Bundessozialgericht, Urteil vom 13.07.2017, Az. B 8 SO 22/15 R

8. Senat | REWIS RS 2017, 8058

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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 41 163,46 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

[X.] ist ein Schiedsspruch über die Höhe der Vergütung für stationäre Leistungen der Eingliederungshilfe in der [X.] vom 1.4. bis zum 31.12.2011.

2

Die Klägerin betreibt in [X.] ein psychiatrisches Wohn- und Pflegeheim mit einem Wohnangebot für seelisch und mehrfach behinderte erwachsene Menschen mit 67 Plätzen im Wohnheim sowie zwei Außenwohngruppen. In dem Wohnheim erbrachte sie im streitbefangenen [X.]raum Leistungen des "Wohnens für Menschen mit seelischen Behinderungen" ([X.] 3.2.1.1) und Leistungen für die "[X.] Tagesstruktur" ([X.] 3.1.1.3) nach der zwischen dem beklagten überörtlichen Träger der Sozialhilfe, den kommunalen [X.] in [X.] und der Landesarbeitsgemeinschaft der [X.] geschlossenen "Vereinbarung zur Fortführung der Inhalte und Regelungen der mit Wirkung ab 1. Januar 2002 abgeschlossenen Verträge" ([X.]), der "Vereinbarung zur Fortgeltung des so genannten [X.] nach § 93d Abs 2 [X.]" ([X.]I) und dem [X.] hierzu ("[X.]"). Die Klägerin, die keinem der vertragsschließenden Spitzenverbände angehört und die diesen Vereinbarungen nicht beigetreten ist, hat mit dem Beklagten eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung abgeschlossen (vom [X.]). Nach den zuletzt geltenden Vergütungsvereinbarungen (vom 18. und 22.12.2009) betrug die Höhe der Vergütung (ohne weitere Differenzierung nach [X.]) für die [X.] vom 1.1. bis 31.12.2010 für die Leistung "Wohnen für Menschen mit seelischen Behinderungen" täglich 53,11 Euro (Grundpauschale in Höhe von 17,49 Euro und [X.] in Höhe von 35,62 Euro) und für die Leistungen "[X.] Tagesstruktur" monatlich 224,91 Euro (Grundpauschale in Höhe von 74,08 Euro und [X.] in Höhe von 150,83 Euro); daneben fiel ein Investitionsbetrag an.

3

Für die [X.] ab dem 1.1.2011 forderte die Klägerin vom Beklagten zuletzt eine Anpassung der Vergütung für die Bereiche "Wohnen für Menschen mit seelischen Behinderungen" und "[X.] Tagesstruktur" (als Inflationsausgleich) in Höhe von 1,5 Prozent sowie für letztere zusätzlich eine Erhöhung um den Betrag von 43,82 Euro, ermittelt aus dem Durchschnittswert bei einer Anpassung über den [X.]raum von sieben Jahren (Schreiben vom 15.1.2011). Beides lehnte der Beklagte ab (Schreiben vom 1.3.2011). Die Klägerin rief die Schiedsstelle gemäß § [X.] - ([X.]) für das Land [X.] an und beantragte, die Vergütung für die Leistung "Wohnen für Menschen mit seelischen Behinderungen" auf täglich 53,91 Euro und für die Leistungen "[X.] Tagesstruktur" auf monatlich 272,76 Euro festzusetzen (Schreiben vom 22.3.2011). Den Antrag lehnte die Schiedsstelle ab (Entscheidung der [X.]).

