Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2020, Az. IV ZR 69/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11744

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[X.]:[X.]:BGH:2020:250320UIVZR69.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 69/19
Verkündet am:

25. März 2020

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.] und Dr. [X.]
im schriftlichen Ver-fahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 4. März
2020

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] -
7.
Zivilsenat -
vom 7.
März
2019
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Be-rufung des [X.] das Urteil des [X.]

18.
Zivilkammer -
vom 18.
September 2018 teilweise [X.] und die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 1.673,35

Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.
September 2017 zu zahlen. Die Berufung des [X.] wird auch insoweit zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision des [X.] wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 33.127,42

Von Rechts wegen

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Tatbestand:

Der Kläger fordert von der
Beklagten aus ungerechtfertigter Berei-cherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Herausgabe von Nutzungen.

Die Parteien schlossen im Jahr 1999 einen Vertrag über eine Le-bensversicherung mit Kapitalzahlung im Todes-
und Erlebensfall (bei Tod oder bei Erleben des Ablaufs) sowie Beitragsbefreiung bei [X.] nach dem sogenannten [X.] des §
5a [X.] in der sei-nerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: §
5a [X.] a.F.) ab.

Im August 2015 kündigte der Kläger den Versicherungsvertrag und erhielt einen Rückkaufswert in Höhe von 21.372,35

Mit Schreiben vom 15.
Januar
2016 erklärte der Kläger den [X.] gemäß §
5a [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt er Rückzahlung seiner auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge sowie Herausgabe von Nutzungen abzüglich der [X.], insgesamt 33.127,42

Rechtsanwaltskosten und Zahlung von Verzugszinsen.

Der Kläger meint, die Widerspruchsfrist nach §
5a [X.] a.F. sei wegen formaler und inhaltlicher Mängel der Widerspruchsbelehrung so-wie wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation nicht in Gang gesetzt worden.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des [X.] in 1
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Höhe von 1.673,35

Mit ihrer Revision [X.] die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, während der Kläger mit seiner Anschlussrevision sein über den zuer-kannten Betrag hinausgehendes Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

A. Revision der Beklagten

Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für die Revision der Beklagten relevant -
ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Erstattung geleisteter Prämien sowie Herausgabe gezogener Nutzungen aus §§
812 Abs.
1 Satz
1, 818 Abs.
1 [X.] von insgesamt 1.673,35

[X.] wirksam ausüben können. Zwar sei dem Kläger eine formell und inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Aber die ihm überlassene Verbraucherinformation nach §
10a [X.] in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (im [X.]: [X.] a.F.) sei unvollständig gewesen. Es fehle die nach Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) bis d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. erforderliche An-gabe über das Ausmaß, in dem Rückkaufswerte garantiert
würden.

I[X.] Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.

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1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte der nach dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrte Kläger den [X.] nicht wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation noch im [X.] wirksam erklären.

a) Der Beginn der in §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. bestimmten vier-zehntägigen Widerspruchsfrist gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. setzt zwar unter anderem voraus, dass dem Versicherungsnehmer die [X.] nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F., darunter auch die [X.] nach §
10a [X.] a.F., vollständig vorliegen.

aa) Die dem Kläger überlassene Verbraucherinformation war aber nicht, wie das Berufungsgericht meint, deshalb unvollständig, weil eine Angabe dazu fehlte, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte über-haupt garantiert wurden. Zu der notwendigen Verbraucherinformation nach §
10a Abs.
1 [X.] a.F. gehörten bei Lebensversicherungen und [X.] mit [X.] gemäß Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. die Angabe der [X.] und nach Buchst. d) dieser Bestimmung Angaben über das [X.], in dem Rückkaufswerte garantiert sind. Im Streitfall fehlt es an ga-rantierten [X.] im Sinne von Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. Nach den vom Berufungsgericht zum Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages getroffenen Fest-stellungen hat die Beklagte
dem Kläger keine Rückkaufswerte in [X.] Höhe vertraglich zugesagt. Darüber hat die Beklagte entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts in der im Versicherungsschein enthaltenen Verbraucherinformation ausreichend informiert. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht von der im Versicherungsschein enthaltenen Übersicht aus, in deren vierter Spalte der "Rückkaufswert 12
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mit Gewinnbeteiligung"
ausgewiesen wird. Auf der vorhergehenden Seite des Versicherungsscheins wird der Rückkaufswert einschließlich [X.] als "Zeitwert" der Versicherung zum Zeitpunkt der Kün-digung beschrieben, dessen Höhe von vielen Faktoren abhänge, vor [X.] von der Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt und der Entwicklung der Lebenserwartung. Weiter wird erläutert, der
in Spalte 4 genannte Wert sei "auf Basis des heutigen Niveaus der Gewinnbeteiligung und nach heutigen Rechnungsgrundlagen ermittelt". Daran schließt sich der ausdrückliche Hinweis an: "Er kann daher nicht garantiert werden." Wird einem Versicherungsnehmer
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wie hier
-
ausdrücklich mitgeteilt, dass in einer nachfolgenden Übersicht aufgeführte Rückkaufswerte auf der Basis der zur Zeit der Ausstellung des Versicherungsscheins maßgeblichen Berechnungsgrundlagen ermittelt wurden und nicht garantiert werden können, ist er darüber informiert, dass Rückkaufswerte "überhaupt nicht", auch nicht teilweise garantiert werden. Im Übrigen verpflichtet §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts den Versicherer nicht anzugeben, dass es im Hinblick auf den abgeschlossenen Vertrag an einer Garantie von [X.] fehlt. Dies hat der Senat mit dem nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteil vom 11.
Dezember 2019 in dem Verfahren [X.] ([X.], 208 Rn.
13
ff.), in dem es um eine nahezu gleich gestaltete Verbraucherinformation derselben Beklagten wie hier ging, entschieden und im Einzelnen ausgeführt.

