Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2020, Az. IV ZR 207/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11563

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2020:030620UIVZR207.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 207/19
Verkündet am:

3. Juni 2020

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] im schriftlichen Ver-fahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 13. Mai 2020

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] -
7.
Zivilsenat
-
vom 11.
Juli 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Be-rufung der Klägerin das Urteil des [X.]

16.
Zivilkammer
-
vom 7.
Dezember 2018 teilweise [X.] und die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 2.095,36

Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.
Januar 2016 zu zahlen. Die Berufung der Kläge-rin wird auch insoweit zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2.095,36

Von Rechts wegen

-
3
-

Tatbestand:

Die Klägerin fordert von der [X.] aus ungerechtfertigter Be-reicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Heraus-gabe von Nutzungen.

Die Parteien schlossen im Jahr 1998 einen Vertrag über eine Ren-tenversicherung mit Kapitalwahlrecht im Erlebensfall und Beitragsrück-zahlung bei Tod vor Rentenbeginn nach dem sogenannten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: §
5a [X.] a.F.) ab.

Im November 2014 kündigte die Klägerin den Versicherungsvertrag und erhielt einen Rückkaufswert in Höhe von 10.425,84

Mit Schreiben vom 3.
Juli 2015 erklärte die Klägerin den [X.] gemäß §
5a [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt sie Rückzahlung ihrer auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge sowie Herausgabe von Nutzungen abzüglich des Rückkaufswertes, zuletzt insgesamt 9.171,71

gerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Zahlung von Verzugszinsen.

Die Klägerin meint, die Widerspruchsfrist nach §
5a [X.] a.F. sei wegen formaler und inhaltlicher Mängel der Widerspruchsbelehrung so-wie wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation nicht in Gang gesetzt worden.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin 1
2
3
4
5
6
7
-
4
-
in Höhe von 2.095,36

strebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für die Revision der [X.] relevant -
ausgeführt, der Kläge-rin stehe ein Anspruch auf Erstattung geleisteter Prämien sowie Heraus-gabe gezogener Nutzungen aus §§
812 Abs.
1 Satz
1, 818 Abs.
1 BGB in Höhe von insgesamt 2.095,36

Widerspruchsrecht noch im [X.] wirksam ausüben können. Zwar sei der Klägerin eine formell und inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Aber die ihr überlassene Verbraucherinformation nach §
10a [X.] in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (im Folgenden: [X.] a.F.) sei unvollständig gewesen. Es fehle die nach Ab-schnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) bis d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. erforder-liche Angabe über das Ausmaß, in dem Rückkaufswerte garantiert [X.].

I[X.] Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte die nach dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrte Klägerin den [X.] nicht wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation noch im [X.] wirksam erklären.

8
9
10
11
12
-
5
-

a) Der Beginn der in §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. bestimmten vier-zehntägigen Widerspruchsfrist gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. setzt zwar unter anderem voraus, dass dem Versicherungsnehmer die [X.] nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F., darunter auch die [X.] nach §
10a [X.] a.F., vollständig vorliegen.
-
6
-