4

Das [X.] ([X.]) [X.]-Bremen hat die Klage gegen den Schiedsspruch abgewiesen (Urteil vom 23.10.2014). Der Schiedsspruch sei formal und in der Sache nicht zu beanstanden. Die Zuständigkeit des Beklagten für den Anspruch auf Anpassung der Vergütung an landesrahmenvertragliche Regelungen folge aus der Zuständigkeit zum Abschluss von Rahmenvereinbarungen nach § 79 Abs 1 [X.]. Zudem sei der Beklagte als zuständiger Träger der Sozialhilfe für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen nach § 75 Abs 3 [X.] über die von der Klägerin nach § 3 Abs 1 der [X.] erbrachten Leistungen zur Teilhabe am Leben in der [X.] zuständig. Die Schiedsstelle habe es in nicht zu beanstandender Weise und von der ihr zustehenden [X.] gedeckt abgelehnt, die Vergütungssätze für die Grund- und [X.] entsprechend anzupassen. Sie habe es auch in nicht zu beanstandender Weise abgelehnt, eine höhere Vergütung im Wege einer Einzelfallbetrachtung festzusetzen. Die Klägerin habe keine einrichtungsspezifischen Besonderheiten dargelegt und auch tatsächlich entstandene Kosten nicht belegt.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin, der Schiedsspruch und das Urteil des [X.] verstießen zu ihren Lasten gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz ) und den Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie begehre unabhängig von den Regelungen der Verträge, denen sie nicht beigetreten sei, angesichts der Inflationsrate und der Einführung eines Mindestlohns eine Anpassung der Vergütung.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.]s [X.]-Bremen vom 23. Oktober 2014 und die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 [X.] für das Land [X.] vom 9. Juni 2011 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ). Das [X.] hat die Klage - wenn auch mit unzutreffender Begründung - zu Recht abgewiesen; denn die Entscheidung der [X.] erweist sich im Ergebnis als zutreffend.

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist allein die Aufhebung der Entscheidung der [X.], die die Klägerin zulässigerweise mit einer Anfechtungsklage gegen den Beklagten - ihren Vertragspartner (§ 77 Abs 1 Satz 5 [X.], hier in der Fassung, die die Norm mit dem Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 2.12.2006 <[X.] 2670> erhalten hat) - verfolgt (vgl hierzu nur [X.], 227 ff = [X.] 4-3500 § 77 [X.], Rd[X.]1 mwN).

Im Ergebnis zu Recht hat das [X.] die Entscheidung der [X.] bestätigt. Der Antrag der Klägerin war von der [X.] schon deshalb zurückzuweisen, weil der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (vgl § 1 Abs 3 des [X.] zur Ausführung des [X.] , hier in der Fassung des [X.], Nds GVBl S 644) zum Abschluss von Verträgen nach dem 10. Kapitel des [X.] für Leistungen der Eingliederungshilfe sachlich nicht zuständig ist. Damit haben vor Anrufung der [X.] (vgl § 77 Abs 1 Satz 3 [X.]) schon nicht die für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen nach § 75 [X.] zuständigen Parteien verhandelt; die [X.] hätte den Antrag wegen dieses Verstoßes gegen formelles Recht, der zur Nichtigkeit des Vertrags zwischen den Beteiligten des Verfahrens führt, zurückweisen müssen, ohne eine Entscheidung in der Sache zu treffen.

Wegen der Zuständigkeit zum Abschluss von Vergütungsvereinbarungen stellt § 77 Abs 1 Satz 2 [X.] (eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 2.12.2006, [X.] 2670) für die örtliche Zuständigkeit auf den Sitz des für die Einrichtung zuständigen Trägers der Sozialhilfe ab ([X.], 233 = [X.] 4-3500 § 76 [X.], Rd[X.] 20). Es handelt sich dabei um eine Sonderregelung nur für die örtliche Zuständigkeit zum Abschluss von Verträgen. Die Anknüpfung der örtlichen Zuständigkeit an den Sitz der Einrichtung stellt sicher, dass auf Seiten des Sozialhilfeträgers derjenige verhandelt, der mit den örtlichen Verhältnissen vertraut ist und damit die erforderlichen Kenntnisse zur Beurteilung der Angemessenheit der geforderten Vergütungen am ehesten besitzt (BSG [X.] 4-3500 § 75 [X.] Rd[X.]3; vgl auch [X.], 295, 300).

