Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.11.2010, Az. VII R 6/10

7. Senat | REWIS RS 2010, 1769

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Gegenstand

Unzulässigkeit der Aufrechnung in kritischer Zeit vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens - Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage- Begriff der anfechtbaren Rechtshandlung - Anfechtungsgegenstand - Kausalzusammenhang


Leitsatz

Die Verrechnung von Insolvenzforderungen des Finanzamts mit einem aus der Honorarzahlung an einen vorläufigen Insolvenzverwalter resultierenden Vorsteuervergütungsanspruch des Insolvenzschuldners ist, sofern bei Erbringung der Leistungen des vorläufigen Insolvenzverwalters die Voraussetzungen des § 130 InsO oder des § 131 InsO vorgelegen haben, unzulässig (Änderung der Rechtsprechung)        .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Verwalter in dem über das Vermögen der [X.] (im Folgenden: Schuldnerin) am 16. Dezember 2002 eröffneten Insolvenzverfahren. Für seine vorausgegangene Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter seit dem 11. November 2002 ist vom [X.] eine Vergütung von rund ... € festgesetzt worden. Den darin enthaltenen [X.] hat der Kläger für die Schuldnerin als Vorsteuer in der Voranmeldung für das 1. Quartal 2005 angemeldet, in welchem er sein Honorar der Insolvenzmasse entnommen hat. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) hat den [X.] mit vorinsolvenzlichen Steuerforderungen gegen die Schuldnerin (Umsatzsteuer 2001 sowie Juli bis September 2002) verrechnet und hierüber später den in diesem Verfahren angefochtenen Abrechnungsbescheid vom 16. März 2006 erlassen.

2

Das Finanzgericht ([X.]) hat die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 774 veröffentlichte Urteil abgewiesen, weil es die Aufrechnung für zulässig hält. Es urteilte, der Aufrechnung stehe § 96 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung ([X.]) nicht entgegen, weil die strittige Vorsteuer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sei. Der Aufrechnung stehe aber auch § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht entgegen, weil das [X.] die Möglichkeit der Aufrechnung nicht durch eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne dieser Vorschrift erlangt habe.

3

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des [X.], der im Wesentlichen vorträgt:

4

Die Befürchtung des [X.], es würde im Insolvenzfall zu einem vollständigen Ausschluss der Aufrechnung von Steuerforderungen kommen, gehe fehl. Es komme nur dann zu einem solchen Ausschluss, wenn die Finanzverwaltung in der Erwartung, die Aufrechnung durchzuführen, nicht schützenswert sei; wann das der Fall sei, regelten die §§ 129 ff. [X.].

5

§ 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] betreffe Fälle, in denen sich Haupt- und Gegenforderung bereits vor Insolvenzeröffnung aufrechenbar gegenüberständen und deshalb an sich § 94 [X.] gelte, also die Aufrechnung noch im eröffneten Insolvenzverfahren erklärt werden könne. Das missbillige der Gesetzgeber jedoch, wenn für den [X.] bereits absehbar gewesen sei, dass die Hauptforderung demnächst nur noch im Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldet werden könne. Hier sei der [X.] nicht mehr schützenswert. Im Streitfall lägen die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vor, weil die Aufrechnungslage gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 [X.] anfechtbar zustande gekommen sei. Zwar sei der [X.] der Schuldnerin aufschiebend bedingt bereits vor Insolvenzeröffnung entstanden, die Aufrechnungslage selbst jedoch erst nach Insolvenzeröffnung infolge der gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vorzunehmenden Saldierung. Dies sei als anfechtbare Rechtshandlung zu qualifizieren, weil es dafür ausreiche, dass es sich um einen Vorgang handele, der rechtliche Wirkung entfalte.

6

Weiterhin sei das [X.] Insolvenzgläubiger, da seine Forderungen bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden hätten und die Aufrechnungslage erst nach der Stellung des Insolvenzantrags begründet worden sei. Dem [X.] sei diese Tatsache spätestens seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt gewesen. Allerdings schade anfechtungsrechtlich nur eine Kenntnis, die bereits bei Vornahme der anzufechtenden Rechtshandlung vorgelegen habe. Bei der Rechtshandlung handele es sich hier jedoch um das Gesamtgeschehen, welches zum Entstehen der Aufrechnungslage geführt habe. Die Aufrechnungslage sei zwar bereits vor Insolvenzeröffnung begründet worden, jedoch gelte eine Rechtshandlung nach § 140 [X.] erst als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen entstanden, im Streitfall also mit der Saldierung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

7

Die Revision verweist im Übrigen auf das Urteil des [X.] ([X.]) vom 9. Juli 2009 IX ZR 86/08 (Neue Juristische [X.] Zivilrecht --NJW-RR-- 2010, 118), wonach auch das Brauen von Bier infolge der dadurch begründeten [X.] für die Biersteuer eine anfechtbare Rechtshandlung sein könne. Von diesen vom [X.] aufgestellten Grundsätzen könne der erkennende Senat nicht abweichen, ohne den gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes anzurufen.

