Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2020, Az. IV ZR 55/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11739

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:250320UIVZR55.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 55/19
Verkündet am:

25. März 2020

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
[X.]er IV. Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] im schriftlichen Ver-fahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 4. März 2020

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] -
7.
Zivilsenat -
vom 14.
Februar 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin das Urteil des [X.]

16.
Zivilkammer -
vom 15.
August 2018 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 13.893,88

fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.
Februar 2016 zu zahlen. [X.]ie Berufung der Klägerin wird auch insoweit zurückgewiesen.

[X.]ie [X.] der Klägerin wird zurückgewiesen.

[X.]ie Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

[X.]er Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 27.828,65

Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:

[X.]ie Klägerin fordert von der [X.] aus ungerechtfertigter Be-reicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Heraus-gabe von Nutzungen.

[X.]ie Parteien schlossen
im Jahr 1997 einen Vertrag über eine Ren-tenversicherung mit Beitragsrückgewähr im Todesfall vor
Rentenbeginn und Kapitalzahlung bei Unfalltod vor Rentenbeginn nach dem sogenann-ten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: §
5a [X.] a.F.) ab.

Mit Schreiben vom 6.
[X.]ezember 2015 erklärte die Klägerin den Widerspruch gemäß §
5a [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt sie Rückzahlung ihrer auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge sowie Herausgabe von Nutzungen, insgesamt 27.828,65

und Zahlung von Verzugszinsen.

[X.]ie Klägerin meint, die Widerspruchsfrist nach §
5a [X.] a.F. sei wegen formaler und inhaltlicher Mängel der Widerspruchsbelehrung so-wie wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation nicht in Gang gesetzt worden.

[X.]as [X.] hat die Klage abgewiesen. [X.]as [X.] hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin in Höhe von 13.893,88

Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, 1
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4
-
während die Klägerin mit der [X.] ihr über den zuerkannten Betrag hinausgehendes Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

A. Revision der [X.]

[X.]ie Revision der [X.] hat Erfolg.

[X.] [X.]as Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für die Revision der [X.] relevant -
ausgeführt, der Kläge-rin stehe ein Anspruch auf Erstattung geleisteter Prämien sowie Heraus-gabe gezogener Nutzungen aus §§
812 Abs.
1 Satz
1, 818 Abs.
1 BGB in Höhe von insgesamt 13.893,88

noch im [X.] wirksam ausüben können. Zwar sei der Klägerin eine formell und inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Aber die ihr überlassene Verbraucherinformation nach §
10a [X.] in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (im Folgenden: [X.] a.F.) sei unvollständig gewesen. Es fehle die nach Ab-schnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) bis
d) der Anlage Teil
[X.] zum [X.] a.F. erforder-liche Angabe über das Ausmaß, in dem Rückkaufswerte garantiert [X.].

I[X.] Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.

1. Zwar macht sie erfolglos geltend, das Berufungsurteil sei schon deshalb aufzuheben, weil die Berufung der Klägerin nicht fristgerecht 7
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-
5
-
durch eine ordnungsgemäße Berufungsschrift eingelegt worden sei. [X.]ie Frist von einem Monat zur Einlegung der Berufung begann gemäß §
517 ZPO mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils an den [X.] am 21.
August 2018 und endete am 21.
September 2018. An diesem Tag ging beim Berufungsgericht per Te-lefax zunächst ein von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter-zeichneter, mit "Berufung"
überschriebener Schriftsatz ein, der die [X.] bezeichnete, aber wegen Fehlens
des unteren Teils der ersten Seite nicht erkennen ließ, gegen welches Urteil sich die Berufung richten sollte. Weiterhin ging am selben Tag 14
Minu-ten später per Telefax ein Schriftsatz
ein, dessen
erste Seite im oberen Teil dem vorangegangenen Schriftsatz entsprach und im unteren Teil das angefochtene erstinstanzliche Urteil mit Aktenzeichen und [X.]atum be-zeichnete; die zweite Seite dieses Telefax-Schreibens bestand aus ei-nem leeren Blatt. [X.]as Fehlen der Unterschrift in diesem Schriftsatz, der die nach §
519 Abs.
2 ZPO erforderlichen Angaben enthielt, war deshalb unschädlich, weil sich aus dem kurz zuvor per Telefax übermittelten und unterzeichneten Schriftsatz ergab, dass an dem Willen
des [X.] zur Einlegung der Berufung keine Zweifel bestanden (vgl. [X.], Beschluss vom 7.
Mai 2009 -
VII ZB 85/08, [X.], 2311 Rn.
11
ff.).

