Bundessozialgericht, Urteil vom 07.10.2015, Az. B 8 SO 19/14 R

8. Senat | REWIS RS 2015, 4317

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Sozialhilfe - Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12 - eingeschränkte gerichtliche Kontrolle - örtliche Zuständigkeit für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung - gesondert berechnete Investitionskosten - externer Vergleich - Verneinung der Wirtschaftlichkeit wegen Überkapazität an Pflegeplätzen - verdeckte Bedarfsplanung)


Leitsatz

Die Festsetzung von Vergütungen für gesondert berechenbare Investitionskosten durch die Träger der Sozialhilfe bzw die sozialhilferechtliche Schiedsstelle darf nicht zu einer verdeckten Bedarfsplanung bei (landesrechtlich nicht geförderten) Pflegeeinrichtungen führen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des [X.] vom 5. Dezember 2013 und die Entscheidung der [X.] in der [X.] im [X.] vom 6. Juli 2011 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 93 592,50 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

[X.] ist ein Schiedsspruch über die Höhe der Investitionskostenvergütung für die [X.] bis zum 31.1.2008.

2

Die Klägerin ist Trägerin des Alten- und Pflegeheims Seniorenzentrum "A." in [X.] (nachfolgend Pflegeheim), einer nach dem [X.] - ([X.]) zugelassenen, landesrechtlich nicht geförderten Pflegeeinrichtung. Bis zum [X.] verfügte das Pflegeheim über 102, danach über 107 Pflegeplätze. Zum [X.]punkt der Aufnahme ihrer Tätigkeit im Jahre 2003 hatten die Klägerin und der Beklagte eine Investitionskostenvergütung in Höhe von 9,20 [X.] pro Heimplatz und [X.], für die [X.] ab dem 1.1.2005 bis 30.6.2006 eine solche in Höhe von 13,70 [X.] vereinbart.

3

Im September 2006 beantragte die Klägerin die Neufestsetzung der Investitionskosten und legte dabei eine Kalkulation in Höhe von 19,25 [X.] vor. Nachdem keine Einigung erzielt werden konnte, rief sie die Schiedsstelle an, die die Vergütung für investitionsbedingte Aufwendungen im streitbefangenen [X.]raum auf 14,50 [X.] abrechnungstäglich festsetzte (Entscheidung vom 19.2.2008). Diesen Schiedsspruch hat das (vormals zuständige) Sozialgericht (SG) [X.] aufgehoben (Urteil vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es [X.] ausgeführt, Einrichtungen, die - wie die Klägerin - im [X.] betrieben würden, seien mit Einrichtungen im sog [X.] nicht vergleichbar. Insoweit habe die Schiedsstelle die ihre Entscheidung tragenden Vergleichswerte unzutreffend ermittelt; landesrechtlich (teilweise oder ganz) geförderte Pflegeeinrichtungen seien nicht in den Vergleich einzubeziehen.