8

Das [X.] ist dem entgegengetreten. Es weist darauf hin, dass das vom Kläger im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur Saldierung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG angeführte Urteil des erkennenden Senats vom 26. Januar 2007 [X.] ([X.], 385, [X.], 747) im Streitfall nicht einschlägig sei, weil es dort nach der Saldierung zu einer Steuerschuld gekommen sei, im Streitfall die [X.] jedoch eine Erstattung bewirkt habe.

9

Entscheidend für den Streitfall sei die Frage, ob das Entstehen der Aufrechnungslage entsprechend der Rechtsprechung des [X.] auf einer nach der [X.] anfechtbaren Rechtshandlung beruhe. Eine Rechtshandlung i.S. der §§ 129 ff. [X.] sei jedoch nur eine vom Willen getragene Betätigung, die in irgendeiner Weise Rechtswirkungen auslösen könne, ohne dass der Wille allerdings auf deren Eintritt gerichtet sein müsse. Die Umsatzsteuer entstehe hingegen wie jede Steuer kraft Gesetzes durch Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 16. November 2004 [X.]/03, [X.], 296, [X.], 193).

Das [X.] hat gleichwohl inzwischen den angefochtenen Abrechnungsbescheid aufgehoben und den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt.

Der Kläger hat sich jedoch der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Er beantragt vielmehr, festzustellen, dass der Abrechnungsbescheid des [X.] vom 16. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Dezember 2006 rechtswidrig gewesen sei.

Er trägt dazu vor, angesichts der unterschiedlichen Rechtsprechung von [X.] und [X.] sei die entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Zulässigkeit einer Aufrechnung weiterhin klärungsbedürftig. Sie stelle sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auch künftig. Er selbst betreibe ein beim [X.] anhängiges Klageverfahren (5 K 2230/06) mit rechtlich identischem Streitgegenstand. Dieses Verfahren ruhe lediglich deshalb, weil sich die Beteiligten eine Klärung der Rechtsfrage im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits erhofften. Es entspreche deshalb der [X.], dieses Verfahren fortzusetzen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist in Gestalt der vom Kläger jetzt begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit des vom [X.] aufgehobenen und deshalb erledigten [X.] gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zulässig. Es fehlt dem Kläger nicht an dem von dieser Vorschrift verlangten berechtigten Interesse an der begehrten Feststellung.

Ist ein Klageverfahren anhängig geworden und hat es unter entsprechendem Aufwand einen bestimmten Stand (hier: mündliche Verhandlung des [X.] über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids) erreicht, so muss bei einer Erledigung des ursprünglichen Antrags die Frage gestellt werden, ob dieser Aufwand nutzlos gewesen sein soll und der Kläger der (zumal nicht auf sein Verhalten zurückgehenden) Erledigung wegen in diesem Verfahren leer ausgehen darf (Urteil des [X.] --BVerwG-- vom 28. April 1967 [X.] 163.65, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1967, 1819). Das mutet ihm das Gesetz nur dann zu, wenn er an der Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts kein bei vernünftigen Erwägungen erkennbares Interesse wirtschaftlicher, ideeller oder auch rein persönlicher Art haben kann ([X.], Verwaltungsprozessrecht, § 22 Rz 16, mit [X.].). Ob ein solches Interesse gegeben ist, hängt von den konkreten Gegebenheiten des einzelnen Falles ab. Es kann sich --wie es hier tatsächlich der Fall [X.] u.a. daraus ergeben, dass die Feststellung (zumindest präjudizielle) Bedeutung für einen anderweit von dem Betreffenden geführten Rechtsstreit hat und es ihm erleichtert, seine dort geltend gemachten Rechte durchzusetzen, wie dies seit jeher insbesondere im Falle der Vorbereitung eines Staatshaftungsprozesses anerkannt ist, aber auch bei Anhängigkeit eines [X.] anzuerkennen ist.

Es muss sich allerdings stets um ein eigenes Interesse des [X.] handeln. Dieser kann sich auch im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht zum Anwalt der Allgemeinheit aufschwingen, weshalb, anders als der Kläger offenbar meint, die Notwendigkeit einer Wiederherstellung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung hinsichtlich der Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht zu begründen vermag.

