Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2012, Az. IV ZR 283/11

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7167

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 283/11

Verkündet am:

18. April 2012

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

AVB Flusskasko-Versicherung (hier [X.])

Die so genannte [X.] in Besonderen Bedingungen für die Flusskaskoversicherung findet auch Anwendung, wenn die Schwesterschiffe bei dem Schadenereignis als Schub-
oder Koppelverband geführt wurden.

[X.], Urteil vom 18. April 2012 -
IV ZR 283/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.],
die Richterin
Harsdorf-Gebhardt
und
den Richter [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 18.
April 2012

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 5.
Zi-vilsenats des [X.] vom 14.
Januar 2011 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6.
Zivilkammer des [X.] vom 5.
Mai 2010 in der Fassung des Beschlusses vom 23.
Juni 2010 zurückgewiesen.

Von den Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen
die Beklagte zu 1
50%,
die Beklagte zu 2
25%,
die Beklagte zu 3
10% und
die Beklagte zu 4
15%.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die [X.] fordern von den beklagten Versicherern aus einer unter anderem für die
Gütermotorschiffe ([X.]) "[X.]" und "Ex-press 6" sowie die [X.] ([X.]) "[X.]1" und "[X.]" ab-geschlossenen Kaskoversicherung Entschädigung für den Nutzungsaus-fall der beiden [X.].
1
-
3
-

In dem für die [X.] vom 2.
Juni 2001 bis 1.
Juni 2002 unter [X.] der Beklagten zu
1 geschlossenen
Vertrag, dem die [X.] ([X.]) und Besondere Bedin-gungen für Flusskasko-Versicherungen ([X.]) zugrunde lie-gen, haben die Beklagten zu 1 bis 4 in dieser Reihenfolge [X.] von 50, 25, 10 und 15% übernommen. In den [X.] heißt es unter anderem:

"2.
Deckungsumfang

Die Versicherer tragen im Rahmen der Bestimmungen der [X.]. und dieser Police alle Gefahren, denen das Fahr-zeug während der Dauer der Versicherung ausgesetzt ist, insbesondere Teilschäden, Totalverlust, [X.], Bergungskosten und Ersatz an Dritte durch nautisches

6.
Ersatz an Dritte

a)
An die Stelle von § 78 [X.]. tritt folgende Regelung:

[X.])
Der Versicherer leistet Ersatz für
Schäden, die der Versicherungsnehmer dadurch erleidet, dass er auf-grund von gesetzlichen Bestimmungen die einem [X.] verursachten Schäden zu ersetzen hat, die bei der [X.] oder bei unmittelbar damit im Zusammenhang stehenden navigatorischen Maßnahmen entstanden sind.

b)
Für die Ersatzleistung des Versicherers in Fällen von Bergung, Hilfeleistung und Ersatzansprüchen Dritter werden Schiffe und Gegenstände im Eigentum des Versicherungsnehmers wie fremdes Eigentum be-handelt"

(so genannte [X.]).

2

-
4
-

Jeweils durch Verschulden der Schiffsführer der [X.] sank am 16.
November 2001 auf dem [X.] der im [X.] mit dem [X.] "Express
2" geführte [X.]
"Express
21" und kollidierte der Kop-pelverband [X.] "Express 6"/[X.] "Express
61" am 3.
Januar 2002 auf dem [X.] mit dem [X.] "W.

" sowie am 7.
Januar 2002 auf dem [X.] mit dem Tankmotorschiff ([X.]) "A.

".
Die hierdurch entstandenen Kaskoschäden regulierten die Beklagten.

Mit der Klage verlangen die [X.]
weitere [X.] wegen des infolge der Reparatur beider [X.] einge-tretenen, der Höhe nach inzwischen unstreitigen [X.] von 57.981,36

richt hat der Klage insoweit

bis auf einen geringen Teil des Zinsanspruches

stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision erstreben die [X.] die Wiederherstellung des landge-richtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch der [X.] auf Erstattung ihres [X.] ergebe sich nicht aus der so genannten [X.] der Ziff.
6
b
[X.]. Sie schüt-ze nur vor den Folgen einer Kollision.
Zu einem Zusammenstoß
der Schiffe der [X.] untereinander sei es bei den drei Unfällen nicht gekommen. Die jeweils im [X.] geführten [X.] 3
4
5
6
-
5
-

