Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.09.2013, Az. XI R 4/10

11. Senat | REWIS RS 2013, 3007

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Gegenstand

Grundsätzlich keine flächenbezogene Vorsteueraufteilung in Spielhallen - Anforderungen an einen "sachgerechten" Aufteilungsmaßstab - Keine Bindung der Gerichte an norminterpretierende Verwaltungsanweisungen - Rückwirkende Anwendung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 i.d.F. des StÄndG 2001


Leitsatz

Der Betreiber einer Spielhalle kann Vorsteuerbeträge, die weder seinen steuerfreien Umsätzen mit Geldspielgeräten noch seinen steuerpflichtigen Umsätzen mit Unterhaltungsspielgeräten direkt und unmittelbar zuzuordnen sind, grundsätzlich nicht nach den Flächen aufteilen, auf denen einerseits die Geldspielgeräte und andererseits die Unterhaltungsspielgeräte aufgestellt sind (sog. Flächenschlüssel) .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1997 bis 2004 in gemieteten Räumen bis zu fünf Spielhallen, in denen Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräte aufgestellt waren. Nach dem vom [X.] ([X.]) in Bezug genommenen Sonderprüfungsbericht über eine beim Kläger durchgeführte [X.] vom 30. November 2005 war der jeweils ca. 20 qm große Lokalteil, in dem die Geldspielgeräte aufgestellt waren, nur mit Stellwänden oder größeren Pflanzen vom übrigen Ladenlokal abgetrennt. Bei einer Nutzfläche der Spielhallen von insgesamt 650 qm betrug hiernach die Fläche für die Geldspiel- und [X.] bzw. 570 qm. Die Umsätze entfielen durchschnittlich zu 71,6 % auf die Geldspiel- und zu 28,4 % auf die Unterhaltungsspielgeräte.

2

In den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1997 bis 2003 behandelte der Kläger auch die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielgeräte zunächst als steuerpflichtig.

3

Im Juli und August 2005 reichte der Kläger berichtigte Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1997 bis 2003 ein, in denen er unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 17. Februar 2005 [X.]/02 und [X.]/02 --Linneweber und [X.] (Slg. 2005, [X.], [X.] Beilage 2005, 94), nach dem sich Veranstalter von Glücksspielen unmittelbar auf die Steuerfreiheit ihrer Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/[X.]) berufen können, die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten als steuerfrei behandelte. In den berichtigten Erklärungen teilte er die Vorsteuerbeträge, die weder den Umsätzen aus dem Betrieb der Geldspiel- noch denen aus dem Betrieb der Unterhaltungsspielgeräte direkt zuzuordnen waren, auf, und zwar nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen. Dementsprechend ging der Kläger bei der im Oktober 2005 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2004 vor.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) erließ entsprechend den Prüfungsfeststellungen der beim Kläger durchgeführten [X.], wonach die nicht bestimmten [X.] zuzuordnenden Vorsteuerbeträge nach dem [X.] aufzuteilen und der Vorsteuerabzug nach § 15a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu korrigieren waren, am 27. Dezember 2005 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 1997 bis 2004.

5

Hiergegen legte der Kläger jeweils Einspruch ein und teilte nunmehr die nicht zuzuordnenden Vorsteuerbeträge (erstmals) im Verhältnis zu den für die Geldspiel- einerseits und die Unterhaltungsspielgeräte andererseits benötigten Stand- bzw. Nutzflächen auf.

6

Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 14. November 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

7

Die anschließende Klage hatte keinen Erfolg. Das [X.] führte aus, das [X.] habe die nicht bestimmten [X.] zuzuordnenden Vorsteuerbeträge zutreffend nach dem [X.] aufgeteilt und zu Recht auch die Vorbezüge der Erstjahre in die Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG einbezogen.

8

Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2010, 988 veröffentlicht.

9

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Er ist der Ansicht, seine Wahl des [X.]s zur Aufteilung der nicht bestimmten [X.] zuzuordnenden Vorsteuerbeträge sei sachgerecht und könne weder vom [X.] noch vom [X.] durch einen anderen [X.] ersetzt werden. Die Unterhaltungsspielgeräte hätten einen Großteil der Spielhallenflächen eingenommen. Es habe eine klare Aufteilung der Räume gegeben.

Es könne einem Steuerpflichtigen nicht vorgeworfen werden, eine Schätzungsmethode gewählt zu haben, die nach Abschn. 208 der [X.] ([X.]) auch von der Finanzverwaltung anzuwenden sei.