aa) Die der Klägerin überlassene Verbraucherinformation war aber nicht, wie das Berufungsgericht meint, deshalb unvollständig, weil eine Angabe dazu fehlte, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte über-haupt garantiert wurden. Zu der notwendigen Verbraucherinformation nach §
10a Abs.
1 [X.] a.F. gehörten bei Lebensversicherungen und [X.] mit [X.] gemäß Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. die Angabe der [X.] und nach Buchst. d) dieser Bestimmung Angaben über das [X.], in dem Rückkaufswerte garantiert sind. Im Streitfall fehlt es an ga-rantierten [X.] im Sinne von Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. Nach den vom Berufungsgericht zum Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages getroffenen Fest-stellungen hat die Beklagte der Klägerin keine Rückkaufswerte in [X.] Höhe vertraglich zugesagt. Darüber hat die Beklagte entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts in der im Versicherungsschein enthaltenen Verbraucherinformation ausreichend informiert. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht von der im Versicherungsschein enthaltenen Übersicht aus, in deren vierter Spalte der "Rückkaufswert mit Gewinnbeteiligung"
ausgewiesen wird. Auf der vorhergehenden Seite des Versicherungsscheins wird der Rückkaufswert einschließlich [X.] als "Zeitwert" der Versicherung zum Zeitpunkt der Kün-digung beschrieben, dessen Höhe von vielen Faktoren abhänge, vor [X.] von der Zinsentwicklung auf dem [X.] Kapitalmarkt und der Entwicklung der Lebenserwartung. Weiter wird erläutert, die in
den [X.] 4 und 5 genannten Werte seien "auf Basis des heutigen Niveaus der Gewinnbeteiligung und nach heutigen Rechnungsgrundlagen ermittelt". Daran schließt sich der ausdrückliche Hinweis an: "Sie können daher nicht garantiert werden." Wird einem Versicherungsnehmer -
wie hier
-
ausdrücklich mitgeteilt, dass in einer nachfolgenden Übersicht aufgeführ-te Rückkaufswerte auf der Basis der zur Zeit der Ausstellung des [X.]
-
7
-
cherungsscheins maßgeblichen Berechnungsgrundlagen ermittelt wurden und nicht garantiert werden können, ist er darüber informiert, dass Rück-kaufswerte "überhaupt nicht", auch nicht teilweise garantiert werden. [X.] ist in der Übersicht die Überschrift zur Spalte 2 durch [X.] mit dem Zusatz versehen "Diese Beträge garantieren wir", [X.] ein entsprechender Hinweis zur Spalte 4 fehlt.
Auch damit hat die Beklagte eindeutig mitgeteilt, dass die in Spalte 4 aufgeführten Rück-kaufswerte nicht garantiert sind. Im Übrigen verpflichtet §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts den Versicherer nicht anzugeben, dass es im Hinblick auf den ab-geschlossenen Vertrag an einer Garantie von [X.] fehlt. Dies hat der Senat mit dem nach Erlass des Berufungsurteils ergange-nen Urteil vom 11.
Dezember 2019 in dem Verfahren [X.] ([X.], 208 Rn.
13
ff.), in dem es um eine nahezu gleich gestaltete [X.] derselben [X.] wie hier ging, entschieden und im Einzelnen ausgeführt.

bb) Die Einwände der Klägerin gegen diese Entscheidung geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung.

(1) Soweit die
Klägerin beanstandet, dass die vierte Spalte der Übersicht "Rückkaufswerte mit Gewinnbeteiligung" und damit summierte Beträge ausweise, bedenkt sie nicht, dass der in §
176 Abs.
3 Satz
1 [X.] a.F. als Zeitwert der Versicherung definierte Rückkaufswert die Überschussbeteiligung miteinschließt. Sieht der Versicherungsvertrag -
wie im Streitfall
-
eine Gewinnbeteiligung vor, welche die Höhe der Rückkaufswerte beeinflusst, fordert Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anla-ge Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung der Revisionserwide-rung nicht die Angabe von [X.] ohne Berücksichtigung der 14
15
-
8
-
Überschussbeteiligung (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
24).

(2) Vergeblich rügt die Klägerin weiter eine unterbliebene [X.] der vermeintlich erforderlichen Anzahl an [X.] in Spal-te
4 der Tabelle. Dazu machten weder §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. noch Anhang
II Buchst.
A. Nr.
a.9 der Dritten Richtlinie Lebensversi-cherung
Vorgaben.

[X.]) Schließlich kommt es für die Frage des Bestehens eines [X.]srechts nach §
5a [X.] a.F. nicht darauf an, ob die Angabe der Rückkaufswerte Transparenzanforderungen genügt. Ein etwaiger Trans-parenzmangel in einer Verbraucherinformation begründet kein [X.]srecht nach §
5a [X.] a.F. (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
25).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das [X.]srecht noch im [X.] wegen Unvollständigkeit der [X.] wirksam ausüben können, stellt sich nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).

Weder war ein auf die Todesfallleistung entfallender Beitragsanteil gemäß Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
e) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. ein-zeln auszuweisen (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
26) noch war
eine Information über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll (Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
f) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F.), bei einem Vertragsschluss nach dem Policenmo-dell -
anders als beim Antragsmodell

erforderlich
(Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
27). Hiergegen erhebt die Klägerin zu Recht keine Einwände.
16
17
18
19
-
9
-

2. Die Frage, ob das [X.] mit den Lebensversicherungs-richtlinien der [X.] unvereinbar ist, ist hier nicht ent-scheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-rechtswidrigkeit des [X.]s ist es der ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrten und informierten Klägerin nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages über mehr als sechzehn Jahre
auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereiche-rungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben: [X.] vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
32 ff.).

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.12.2018 -
16 O 121/18 -

O[X.], Entscheidung vom 11.07.2019 -
7 U 38/19 -

20

Meta

IV ZR 207/19

03.06.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2020, Az. IV ZR 207/19 (REWIS RS 2020, 11563)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11563

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 8/19

IV ZR 73/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.