4

Nachdem anschließende (erneute) Verhandlungen ohne Erfolg geblieben waren, rief die Klägerin wiederum die Schiedsstelle - mit dem Antrag auf Festsetzung einer Vergütung von 17 [X.] pro [X.] und Pflegeplatz - an. Diese setzte die Vergütung indes, dem Antrag des Beklagten entsprechend, auf 14,50 [X.] fest (Entscheidung der [X.] in der Sozialhilfe im [X.] vom 6.7.2011). Zur Begründung des Schiedsspruchs führte sie aus, die Klägerin habe ihre Investitionsaufwendungen plausibel dargelegt. Die wirtschaftliche Angemessenheit der Mietkosten (457,52 [X.] pro Monat und Bewohner), die die Höhe der Investitionskosten im Wesentlichen ausmachten, sei im Vergleich mit den Mietkosten anderer - namentlich aufgeführter - Einrichtungen geprüft worden. [X.] man wegen der Mietkosten alle vom Beklagten benannten Einrichtungen in der Stadt [X.] zum Vergleich heran, so gebe es drei mit höheren Mietaufwendungen (536,90 [X.] bzw 551,07 [X.] bzw 593,62 [X.] pro Monat und Bewohner); die übrigen sieben Einrichtungen lägen unter den Beträgen der Klägerin. [X.] man die vom Beklagten in der näheren Umgebung genannten Einrichtungen in städtischer Lage hinzu, so ändere sich das Bild nicht. Im Vergleich zu Einrichtungen mit niedrigeren Mietkosten weise die Einrichtung der Klägerin in der großen Mehrzahl der Beurteilungskriterien bezogen auf die Ausstattung des Gebäudes keine Vorzüge für die Bewohner auf. Vergleichbare Einrichtungen mit niedrigeren Mietkosten hätten im Mai bzw Juni 2011 Vergütungen in Höhe von 14 [X.] bzw 14,50 [X.] vereinbart. Dies seien klare Indizien dafür, dass mit derartigen Beträgen bei ähnlichen Mietaufwendungen die Einrichtungen leistungsfähig betrieben werden könnten. Der von der Klägerin geforderte Investitionsbedarf lasse sich auch nicht durch einen als wirtschaftlich angemessen anzusehenden höheren Aufwand rechtfertigen. Es fielen zwar höhere investive Gestehungskosten an; bezogen auf alle von der Klägerin insoweit zur Begründung der Kosten vorgetragenen Besonderheiten sei aber festzustellen, dass ohne die Einrichtung der Klägerin der Sicherstellungsauftrag der [X.] nicht gefährdet sei, weil mit den in der Stadt [X.] vorhandenen Kapazitäten in zugelassenen Pflegeeinrichtungen bereits 2906 Plätze mehr vorhanden seien, als in der Pflegeeinrichtungsplanung zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrags für erforderlich gehalten worden seien.

5

Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Landessozialgerichts <[X.]> Berlin-Brandenburg vom 5.12.2013). Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung [X.] ausgeführt, die Entscheidung der Schiedsstelle, die entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu den Vereinbarungen nach dem [X.] zu überprüfen sei, sei rechtmäßig. Die Schiedsstelle habe den Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt und zwingendes Recht beachtet. Sie sei berechtigt gewesen, den unstreitigen vergütungsrelevanten Sachverhalt ohne eigene Prüfung zu übernehmen und halte sich beim Vergleich mit der Vergütung anderer Einrichtungen ("externer Vergleich") im Rahmen des ihr zustehenden [X.]. Sie habe dabei zu Recht einen Vergleich nur mit Einrichtungen angestellt, die ebenfalls im "[X.]" betrieben würden und sich beanstandungsfrei auf die Prüfung von Einrichtungen in [X.] und Umgebung beschränkt. Es begegne auch keinen rechtlichen Bedenken, dass in den Vergleich nicht die (teilweise) geförderten Pflegeeinrichtungen einbezogen worden seien. Schließlich leide der Schiedsspruch auch nicht an einem Begründungsmangel; die Schiedsstelle habe sich mit sämtlichen in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt.

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin eine Verletzung von § 75 Abs 3 Satz 2 iVm Abs 5 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ([X.]I; Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit) geltend. Bei den Investitionskosten handele es sich nicht um "Marktpreise"; es dürften nach § 82 Abs 4 [X.] iVm mit § 75 Abs 5 Satz 3 [X.]I von vornherein nur tatsächlich anfallende "Kosten" umgelegt werden. Sofern diese sog Gestehungskosten den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit genügten, bildeten sie die Untergrenze des festzusetzenden Entgelts. In einem weiteren Schritt hätten sich die Schiedsstelle und das [X.] aber auf die Vermutung gestützt, mit der vom Beklagten angebotenen geringeren Vergütung könnten sämtliche Einrichtungen wirtschaftlich geführt werden, also auch das Pflegeheim. Wie die Beklagte diesen Preis berechnet habe, sei nicht bekannt. Dies hätte die Schiedsstelle ermitteln müssen. Jedenfalls seien in den Vergleich auch die Mietkosten der Einrichtungen einzubeziehen gewesen, die (teilweise) öffentlich gefördert würden.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] und die Entscheidung der Schiedsstelle aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.]lägerin ist zulässig und begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]>). Zu Unrecht hat das [X.] die [X.]lage abgewiesen; denn der angefochtene Schiedsspruch ist rechtswidrig.