Nach dem [X.]-Urteil vom 8. November 2012 [X.]/10 --BLC Baumarkt-- ([X.], 968, [X.] --HFR-- 2013, 79) sei es möglich, die Vorsteuerbeträge abweichend vom Umsatzmaßstab zu verteilen. Da die Verwaltung an die [X.] gebunden gewesen sei, sei der dort vorgesehene und von ihm gewählte Flächenmaßstab zwingend zu berücksichtigen.

Der Sachverhalt des Streitfalls unterscheide sich maßgeblich von dem, der dem Urteil des [X.] ([X.]) vom 7. Juli 2011 V R 36/10 ([X.]E 234, 542, [X.], 77) zugrunde gelegen habe, wonach eine flächenbezogene Vorsteueraufteilung nicht beansprucht werden könne, wenn der Unternehmer einzelne Standflächen einer Spielhalle teilweise für den Betrieb der einen Geräteart und teilweise für den Betrieb der anderen Geräteart verwendet habe. Vorliegend seien die jeweiligen Flächen klar getrennt und eindeutig bestimmten Umsätzen zuzuordnen gewesen; konkret ermittelbare Flächen seien entweder nur für Geldspielgeräte oder nur für Unterhaltungsspielgeräte genutzt worden.

Die Abtrennung der Teilflächen --durch im Baukörper vorhandene [X.] sei weder kurzfristig noch flexibel gewesen. Es habe sich jeweils --wie bereits erstinstanzlich vorgebracht-- um getrennte Räume im baurechtlichen Sinne gehandelt. Die baurechtliche Situation lasse sich über die vorliegenden Pläne sowie über die heutige Situation in den Objekten nachvollziehen.

Ein Mitarbeiter der [X.] (OFD) [X.] habe ihn veranlasst, die Vorsteuerbeträge zunächst nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen aufzuteilen; dieser habe ihm geraten, er solle erst einmal den [X.] anwenden, um sein Geld zu bekommen, und dann den [X.] durch eine rechtliche Auseinandersetzung erstreiten.

Die Voraussetzungen für eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG lägen nicht vor. Die betreffenden Geldspielgeräte seien von ihrer Anschaffung bis zum Ende ihrer betrieblichen Nutzung in gleicher Weise genutzt worden.

Eine Vorsteuerkorrektur komme entsprechend Art. 20 der Richtlinie 77/388/[X.] nur in Betracht, wenn sich der Anspruch auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenüber dem Anspruch für das Jahr, in dem die Güter erworben oder hergestellt worden seien, geändert habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Der erkennende Senat habe in seiner § 15a UStG betreffenden Entscheidung vom 19. Oktober 2011 XI R 16/09 ([X.]E 235, 532, [X.], 371) verkannt, dass aufgrund der [X.]-Entscheidung --Linneweber und [X.] (Slg. 2005, [X.], [X.] Beilage 2005, 94) weder eine Rechts- noch eine Tatsachenänderung eingetreten sei.

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide vom 27. Dezember 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. November 2006 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für die Streitjahre auf ... [X.] (1997), ... [X.] (1998), ... [X.] (1999), ... [X.] (2000), ... [X.] (2001), ... [X.] (2002), ... [X.] (2003) sowie ... [X.] (2004) festgesetzt wird,
hilfsweise die Sache an das [X.] zurückzuverweisen.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es verweist auf die Vorentscheidung und bringt weiter vor, der [X.] habe durch sein Urteil in [X.]E 234, 542, [X.], 77 nunmehr geklärt, dass die Vorsteueraufteilung nach der Richtlinie 77/388/[X.] vorzunehmen sei, wenn sich der Unternehmer für die Steuerfreiheit eines Teils seiner Leistungen --wie hier auf das [X.] berufe, und er demnach nur zu einer umsatzbezogenen, nicht aber zu einer flächenbezogenen Vorsteueraufteilung berechtigt sei.

Ebenso habe der erkennende Senat in seinem Urteil in [X.]E 235, 532, [X.], 371 inzwischen entschieden, dass sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse i.S. des § 15a UStG änderten, wenn sich der Steuerpflichtige nachträglich innerhalb des [X.] auf die Steuerfreiheit seiner Verwendungsumsätze gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/[X.] berufe.

