Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2007, Az. IX ZR 56/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3432

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 14. Juni 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 140 Abs. 1, 3; BGB §§ 667, 675 [X.]slage zwischen dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts und dem Anspruch des Mandanten auf Herausgabe eingezogener Gelder entsteht [X.] dann, wenn der Rechtsanwalt das Geld in Empfang genommen hat. [X.], [X.]eil vom 14. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.] LG [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2007 durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 19. Zivilsenats des [X.]s in [X.] vom 2. März 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt ist. Die Berufung der Beklagten gegen das [X.]eil der Zivilkammer 33 des [X.]s [X.] vom 12. Mai 2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem am 29. Mai 2002 eröffneten [X.] über das Vermögen der [X.] (fortan: Schuldnerin). Diese betrieb ein Bauunternehmen. Sie hatte die Beklagte vor der [X.] in einer Reihe von Rechtsangelegenheiten mandatiert. Unter an-derem vertrat diese die Schuldnerin in einem Aktivprozess mit der [X.] und deren Zessionarin, der M.

GmbH. Die eingeklagten Mängelbeseitigungskosten waren durch 1 - 3 - Gewährleistungsbürgschaften der [X.] abgesichert. Im Zuge des Rechtsstreits erbrachte die Schuldnerin eine Prozesssicherheit. Auf jeweilige Anforderung der beklagten Rechtsanwälte zahlte die [X.] am 31. Januar 2002 83.787,96 • und am 7. Februar 2002 weitere 3.141,12 • auf ein Bankkonto der Beklagten. Am 20. Februar 2002 überwies die [X.] den als Prozesssicherheit hinterlegten Betrag von nunmehr umgerechnet 66.467,94 • ebenfalls auf ein Kanzleikonto. 2 Die Schuldnerin hatte die Beklagte am 18. Dezember 2001 unter ande-rem zur Empfangnahme und zur Freigabe von Geld und Sicherheiten, insbe-sondere des Streitgegenstandes, schriftlich bevollmächtigt. Die Beklagte be-rühmt sich, durch Abtretung Inhaberin dieser Ansprüche gewesen zu sein. Ge-legentlich einer Besprechung am 10. November 1997, an welcher der damalige gesetzliche Vertreter der Schuldnerin teilgenommen habe, sei mündlich die Ein-beziehung von [X.] vereinbart worden. Deren [X.] bestimme, dass [X.] und andere Ansprüche der Mandantin ge-genüber dem Gegner, der [X.] oder sonstigen erstattungspflichtigen [X.] in Höhe der [X.] an diese abgetreten würden. 3 Mit Begleitschreiben vom 6. März 2002 übermittelte die Beklagte der Schuldnerin [X.] vom 18. und 19. Februar 2002 in einer die eingezogenen Beträge übersteigenden Höhe und erklärte die Aufrechnung mit den Ansprüchen auf Herausgabe der vereinnahmten [X.]. Am 12. März 2002 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Am 3. Juni 2002 zahlte die [X.] weitere 878,91 • an die Beklagte aus. Auch mit diesem Betrag erklärten die beklagten Rechtsanwälte die Aufrechnung. 4 - 4 - Der Kläger hält die Aufrechnung für unzulässig und hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 154.275,93 • zuzüglich Zinsen zu verurteilen. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt hat, soweit sie zur Zahlung ei-nes 7.308,97 • zuzüglich Zinsen übersteigenden Betrages verurteilt worden ist, hatte Erfolg. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederher-stellung des landgerichtlichen [X.]eils. 5 Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. 