Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.03.2019, Az. 28 W (pat) 31/18

28. Senat | REWIS RS 2019, 9151

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 104 240.8

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 20. März 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein und der Richter [X.] und Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschlüsse des [X.], Markenstelle für Klasse 12, vom 6. Februar 2017 und vom 27. April 2018 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 9. Juli 2015 beim [X.] beantragt, das Zeichen

Abbildung

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als farbige Wort-/Bildmarke (blau, schwarz) für

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„Klasse 12: Elektroautos“

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in das Markenregister einzutragen.

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Das [X.], Markenstelle für Klasse 12, hat die Anmeldung mit Beschluss vom 6. Februar 2017 und die dagegen gerichtete Erinnerung durch weiteren Beschluss vom 27. April 2018 zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass das Anmeldezeichen in Verbindung mit den beanspruchten Waren keine Unterscheidungskraft aufweise. Das Anmeldezeichen werde im Sinne von „elektrisches Gokart“ verstanden. Es bringe zum Ausdruck, dass es sich bei den beanspruchten Waren um elektrische Gokarts, also einsitzige, offene Fahrzeuge handele. Das Zeichen beschreibe damit die Art der beanspruchten Waren. Es eigne sich daher nicht, die Waren der Anmelderin von denselben Waren Dritter nach ihrer betrieblichen Herkunft unterscheidbar zu machen. Die grafische Gestaltung des Zeichens führe nicht von einer lediglich produktbeschreibenden Angabe weg. Insbesondere bestehe keine Veranlassung, den Bestandteil „[X.]“ primär als Kennzeichnung und den Bestandteil „[X.]“ als Warenbezeichnung zu verstehen. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass das Element „[X.]“ als Herkunftshinweis erkannt werde. Eine besonders intensive Benutzung dieses Bestandteils sei nicht geltend gemacht. Selbst wenn von der Schutzfähigkeit dieses Bestandteils ausgegangen werde, ändere sich die Bewertung unter dem Einfluss des weiteren Elements „[X.]“. Ein für sich genommen schutzfähiger Bestandteil könne nämlich im Rahmen einer Kombinationsmarke schutzunfähig werden.

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Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Eine Beschwerdebegründung wurde angekündigt, aber nicht vorgelegt.

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Sie beantragt sinngemäß,

9

die Beschlüsse des [X.]s, Markenstelle für Klasse 12, vom 6. Februar 2017 und vom 27. April 2018 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, so dass die angefochtenen Beschlüsse des [X.]es aufzuheben waren.

1. Das Anmeldezeichen weist die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche Unterscheidungskraft auf.

Die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden, kann der beanspruchten [X.] nicht abgesprochen werden. Sie erfüllt die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] GRUR 2004, 428, Rdnr. 30 - [X.]; [X.], 850, Rdnr. 19 - [X.] 2006).

Dem angemeldeten Zeichen kann die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nur dann versagt werden, wenn es einen die in Frage stehenden Waren beschreibenden Begriffsinhalt enthält, der ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Kann dagegen einem Zeichen für die maßgeblichen Waren kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. [X.], 731, Rdnr. 13 - [X.]; [X.], 270, Rdnr. 11 - Link economy; [X.], 1143, Rdnr. 9 - Starsat).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann dem angemeldeten Wort-/Bildzeichen

Abbildung

die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Es mag zwar zutreffen, dass ihm unmittelbar die produktbeschreibende Bedeutung „E-Gokart“ im Sinne von Elektro-Gokart, also ein mit Strom betriebenes Gokart, entnommen werden kann. Hierin erschöpft sich das Anmeldezeichen aber nicht. Es verfügt nach seinem Gesamteindruck erkennbar über einen zusätzlichen gewillkürten Gehalt, der von einer ausschließlich beschreibenden Angabe wegführt (vgl. BGH [X.], 1143, Rdnr. 10 - Starsat).

Der [X.] „[X.]“ ist von dem Begriff „[X.]“ räumlich deutlich abgesetzt, wodurch der Eindruck entsteht, dass diese Zeichenkomponenten nicht zusammengehören. Das Element „[X.]“ ist zudem größer und augenfällig in einer anderen Farbe gehalten. Seine Selbständigkeit wird auch dadurch unterstrichen, dass die Buchstabenfolge „[X.]“ naheliegend im Sinne von „Ego“, also von „das Ich“ oder „das Selbst“ verstanden werden kann (vgl. unter „www.wikipedia.org“, Suchbegriff: „Ego“). Diesem Verständnis steht die irreguläre Schreibweise „[X.]“ nicht entgegen, denn stärkerer Einfluss kommt der äußeren Verklammerung durch die homogene Farbgestaltung sowie vor allem dem Sinnzusammenhang, der sich aus der klaren Bedeutung des Wortes „[X.]“ ergibt, zu.

Diese Umstände legen nahe, dass das Publikum der angemeldeten Wort-/Bildkombination nicht sofort eine bestimmte und damit auch nicht eine beschreibende Aussage entnehmen kann. Insbesondere die in Blau gehaltene Gestaltung des Zeichenteils „[X.]“ führt zu mindestens einer weiteren ernsthaft in Betracht zu ziehenden Interpretationsmöglichkeit. Das gegenständliche Zeichen spielt auf ein E-Gokart an und stellt damit ein „sprechendes“ Zeichen dar (vgl. hierzu [X.], 731, Rdnr. 22 - [X.]; GRUR 2016, 1300, Rdnr. 55 - Kinderstube). Insgesamt verfügt es zwar über eine geringe, für die Bejahung der Unterscheidungskraft allerdings noch ausreichende Eigenart.

Der Beschwerde war demzufolge stattzugeben.

2. Der Senat konnte im schriftlichen Verfahren entscheiden, da ein Antrag auf mündliche Verhandlung nur für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde gestellt war (§ 69 Nr. 1 [X.]) und die Durchführung einer solchen seitens des [X.] nicht als sachdienlich angesehen wurde (§ 69 Nr. 3 [X.]).

Meta

28 W (pat) 31/18

20.03.2019

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.03.2019, Az. 28 W (pat) 31/18 (REWIS RS 2019, 9151)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9151

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30 W (pat) 529/20

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