Streitgegenstand des Revisions-, aber auch des Gerichtsverfahrens insgesamt, ist nur die Aufhebung des Schiedsspruchs der [X.], gegen den sich die [X.]lägerin mit einer Anfechtungsklage wendet (vgl hierzu nur [X.], 227 ff Rd[X.]1 = [X.]-3500 § 77 [X.] mwN). Entgegen der üblichen prozessualen Situation richtet sich die [X.]lage - erstinstanzlich beim [X.] zu erheben (§ 29 Abs 2 [X.] [X.] idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des [X.] und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom [X.] - [X.] 444 erhalten hat) - indes in einem Verfahren sui generis gemäß § 77 Abs 1 Satz 5 [X.] (hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - [X.] 2670 - erhalten hat) gegen den jeweiligen Vertragspartner (§ 77 Abs 1 Satz 5 [X.]), ohne dass es eines Vorverfahrens bedurfte (§ 77 Abs 1 Satz 6 [X.]). Dabei ist die [X.]lage auf die Gegenstände beschränkt, über die keine Einigung zwischen den Vertragsparteien erreicht werden konnte (§ 77 Abs 1 Satz 3 [X.]; vgl dazu im Einzelnen BSG, aaO, Rd[X.] 9 f). Dies ist hier der Schiedsspruch insgesamt über die angemessene Höhe der Investitionskostenvergütung pro Platz und Tag für die Zeit vom [X.] bis zum 31.1.2008.

Die Entscheidung der [X.], die eine Schlichtungsmaßnahme eines sachnahen, weisungsfreien, mit Interessenvertretern paritätisch zusammengesetzten Gremiums darstellt ([X.], 227 ff Rd[X.] 9 mwN = [X.]-3500 § 77 [X.]) und deren Entscheidungsspielraum sich am [X.] der Vertragsparteien misst, ist gerichtlich im Rahmen der normativen Vorgaben der §§ 75 ff [X.] zwar regelmäßig nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob der Sachverhalt ermittelt ist, die verfahrensrechtlichen Regelungen eingehalten sind und die [X.] bei der Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange ihren Gestaltungsspielraum nicht verkannt hat (vgl dazu: [X.], 233 ff Rd[X.]4 mwN = [X.]-3500 § 76 [X.]; [X.]/[X.] in juris [X.] [X.], 2. Aufl 2014, § 77 [X.] Rd[X.] 92 mit umfassenden weiteren Nachweisen; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 77 Rd[X.] 38 ff, Stand November 2015; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 19. Aufl 2015, § 80 [X.] Rd[X.] 5 ff; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl 2014, § 80 [X.] Rd[X.] 31); überprüfbar bleibt verfahrensrechtlich insoweit immer die Ordnungsgemäßheit des Schiedsverfahrens.

Hier ist das Schiedsverfahren nicht deshalb fehlerhaft durchgeführt worden, weil der Beklagte für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen nicht zuständig gewesen wäre. Hierzu stellt § 77 Abs 1 Satz 2 [X.] bei der örtlichen Zuständigkeit auf den Sitz des für die Einrichtung (Pflegeheim) zuständigen Trägers der Sozialhilfe ab ([X.], 233 ff Rd[X.] 20 = [X.]-3500 § 76 [X.]), also darauf, wo die Einrichtung selbst gelegen ist. Auf den Sitz des Trägers der Einrichtung kommt es nach Sinn und Zweck der Regelung nicht an. Nur die Anknüpfung der örtlichen Zuständigkeit an den Sitz des [X.] selbst stellt sicher, dass auf Seiten des Sozialhilfeträgers derjenige verhandelt, der mit den örtlichen Verhältnissen vertraut ist und damit die erforderlichen [X.]enntnisse zur Beurteilung der Angemessenheit der geforderten Vergütungen am ehesten besitzt (vgl [X.]E 126, 295 ff). Die Regelungen zur Zusammensetzung der [X.] in § 80 Abs 2 Satz 1 [X.] (in der Normfassung des [X.], aaO), wonach die [X.] neben Vertretern der Einrichtungen aus Vertretern der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe besteht, knüpft an ein derartiges Normverständnis an.

Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten als überörtlichem Träger ergibt sich hier - mangels eigener Prüfung des [X.] darf dies der Senat feststellen - aus § 97 Abs 1 [X.] iVm § 13 Abs 3 Satz 1 Sächsisches Gesetz zur Ausführung des [X.] - [X.] - (vom [X.] - Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 168 -, hier idF des Gesetzes zur Änderung des [X.] vom [X.] - [X.]), wonach aufgrund landesrechtlicher Regelung der überörtliche Träger in [X.] für den Abschluss von Vereinbarungen mit den Trägern ua von stationären Einrichtungen zuständig ist.

Der Entscheidung der [X.] standen auch keine [X.] entgegen. [X.] ist insbesondere, dass es vorliegend an einer zwischen den Vertragsparteien eigenständig verhandelten Prüfungs- und Leistungsvereinbarung für die gesondert berechenbaren Investitionskosten fehlt, wobei die Formulierung in § 75 Abs 5 Satz 3 [X.] (idF, die die Norm mit dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [X.] vom 27.12.2003 - [X.] 3022 - erhalten hat) - "entsprechende Vereinbarungen nach dem Zehnten [X.]apitel" - nicht eindeutig erkennen lässt, welche der möglichen Vereinbarungen nach § 75 Abs 3 [X.] überhaupt in Bezug genommen werden sollen. Die Praxis der Beteiligten, (erst) mit der (Gesamt-)Vereinbarung über die Investitionskosten als deren Bestandteile eine "Leistungsvereinbarung" und eine "Prüfungsvereinbarung" aufzunehmen, ohne hierüber gesondert vorab zu verhandeln, genügt jedenfalls den gesetzlichen Anforderungen. Insbesondere wenn eine Vergütungsvereinbarung über die Investitionskosten nicht zustande kommt und deshalb die [X.] angerufen wird, müssen die übrigen Vertragsbestandteile, über die - wie hier - kein Streit besteht, nicht schon vor Anrufung der [X.] vertraglich fixiert sein. Ein Vertragsschluss vorab wegen dieser Punkte als Verfahrenserfordernis für die Anrufung der [X.] wäre allenfalls geboten, wenn deren Abschluss zwischen den Vertragsparteien (auch) im Streit ist (vgl auch BSG, Urteil vom 7.10.2015 - [X.] [X.] 1/14 R - Rd[X.]6). Dies ist hier aber nicht der Fall; ob und inwieweit die [X.] ansonsten eine fehlende Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 77 Abs 1 Satz 3 [X.] ersetzen kann, kann offen bleiben (vgl zum Streitstand insoweit nur [X.]/[X.] in jurisP[X.] [X.], 2. Aufl 2014, § 77 [X.] Rd[X.] 37 ff mwN).