6 [X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts entfällt der Zahlungsanspruch des [X.] nicht schon deshalb, weil die Schuldnerin die Ansprüche, die den [X.] Zahlungen der [X.] und der [X.] zu-grunde lagen, zuvor an die Beklagte abgetreten hat. Ob die Mandatsbedingun-gen der Beklagten mündlich in die hier in Rede stehenden Anwaltsverträge ein-bezogen worden seien, brauche nicht entschieden zu werden. Denn aus der [X.] des Bedingungswerks, auf welche sich die Beklagte berufe, ergebe sich nicht mit der erforderlichen Klarheit, dass die Ansprüche schon abgetreten [X.]. Dies folge aus der gewählten sprachlichen Fassung ("werden – abgetre-ten") und der mangelnden hinreichenden Bestimmtheit des Gegenstandes der Abtretung. Es sei nicht eindeutig, welche "anderen Ansprüche" neben den aus-7 - 5 - drücklich aufgeführten [X.]n und "sonstigen Erstat-tungsansprüchen gegen Dritte" gemeint gewesen seien. Gegen diese weitge-hend auf tatrichterlichem Gebiet liegende Würdigung wendet sich die Revisi-onserwiderung nicht. I[X.] [X.] ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, außerhalb des Insolvenzverfahrens wirksam. Der Rechtsanwalt ist grund-sätzlich nicht gehindert, sich durch Aufrechnung mit Honoraransprüchen aus nicht zweckgebundenen [X.]n zu befriedigen, auch wenn die [X.] nicht gerade den Auftrag betreffen, der zu dem Geldeingang geführt hat ([X.], [X.]. v. 23. Februar 1995 - [X.] ZR 29/04, [X.], 1064, 1065). Dass die Beklagte unter Umständen aufgerechnet hätte, unter denen die Schuldnerin damit nach [X.] und Glauben nicht zu rechnen brauchte, ist nicht ersichtlich und wird von der Revision auch nicht geltend gemacht. 8 II[X.] 1. Das Berufungsgericht hält die Aufrechnung, soweit sie noch Gegen-stand seiner Entscheidung war, auch unter [X.] (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) für zulässig. Es könne dahinstehen, ob die Befriedigung kongruent oder inkongruent sei, weil als maßgeblicher Zeitpunkt (§ 140 Abs. 1, 3 [X.]) nicht auf den [X.], sondern auf die Entstehung der Aufrechnungslage abzustellen sei. Diese habe lange vor der [X.] bestanden. Der Honoraranspruch des Anwalts sei im Sinne 9 - 6 - des § 140 Abs. 3 [X.] bereits mit Erteilung des zugrunde liegenden Mandats entstanden. Dies ergebe sich aus der parallelen Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs zur Provisionsforderung des Handelsvertreters und zum Entstehen mietvertraglicher Ansprüche. Es sei auf den "Abschluss der [X.]" abzustellen. Auch der Anspruch des Mandanten auf Auskeh-rung des aus der Geschäftsbesorgung [X.] (§ 667 BGB) entstehe schon mit der Begründung des Mandats und nicht erst mit dem Eingang des erstritte-nen Betrages auf dem Bankkonto der Sozietät. Für die Insolvenzfestigkeit müs-se es ausreichen, dass die Aufrechnungsforderung dem Grunde nach entstan-den sei. 2. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. [X.] der Beklagten mit ihren Honoraransprüchen gegen die Ansprüche der Schuldnerin auf Auskehrung des aus der Geschäftsbesorgung [X.] ist teils nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.], teils nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 [X.] unzulässig, weil die Beklagte, soweit sie nicht erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, die Möglichkeit der Aufrech-nung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. 