Wegen der sachlichen Zuständigkeit ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 97 Abs 1 [X.], der für die "Sozialhilfe" allgemein die sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe bestimmt, - anders als die Beteiligten und das [X.] es angenommen haben - die Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe zum Vertragsabschluss, soweit (vgl § 97 Abs 2 Satz 1 [X.]) keine landesrechtlichen Regelungen getroffen worden sind ([X.], 233 = [X.] 4-3500 § 76 [X.], Rd[X.] 20; BSG [X.] 4-3500 § 75 [X.] Rd[X.]4). Die Annahme des [X.], die Zuständigkeit des Beklagten zum Abschluss von Verträgen folge aus seiner Leistungszuständigkeit (§ 6 Abs 2 [X.]a AG [X.] Nds, ebenfalls in der Fassung des [X.]) für die Leistungen der Eingliederungshilfe, die in der Einrichtung erbracht werden, lässt sich den bundesgesetzlichen Regelungen über die sachliche Zuständigkeit nicht entnehmen. Der [X.] hat bereits entschieden, dass sich aus § 97 Abs 3 [X.] [X.] keine abweichende Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit zum Vertragsabschluss für den Fall ergibt, dass der überörtliche Träger für die Leistungen der Eingliederungshilfe zuständig ist. Nur für den Fall fehlender landesrechtlicher Regelungen zur Leistungszuständigkeit sieht § 97 Abs 3 [X.] eigene bundesrechtliche Regelungen, allerdings beschränkt auf die Leistungszuständigkeit vor, während § 97 Abs 1 [X.] "die Sozialhilfe" allgemein nennt und ihren Anwendungsbereich also nicht auf die Leistungszuständigkeit einschränkt (BSG, Urteil vom 8.3.2017 - [X.] [X.] 20/15 R - Rd[X.]8, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Aus § 79 [X.] lässt sich - anders als das [X.] meint - keine weitergehende sachliche Zuständigkeit für die "Umsetzung" von in Rahmenverträgen geregelten Ansprüchen herleiten, ohne dass vorliegend zu entscheiden wäre, ob es sich bei den Regelungen der [X.] [X.] überhaupt um Rahmenverträge in diesem Sinne handelt.

Aus abweichenden landesrechtlichen Regelungen ergibt sich eine Zuständigkeit zum Abschluss von Verträgen ebenfalls nicht. Der [X.] ist an eigenen Feststellungen insoweit nicht gehindert, weil das [X.] ausgehend von der Rechtsauffassung, die Vertragszuständigkeit folge aus der Leistungszuständigkeit, eigene Feststellungen zum Landesrecht insoweit nicht getroffen hat. § 6 Abs 1 AG [X.] Nds trifft wegen der Zuständigkeit der örtlichen Träger der Sozialhilfe eine umfassende Regelung ("Die örtlichen Träger der Sozialhilfe sind zuständig, soweit nicht nach den Absätzen 2 bis 5 die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe besteht."); eine Beschränkung nur auf die Leistungserbringung ist dem nicht zu entnehmen. Der überörtliche Träger ist (unter weiteren Voraussetzungen) sachlich zuständig für teilstationäre und stationäre Leistungen der Eingliederungshilfe (§ 6 Abs 2 [X.] AG [X.] Nds) sowie bei Erbringung von (solchen) stationären Leistungen auch für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln des [X.] zu erbringen sind, und schließlich für eine Leistung nach § 74 [X.] (§ 6 Abs 3 AG [X.] Nds). Dies schließt entgegen der Auffassung des Beklagten die Zuständigkeit für den Vertragsabschluss nicht ein; denn der Vertragsschluss mit dem Leistungserbringer, der im 10. Kapitel des [X.] geregelt ist, ist keine Leistung. Deshalb enthalten auch einige Ausführungsgesetze anderer Bundesländer entsprechende Zuständigkeitsregelungen (vgl nur § 5 Abs 3 AG [X.] für das [X.] ; § 3 Abs 1 AG [X.] für das [X.] ). Soweit der Beklagte darauf verweist, der Begriff der Leistung umfasse nach niedersächsischem Recht die Zuständigkeit zum Vertragsabschluss, weil die Leistungsträger nach § 1 AG [X.] Nds die umfassenden Rechte und Pflichten treffen sollten - und dabei auch die Planungsverantwortung, die nur mit einer Zuständigkeit zum Abschluss von Verträgen ausgefüllt werden könne -, wird daraus nur das fehlerhafte Verständnis der bundesgesetzlichen Regelungen bei der Schaffung des AG [X.] Nds deutlich, nicht aber eine von § 97 Abs 1 [X.] iVm § 6 Abs 1 AG [X.] Nds abweichend bestimmte sachliche Zuständigkeit. Eine solche Zuständigkeitsregelung enthält insbesondere § 10 AG [X.] Nds nicht. Dass nach der hierzu erlassenen Durchführungsverordnung einige örtliche Träger zum Abschluss von Verträgen herangezogen werden, bestätigt zwar das vom Beklagten dargelegte Verständnis, führt aber aus den gleichen Gründen nicht zu einer vom Landesgesetzgeber abweichend von § 97 Abs 1 [X.] iVm § 6 Abs 1 AG [X.] Nds geschaffenen Gesetzeslage. Der (vermeintliche) Wille des Gesetzgebers hat in die geschaffene Regelung gerade keinen Eingang gefunden. Systematik und Wortlaut lassen eine in diesem Sinne verstandene "historische Auslegung" daher zurücktreten.