Der Kläger hat jedoch unwidersprochen geltend gemacht, ein persönliches Interesse an der Klärung der Frage, ob jene Vorschrift bei Entstehen steuerlicher Forderungen unter den Voraussetzungen des § 130 oder § 131 [X.] anzuwenden ist, zu haben, weil sich diese Frage auch in einem von ihm gegen das [X.] betriebenen weiteren Klageverfahren stelle, welches mit Zustimmung des [X.] gerade im Hinblick auf die Entscheidung des erkennenden Senats in diesem Verfahren zur Ruhe gebracht worden sei. Unter diesen Umständen kann dem Kläger ein berechtigtes Interesse an einer Sachentscheidung in diesem bereits weitgehend geförderten Verfahren nicht abgesprochen werden.

2. Die Revision des [X.] ist auch begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des [X.] und zur antragsgemäßen Entscheidung über den Klageantrag (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). Der angefochtene Abrechnungsbescheid war rechtswidrig, soweit er den [X.] der Schuldnerin als durch Verrechnung mit den gegen sie gerichteten Umsatzsteuerforderungen des [X.] erloschen ausweist. Der vom [X.] erklärten Aufrechnung, welche diesem Ausspruch des Bescheids zugrunde liegt, steht § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entgegen. Nach dieser Vorschrift ist eine Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat.

a) Die Vorschrift verfolgt das Ziel, den Anfechtungsvorschriften der [X.] (§§ 129 ff. [X.]) im Hinblick auf eine von einem Insolvenzgläubiger erklärte Aufrechnung in dem Sinne Geltung zu verschaffen, dass einer etwaigen Aufrechnungserklärung die Rechtswirkung genommen und dadurch eine anderenfalls etwa notwendige Anfechtung der betreffenden [X.] seitens des Insolvenzverwalters überflüssig wird (vgl. Windel in Jaeger, Insolvenzordnung, § 96 Rz 45 f.; [X.]/[X.], Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 96 Rz 46; [X.], [X.]schrift für das gesamte Insolvenzrecht 2003, 686, 687). Sie ist dahin zu verstehen, dass der Erwerb der Möglichkeit der Aufrechnung zugunsten eines späteren Insolvenzgläubigers erfolgt sein muss, dieser also nicht etwa bereits beim Erwerb dieser Möglichkeit Insolvenzgläubiger, mithin das Insolvenzverfahren beim Erwerb noch nicht anhängig gewesen sein muss. Vielmehr schränkt § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gerade § 94 [X.] ein, der grundsätzlich eine vor Verfahrenseröffnung eingetretene Aufrechnungslage während des Insolvenzverfahrens fortbestehen lässt und die Abgabe einer Aufrechnungserklärung während desselben zulässt ([X.]/[X.], a.a.[X.]; vgl. auch [X.] in Festschrift für [X.], 2004, S. 725, 737 ff.).

b) Das [X.] ist im Streitfall Insolvenzgläubiger; denn es hat gegen die Schuldnerin vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete (Steuer-)Forderungen, die nicht beglichen worden sind (vgl. § 38 [X.]). Fraglich und für die Beurteilung der Streitsache entscheidend ist, ob das [X.] die Möglichkeit der Aufrechnung i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] "durch eine anfechtbare Rechtshandlung" erlangt hat, sofern es --wie hier einstweilen unterstellt werden soll-- unter den in § 130 [X.] oder § 131 [X.] bezeichneten Voraussetzungen, insbesondere etwa in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]), Schuldner eines Anspruchs desselben, wie im Streitfall des Vergütungsanspruchs der Schuldnerin aufgrund eines Vorsteuerüberhangs, oder Gläubiger von Steuerforderungen gegen den (späteren) Insolvenzschuldner geworden ist. Denn ob das eine oder das andere eingetroffen ist, ist für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ohne Belang. Die Vorschrift nimmt einer Aufrechnungserklärung ihre Wirksamkeit (d.h.: erklärt sie für unzulässig) ungeachtet dessen, ob die anfechtbare Rechtshandlung --wie hier-- die Begründung der Haupt- oder ob sie die Begründung einer Gegenforderung zur Folge hat. Danach zu unterscheiden gäbe weder der Wortlaut noch der eben erläuterte Sinn der Vorschrift irgendeinen Anhaltspunkt. Die anfechtbare Rechtshandlung kann also sowohl eine Vermehrung der Schulden des Insolvenzschuldners als auch eine Verringerung seines Aktivvermögens auslösen ([X.]/[X.], a.a.[X.]; [X.]/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rz 100, beide mit zahlr. Nachw.).