10 a) Für alle Zahlungen auf das [X.] vor der Eröffnung des [X.] greift § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ein. Diese Vorschrift verfolgt das gleiche wirtschaftliche Ziel wie die frühere Regelung in der Konkursordnung. Sie setzt voraus, dass die Aufrechnungslage in einer von §§ 130 ff [X.] beschrie-benen Weise anfechtbar erworben worden ist ([X.] 159, 388, 393). Nach dem Vorbringen der Parteien ist davon auszugehen, dass die Schuldnerin und die Beklagte die sich gegenüberstehenden Forderungen zu verschiedenen Zeit-punkten im Sinne der §§ 387, 389 BGB erworben haben. Denn der im Insol-venzverfahren von dem Kläger verfolgte Anspruch der Schuldnerin auf [X.] - 7 - rung der von der Beklagten zugunsten der Schuldnerin vereinnahmten Beträge ist nicht schon mit der Begründung des Mandats, sondern erst mit Eingang der [X.] auf dem Bankkonto der Beklagten zwischen dem 31. Januar 2002 und dem 20. Februar 2002, also in der "[X.]", entstanden. [X.]) Auch im Anwendungsbereich des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ist der für die Anfechtbarkeit wesentliche Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung nach § 140 [X.] zu bestimmen. Da es sich um die Verknüpfung gegenseitiger Forderungen handelt, kommt es darauf an, wann das Gegenseitigkeitsverhält-nis begründet worden ist. Dagegen ist es grundsätzlich unerheblich, ob die [X.] oder des Insolvenzgläubigers früher entstanden oder fällig geworden ist ([X.] 159, 388, 395; [X.] [X.], 1679, 1682). 12 Im Regelfall gilt eine Rechtshandlung erst dann als vorgenommen, wenn ihre rechtlichen Wirkungen eingetreten sind (§ 140 Abs. 1 [X.]). Da im Streitfall die Begründung der Aufrechnungslage im Blick auf die Erfüllbarkeit der Haupt-forderung (§ 387 BGB) davon abhing, dass der Schuldnerin Ansprüche auf Herausgabe des durch die Geschäftsbesorgung [X.] zustanden, kommt es auf die Zeitpunkte an, zu denen die Beklagte buchmäßige Deckung erhielt. Der erste Zahlungseingang erfolgte Ende Januar 2002, mithin schon in der "[X.]". Vor diesem Zeitpunkt konnte die Beklagte schon deshalb nicht aufrechnen, weil sie die ihr obliegende Leistung gemäß § 387 BGB nicht bewir-ken konnte. 13 bb) Gemäß § 140 Abs. 3 [X.] bleibt bei einer bedingten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung außer Betracht. Zu den in diesem Sinne bedingten Ansprüchen rechnet der Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn aus § 667 BGB nicht. 14 - 8 - (1) Die Vorschrift des § 140 Abs. 3 [X.] ist auch im Rahmen von § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] für die Anfechtbarkeit und damit für die Unzulässigkeit von Aufrechnungen von Bedeutung. Ist zumindest eine der gegenseitigen durch Rechtsgeschäft entstandenen Forderungen befristet oder von einer Bedingung abhängig, so kommt es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungsla-ge nicht darauf an, wann die Aufrechnung zulässig wurde, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die spätere Forderung entstand und damit das [X.] begründet wurde ([X.] 159, 388, 395 f; HK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 140 Rn. 14). Abzustellen ist dann auf den "Abschluss der [X.]" (BT-Drucks. 12/2443, [X.]; [X.], [X.]O S. 1683). Wäre die Herausgabepflicht des Beauftragten aus § 667 BGB als ein bedingter An-spruch im Sinne von § 140 Abs. 3 [X.] anzusehen, bedingt auf den Zeitpunkt, zu dem der Beauftragte die Zahlungen Dritter aus der Geschäftsbesorgung er-langte, und würde für den Gebührenanspruch Entsprechendes gelten, wäre mit dem Berufungsurteil auf den außerhalb der "[X.]" erfolgten Abschluss der zugrunde liegenden [X.] abzustellen, obwohl die [X.] damals noch nicht erfüllbar war. 15 (2) Dieser rechtliche Ansatz ist jedoch abzulehnen. Die Vertragspflicht aus § 667 BGB, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben, schuldet der Beauftragte bis zur Einziehung auch nicht bedingt oder betagt, weil die Einziehung weder als eine Bedingung noch als eine Zeitbestimmung anzusehen, sondern Inhalt des Rechtsgeschäfts selbst ist (vgl. [X.], 327, 330; [X.] 95, 149, 155; 107, 88, 90; siehe ferner [X.], [X.]