Entgegen der Auffassung des [X.] hält sich der Schiedsspruch indes nicht im Rahmen des der [X.] zustehenden [X.]. Nach § 75 Abs 5 Satz 3 [X.] ist der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme von Investitionskosten, die bei Pflegeeinrichtungen, die - wie die [X.]lägerin - landesrechtlich nicht (weder vollständig noch teilweise) gefördert werden und dem Heimbewohner ohne Zustimmung der nach dem [X.] XI zuständigen Landesbehörde gesondert in Rechnung gestellt werden können (§ 82 Abs 4 Satz 1 [X.] XI hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen [X.]rankenversicherung vom 26.3.2007 - [X.] 378 - erhalten hat), nur verpflichtet, wenn über solche [X.]osten entsprechende Vereinbarungen nach den §§ 75 ff [X.] getroffen worden sind. Für einen Anspruch des Hilfeempfängers auf Übernahme derartiger [X.]osten gegenüber dem Sozialhilfeträger (§ 75 Abs 3 [X.]) bedurfte es einer besonderen gesetzlichen Regelung, weil sich die Vergütung der Pflegeleistungen grundsätzlich nach den Vorschriften des [X.] XI richtet (§ 75 Abs 5 Satz 1 [X.]), dort aber die Investitionskosten nicht Bestandteil der Pflegevergütung sind. Dies beruht auf dem Finanzierungsmodell betriebsnotwendiger Investitionskosten im Bereich der [X.] Pflegeversicherung (§ 9 [X.] XI, sog duales Modell; vgl dazu nur: Schütze in [X.], [X.] XI, 4. Aufl 2015, § 82 Rd[X.] 3; [X.]/[X.] in jurisP[X.] [X.], 2. Aufl 2014, § 75 [X.] Rd[X.]63). Abhängig von der landesrechtlichen Ausgestaltung der Förderung werden derartige [X.]osten deshalb entweder - bei vollständiger Förderung der Einrichtung - im Rahmen dieser Förderung getragen, oder können - bei teilweiser öffentlicher Förderung -, soweit ungedeckt, den Pflegebedürftigen mit Zustimmung der Landesbehörde selbst in Rechnung gestellt 82 Abs 3 Satz 1 und 2 [X.] XI) oder bei fehlender Förderung ohne deren Zustimmung gesondert berechnet werden (§ 82 Abs 4 [X.] XI).

Im zuletzt genannten Fall soll mit § 75 Abs 5 Satz 3 [X.] der Sozialhilfeträger, der [X.]osten für den Heimbewohner zu übernehmen hat, durch das Recht zu eigenen Verhandlungen davor geschützt werden, ungerechtfertigt überhöhte Investitionskosten übernehmen zu müssen (dazu bereits [X.], Beschluss vom [X.] - 5 [X.]/01 -, [X.], 504). Der Abschluss einer Investitionskostenvereinbarung nach § 75 Abs 5 Satz 3 [X.] dient aber zugleich der Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Einrichtung; denn die - im [X.] XI vorgesehene - Umlage der Investitionskosten auf den Heimbewohner bezweckt einen Ausgleich dafür, dass der von einer Einrichtung aufgebrachte Investitionsaufwand entgegen der Finanzierungsstruktur des § 9 [X.] XI nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert worden ist, diese [X.]osten aber nicht endgültig bei der Einrichtung verbleiben sollen (im Einzelnen [X.], 86 ff Rd[X.]4 ff = [X.]-3300 § 82 [X.] 6).

Wegen des Inhalts der Vereinbarung verweist § 75 Abs 5 Satz 3 [X.] auf §§ 75 ff [X.]. Auch die Vereinbarungen wegen der gesondert berechenbaren Investitionskosten - und ebenso das Ergebnis des Schiedsspruchs, der an die Stelle dieser Vereinbarungen tritt - müssen damit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen; diese Grundsätze, die für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen nach § 75 Abs 3 [X.] gelten, sind also auch im Rahmen von Vereinbarungen über die Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten zu beachten (vgl bereits [X.], Beschluss vom 8.2.2008 - 5 [X.]/08).