Nichts anderes folgt auch aus dem vom Beklagten vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des [X.] zur Ausführung des [X.] vom 6.6.2017 ([X.]), der in dem eingefügten § 6 Abs 7 AG [X.] Nds nunmehr ausdrücklich die sachliche Zuständigkeit des Beklagten für den Abschluss und die Kündigung von Vereinbarungen nach § 75 Abs 3 [X.] rückwirkend ab 1.1.2005 vorsieht. Die Regelung bestätigt lediglich, dass der Landesgesetzgeber sein fehlerhaftes Verständnis, das die fehlende landesrechtlich geregelte sachliche Zuständigkeit für Vereinbarungen nach § 75 Abs 3 [X.] nicht substituiert, nunmehr korrigieren wollte. Die Regelung zeigt insbesondere, dass nicht nur eine "Klarstellung" gewollt sein kann. Anderenfalls wäre die (verfassungsrechtlich bedenkliche) rückwirkende Inkraftsetzung nicht erforderlich. Selbst die Gesetzesbegründung spricht zunächst zwar von einer klarstellenden redaktionellen Ergänzung, dann aber doch von einer "Erweiterung der bisherigen Regelungen" ([X.] [X.]), die weit über eine bloße Klarstellung hinausgeht.

Die von dem Beklagten dargestellten Folgen einer Nichtigkeit der Verträge (dazu sogleich) oder das jahrelange Hinnehmen nichtiger Verträge vermögen ebenfalls kein anderes Ergebnis zu begründen. Denn der Nichtigkeit eines Vertrags können weder der Zeitablauf noch Gesichtspunkte von Treu und Glauben entgegengesetzt werden. Zudem kann der [X.] den zuständigen Vertragsparteien neu vorgenommen oder bestätigt werden (vgl auch § 141 Bürgerliches Gesetzbuch ), um ggf nachteilige Konsequenzen für Heimträger, Heimbewohner und Sozialhilfeträger zu vermeiden.

Die Zuständigkeit des Beklagten zum Abschluss von Vergütungsverträgen folgt schließlich nicht aus § 3 [X.] [X.] I, unabhängig davon, welche Rechtsqualität dieser Vertrag hat. Die Bestimmung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit der Leistungsträger steht nicht zur Disposition der Vertragspartner, wie der [X.] ebenfalls bereits entschieden hat (BSG, Urteil vom 8.3.2017 - [X.] [X.] 20/15 R - Rd[X.] 21, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Die Bestimmung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit zum Vertragsabschluss ist im Gesetz folglich auch nicht als möglicher Regelungskomplex eines Rahmenvertrags genannt (vgl § 79 Abs 1 Satz 1 [X.]).