Auf die Frage, ob eine gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] unzulässige Aufrechnung auch dann vorliegt, wenn der zugunsten der Schuldnerin anzurechnenden Vorsteuer positive Umsatzsteuerbeträge in demselben Voranmeldungszeitraum gegenüberstehen und mithin infolge der gemäß § 16 UStG vorzunehmenden Verrechnung ein umsatzsteuerrechtlich selbständiger Vergütungsanspruch des Schuldners nicht entsteht, braucht der erkennende Senat nicht einzugehen (dazu eingehend --diese Frage bejahend-- [X.] in Festschrift für [X.], a.a.[X.], S. 730 ff.), weil ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt; der aufgrund anrechenbarer Vorsteuer entstandene Umsatzsteuervergütungsanspruch der Schuldnerin ist (umsatzsteuerrechtlich) selbständig und zwar in einem anderen Voranmeldungszeitraum entstanden als die Steuerforderungen des [X.]. Dass bei der Jahressteuerfestsetzung positive Umsatzsteuerforderungen und anrechenbare Vorsteuern ggf. gemäß § 16 UStG zu verrechnen sind, nimmt ihnen in einem solchen Fall insolvenzrechtlich nicht ihre Selbständigkeit, welche aus Voranmeldungen herrührende [X.] auch sonst nach Ergehen der Jahressteuerfestsetzung behalten, soweit sie mit ihren Rechtswirkungen nicht völlig in der Jahresteuerfestsetzung aufgehen (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 17. März 2009 [X.]/08, [X.], 396, [X.], 953). Es kann daher unerörtert bleiben, ob im Streitfall bei der [X.] 2005 eine Saldierung des strittigen Vorsteuerüberhangs mit positiven Umsatzsteuerbeträgen vorzunehmen war.

c) Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 16. November 2004 [X.]/03 ([X.], 296, [X.], 193) erkannt, § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] hindere die Aufrechnung des [X.] mit Steuerforderungen aus der [X.] vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen einen durch einen Vorsteuerüberhang ausgelösten Vergütungsanspruch des Insolvenzschuldners (dort ebenso wie hier: aufgrund der Vorsteuer aus dem Vergütungsanspruch eines vorläufigen Insolvenzverwalters), der in "kritischer" [X.] vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens seinen Entstehungsgrund hat, nicht; denn es fehle in einem solchen Fall an einer Rechtshandlung, weil die Verpflichtung des Schuldners zur Vergütung der Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters nicht auf einer vertraglichen Vereinbarung, sondern auf dessen Bestellung durch das Insolvenzgericht und der von diesem vorgenommenen Festsetzung seiner Vergütung beruhe, die vom vorläufigen Insolvenzverwalter für die Ausführung seiner Leistung zu entrichtende Umsatzsteuer --wie jede Steuer-- kraft Gesetzes entstehe und das Gleiche für die damit korrespondierende Berechtigung des Leistungsempfängers (Insolvenzschuldner) zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG gelte.

Demgegenüber hat der [X.] in seinem Urteil vom 22. Oktober 2009 [X.] ([X.] --HFR-- 2010, 413) darauf hingewiesen, dass [X.] in der Regel an Rechtshandlungen des Steuerpflichtigen oder Dritter anknüpfen und hieraus die Steuerpflicht ableiten, so wie es auch bei umsatzsteuerpflichtigen Leistungen der Fall sei, die zum Entstehen einer Steuerforderung des Finanzamts führen. Das ändert aber nach Auffassung des [X.] nichts daran, dass die betreffenden (umsatzsteuerpflichtigen) Leistungen, welche zum Entstehen der Steuerforderung führen, eine Rechtshandlung i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] darstellen.

Der erkennende Senat folgt nach erneuter rechtlicher Prüfung dieser Beurteilung des [X.].

aa) Der in diesem Zusammenhang entscheidende Begriff "Rechtshandlung" ist in § 129 [X.] als Handlung definiert, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist und die Insolvenzgläubiger benachteiligt; er bezeichnet also, wie es der Senat in seinem Urteil in [X.], 296, [X.], 193 einleitend ausgeführt hat, ein von einem Willen getragenes Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann. Umsatzsteuer (auch: zu vergütende Umsatzsteuer) entsteht zwar von Gesetzes wegen --sowohl die Steuerschuld des Leistenden wie der Anspruch des Leistungsempfängers auf Anrechnung der im an den Leistenden zu entrichtenden Entgelt enthaltenen sog. [X.], das Entstehen von Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer setzt jedoch voraus, dass eine Leistung erbracht wird. Diese Leistungserbringung sieht der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem [X.] und der auch im Schrifttum allgemein vertretenen Auffassung als eine Rechtshandlung i.S. des § 129 [X.] an.