Zutreffend hat die [X.] die von der [X.]lägerin geltend gemachten [X.]osten - in erster Linie [X.]osten für die Miete des Gebäudes und des beweglichen Anlagevermögens sowie dem Vermieter geschuldete Investitionsanteile für Abschreibungen, Zinsen und Instandhaltung, und die Leasingraten für ein [X.]fz - als im Grundsatz umlagefähige gesondert berechenbare Investitionskosten angesehen. Der Vertragsgegenstand der "gesondert berechenbaren Investitionskosten" ist in § 82 Abs 3 Satz 1 [X.] XI im Einzelnen beschrieben; die hier streitigen [X.]osten gehören ausdrücklich dazu. § 82 Abs 4 [X.] XI schließt nach der Systematik, die sich aus dem dargestellten Finanzierungsmodell in der Pflegeversicherung ergibt, an diese in Abs 3 ausdrücklich aufgezählten [X.]osten an, auch wenn die Aufzählung selbst nicht wiederholt wird. Ob über die ausdrücklich im Gesetz genannten [X.]osten hinaus die Rechtsprechung des BSG zu den weiteren nach § 82 Abs 3 [X.] XI umlagefähigen Positionen zu beachten ist (vgl insoweit nur Schütze in [X.], [X.] XI, 4. Aufl 2015, § 82 Rd[X.]6 mwN) und für § 82 Abs 4 [X.] XI (und damit für Verträge nach § 75 [X.]) gleichermaßen gilt, weil dies aus Gründen der Gleichbehandlung von nicht geförderten Einrichtungen mit teilweise geförderten Einrichtungen angezeigt ist, kann deshalb offen bleiben (dies bejahend: [X.]/[X.] in jurisP[X.] [X.], 2. Aufl 2014, § 75 Rd[X.]67; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 19. Aufl 2015, § 75 Rd[X.] 60; [X.] in [X.]/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 75 [X.] Rd[X.]04, Stand Januar 2010; anders insbesondere wegen der grundstücksbezogenen Aufwendungen eines Eigentümers [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 75 Rd[X.] 56, Stand November 2015).

Vorliegend hat die [X.]lägerin als Mieterin nur die tatsächlichen [X.]osten geltend gemacht, die im Zeitraum, für den verhandelt worden ist, anfallen würden, weil sie dem Vermieter gegenüber geschuldet sind, und die insoweit auf die pflegebedürftigen Heimbewohner umgelegt werden dürfen (zu diesem [X.]riterium [X.], [X.] Rd[X.] 21). Diese sind von der [X.] und vom [X.] deshalb zu Recht der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Die [X.] hat entsprechend den Angaben der Beteiligten im Schiedsverfahren auch eine Nachvollziehbarkeit der voraussichtlichen Gestehungskosten in tatsächlicher Hinsicht bejaht (Plausibilitätskontrolle). Wie dem Schiedsspruch zu entnehmen ist, hat der Beklagte an seinen in diesem Punkt zunächst geäußerten Zweifeln ohnedies nicht festgehalten.

Soweit die [X.] in einem weiteren Schritt die Vergütungsforderung der [X.]lägerin mit den Angeboten anderer Leistungsanbieter verglichen hat (sog externer Vergleich; dazu [X.], 227 ff = [X.]-3300 § 85 [X.]), ist der Schiedsspruch jedoch fehlerhaft. Unabhängig davon, ob bzw inwieweit sich eine [X.] bei den Investitionskosten überhaupt an den für die [X.] Pflegeversicherung vom 3. Senat des BSG aufgestellten stringenten [X.]riterien für den sog externen Vergleich orientieren muss bzw kann (vgl dazu das Urteil des Senats vom 7.10.2015 - [X.] [X.] 21/14 R), liegt ein Fehler jedenfalls deshalb vor, weil sie hier die Wirtschaftlichkeit der glaubhaft gemachten Investitionskosten wesentlich damit verneint, dass in der [X.] Überkapazitäten hinsichtlich der angebotenen Pflegeplätze bestünden. Insoweit hat es die [X.] im Ergebnis offen gelassen, ob die - von ihr in der Sache nicht angezweifelten - höheren intensiven Gestehungskosten noch wirtschaftlich seien, und hat im Einzelnen ausgeführt, dass der (den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung entsprechende) höhere Aufwand, den die [X.]lägerin wegen der Besonderheiten der Einrichtung geltend mache, vorliegend jedenfalls wegen eines fehlenden Bedarfs in [X.] und Umgebung an weiteren Pflegeplätzen nicht zu berücksichtigen sei.