Die zwischen der Klägerin und dem Beklagten nach §§ 75 ff [X.] abgeschlossenen Vereinbarungen sind damit unter Verstoß gegen formelles Recht zustande gekommen und nach § 58 Abs 1 [X.] - ([X.]) iVm §134 BGB nichtig. Die Regelungen der §§ 53 ff [X.] über öffentlich-rechtliche Verträge sind auf die Vergütungsvereinbarung nach §§ 75 ff [X.], bei der es sich um einen Normvertrag handelt (stRspr, vgl nur: BSG [X.] 4-3500 § 62 [X.] Rd[X.]5; [X.] 4-3500 § 75 [X.] 6 Rd[X.]6; [X.] 4-3500 § 53 [X.] 4 Rd[X.]5; [X.] 4-3500 § 75 [X.] 3), anwendbar (vgl nur [X.], 240, 243 f = [X.] 3-5533 Allg [X.] S 4; [X.] in von [X.]/Schütze, [X.], 8. Aufl 2014, § 53 Rd[X.] 7 mwN). Die Rechtsnatur der Vergütungsvereinbarung als Normvertrag ergibt sich dabei zwingend aus der in § 77 Abs 1 Satz 2 [X.] normierten Wirkungserstreckung auf andere als am eigentlichen Vertrag unmittelbar Beteiligte.

Der Verstoß gegen die zwingenden gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen führt zu einem qualifizierten Rechtsverstoß nach § 58 Abs 1 [X.] iVm § 134 BGB. Zwar führen Verstöße gegen Verbotsnormen, die sich (wie hier die Zuständigkeitsregelungen zum Abschluss von Vereinbarungen) nur an einen von mehreren [X.] richten, in der Regel nicht zur Nichtigkeit des Geschäfts (vgl nur [X.], 283, 289 mwN). Anderes gilt, wenn das Verbot, das sich nur an die eine Vertragspartei richtet, dem Schutz der anderen Vertragspartei dient. Deshalb entspricht es ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]), dass auch Verstöße gegen nur einseitige Verbote dann zur Nichtigkeit des Geschäfts führen, wenn es mit dem Sinn und Zweck des [X.] unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen (vgl etwa [X.]Z 159, 334, 341 f mwN). Ein solcher Fall liegt bei der Verletzung der Zuständigkeitsnormen für den Abschluss von Vereinbarungen nach § 75 [X.] gerade wegen der Wirkungserstreckung der Verträge auf andere Träger der Sozialhilfe vor. Den Beteiligten kann bei Nichtigkeit des Vertrags auch nicht - wie der Beklagte meint - aus [X.] eine Übergangszeit eingeräumt werden, um sich auf die neue Lage einzustellen. Die von ihm hierzu beispielhaft genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) betreffen keine nichtigen Vertragsgestaltungen.

Einer notwendigen (echten) Beiladung des für den Vertragsabschluss zuständigen örtlichen Trägers des Sozialhilfe (vgl § 75 Abs 2 1. Alt SGG) bedurfte es in der vorliegenden Konstellation nicht. Die Zuständigkeit zum Vertragsschluss ergibt sich für diesen aus dem Gesetz. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass er zur Wahrung seines rechtlichen Gehörs wegen der Nichtigkeit der bisherigen Verträge angehört werden müsste (anders als im Fall, dass eine der vertragsschließenden Parteien am Gerichtsverfahren nicht beteiligt ist; vgl BSG, Urteil vom 8.3.2017 - [X.] [X.] 20/15 R - Rd[X.]2, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Im Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens gegen eine Entscheidung der [X.] kann das Fehlen jeglicher Vertragsvereinbarungen ohne vorangehende Verhandlungen zwischen den zuständigen Vertragsparteien auch nicht ersetzt werden, sodass auch deshalb kein Grund für die Beteiligung im Wege der Beiladung erkennbar ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 [X.] (VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2, 52 Abs 1, 47 Abs 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz ([X.]).

Meta

B 8 SO 22/15 R

13.07.2017

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 23. Oktober 2014, Az: L 8 SO 230/11 KL, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 13.07.2017, Az. B 8 SO 22/15 R (REWIS RS 2017, 8058)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8058

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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