und -leichter seien als "ein" Gegenstand zu betrachten. Anders als bei einer Kollision hätten sie sich nicht wie zwei von unterschiedlichen Schiffsführern selbständig geführte Schiffe gegenübergestanden. Es komme hinzu, dass das beschädigte Schwesterschiff nur dann Anspruch auf Schadensersatz gegen den Schädiger habe, wenn diesen ein [X.] treffe, wobei ein Mitverschulden des [X.] anspruchsmindernd zu berücksichtigen sei. Fehle es an einem Verschulden des Schädigers, könne Ersatz nur aus der eige-nen Kaskoversicherung verlangt werden. Erfolge in Fällen des [X.], weil jeweils der gleiche [X.] für beide Schiffe verpflichtet sei, sei dies allein Ausdruck der Ku-lanz des Versicherers.

Auch der Umstand, dass die Versicherungsprämie jeweils für den [X.] und [X.] berechnet sei, spreche dafür, dass beide Fahrzeuge regelmäßig gekoppelt geführt würden und einheit-lich hätten versichert werden sollen.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Beklagten sind entsprechend den von ihnen gezeichneten [X.] aus den Ziffern 2, 6 a, [X.] und 6 b [X.] verpflich-tet, den [X.] den nach den vorgenannten drei Unfällen durch die Reparatur der beiden [X.] verursachten [X.] in Höhe von 57.981,36

1. Gemäß
Ziff.
2 [X.]
trägt der
Versicherer nach [X.] der [X.] und der Police alle Gefahren, denen das versicherte Fahr-7
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9
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-
6
-

zeug während der Dauer der Versicherung ausgesetzt ist. Die Klausel er-läutert im Weiteren, dass zu diesen Gefahren auch der Ersatz an Dritte infolge nautischen Verschuldens zählt.
Dieser Ersatz an Dritte wird unter Ziff.
6 [X.], welche die Klausel des §
78 [X.] ersetzt, näher geregelt. Nach Ziff.
6 a, [X.] [X.] leistet
der
Versicherer Ersatz für
Vermögensschäden, die der
Versicherungsnehmer dadurch erleidet, dass er aufgrund gesetzlicher Bestimmungen [X.] gegenüber Schäden zu ersetzen hat, die unter anderem bei der Bewegung des versicherten Schiffes entstanden sind.

2. Ziff.
6 b [X.] erweitert diesen Schutz dahingehend,
dass für die Ersatzleistung des
Versicherers
unter anderem in Fällen von Ersatzansprüchen Dritter Schiffe und Gegenstände im Eigentum des
Versicherungsnehmers
wie fremdes Eigentum behandelt werden. Diese so genannte [X.] beruht

für den Versicherungsneh-mer erkennbar

auf der Erwägung, dass über den Kaskoschaden hin-ausgehende Schäden, die eines der versicherten Schiffe an einem ande-ren seiner Schiffe verursacht, und die bei Schädigung fremden [X.] zu gesetzlichen Schadensersatzansprüchen dieses Eigentümers geführt hätten, über Ziff.
6 a, [X.] [X.] nicht gedeckt wären, weil der Versicherungsnehmer insoweit nicht als zum Schadensersatz berechtigter Dritter angesehen werden könnte (vgl. für die Kfz-Haft-pflichtversicherung: Senatsurteil vom 25.
Juni 2008

IV ZR 313/06, [X.], 372 Rn.
15).
Ziff.
6 b [X.] bestimmt deshalb, das ge-schädigte Schiff werde so behandelt, als stehe es in fremdem Eigentum. Diese Fiktion gibt dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit, einen
Ei-genschaden vom Versicherer im
gleichen Umfang ersetzt zu bekommen, wie ein geschädigter Dritter
dies vom
Versicherungsnehmer verlangen könnte.
Dem Versicherungsnehmer soll kein Nachteil daraus entstehen, 11
-
7
-

dass auch das geschädigte Schiff ihm selbst gehört ([X.], [X.], 293, 295).
Zugleich dient die Klausel damit aber auch dem wirtschaftli-chen Interesse des Versicherers;
denn nur so können
mehrere Schiffe
eines Reeders im Rahmen eines Versicherungsvertrages versichert
wer-den. Anderenfalls müsste der Reeder, wollte er umfassenden [X.] erlangen, sein Unternehmen in rechtlich selbständige Ein-Schiff-Gesellschaften aufgliedern und die einzelnen Schiffe nach Mög-lichkeit bei unterschiedlichen Versicherungsunternehmen versichern.

