Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2020, Az. IV ZR 20/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11745

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[X.]:[X.]:BGH:2020:250320UIVZR20.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 20/19
Verkündet am:

25. März 2020

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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-
Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.] und Dr. [X.]
im schriftlichen Ver-fahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 4. März 2020

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] -
7.
Zivilsenat -
vom 13.
Dezember 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufge-hoben, als auf die Berufung der
Klägerin
das Urteil des [X.]

18.
Zivilkammer -
vom 11.
April 2018 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 921,19

in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.] seit dem 28.
Dezember 2015 zu zahlen. Die Berufung der Klägerin wird auch insoweit zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 921,19

Von Rechts wegen

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3
-
Tatbestand:

Die Klägerin fordert von der [X.] aus ungerechtfertigter Be-reicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Heraus-gabe von Nutzungen.

Die Parteien schlossen im Jahr 1999 einen Vertrag über eine Ren-tenversicherung mit Kapitalwahlrecht und Beitragsrückzahlung bei Tod vor Rentenbeginn nach dem sogenannten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: §
5a [X.] a.F.) ab.

Im April 2008 kündigte die Klägerin den Vertrag und erhielt nach Abzug der Kapitalertragsteuer und des [X.] einen Rückkaufswert von 11.830,45

Mit Schreiben vom 19.
November 2015 erklärte die Klägerin den Widerspruch gemäß §
5a [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt sie Rückzahlung ihrer auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge sowie Herausgabe von Nutzungen abzüglich des Rückkaufswertes, insgesamt 13.813,72

richtlicher Rechtsanwaltskosten und Zahlung von Verzugszinsen.

Die Klägerin
meint, die Widerspruchsfrist nach §
5a [X.] a.F. sei wegen formaler und inhaltlicher Mängel der Widerspruchsbelehrung so-wie wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation nicht in Gang gesetzt worden.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr unter Zurückweisung
der weitergehenden Berufung der
Klägerin
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-
in Höhe von 921,19

Mit der Revision er-strebt
die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der [X.] hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für die Revision relevant -
ausgeführt, der
Klägerin
stehe ein Anspruch auf Erstattung geleisteter Prämien sowie Herausgabe gezoge-ner Nutzungen aus §§
812 Abs.
1 Satz
1, 818 Abs.
1 BGB in Höhe von insgesamt 921,19

Sie habe das Widerspruchsrecht noch im Jahr 2015 wirksam ausüben können. Zwar sei der
Klägerin
eine formell und inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Aber die ihr
überlassene Verbraucherinformation nach §
10a [X.] in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (im Folgenden: [X.] a.F.) sei unvollständig gewesen. Es fehle die nach Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) bis d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. erforderliche Angabe über das Ausmaß, in dem Rückkaufswerte garantiert würden.

I[X.] Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte die nach dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrte Klägerin
den [X.] nicht wegen
Unvollständigkeit der Verbraucherinformation noch im Jahr 2015
wirksam erklären.
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11
-
5
-

a) Der Beginn der in §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. bestimmten vier-zehntägigen Widerspruchsfrist gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. setzt zwar unter anderem voraus, dass dem Versicherungsnehmer die [X.] nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F., darunter auch die [X.] nach §
10a [X.] a.F., vollständig vorliegen.

[X.]) Die der
Klägerin
überlassene Verbraucherinformation war aber nicht, wie das Berufungsgericht
meint, deshalb unvollständig, weil eine Angabe dazu fehlte, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte über-haupt garantiert wurden. Zu der notwendigen Verbraucherinformation nach §
10a Abs.
1 [X.] a.F. gehörten bei Lebensversicherungen und [X.] mit [X.] gemäß Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. die Angabe der [X.] und nach Buchst. d) dieser Bestimmung Angaben über das [X.], in dem Rückkaufswerte garantiert sind. Im Streitfall fehlt es an ga-rantierten [X.] im Sinne von Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. Nach den vom Berufungsgericht zum Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages getroffenen Fest-stellungen hat die Beklagte der
Klägerin
keine Rückkaufswerte in [X.] Höhe vertraglich zugesagt. Darüber hat die Beklagte entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts in der im Versicherungsschein enthaltenen Verbraucherinformation ausreichend informiert. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht von der im Versicherungsschein enthaltenen Übersicht aus, in deren vierter Spalte der "Rückkaufswert mit Gewinnbeteiligung"
ausgewiesen wird. Unmittelbar davor wird der Rückkaufswert einschließlich Gewinnbeteiligung als "Zeitwert" der Versi-cherung zum Zeitpunkt der Kündigung beschrieben, dessen Höhe von vielen Faktoren abhänge, vor allem von der Zinsentwicklung auf dem [X.] Kapitalmarkt und der Entwicklung der Lebenserwartung. [X.] wird erläutert, der in Spalte 4 genannte Wert sei "auf Basis des heuti-12
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-
gen Niveaus der Gewinnbeteiligung und nach heutigen [X.] ermittelt". Daran schließt sich der ausdrückliche Hinweis an: "Er kann daher nicht garantiert werden." Wird einem Versicherungsneh-mer -
wie hier
-
ausdrücklich mitgeteilt, dass in einer nachfolgenden Übersicht aufgeführte Rückkaufswerte auf der Basis der zur Zeit der Ausstellung des Versicherungsscheins maßgeblichen [X.] ermittelt wurden und nicht garantiert werden können, ist er darüber informiert, dass Rückkaufswerte
"überhaupt nicht", auch nicht teilweise garantiert werden. Im Übrigen verpflichtet §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anla-ge Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Versicherer nicht anzugeben, dass es im Hinblick auf den [X.] an einer Garantie von [X.] fehlt. Dies hat der Senat mit dem nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Ur-teil vom 11.
Dezember 2019 in dem Verfahren [X.] ([X.], 208 Rn.
13
ff.), in dem es um eine nahezu gleich gestaltete [X.] derselben [X.] wie hier ging, entschieden und im [X.] ausgeführt.