Solche Gesichtspunkte einer Bedarfsplanung sind der Entscheidung des Beklagten - und damit auch der Beurteilung durch die [X.] - aber gerade entzogen. Der Gesetzgeber des [X.] XI hat zur Versorgung der Pflegebedürftigen das Sachleistungsverschaffungssystem gewählt: Danach schließen die Pflegekassen zur Versorgung der Versicherten Verträge mit den Leistungserbringern. Für ambulante und stationäre Pflegeleistungen sind alle Leistungserbringer zuzulassen, die geeignet und wirtschaftlich sind (vgl §§ 71, 72 [X.] XI); eine Bedarfsprüfung findet nicht statt (vgl nur Wahl in jurisP[X.] [X.] XI, § 72 Rd[X.] 23 mwN zu Rechtsprechung und Literatur). Damit darf aber die daran anschließende Festsetzung von Vergütungen nach § 75 Abs 5 Satz 3 [X.] nicht zu einer verdeckten Bedarfsplanung bei (landesrechtlich nicht geförderten) Pflegeeinrichtungen des [X.] XI durch die Träger der Sozialhilfe führen ([X.]/[X.] in jurisP[X.] [X.], 2. Aufl 2014, § 75 Rd[X.]75; [X.] in [X.]/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 75 [X.] Rd[X.]01, Stand Januar 2010; [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 19. Aufl 2015, § 75 Rd[X.] 59; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl 2014, § 75 Rd[X.] 54). Ob und inwieweit umgekehrt eine drohende Unterversorgung dazu führt, dass bestimmte besondere Aufwendungen einer Einrichtung (ausnahmsweise) als wirtschaftlich anzusehen sind, braucht nicht entschieden zu werden.

Bei ihrer erneuten Prüfung der Marktgerechtheit der Mietkosten ist die [X.] nicht gehindert, die Wirtschaftlichkeit der tatsächlichen [X.]osten (insbesondere deren Vermeidbarkeit) auch unter Berücksichtigung einer möglichen gesellschaftsrechtlichen Verflechtung zwischen Vermieter und Einrichtung zu überprüfen; bei einem weiter gehenden Vergleich der [X.]osten mit anderen Pflegeeinrichtungen wird sie allerdings neben dem Ergebnis des vorliegenden Verfahrens auch die Bindungswirkung der Entscheidung des [X.] zu beachten haben. Insbesondere dass in eine Vergleichsgruppe nur Einrichtungen im "[X.]" und nur solche Einrichtungen einbezogen werden dürfen, die keinerlei landesrechtliche Förderung erhalten, ist im Verhältnis der Beteiligten für den streitbefangenen Zeitraum mit diesem rechtskräftigen Urteil bereits bindend entschieden. Eine Bindung der [X.] hieran wird mittelbar dadurch bewirkt, dass die [X.] ihre Rechte, wie ausgeführt, nur von den Beteiligten des gerichtlichen Verfahrens ableitet (vgl bereits [X.], 227 ff Rd[X.]2 = [X.]-3500 § 77 [X.]). Die Einwände, die die [X.]lägerin insbesondere wegen des zuletzt genannten [X.]riteriums (erneut) geltend macht, sind deshalb auch im Revisionsverfahren ohne Belang; der Senat ist an einer anderen Entscheidung über diese Rechtsfragen im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gehindert.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 197a [X.] iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm §§ 63 Abs 2, 52 Abs 1, 47 Abs 1 Satz 1 und [X.]; der Beklagte ist jedoch gemäß § 64 Abs 3 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - ([X.] X) von Gerichtskosten befreit.

Meta

B 8 SO 19/14 R

07.10.2015

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 5. Dezember 2013, Az: L 23 SO 26/11 KL, Urteil

§ 75 Abs 3 S 1 SGB 12, § 75 Abs 3 S 2 SGB 12, § 75 Abs 5 S 1 SGB 12, § 75 Abs 5 S 3 SGB 12, § 77 Abs 1 S 2 SGB 12, § 77 Abs 1 S 3 SGB 12, § 82 Abs 3 S 1 SGB 11, § 82 Abs 4 S 1 SGB 11, § 9 SGB 11, § 71 SGB 11, § 72 SGB 11

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 07.10.2015, Az. B 8 SO 19/14 R (REWIS RS 2015, 4317)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4317

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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