2. [X.]as Berufungsurteil hat aber deshalb keinen Bestand, weil ent-gegen der Auffassung des Berufungsgerichts die nach dessen revisions-rechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrte Klägerin den Widerspruch nicht wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation noch im [X.] wirksam erklären konnte.

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6
-

a) [X.]er Beginn der in §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. bestimmten vier-zehntägigen Widerspruchsfrist gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. setzt zwar unter anderem voraus, dass dem Versicherungsnehmer die [X.] nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F., darunter auch die [X.] nach §
10a [X.] a.F., vollständig vorliegen.

[X.]) [X.]ie der Klägerin überlassene Verbraucherinformation war aber nicht, wie das Berufungsgericht meint, deshalb unvollständig, weil eine Angabe dazu fehlte, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte über-haupt garantiert wurden. Zu der notwendigen Verbraucherinformation nach §
10a
Abs.
1 [X.] a.F. gehörten bei Lebensversicherungen und [X.] mit [X.] gemäß Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
[X.] zum [X.] a.F. die Angabe der [X.] und nach Buchst. d) dieser Bestimmung Angaben über das [X.], in dem Rückkaufswerte garantiert sind. Im Streitfall fehlt es an ga-rantierten [X.] im Sinne von Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
[X.] zum [X.] a.F. Nach den vom Berufungsgericht zum Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages getroffenen Fest-stellungen hat die Beklagte der Klägerin keine Rückkaufswerte in [X.] Höhe vertraglich zugesagt. [X.]arüber hat die Beklagte entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts in der im Versicherungsschein enthaltenen Verbraucherinformation ausreichend informiert. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht von der im Versicherungsschein enthaltenen Übersicht aus, in deren vierter und fünfter Spalte der "[X.] mit Gewinnbeteiligung"
und der "nach Rückkauf verbleibende Restwert mit Gewinnbeteiligung"
bei Rentenbeginn ausgewiesen werden. Auf der vorhergehenden Seite des Versicherungsscheins wird der [X.] einschließlich Gewinnbeteiligung als "Zeitwert" der [X.] zum Zeitpunkt der Kündigung beschrieben, dessen Höhe von vielen
Faktoren abhänge, vor allem von der Zinsentwicklung auf dem [X.] 14
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7
-
Kapitalmarkt
und der Entwicklung der Lebenserwartung.
Weiter wird er-läutert, die in den Spalten 4 und 5 genannten Werte seien "auf Basis des
heutigen Niveaus der Gewinnbeteiligung und nach heutigen [X.] ermittelt". [X.]aran schließt sich der ausdrückliche Hinweis an: "Sie können daher nicht garantiert werden." Wird einem Versicherungs-nehmer -
wie hier
-
ausdrücklich mitgeteilt, dass in einer nachfolgenden Übersicht aufgeführte Rückkaufswerte auf der Basis der zur Zeit der Ausstellung des Versicherungsscheins maßgeblichen Berechnungs-grundlagen ermittelt wurden und nicht garantiert werden können, ist er darüber informiert, dass Rückkaufswerte "überhaupt nicht", auch nicht teilweise garantiert werden. Im Übrigen verpflichtet §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anla-ge Teil
[X.] zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Versicherer nicht anzugeben, dass es im Hinblick auf den [X.] an einer Garantie von [X.] fehlt. [X.]ies hat der Senat mit dem nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Ur-teil vom 11.
[X.]ezember 2019
in dem Verfahren [X.] ([X.], 208
Rn.
13
ff.), in dem es um eine nahezu gleich gestaltete [X.] derselben [X.] wie hier ging,
entschieden und
im Ein-zelnen
ausgeführt.

bb) [X.]ie Einwände der Klägerin gegen diese Entscheidung geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung.

(1) Soweit die Klägerin beanstandet, dass die vierte
Spalte der [X.] "Rückkaufswerte mit Gewinnbeteiligung" und damit summierte [X.] ausweise, muss sie einräumen, dass der in §
176 Abs.
3 Satz
1 [X.] a.F. als Zeitwert der Versicherung definierte Rückkaufswert die Überschussbeteiligung miteinschließt.
Sieht der Versicherungsvertrag -
wie im Streitfall
-
eine Gewinnbeteiligung vor, welche die Höhe der 15
16
-
8
-
Rückkaufswerte beeinflusst, fordert Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anla-ge Teil
[X.] zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung der Revisionserwide-rung nicht die Angabe von [X.] ohne Berücksichtigung der Überschussbeteiligung (Senatsurteil vom 11.
[X.]ezember 2019 [X.]O Rn.
24).