Eine Leistungserbringung mag zwar kein Rechtsgeschäft sein, aber sie ist eine Rechtshandlung. Dass die (unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 130 ff. [X.] anfechtbare) Rechtshandlung unmittelbar und unabhängig vom Hinzutreten etwaiger weiterer Umstände von dem (späteren) Insolvenzschuldner vorgenommen wird, setzen die §§ 129 und 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ebenso wenig voraus (dazu u.a. MünchKomm[X.]/Brandes, a.a.[X.], § 96 Rz 29), wie dass sie unmittelbar und unabhängig vom Hinzutreten etwaiger weiterer Umstände (hier insbesondere der späteren gerichtlichen Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters aufgrund der von diesem erstellten Rechnung sowie ggf. dem Fehlen verrechnungsfähiger positiver Umsatzsteuerbeträge in dem --insolvenzrechtlich-- maßgeblichen Voranmeldungszeitraum) eine Aufrechnungslage zum Entstehen bringen müssten. § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] verlangt lediglich, dass die Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist --die Leistungen des vorläufigen Insolvenzverwalters wurden in diesem [X.]raum [X.], dass sie irgendeine Voraussetzung für die Aufrechnungsmöglichkeit des Insolvenzschuldners geschaffen hat (vgl. [X.]/[X.], a.a.[X.]) und dass die Rechtshandlung die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Wenn es an Letzterem auch im Hinblick auf die Leistungserbringung des vorläufigen Insolvenzverwalters als solcher fehlen mag --der Verpflichtung der Masse zur Zahlung des Entgelts für die der Schuldnerin erbrachten Leistungen des vorläufigen Insolvenzverwalters steht gegenüber, dass zugunsten der Insolvenzschuldnerin (mutmaßlich zumindest) gleichwertige Leistungen erbracht worden sind--, fehlt es daran nicht im Hinblick auf die durch die Leistungserbringung und den daraus folgenden Anspruch auf Anrechnung von Vorsteuer ausgelöste Möglichkeit des [X.] zur Aufrechnung seiner vorinsolvenzlich begründeten Forderungen.

Die Leistungserbringung zeitigte im Streitfall neben einem Anspruch auf das Leistungsentgelt u.a. das Entstehen einer Aufrechnungslage für das [X.]. Dadurch sind die übrigen Gläubiger des Schuldners benachteiligt. Denn durch eine Aufrechnung erhält das [X.] nach Art einer abgesonderten Befriedigung vollständige Befriedigung für seine verrechneten Forderungen, für die es sonst, weil es sich um Insolvenzforderungen handelt, nur mit einer Befriedigung nach Maßgabe der im Insolvenzverfahren errechneten Quote rechnen könnte.

Hat eine (an sich einheitliche) Rechtshandlung in solcher Weise mehrere, abtrennbare Rechtswirkungen, darf deren anfechtungsweise Rückgewähr nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass die Handlung auch sonstige, für sich nicht anfechtbare Folgen ausgelöst habe ([X.]-Urteil vom 5. April 2001 [X.], [X.]Z 147, 233). Denn Gegenstand der Anfechtung ist nicht die Rechtshandlung selbst, sondern angefochten wird eine bestimmte gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch eine Rechtshandlung ausgelöst wird ([X.]-Urteil vom 21. Januar 1999 IX ZR 329/97, [X.]schrift für Wirtschaftsrecht und [X.] --ZIP-- 1999, 406, mit [X.]; vgl. statt aller auch [X.]/Kirchhof, a.a.[X.], § 129 Rz 56a). Es ist folglich belanglos, ob die Umsätze, aus denen die betroffenen Vorsteuerbeträge herrühren, im Interesse der Masse liegen und insofern als solche nicht anfechtbar sind. Einen Rechtsgrundsatz, dass mehrere durch eine Handlung ausgelöste Rechtswirkungen nur ganz oder gar nicht anfechtbar sind, gibt es nicht (siehe auch [X.] des [X.]-Urteils in HFR 2010, 413). Das gilt auch für solche Folgen --z.B. eine [X.], die im Kausalverlauf einen Schritt ferner liegen als nähere, unanfechtbare Rechtsfolgen, z.B. ein die Aufrechnungslage herbeiführender Vertragsschluss oder --wie hier-- die gerichtliche Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (vgl. [X.]-Urteil in [X.]Z 147, 233).

