechtsgrund er auch in Anspruch genommen wird für höhere Beträge als 666,67
Rechnungs-einheiten
für jede Packung oder andere Ladungseinheit oder 2 Rechnungsein-heiten für jedes Kilogramm des in der [X.] erwähnten Gewichts der verlorenen oder beschädigten Güter, je nachdem,
welcher Betrag höher ist.
Das Berufungsgericht hat der Formulierung "des in der [X.] erwähnten Gewichts"
in Art.
20 Abs. 1 Satz
1 [X.] mit der im Schrifttum früher einhellig vertretenen und auch gegenwärtig ganz herrschenden Auffassung (vgl. [X.].HGB/[X.], 3.
Aufl., Art.
20 [X.] Rn.
11
ff.; [X.], Transportrecht, 9.
Aufl., Art.
20 [X.] Rn.
1; [X.] in v.
Waldstein/[X.], [X.], 5.
Aufl., Art.
20 [X.] Rn.
9; Ramming, [X.] Handbuch [X.], 2009, Rn.
490; [X.]., [X.] 2008, 189, 194; [X.]., [X.] 2014, 245, 248; Trost in [X.]/[X.], Handbuch des Fachan-walts Transport-
und Speditionsrecht, 3.
Aufl., Kap.
15 Rn.
63; zu Art.
20 Abs.
1 Satz
2 [X.] vgl. OLG Düsseldorf, [X.] 2014, 234, 240
f. und dazu [X.], jurisPR-[X.] 5/2014 Anm.
2; aA neuerdings Ramming, [X.] 2014, 390, 405; [X.]., [X.] 2016, 326, 331
f.) zu Recht entnommen, dass der Absender 30
31
-
14
-
den nach dem Gewicht berechneten Betrag nur dann verlangen kann, wenn das Gewicht in der vorgegebenen Form urkundlich dokumentiert ist.
b) Dieses Ergebnis folgt in erster Linie aus dem Wortlaut des Art.
20 Abs.
1 Satz
1 [X.], der für die Berechnung des [X.]s an die Gewichtsangabe in der Urkunde anknüpft.
Für diese Ansicht spricht
weiter, dass beim Erlass der [X.] das Problem, dass die für die Berechnung des [X.] maßgeblichen Angaben in der [X.] nicht erwähnt sind, ausweislich der in Art.
20 Abs.
1 Satz
2 [X.] enthaltenen Regelung durchaus gesehen worden ist. Der Umstand, dass
danach, wenn es sich bei der Packung oder anderen Ladungseinheit um einen Container handelt und in der [X.] nicht Packungen oder
Ladungseinheiten als im Container ver-packt angegeben wurden, an die Stelle des Betrags von 666,67
Rechnungs-einheiten der Betrag von 1.500
Rechnungseinheiten für den Container ohne die darin verstauten Güter und zusätzlich der Betrag von 25.000
Rechnungs-einheiten für die im Container verstauten Güter tritt, legt es nahe anzunehmen, dass in den übrigen Fällen, in denen in der [X.] eine für die Berech-nung des [X.]s erforderliche Angabe fehlt, die Berechnung nicht auf anderem Wege vorgenommen werden kann.
c) Dieser Auffassung steht nicht entgegen, dass die mit Art.
20 Abs.
1 Satz
1 [X.] vergleichbare Vorschrift des §
504 Abs.
1 Satz
1 HGB für das seit dem 25.
April 2013 geltende [X.] Seefrachtrecht keinen entsprechenden Formvorbehalt statuiert.
Die [X.] ist ein internationales Übereinkommen, de-ren Auslegung nicht durch
abweichende
nationale Vorschriften beeinflusst wird.
d) Soweit eine [X.] nach Art.
11 Abs.
3 [X.] für den [X.] und den Inhalt des [X.]s und
für die Übernahme der Güter zur Beförderung so wie in der Urkunde beschrieben eine Vermutung begründet (Art.
11 Abs.
3 Satz
2), bezieht und beschränkt sich diese Vermutung auf die betreffenden Angaben. Wenn
keine [X.] erstellt wurde oder

wie im 32
33
34
-
15
-
Streitfall

eine erstellte [X.] keine entsprechenden Angaben enthält, gilt diese Vermutung nicht. Dementsprechend lässt sich
hier auch aus dem Umstand, dass die Vermutung des Art.
11 Abs.
3 [X.] grundsätzlich widerleg-lich ist, nichts für die Revision
Günstiges ableiten ([X.], [X.] 2014, 390, 405).
e) Eine abweichende Beurteilung ist im Streitfall nicht deshalb geboten, weil es nach Art.
11 Abs.
1 Satz
1 Halbs.
1 [X.] Sache des Frachtführers ist, für jede unter dieses Übereinkommen fallende Beförderung von Gütern eine [X.] auszustellen, und die [X.] nach Art.
11 Abs.
5 Satz
1 Buchst.
f [X.] Maß, Zahl oder Gewicht sowie Merkzeichen der an Bord [X.] oder zur Beförderung übernommenen Güter enthält. Diese Verpflichtung besteht für den Frachtführer nur dann, wenn der Absender ihm die [X.] Angaben zuvor gemäß Art.
6 Abs.
2 Satz
1 Buchst.
a und b [X.] in schriftlicher Form gemacht hat ([X.].HGB/[X.] aaO Art.
11 [X.] Rn.
7; [X.] aaO Art.
11 [X.] Rn.
2).
Hat
der Absender dem Frachtführer Maß, Zahl oder Gewicht nicht schriftlich angegeben, stehen ihm auch keine Schadensersatzansprüche gegen den Frachtführer zu, weil dieser keine ent-sprechenden Angaben in die [X.] aufgenommen hat ([X.] in v.
Waldstein/[X.] aaO Art.
11, 12 [X.] Rn.
8).

f) Die [X.] traf auch keine Verpflichtung, die Absenderin darauf hinzuweisen, dass diese nach Art.
6 Abs.
2 Satz
1 Buchst.
a [X.] das Gewicht des zu befördernden [X.] schriftlich anzugeben hatte.
Der Annahme einer solchen Verpflichtung steht die Regelung des Art.
8 Abs.
1 [X.] entgegen. Nach dessen Satz
1 Buchstabe
a haftet der Absender, auch ohne dass ihn ein Verschulden trifft, unter anderem für alle Schäden und Aufwendungen, die dem Frachtführer oder dem ausführenden Frachtführer dadurch entstanden sind, dass die Angaben oder Hinweise nach Art.
6 Abs.
2 [X.] fehlen, unrichtig oder unvollständig sind. Diese Regelung lässt erkennen, dass die Verantwortung für das Vorliegen, die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Angaben
beim Absen-35
36
-
16
-
der liegt. Der Frachtführer ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, den [X.] auf das Fehlen schriftlicher Angaben zu Maß, Zahl oder Gewicht der Transportgüter hinzuweisen.
III. [X.] beruht auf §
92 Abs.
2 Nr.
1, §
97 Abs.
1, §
101 Abs.
1 Halbs.
2
ZPO.
Büscher
Schaffert
[X.]

Löffler
Fed[X.]en
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.01.2013 -
3-15 O 97/11 -

[X.], Entscheidung vom 26.01.2016 -
5 U 17/13 -

37

Meta

I ZR 29/16

01.06.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 29/16 (REWIS RS 2017, 10028)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10028

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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