. v. 23. Juni 2005 - [X.] ZR 139/04, [X.], 1742, 1743). 16 - 9 - Der [X.] hat in seiner jüngeren Rechtsprechung zu §§ 95, 140 Abs. 3 [X.] den wertungsmäßigen Gleichlauf beider Bestimmungen betont und in mehreren, jeweils Ansprüche aus Mietverhältnissen betreffenden [X.] nach §§ 95 f [X.] zugelassen, in denen der maß-gebliche Rechtsgrund für das Gegenseitigkeitsverhältnis bereits vor Verfah-renseröffnung gelegt war, die Ansprüche jedoch erst mit Eröffnung des [X.] fällig wurden (vgl. [X.], [X.]. v. 11. November 2004 - [X.] ZR 237/03, [X.], 181, 182; v. 21. Dezember 2006 - [X.] ZR 7/06, [X.], 239 f). Diese Fälle sind mit dem Streitfall nicht vergleichbar, weil Mietzinsan-sprüche gemäß § 163 BGB befristet mit Beginn des jeweiligen Zeitabschnitts, für den der Mietzins zu zahlen ist, entstehen und damit aufschiebend bedingten Forderungen im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.] gleichgestellt werden ([X.], [X.]. v. 21. Dezember 2006 - [X.] ZR 7/06, [X.]O S. 239). Aus dieser [X.] kann deshalb nicht abgeleitet werden, dass der maßgebliche Zeitpunkt bei [X.] generell mit der Vereinbarung der vertragli-chen Grundlage zusammenfällt, in der die in dieser Beziehung erwachsenden Rechte und Pflichten wurzeln (so aber [X.], 107). Die Vor-schrift des § 140 Abs. 3 [X.] knüpft an den Rechtszustand an, dass [X.] und auflösend bedingte oder befristete, das heißt mit einem Anfangs- oder Endtermin versehene Rechtsgeschäfte (§§ 158 ff BGB) gemäß § 161 Abs. 1, 2, § 163 BGB während des [X.] gegen Verfügungen, auch gegen solche des Insolvenzverwalters, geschützt sind. Sie werden des-halb unabhängig von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Eintritt der Be-dingung oder des Termins wirksam oder unwirksam. § 91 Abs. 1 [X.] findet insoweit keine Anwendung (vgl. ferner § 41 Abs. 1, §§ 42, 191 Abs. 1 Satz 1 [X.]; hierzu HK-[X.]/[X.], [X.]O § 140 Rn. 13). Die Vorschrift des § 140 Abs. 3 [X.] stellt in diesem Zusammenhang klar, dass die genannten [X.] ohne Rücksicht auf den Eintritt der Bedingung oder des Termins schon mit 17 - 10 - Abschluss der rechtsbegründenden Tatsachen als vorgenommen gelten. Sie setzt somit voraus, dass die Rechtshandlung des Schuldners, an die [X.] werden soll, dem Gläubiger bereits eine gesicherte Rechtsstellung ver-schafft hat (vgl. [X.] 156, 350, 356; HK-[X.]/[X.], [X.]O § 140 Rn. 13; [X.], [X.]O S. 1680). Dies war auch in der Entscheidung vom 29. Juni 2004 ([X.] 160, 1) der Fall. Dort war der Vermögensgegenstand, in welchem der Insolvenzgläubiger durch Aufrechnung seine Befriedigung suchen wollte (Aus-einandersetzungsguthaben), dem Vermögen des Insolvenzgläubigers zugeord-net und entstand bei Eintritt der Rechtsbedingung von Rechts wegen ohne [X.] Zutun der Parteien gleichsam automatisch ([X.], [X.]O S. 6). Vorliegend hatte die Beklagte bis zum Eingang der Zahlungen noch [X.] unentziehbare Rechtsposition inne; denn bis dahin hatte sie noch keinen Anspruch darauf, dass eine Aufrechnungslage entstand. Die Schuldnerin hätte den Auftrag jederzeit ändern und Zahlung an sich verlangen können. Das [X.] einer Vertragsänderung steht aus anfechtungsrechtlicher Sicht grund-sätzlich einer Rechtshandlung durch [X.] gleich (§ 129 Abs. 2 [X.]). Die Rechtsstellung der Beklagten entsprach daher derjenigen eines Gläubigers, dem lediglich eine mehr oder weniger starke tatsächliche Aussicht auf den Er-werb eines zukünftigen Anspruchs eingeräumt ist (vgl. [X.] 156, 350, 356). Auch aufgrund dieser Wertung ist es nicht angängig, die in § 140 Abs. 3 [X.] formulierten Ausnahmen auf Rechtsbedingungen oder künftige Forderungen zu erstrecken. 