3. Der Versicherungsvertrag deckt mit den genannten Klauseln Haftpflichtschäden ab, zu denen der Ersatz für den Nutzungsausfall ei-nes Schiffes zählt ([X.]
OLGR 2005, 29, 30; Enge, [X.] zu den DTV-Kaskoklauseln
1978,
1980 S.
96). Eine Beschränkung der Versicherungsschutzes auf den Ersatz reiner Sachschäden kann dem [X.] nicht entnommen werden, der deshalb auch in der Literatur einhellig als vertragliches Element des Haftpflichtversiche-rungsschutzes verstanden wird ([X.] in [X.]/de la Motte/[X.], Transportversicherungsrecht 2.
Aufl. 2011, Teil
6 AVB-Kaskoversiche-rung Rn.
302; [X.] [X.]O S.
294; Enge
[X.]O; vgl. auch [X.] [X.]O).

Soweit die Beklagten in einer Gegenrüge der Fiktion der Ziff.
6
b [X.], das geschädigte Schiff "wie fremdes Eigentum" zu [X.], eine der "grundlegenden Struktur der Kasko-Versicherung" [X.] entsprechende Begrenzung der Ersatzpflicht auf Sachschäden entnehmen wollen, weil die Klausel anderenfalls habe lauten müssen, dass der Versicherungsnehmer "wie ein fremder Eigentümer" behandelt werde, vermag der Senat dies schon vor dem dargestellten wirtschaftli-chen Hintergrund nicht nachzuvollziehen. Die Beklagten meinen, die Be-12
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-
8
-

deutung der [X.] beschränke sich im Ergebnis darauf, bei Beschädigung eines Schiffes des Versicherungsnehmers durch ein Schwesterschiff die vereinbarte Selbstbeteiligung (Franchise) entfallen zu lassen. Das kommt in Ziff.
6 a, [X.] i.V.m.
Ziff.
6 b [X.] aber nicht ansatzweise zum Ausdruck. Ginge es allein um eine solche Be-grenzung der Selbstbeteiligung, hätte dies deutlich geregelt werden müssen und auch wesentlich einfacher geregelt werden können.

4. Die Voraussetzungen der Ziff.
6 a, [X.] und b [X.] sind bei den drei in Rede stehenden Vorfällen erfüllt, weil beide [X.] der [X.] jeweils bei der [X.] beschädigt wurden
(a) und ein anderer Eigentümer der beschädigten [X.] aufgrund gesetzlicher Bestimmungen
vom Eigner der Motorschiffe Nutzungsausfallersatz hätte fordern können (b).

a) Soweit das Berufungsgericht vorwiegend darauf abstellt, bei keinem der Unfälle habe eine Kollision zwischen Motorschiff und [X.] stattgefunden, weil beide jeweils im [X.] geführt worden seien und sich insoweit nicht selbständig gegenübergestanden hätten, findet dies im [X.] keine Stütze.

[X.]) Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtspre-chung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berück-sichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann (Se-natsurteile vom 23.
Juni 1993

IV [X.], [X.]Z 123, 83, 85; vom 17.
Dezember 2008
[X.], [X.], 341 Rn.
16 m.w.[X.]). Da der Versicherungsnehmer die Entstehungsgeschichte einer Klausel in 14
15
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9
-

der Regel ebenso
wenig kennt wie die Motive des Verwenders, wird er in erster Linie vom [X.] und dem systematischen Zusammen-hang ausgehen, in den eine Klausel gestellt ist.

bb) Dem Versicherungsvertrag liegen die [X.] und die [X.] zugrunde. Deren Ziff.
6 a bestimmt, dass ihre nachfolgenden Re-gelungen die Klausel des §
78 [X.] ersetzen. Vergleicht ein aufmerksa-mer Versicherungsnehmer beide Klauseln, so erkennt er, dass Ziff.
6
a [X.] die Haftung des Versicherers gegenüber §
78 [X.] erwei-tert (vgl. auch [X.]
[X.]O). Während §
78 [X.] für den Ersatz des [X.] einen Zusammenstoß von Schiffen voraussetzt, genügt nach Ziff.
6 a, [X.] [X.],
dass die Drittschäden "bei der Bewe-gung des Schiffes" entstanden sind.
Die Klausel stellt mithin allein darauf ab, dass das versicherte Schiff in Bewegung ist
und dabei [X.] an einem anderen Schiff oder sonstigem Gegenstand verursacht. Dass es dabei zu einer Kollision, insbesondere
einem Zusammenstoß selbständig bewegter Einheiten kommen muss, lässt sich dem Klausel-wortlaut nicht entnehmen. Ohne Erfolg verweist die Revisionserwiderung insoweit auf die anderslautenden
Kommentierungen
von [X.]
([X.]O)
und Enge (Erläuterungen zu den [X.] 1978 S.
96
f.), de-nen zufolge auch
die
der Ziff.
6 a,
[X.] [X.] wortgleiche Klausel
Nr.
34.1 der [X.] eine Kollision