bb) Die Einwände der
Klägerin
gegen diese Entscheidung geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung.

(1) Soweit die
Klägerin
beanstandet, dass die vierte Spalte der [X.] "Rückkaufswerte mit Gewinnbeteiligung" und damit summierte [X.] ausweise, muss sie einräumen, dass der in §
176 Abs.
3 Satz
1 [X.] a.F. als Zeitwert der Versicherung definierte Rückkaufswert die Überschussbeteiligung miteinschließt. Sieht der Versicherungsvertrag -
wie im Streitfall
-
eine Gewinnbeteiligung vor, welche die Höhe der Rückkaufswerte beeinflusst, fordert Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anla-ge Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung der Revisionserwide-14
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-
rung nicht die Angabe von [X.] ohne Berücksichtigung der Überschussbeteiligung (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 [X.]O Rn.
24).

(2) Vergeblich rügt die Klägerin
weiter eine unterbliebene [X.] der vermeintlich erforderlichen Anzahl an [X.] in Spal-te
4 der Tabelle. Dazu machten weder §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. noch Anhang
II Buchst.
A. Nr.
a.9 der Dritten Richtlinie Lebensversi-cherung
Vorgaben.

[X.]) Schließlich kommt es für die Frage des Bestehens eines [X.]srechts nach §
5a [X.] a.F. nicht darauf an, ob die Angabe der Rückkaufswerte Transparenzanforderungen
genügt. Ein etwaiger Trans-parenzmangel in einer Verbraucherinformation begründet kein Wider-spruchsrecht nach §
5a [X.] a.F. (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 [X.]O Rn.
25).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin
habe das [X.]srecht noch im Jahr 2015
wegen Unvollständigkeit der [X.] wirksam ausüben können, stellt sich nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).

[X.]) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein auf die Todesfallleistung (Beitragsrückzahlung bei Tod vor [X.]) entfallender Beitragsanteil nicht gemäß Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
e) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. einzeln auszuweisen
war, weil nicht mehrere selbständige Versicherungsverträge im Sinne dieser Bestimmung
vorliegen (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019
[X.]O Rn.
26). Ohne Erfolg verweist die Klägerin
insoweit auf Anhang
II 16
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-
8
-
Buchst.
A. Nr.
a.10 der [X.], wonach vor Abschluss des Vertrages "Informationen über die Prämien für jede Leistung, und zwar sowohl Haupt-
als auch Nebenleistungen, wenn sich derartige Informationen als sinnvoll erweisen"
mitzuteilen waren. Auch wenn die Richtlinie nicht zwischen Haupt-
und Nebenleistungen unter-scheidet, fordert sie jedenfalls nicht, dass für die Alternative der Haupt-leistung -
Kapitalleistung im Todesfall vor Rentenbeginn statt Rentenzah-lung für den Erlebensfall
-
Prämien separat ausgewiesen werden.

bb) Auch eine Information über die Frist, während der der [X.] an den Antrag gebunden sein soll (Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
f) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F.), war, wie der Senat mit dem Urteil vom
11.
Dezember 2019 ([X.]O Rn.
27) entschieden und im Einzelnen erläutert hat, bei einem Vertragsschluss nach dem [X.] -
anders als beim Antragsmodell

nicht erforderlich. Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der
Klägerin
fest.

2. Die Frage, ob das [X.] mit den Lebensversicherungs-richtlinien der [X.] unvereinbar ist, ist hier nicht ent-scheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-rechtswidrigkeit des [X.]s ist es der
ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrten und informierten
Klägerin
nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages über achteinhalb
Jahre auf des-sen angeb-
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-
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liche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben: Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
32 ff.).

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Dr. [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.04.2018 -
18 [X.]/18 -

O[X.], Entscheidung vom 13.12.2018 -
7 [X.] -

Meta

IV ZR 20/19

25.03.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2020, Az. IV ZR 20/19 (REWIS RS 2020, 11745)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11745

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IV ZR 8/19

IV ZR 73/13

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