(2) Vergeblich rügt die Klägerin weiter eine unterbliebene [X.] der vermeintlich erforderlichen Anzahl an [X.] in Spal-te
4 der Tabelle. [X.]azu machten weder §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
[X.] zum [X.] a.F. noch Anhang
II Buchst.
A. Nr.
a.9 der [X.]ritten Richtlinie Lebensversi-cherung
Vorgaben.

[X.]) Schließlich kommt es für die Frage des Bestehens eines [X.] nach §
5a [X.] a.F. nicht darauf an, ob die Angabe der Rückkaufswerte Transparenzanforderungen genügt. Ein etwaiger Trans-parenzmangel in einer Verbraucherinformation begründet kein Wider-spruchsrecht nach §
5a [X.] a.F. (Senatsurteil vom 11.
[X.]ezember 2019 [X.]O Rn.
25).

b) [X.]ie Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das [X.] noch im [X.] wegen Unvollständigkeit der [X.] wirksam ausüben können, stellt sich nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).

[X.]) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein auf die Todesfallleistung (Beitragsrückgewähr im Todesfall
und Kapitalzahlung bei Unfalltod vor Rentenbeginn) entfallender [X.] nicht gemäß Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
e) der Anlage Teil
[X.] zum [X.] a.F. einzeln auszuweisen war, weil nicht mehrere selbständige Versiche-17
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-
9
-
rungsverträge im Sinne dieser Bestimmung vorliegen (Senatsurteil vom 11.
[X.]ezember 2019
[X.]O Rn.
26).
Ohne Erfolg verweist die Klägerin in-soweit auf Anhang
II Buchst.
A. Nr.
a.10 der [X.]ritten Richtlinie Lebens-versicherung, wonach vor Abschluss des Vertrages "Informationen über die Prämien für jede Leistung, und zwar sowohl Haupt-
als auch Neben-leistungen, wenn sich derartige Informationen als sinnvoll erweisen"
[X.] waren. Auch wenn die Richtlinie nicht zwischen Haupt-
und Ne-benleistungen unterscheidet, fordert sie jedenfalls nicht, dass für die [X.] der Hauptleistung -
Kapitalleistung im Todesfall vor Rentenbe-ginn statt Rentenzahlung für den Erlebensfall
-
Prämien separat ausge-wiesen werden.

bb) Auch eine Information über die Frist, während der der [X.] an den Antrag gebunden
sein soll (Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
f) der Anlage Teil
[X.] zum [X.] a.F.), war, wie der Senat mit dem Urteil vom 11.
[X.]ezember 2019 ([X.]O Rn.
27) entschieden und im Einzelnen erläutert hat, bei einem Vertragsschluss nach dem [X.] -
anders als beim Antragsmodell

nicht erforderlich.
[X.]aran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin fest.

3. [X.]ie Frage, ob das [X.] mit den Lebensversicherungs-richtlinien der [X.] unvereinbar ist, ist hier nicht ent-scheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-rechtswidrigkeit des [X.]s ist es der ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrten und informierten Klägerin nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger [X.]urchführung des Vertrages über fast 19
Jahre auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprü-che herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben: Senatsurteil vom 16.
Juli 2014

IV
ZR 73/13, [X.]Z 202, 102 Rn.
32 ff.).
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-
10
-

B. [X.] der Klägerin

[X.]ie [X.] der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Nach dem zur Revision der [X.] Gesagten (oben unter A.)
konnte die Klägerin das Widerspruchsrecht nach §
5a [X.] a.F. im [X.] nicht mehr wirksam ausüben. Auf die von ihr angegriffenen Ausführun-gen des Berufungsgerichts zur Höhe des [X.] kommt es daher nicht an.

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.08.2018 -
16 O 376/17 -

O[X.], Entscheidung vom 14.02.2019 -
7 [X.] -

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Meta

IV ZR 55/19

25.03.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2020, Az. IV ZR 55/19 (REWIS RS 2020, 11739)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11739

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IV ZR 8/19

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