wenn auch nicht not-wendigerweise mit einem anderen Schiff

voraussetzt. Sie
enthalten zu diesem Punkt keine nähere Begründung und zeigen insbesondere nicht auf, wo dies im [X.] zum Ausdruck kommt. Ein in Bewegung befindliches Schiff kann Schäden an anderen Sachen auch ohne direkte Kollision verursachen, etwa durch Sog oder Wellenschlag oder dadurch, dass wegen eines verkehrsordnungswidrigen Fahrmanövers andere Schiffsführer zu Ausweichbewegungen veranlasst werden, die ihrerseits 17
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10
-

zu Schäden führen
(weitere Beispiele bei [X.] [X.]O Rn.
302). Der Wortlaut der Ziff.
6 a, [X.] [X.] lässt nicht erkennen, dass
sol-che Schäden vom Versicherungsschutz ausgenommen sein sollen.

cc) Anders als das Berufungsgericht meint, steht der Anwendung der [X.] aus Ziff.
6 b [X.] nicht entgegen, dass die beschädigten [X.] bei allen Unfällen im [X.] mit Gütermotorschiffen der [X.] geführt wurden
(vgl. auch [X.] [X.]O).

(1) Zwar werden Schub-
oder Koppelungsverbände in gesetzlichen Bestimmungen zur Regelung des Verkehrs auf Wasserstraßen, etwa in §
3.01 Nr.
3 a [X.]schifffahrtspolizeiverordnung, als nautische Einheit betrachtet
(vgl. [X.], 276). Darauf kommt es für den hier in Rede stehenden Anspruch der [X.] aber deshalb nicht an, weil die allein maßgeblichen Versicherungsbedingungen darauf nicht zurückgreifen.

(2) Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, demzufolge
Schub-
oder Koppelungsverbände in jeder

auch haftungsrechtlicher

Hinsicht stets eine untrennbare Risikogemeinschaft
oder Rechtseinheit
bilden, besteht nicht
(vgl.
[X.], Urteil vom 19.
Dezember 1977

II [X.], [X.]Z 70, 127, 129; [X.] [X.]O). Das zeigt sich unter anderem daran, dass das [X.], welches seit 1963 in wechselnden [X.] das Innenverhältnis zwischen [X.]ignern und den Eignern von [X.]n regelt, zwar ursprünglich von einer solchen Risiko-gemeinschaft ausging, seit 1968 jedoch eine verschuldensabhängige Haftung des [X.]igners auch gegenüber dem Eigner eines [X.] [X.]s entsprechend den gesetzlichen Haftungsbestim-18
19
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-
11
-

mungen vorsieht
(vgl. dazu [X.], Urteil vom 12.
Juni 1989

[X.], [X.], 934 unter 4 b).

(3) Die Anwendung der [X.] wird auch nicht durch den Umstand ausgeschlossen, dass die Versicherungsprämie ausweislich der Police jeweils "pro Verband
(1 x [X.] + 1 x [X.])" auf 25.000
DM berechnet wurde. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer einer Flusskaskoversicherung kann allein dieser Prämienberechnung nicht entnehmen, dass damit ein selbständiger Versicherungsschutz für versicherte [X.] im Innenverhältnis gegenüber dem dazu gehö-rigen Gütermotorschiff entfallen soll. Dagegen spricht, dass Motorschiffe und [X.] der [X.] in der "Anlage zur Cover Note" ge-sondert als versicherte Gegenstände aufgeführt und für [X.] ei-nerseits und [X.] andererseits unterschiedliche Selbstbeteili-gungen ("Franchisen") vereinbart sind. Für einen selbständigen Versi-cherungsschutz zugunsten der [X.] spricht im Übrigen, dass sich die [X.] ohne Einschränkung auf alle "Schiffe und Gegenstände im Eigentum des Versicherungsnehmers" erstreckt. Woll-ten die Beklagten dessen ungeachtet eine Beschränkung für im Schub-
oder [X.] mitgeführte [X.] vornehmen
und die-se Verbände lediglich wie ein Schiff
als Einheit versichern, so hätten sie dies im Versicherungsvertrag in transparenter Weise zum Ausdruck brin-gen müssen.