18 (3) Dieses Ergebnis steht mit der übrigen Rechtsprechung des Senats im Einklang. In seiner Entscheidung vom 29. Juni 2004 ([X.] 159, 388, 394 f) war die vom Senat als schutzwürdig angesehene Aufrechnungslage vor der "[X.]" entstanden. Die Gegenforderung der [X.] war 19 - 11 - vorher entstanden und fällig. Die Hauptforderung der Schuldnerin, ein Provisi-onsanspruch für die Vermittlung von Hotelbetten, beruhte auf einem [X.], der noch früher, nämlich mehr als ein Jahr vor dem [X.], geschlossen worden war. Die Provisionsforderung des Handelsvertreters entsteht nach § 87 Abs. 1 bis 3 HGB bereits mit Abschluss des [X.] dem Unternehmer und dem [X.], der hier durch die Buchung ebenfalls vor der Krise zustande gekommen war. Die Provision ist gleichwohl nach § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB erst verdient, sobald das Geschäft ausgeführt ist. Bis dahin steht sie unter einer aufschiebenden Bedingung. Die gemäß § 87a Abs. 1 HGB maßgebliche Bedingung trat erst ein, als [X.] tatsächlich in Anspruch genommen worden waren. Dies geschah zwar erst nach dem Insolvenzantrag, lag jedoch nicht mehr im Einflussbereich des Schuldners (vgl. [X.] [X.]O [X.]). Deshalb war es in jenem Fall gerechtfertigt, dem Insolvenzgläubiger ab Fälligkeit der Gegenforderung eine anfechtungsfeste Aufrechnungsposition zuzuerkennen, obwohl die Aufrechnung erst später erfolgen konnte. Ähnliches gilt für den durch das schon erwähnte [X.]eil vom 11. November 2004 ([X.] ZR 237/03, [X.], 181) entschiedenen Sachverhalt, in welchem die Hauptforde-rung der Schuldnerin auf Rückzahlung der "überzahlten" Nebenkosten vor Be-ginn der insolvenzrechtlichen Krise durch Ablauf des Abrechnungszeitraumes hinsichtlich der rechtsbegründenden Tatumstände abgeschlossen war und die Fälligkeit nur noch von der Abrechnung abhing. Nur die Gegenforderung der [X.] auf den laufenden Mietzins stammte aus dem [X.]raum. Das war jedoch rechtlich ohne Bedeutung, weil diese Forderung [X.] fällig war als der von dem klagenden Insolvenzverwalter verfolgte Anspruch der Schuldnerin (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 3 [X.]). - 12 - Soweit der II[X.] Zivilsenat des [X.] in seiner vom [X.] herangezogenen Entscheidung vom 1. Juni 1978 ([X.] 71, 380) eine weitergehende Aufrechnung zugelassen hat, wird hieran nicht mehr [X.]. Einer Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG an den II[X.] Zivilsenat bedarf es nicht. Die damalige Entscheidung betraf eine Rechtsstreitigkeit über Auftragsverhältnisse betreffend Ansprüche von und gegen Rechtsanwälte. Die Zuständigkeit für dieses Sachgebiet ist in der Zwischenzeit auf den [X.] übergegangen (vgl. § 132 Abs. 3 Satz 2 GVG). 20 b) Die Herstellung der Aufrechnungslage fällt deshalb, soweit die Geld-beträge vor der Verfahrenseröffnung auf dem Konto der Kanzlei eingegangen sind, in die "kritische Zeit" und ist nach §§ 130, 131 [X.] anfechtbar. Ob sie eine kongruente oder inkongruente Rechtshandlung darstellt, richtet sich nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] danach, ob der Aufrech-nende einen Anspruch auf Abschluss der Vereinbarung hatte, welche die [X.] entstehen ließ, oder ob dies nicht der Fall war ([X.] 147, 233, 240; 159, 388, 395 f; [X.], [X.]. v. 9. Februar 2006 - [X.] ZR 121/03, [X.], 818, 819). Im Streitfall ist die Herstellung der Aufrechnungslage inkongruent, weil die Beklagte aus dem Anwaltsvertrag keinen Anspruch auf diese Art der Erfüllung ihrer Vergütungsansprüche hatte. Die Leistungen der R.