bb) Die Einwände des [X.] gegen diese Entscheidung geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung.

(1) Soweit der Kläger beanstandet, dass die vierte Spalte der [X.] "Rückkaufswerte mit Gewinnbeteiligung" und damit summierte Be-15
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träge ausweise, muss er einräumen, dass der in §
176 Abs.
3 Satz
1 [X.] a.F. als Zeitwert der Versicherung definierte Rückkaufswert die Überschussbeteiligung miteinschließt. Sieht der Versicherungsvertrag -
wie im Streitfall
-
eine Gewinnbeteiligung vor, welche die Höhe der Rückkaufswerte beeinflusst, fordert Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anla-ge Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung der Revisionserwide-rung nicht die Angabe von [X.] ohne Berücksichtigung der Überschussbeteiligung (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO
Rn.
24).

(2) Vergeblich rügt der Kläger weiter eine unterbliebene Auflistung der vermeintlich erforderlichen Anzahl an [X.] in Spalte
4 der Tabelle. Dazu machten weder §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in [X.] mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. noch Anhang
II Buchst.
A. Nr.
a.9 der Dritten Richtlinie Lebensversiche-rung
Vorgaben.

(3) Schließlich kommt es für die Frage des Bestehens eines [X.]srechts nach §
5a [X.] a.F. nicht darauf an, ob die Angabe
der Rückkaufswerte Transparenzanforderungen genügt. Ein etwaiger Trans-parenzmangel in einer Verbraucherinformation begründet kein [X.]srecht nach §
5a [X.] a.F. (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
25).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe das [X.]srecht noch im [X.] wegen Unvollständigkeit der [X.] wirksam ausüben können, stellt sich nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).

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aa) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein auf die Todesfallleistung entfallender Beitragsanteil nicht ge-mäß Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
e) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. einzeln auszuweisen
war, weil nicht mehrere selbständige Versicherungsverträ-ge im Sinne dieser Bestimmung vorliegen (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019
aaO Rn.
26). Ohne Erfolg verweist der Kläger inso-weit auf Anhang
II Buchst.
A. Nr.
a.10 der [X.], wonach vor Abschluss des Vertrages "Informationen über die Prämien für jede Leistung, und zwar sowohl Haupt-
als auch Nebenleis-tungen, wenn sich derartige Informationen als sinnvoll erweisen"
mitzu-teilen waren. Auch wenn die Richtlinie nicht zwischen Haupt-
und Neben-leistungen unterscheidet, fordert sie jedenfalls nicht, dass für die Alter-native der Hauptleistung -
Kapitalleistung im Todes-
oder im Erlebens-fall
-
Prämien separat ausgewiesen werden.

bb) Auch eine Information über die Frist, während der der [X.] an den Antrag gebunden sein soll (Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
f) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F.), war, wie der Senat mit dem Urteil vom 11.
Dezember 2019 (aaO Rn.
27) entschieden und im Einzelnen erläutert hat, bei einem Vertragsschluss nach dem [X.] -
anders als beim Antragsmodell

nicht erforderlich. Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des [X.] fest.

2. Die Frage, ob das [X.] mit den Lebensversicherungs-richtlinien der [X.] unvereinbar ist, ist hier nicht ent-scheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-rechtswidrigkeit des [X.]s ist es dem ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrten und informierten Kläger nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages über fast 16
Jahre auf dessen 21
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angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprü-che herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben: Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV
ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
32 ff.).

B. Anschlussrevision des [X.]

Die Anschlussrevision ist zulässig, aber unbegründet. Nach dem zur Revision der Beklagten Gesagten (oben unter A.)
konnte der Kläger das Widerspruchsrecht nach § 5a [X.] a.F. im [X.] nicht mehr wirksam ausüben. Auf die von ihm angegriffenen Ausführungen des Be-rufungsgerichts zur Höhe des [X.] kommt es daher nicht an.

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Dr. [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.09.2018 -
18 [X.]/18 -

O[X.], Entscheidung vom 07.03.2019 -
7 U 210/18 -

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Meta

IV ZR 69/19

25.03.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2020, Az. IV ZR 69/19 (REWIS RS 2020, 11744)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11744

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IV ZR 8/19

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