b) [X.] die beschädigten [X.] im Eigentum Dritter, so könnten diese von der Eignerin der versicherten schadenverursachenden Motorschiffe aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Ersatz für Nutzungs-ausfall
fordern und damit den von Ziff.
6 a,
[X.] [X.] vorausge-21
22
-
12
-

setzten Haftungsschaden herbeiführen.
Die dazu erhobene Gegenrüge der Beklagten hat keinen Erfolg.

[X.]) Dem Anspruch eines [X.] auf Ersatz des Nutzungsausfalles könnte
nicht entgegen
gehalten werden, dass die unfallverursachenden Schiffsführer der [X.] in allen drei Fällen sowohl die beteiligten Motorschiffe als auch -
wegen der Koppelung -
die jeweils beschädigten Schiffsleichter führten. Zwar wäre bei einer Kollision zweier von jeweils eigenen Besatzungen geführter Schiffe
unterschiedlicher Schiffseigner
im Rahmen der Haftung des Unfallverursachers danach zu fragen, in-wieweit ein Mitverschulden der Schiffsführung des geschädigten Schiffes zum Schaden beigetragen hat. Auch wäre bei der Beschädigung des ge-samten [X.] durch ein anderes Schiff ein Mitverschulden der Besatzung des [X.]s zugleich dem im [X.] [X.] [X.] zuzurechnen
(vgl. [X.], Urteil vom 19.
Dezember 1977 [X.]O [X.]Z 70, 127, 129
f.; [X.] [X.]O). Im Innenverhält-nis zwischen [X.] und [X.] gilt dies aber nicht. Vielmehr hätte der Eigner eines im Verband mitgeführten und durch Verschulden der Besatzung des [X.] beschädigten [X.] gegen den Ei-gentümer
des [X.]s neben möglichen
Ansprüchen
aus dem [X.] (vgl. dazu [X.], Urteil vom 12.
Juni 1989

[X.], [X.], 934 unter 4) oder aus §§
280, 278 BGB deliktische Ansprüche aus §§
823 Abs.
1, 831 BGB und §
3 Abs.
1 BinSchG (zur Rechtsnatur dieser Bestimmung vgl. von Waldstein, [X.] 5.
Aufl. §
3 BinSchG Rn.
4
ff., 11
ff.). Darauf, dass seine eigene Besatzung zugleich Besatzung des [X.] gewesen und deshalb der [X.] wegen Mitverschuldens zu mindern sei, könnte sich der Eigner des [X.]s nicht berufen
(vgl. dazu
[X.], Urteil vom 17.
Oktober 1983

[X.], [X.]Z 88, 309 unter 3, wo sogar bei der 23
-
13
-

Außenhaftung eine Verantwortlichkeit des Leichtereigners für Fehler der Besatzung des [X.]s verneint wird; a.A.
[X.] [X.]O).

bb) Die Frage des Mitverschuldens der [X.]besatzung in ih-rer gleichzeitigen Eigenschaft als Besatzung des [X.]s stellt sich bei Anwendung der [X.] aber auch aus einem weiteren Grunde nicht. Der Versicherungsvertrag gewährt gerade auch Schutz gegen Schäden, die durch ein Verschulden der jeweiligen Schiffsbesatzungen herbeigeführt worden sind.
Nach §
33 Abs.
1 [X.] hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer

ungeachtet seiner Leis-tungsfreiheit bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Herbeiführung des Versi-cherungsfalles durch den Versicherungsnehmer selbst

den durch eine fehlerhafte Führung des Schiffes (nautisches Verschulden) verursachten Schaden zu ersetzen. Das Verhalten der Schiffsführung als solcher muss sich der Versicherungsnehmer dabei nach §
33 Abs.
3 [X.] nicht zu-rechnen lassen. Ergänzend dazu bestimmt §
17 [X.], die "[X.] dieser Versicherung" werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Schaden auf eine Nachlässigkeit "der Schiffbesatzung oder des
Vizen"
zurückzuführen ist. Aus der Zusammenschau dieser Klauseln ergibt sich für den Versicherungsnehmer, dass er sich ein Fehlverhalten seiner Schiffsbesatzungen auch dann nicht entgegenhalten lassen muss, wenn er gestützt auf die [X.] Ansprüche wie ein ge-schädigter Dritter erhebt. Insofern kann