AG sowie der Anspruch auf Erstattung des [X.] stan-den der Schuldnerin zu. Dass die Beklagte die Beträge, gestützt auf entspre-chende [X.] und den diese begleitenden Auftrag, berech-tigt entgegen genommen hat, bedeutet nicht, dass sie einen die Kongruenz be-gründenden Anspruch auf Einzug mit dem Ziel der Verrechnung hatte. 21 c) Die übrigen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nach §§ 129, 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.] sind erfüllt. Der Zahlungseingang vom 20. Februar 22 - 13 - 2002 liegt im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfah-rens (vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Soweit die Beklagte mit den Zahlungsein-gängen vom 31. Januar 2002 und vom 7. Februar 2002 aufrechnet, ist die [X.] unzulässig, weil die Schuldnerin zu diesen Zeitpunkten bereits zah-lungsunfähig war (vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Dies hat das [X.] auf der Grundlage des unstreitigen Umstandes festgestellt, dass die Schuldnerin die durch Bescheid der Stadtverwaltung [X.] vom 29. Januar 2001 festge-setzte Gewerbesteuer in Höhe von 1.345.712 DM zuzüglich Zinsen nicht [X.] hat. Hiergegen hat die Beklagte in der Berufungsinstanz geltend gemacht, es fehle an Feststellungen zu der [X.] der Schuldnerin in den maß-geblichen Zeitpunkten. Dieser Einwand ist unberechtigt. Die Zahlungsunfähig-keit einer Schuldnerin kann sich auch aus ihrer Zahlungseinstellung ergeben (§ 17 Abs. 2 Satz 2 [X.]), die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wiederum anhand von Indizien festgestellt werden kann; eine andauernde Li-quiditätslücke muss in einem solchen Fall vom Insolvenzverwalter nicht vorge-tragen werden (vgl. [X.], [X.]. v. 12. Oktober 2006 - [X.] ZR 228/06, [X.], 2222, 2223 f mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des [X.]). Im Streitfall hat die Schuldnerin die erhebliche [X.], wie sich aus der Forderungsanmeldung der Stadt [X.] vom 8. Juli 2002 ergibt, bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeglichen. Dies rechtfertigt die Annahme ihrer Zahlungsunfähigkeit spätestens ab Ende Januar 2002. 3. Die Zahlung der [X.] über 878,91 • vom 3. Juni 2002 ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Insoweit ist die Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 [X.] unzulässig. Die Beklagte ist, wie es diese Vorschrift vor-aussetzt, erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur [X.] schuldig geworden. Die Regelung des § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist dem-23 - 14 - gegenüber nicht einschlägig. Denn der Anspruch auf Herausgabe der [X.] Gelder ist erst entstanden, als die Beklagte buchmäßige Deckung erhielt. Dies gilt auch für die letzte Zahlung. [X.] Ganter [X.]

Kayser [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 12.05.2005 - 33 O 126/04 - KG [X.], Entscheidung vom 02.03.2006 - 19 U 35/05 -

Meta

IX ZR 56/06

14.06.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2007, Az. IX ZR 56/06 (REWIS RS 2007, 3432)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3432

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 175/21 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzanfechtung: Inkongruenz der Herstellung einer Aufrechnungslage


VII R 6/10 (Bundesfinanzhof)

Unzulässigkeit der Aufrechnung in kritischer Zeit vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens - Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage- Begriff …


IX ZR 195/03 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 104/07 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzanfechtung: Anfechtbarkeit des Erwerbs einer Aufrechnungslage


IX ZR 104/07 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

VII R 39/18

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.