Die bei einer durch die Unwirksamkeitsanordnung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.], wie dargelegt, erübrigten Insolvenzanfechtung zu beanspruchende Rückgewähr der Aufrechnungslage bestünde demgemäß nicht etwa in der Rückabwicklung des durch die gerichtliche Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründeten Rechtsverhältnisses, sondern in der Durchsetzung der Steuervergütungsforderung unabhängig von etwaigen Gegenforderungen des [X.]. Dementsprechend lässt § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] völlig unberührt, dass die Vergütungsforderung des Schuldners (gegenüber der Masse) befriedigt werden muss, allerdings (sofern eine anfechtbare Rechtshandlung vorliegt) nicht im Wege der Aufrechnung zur Befriedigung für alte Schulden des Insolvenzschuldners verwendet werden darf (vgl. [X.]-Urteil in [X.]Z 147, 233).

bb) An den Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] fehlt es auch nicht deshalb, weil die gläubigerbenachteiligende Wirkung der durch die Inanspruchnahme von Leistungen seitens der Schuldnerin ausgelösten Aufrechnungslage deshalb in Zweifel gezogen werden müsste, weil es an der erforderlichen Kausalität der Rechtshandlung für die anfechtungsrelevante Rechtsfolge --die [X.] fehlte. Anfechtbarkeit setzt allerdings einen solchen Kausalzusammenhang voraus ([X.]/Kirchhof, a.a.[X.], § 129 Rz 169; [X.]/ [X.], § 129 Rz 40). Der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der angefochtenen Rechtshandlung und der Beeinträchtigung des Gläubigerzugriffs auf die Masse ist jedoch schon dann gegeben, wenn die Rechtshandlung im natürlichen Sinne eine (nicht hinwegzudenkende) Bedingung für die Gläubigerbenachteiligung darstellt; er setzt nicht voraus, dass ggf. ein weiterer Umstand, der zu der angefochtenen Rechtshandlung hinzutritt und erst mit dieser zusammen die Gläubigerbenachteiligung auslöst, seinerseits durch eine anfechtbare Rechtshandlung verursacht ist ([X.]-Urteil vom 9. Dezember 1999 [X.], [X.]Z 143, 246), und er wird durch das Hinzutreten solcher weiteren Umstände auch nicht etwa unterbrochen.

cc) Schließlich fehlt es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] auch nicht daran, dass das [X.] --wie diese Vorschrift sinngemäß voraussetzt-- infolge einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangenen Rechtshandlung in den Genuss einer Aufrechnungsmöglichkeit gelangt ist.

Die als Anknüpfungspunkt der Anfechtung maßgebliche Rechtshandlung, das Erbringen der Leistung, ist im gleichsam natürlichen Sinne vor diesem [X.]punkt vorgenommen worden. Durch sie ist der [X.] zwar noch nicht steuer(verfahrens)rechtlich begründet worden, wohl aber als insolvenzrechtlicher Anspruch. Denn für das insolvenzrechtliche Begründetsein einer Forderung oder eines Anspruchs kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. dazu zusammenfassend Rüsken, [X.], 2053) nicht auf das Entstehen im steuer(verfahrens)rechtlichen Sinn, sondern auf die Verwirklichung des [X.] an, der die betreffenden steuerrechtlichen Folgen hat. Aber schon die tatsächliche Verwirklichung des [X.] lässt den steuerlichen Anspruch aufschiebend bedingt durch das Eintreten der steuerverfahrensrechtlichen Voraussetzungen seiner Wirksamkeit entstehen (vgl. statt aller Senatsurteil vom 17. April 2007 [X.], [X.], 8, [X.], 589, und Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 7. Aufl., 95, m.w.N. aus der Rspr.).

§ 140 Abs. 1 [X.] ändert daran nichts. Denn § 140 Abs. 3 [X.] lässt den Eintritt einer solchen Bedingung für die Bestimmung des [X.]punkts außer Betracht, in dem die Rechtshandlung als vorgenommen anzusehen ist, welcher sonst durch § 140 Abs. 1 [X.] auf den [X.]punkt gelegt wird, in dem die Rechtswirkungen der Rechtshandlung eintreten (i.e.: die Aufrechnungslage entsteht). Das gilt nicht nur für Forderungen des Finanzamts, sondern auch für steuerliche Forderungen des Steuerpflichtigen.