anders als das Berufungsge-richt meint

keine Rede davon sein, dass Versicherer bei Anwendung der [X.] allein aus Kulanz darauf verzichteten, ein Mitverschulden der Schiffsbesatzung des geschädigten Schiffes an-spruchsmindernd zu berücksichtigen. Vielmehr höhlte
eine solche An-rechnung den mit der
[X.]
versprochenen [X.] jedenfalls bei der Beschädigung von in Schub-
oder Koppe-24
-
14
-

lungsverbänden mitgeführten Schiffen
teilweise aus, weil
ein [X.] der Schiffsbesatzung gleiche
Bedeutung für die Unfallbeteiligung beider versicherter Fahrzeuge hätte und so regelmäßig zu einer Halbie-rung der Versicherungsleistung führen müsste.

II[X.] Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht
aus anderen Gründen als im Ergebnis
richtig.

1. Wie bereits das [X.] zutreffend dargelegt hat, sind die mit der Klage erhobenen Ansprüche nicht nach §
42 Abs.
2 [X.] wegen verspäteter Geltendmachung erloschen. Hiergegen erinnert die Revisi-onserwiderung nichts.

2. Verjährung ist nicht eingetreten. Die [X.] fordern ver-tragliche Versicherungsleistungen. Für diese bestimmt §
48 [X.]
eine
Verjährungsfrist von fünf Jahren, die
mit Ablauf des Jahres zu laufen [X.], in
welchem die Versicherung endet;
das war hier das Jahr 2002. Die am 27.
Dezember 2007 bei Gericht eingereichte und alsbald,
am 10.
Januar 2008,
zugestellte Klage hat gemäß §
204 Abs.
1 Nr.
1 BGB i.V.m.
§§
253, 167 ZPO die Verjährungsfrist noch vor deren Ablauf am 31.
Dezember 2007 gehemmt.

Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten mit einer Gegenrüge [X.], die Verjährung sei bereits nach Ablauf der kürzeren Verjährungs-fristen aus den §§
117, 118
BinSchG eingetreten. Diese Vorschriften [X.] nur dann maßgeblich, wenn sich auch die Verjährung von Ansprü-chen auf Versicherungsleistung wegen Ersatzes an Dritte gemäß Ziff.
6 a, [X.] [X.] nach der Verjährung desjenigen gesetzlichen An-25
26
27
28
-
15
-

spruches richtete, aus dem der Dritte gegen den Versicherungsnehmer vorgeht. Das ist nicht der Fall.

Allerdings kann es bei der Schädigung eines [X.] an einem [X.]sschaden des Versicherungsnehmers i.S.
von Ziff.
6 a, [X.] [X.] fehlen, wenn der Geschädigte seine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Versicherungsnehmer verjähren lässt. Das lässt sich [X.] auf die Anwendung der [X.] nicht übertragen. Sie fingiert einen solchen
Schadenersatzanspruch lediglich für die Er-mittlung der Versicherungsleistung. Damit entnimmt der Versicherungs-nehmer der Klausel zwar, dass er rechtlich so gestellt werden solle, als sei er ein geschädigter Dritter; gleichzeitig enthebt ihn die bloße Fiktion des entsprechenden Schadensersatzanspruches aber davon, diesen ge-gen sich selbst geltend zu machen.
Wegen der rechtlichen Unwirksam-keit eines solchen Vorgehens hätte der Versicherungsnehmer keine Möglichkeit, einer Verjährung des lediglich fingierten Anspruches entge-genzutreten. Er wird daraus den Schluss ziehen, dass sich die Frist
für die Geltendmachung seiner Versicherungsleistung allein nach den für seinen vertraglichen Leistungsanspruch geltenden Bestimmungen rich-tet.

29
-
16
-

IV. Die Verzinsung der Klagforderung folgt aus §§
291, 288 BGB.

[X.]
[X.]
[X.]

Harsdorf-Gebhardt
[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.05.2010 -
6 O 76/07 -

O[X.], Entscheidung vom 14.01.2011 -
5 [X.] -

30

Meta

IV ZR 283/11

18.04.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2012, Az. IV ZR 283/11 (REWIS RS 2012, 7167)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7167

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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