Allerdings wird in der Rechtsprechung des [X.] und im Schrifttum die Auffassung vertreten, § 140 Abs. 3 [X.] sei unmittelbar nur bei Rechtsgeschäften anwendbar, weil andere Rechtshandlungen nicht bedingt oder befristet sein könnten ([X.]-Urteil vom 14. Dezember 2006 [X.], [X.], 1588; vgl. auch [X.] in Jaeger, a.a.[X.], § 140 Rz 50). Das trifft freilich nur für eine rechtsgeschäftliche Bedingung zu, nicht aber für vom Gesetz aufgestellte "Bedingungen", unter denen nach vorgenannter Rechtsprechung des Senats Ansprüche der hier strittigen Art stehen. § 140 Abs. 3 [X.] ist daher nach Auffassung des erkennenden Senats in dem hier strittigen Zusammenhang unmittelbar, zumindest aber entsprechend anzuwenden (vgl. zu dieser Möglichkeit auch die Urteile des [X.] in

[X.], 1588, und vom 14. Juni 2007 [X.], NJW

2007, 2640).

§ 140 Abs. 3 [X.] verfolgt nämlich das Ziel, Ansprüche als insolvenzfest zu erhalten, obwohl sich der Rechtserwerb erst in kritischer [X.] vollendet hat, wofür dann keine Rechtfertigung besteht, wenn der [X.] vor Beginn jenes "kritischen" [X.]raums noch keine unentziehbare Rechtsposition erlangt hatte ([X.]-Urteil in [X.], 2640). Denn § 140 Abs. 1 [X.] beruht auf dem Rechtsgedanken, "dass der [X.]punkt entscheiden soll, in dem durch die Handlung eine Rechtsposition begründet worden ist, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne die Anfechtung beachtet werden müsste" ([X.]-Urteil vom 22. Januar 2004 [X.], [X.]Z 157, 350). Mit der Leistungserbringung wird aber aufgrund der einschlägigen Regelungen des UStG eine gleichsam automatisch ablaufende Ereigniskette in Gang gesetzt (ähnlich wie in den in § 140 Abs. 2 [X.] ausdrücklich geregelten Fällen), weil der Insolvenzschuldner gegenüber dem leistenden Unternehmen Anspruch auf Ausweisung der Umsatzsteuer und gegenüber dem [X.] auf deren Berücksichtigung als Vorsteuer hat; es hängt also nicht etwa von einer im ungewissen Belieben Dritter stehenden Handlung ab, ob die steuerrechtliche Wirkung der Leistungserbringung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt.

§ 140 Abs. 1 [X.] hat im Gegensatz hierzu sog. mehraktige Rechtshandlungen im Blick, die anfechtbar bleiben sollen, auch wenn der erste Akt noch in "unkritischer" [X.] vorgenommen worden ist (etwa eine Abtretung künftiger Forderungen oder eine Vorausverpfändung sowie eine Pfändung einer künftigen Forderung, welche erst mit deren Entstehen rechtliche Wirkung i.S. des § 140 Abs. 1 [X.] entfalten sollen; vgl. [X.]-Urteil vom 20. März 2003 [X.], [X.] 2004, Beilage 2, 179). Eine solche mehraktige Rechtshandlung i.S. des § 140 Abs. 1 [X.] liegt aber hier nicht deshalb vor, weil die steuerrechtlichen Wirkungen einer anfechtbaren Rechtshandlung aufgrund steuerverfahrensrechtlicher Regelungen erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintreten, wenn anders nicht der grundsätzliche Vorrang des Insolvenzrechts vor dem Steuerverfahrensrecht missachtet werden soll (vgl. statt aller Urteil des Senats vom 17. Dezember 1998 [X.], [X.], 149, [X.] 1999, 423).

[X.]) Selbst wenn man indes § 140 Abs. 3 [X.] nicht anwenden würde, müsste die Klage im Streitfall Erfolg haben, weil die Aufrechnung dann aufgrund des § 96 Abs. 1 Nr. 1 [X.] --erst recht-- unzulässig wäre. Würde nämlich die insolvenzrechtliche Beachtlichkeit der Aufrechnungslage erst in dem [X.]punkt angenommen, in dem auch die steuerverfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Aufrechnung eingetreten sind, also (ggf. nach Saldierung gemäß § 16 UStG) ein erfüllbarer, aufrechenbarer Anspruch auch steuerverfahrensrechtlich entstanden ist, so bedeutete dies, dass das [X.] die Vorsteuervergütung erst infolge von Ereignissen schuldig geworden wäre, die das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 [X.] auslösten, weil sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten sind.

d) Die Entscheidung hängt nach alledem davon ab, ob das [X.] im Streitfall die Möglichkeit der Aufrechnung unter den Voraussetzungen des § 130 [X.] oder des § 131 [X.] erlangt hat oder sich --was freilich nicht ernstlich in Betracht zu ziehen [X.] die Anfechtbarkeit seiner Aufrechnungsmöglichkeit anderweit ergibt. Dazu hat das [X.] entsprechend seinem Rechtsstandpunkt nichts festgestellt.

Allerdings ist es auch ohne diesbezügliche Feststellung zwingend und der Tatbestand des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] insofern erfüllt, dass der Vergütungsanspruch der Schuldnerin, durch dessen Begründung für das [X.] eine Aufrechnungsmöglichkeit entstanden ist, nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden ist, welcher nämlich erst zur Bestellung des [X.] als vorläufiger Insolvenzverwalter geführt hat, die ihrerseits Voraussetzung für die Erbringung der Leistungen desselben war. Ob --was vorgenannte Vorschrift weiter [X.] das [X.] damals die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin kannte oder bereits von dem Insolvenzantrag erfahren hatte, steht allerdings nicht fest. Mit Recht hat der Kläger zwar bereits in seinem erstinstanzlichen Vortrag darauf hingewiesen, dass das [X.] eine öffentliche Bekanntmachung der Bestellung des [X.] gemäß § 9 Abs. 3 [X.] gegen sich gelten lassen müsste und aus dieser hätte erkennen müssen (§ 130 Abs. 2 [X.]), dass ein Insolvenzantrag gestellt worden ist. Eine öffentliche Bekanntmachung der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters schreibt § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] jedoch nur vor, sofern zugleich Verfügungsbeschränkungen nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erlassen worden sind. Das ist im Streitfall nicht festgestellt, ebenso wenig, dass die Bestellung des [X.] möglicherweise ungeachtet einer gesetzlichen Verpflichtung öffentlich bekannt gemacht worden ist.

Gleichwohl kann der Senat abschließend entscheiden, ohne dass jene Tatsachen vom [X.] aufgeklärt werden müssten. Denn selbst wenn es, anders als der Kläger meint, im Streitfall an den Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] fehlen sollte, lägen doch die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] vor. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung anfechtbar, wenn sie einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung ermöglicht, die er nicht beanspruchen kann, und wenn die betreffende Rechtshandlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.

Die hier maßgebliche Rechtshandlung --Erbringung der Leistungen des [X.] als vorläufiger Insolvenzverwalter-- ist jedenfalls nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. Diese Rechtshandlung hat, wie bereits ausgeführt, dem [X.] im Weiteren die Möglichkeit einer Aufrechnung und damit einer Befriedigung seiner Steuerforderungen gegen die Schuldnerin verschafft. Dass ihm diese Aufrechnungsmöglichkeit verschafft wird, konnte das [X.] nicht i.S. des § 131 Abs. 1 [X.] gegenüber der Schuldnerin beanspruchen, so dass es auch an dieser Voraussetzung des § 131 Abs. 1 [X.] nicht fehlt. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist nämlich § 131 [X.] einschlägig (und nicht ein Fall einer sog. kongruenten Deckung gemäß § 130 [X.] gegeben), wenn sich die [X.] nicht aus dem zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ergibt ([X.]-Urteil vom 9. Februar 2006 IX ZR 121/03, NJW-RR 2006, 1062; vgl. u.a. auch [X.]-Urteil in [X.]Z 147, 233). Aus den hier zuerst entstandenen Steuerschulden der Insolvenzschuldnerin ergab sich im Streitfall ein Anspruch auf Begleichung der Steuern durch Zahlung, nicht aber darauf, dem [X.] eine [X.] (und damit die Möglichkeit der Befriedigung außerhalb der Verteilung im Insolvenzverfahren) zu verschaffen; diese ist erst dadurch entstanden, dass die Schuldnerin einen (insolvenzrechtlich vor Verfahrenseröffnung entstandenen) [X.] erlangt hat (vgl. [X.], a.a.[X.], 689; [X.] in Festschrift für [X.], a.a.[X.], S. 741, beide mit zahlr. Nachw.).

Meta

VII R 6/10

02.11.2010

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 26. Januar 2010, Az: 5 K 2120/06, Urteil

§ 96 Abs 1 Nr 3 InsO, § 129 InsO, § 130 Abs 1 S 1 Nr 2 InsO, § 131 Abs 1 Nr 1 InsO, § 140 Abs 3 InsO, § 140 Abs 1 InsO, § 15 UStG, § 16 Abs 2 UStG, § 96 Abs 1 Nr 1 InsO, § 100 Abs 1 S 4 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.11.2010, Az. VII R 6/10 (REWIS RS 2010, 1769)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1769

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