Im Übrigen sei der vom Kläger nachträglich vorgebrachte Sachverhalt zur Begründung seiner Revision nicht geeignet.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet. Sie war daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die vom Kläger begehrte Vorsteueraufteilung nach dem [X.] zu versagen ist. Ebenso geht die Vorentscheidung zutreffend von einer Vorsteuerkorrektur zu Lasten des [X.] nach § 15a UStG aus.

1. Der Kläger ist im Streitfall nicht zu einer flächenbezogenen Vorsteueraufteilung berechtigt.

a) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.

Unionsrechtliche Grundlage für § 15 Abs. 4 UStG ist die nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der [X.]/[X.] bestehende und insoweit im nationalen Recht ausgeübte Ermächtigung, nach der die Mitgliedstaaten "dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten [können], den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen" (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 542, [X.], 77, Rz 19, m.w.[X.]).

aa) Bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist es zwar grundsätzlich Sache des Unternehmers zu entscheiden, welche Schätzungsmethode er wählt. Das [X.] und auch das [X.] können aber nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht ist (vgl. dazu [X.] vom 3. Mai 2005 V B 200/04, [X.] 2005, 1641; vom 27. November 2008 XI B 60/08, [X.] 2009, 431; [X.]-Urteile vom 15. Oktober 2009 XI R 82/07, [X.], 238, [X.], 247, unter [X.]; vom 11. Juli 2012 XI R 17/09, [X.] 2013, 266, Rz 76).

bb) Der Begriff der "wirtschaftlichen Zurechnung" i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG ist entsprechend den Vorgaben des unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystems auszulegen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 542, [X.], 77, Rz 21, m.w.[X.]). Für die Aufteilung von [X.] geht die [X.]/[X.] in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 i.V.m. Art. 19 als Regel-Aufteilungsmaßstab von einem [X.] aus, soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht (vgl. [X.]-Urteil vom 17. August 2001 V R 1/01, [X.], 345, [X.] 2002, 833, unter [X.]; vgl. [X.]-Urteil --BLC [X.] in [X.] 2012, 968, [X.], 79, Rz 15). Als "sachgerecht" i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG gilt bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift ein den Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 der [X.]/[X.] entsprechendes Aufteilungsverfahren, das --objektiv nachprüfbar-- nach einheitlicher Methode die beiden "Nutzungsteile" eines gemischt verwendeten Gegenstandes oder einer sonstigen Leistung den damit ausgeführten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen zurechnet (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 542, [X.], 77, Rz 21, m.w.[X.]). Der Unternehmer kann eine flächenbezogene Vorsteueraufteilung mithin nur dann beanspruchen, wenn diese im vorgenannten Sinne "sachgerecht" ist.

b) Nach der Rechtsprechung des [X.] des [X.], der sich der erkennende Senat anschließt, ist eine Vorsteueraufteilung nach einem [X.] nicht sachgerecht, wenn der Unternehmer einzelne Standflächen einer Spielhalle teilweise für den Betrieb umsatzsteuerpflichtiger und teilweise für den Betrieb umsatzsteuerfreier Spielgeräte verwendet (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 542, [X.], 77, Rz 23 ff.; vom 10. November 2011 V R 34/10, [X.] 2012, 803, Rz 20). Nichts anderes gilt für die vom Kläger angestrebte Aufteilung im Streitfall.

aa) Wie das [X.] unter Bezugnahme auf den Sonderprüfungsbericht vom 30. November 2005 im angefochtenen Urteil festgestellt hat, waren die ca. 20 qm großen Lokalteile mit den dort aufgestellten Geldspielgeräten (lediglich) durch Stellwände oder größere Pflanzen von dem übrigen Ladenlokal der jeweiligen Spielhalle abgetrennt. Deshalb ist die vom Kläger begehrte Vorsteueraufteilung nach dem [X.] nicht hinreichend objektiv nachprüfbar und daher nicht sachgerecht (vgl. dazu [X.]-Urteil in [X.], 542, [X.], 77, Rz 25). Die [X.] innerhalb seiner Spielhallen erfolgte nicht nach [X.] von z.B. Bauanträgen, Baugenehmigungen oder [X.] feststehenden baulichen Gesichtspunkten, sondern nach den durch Stellwänden oder größeren Pflanzen abgegrenzten Teilbereichen, was --wie bei der Aufteilung nach [X.] (vgl. dazu [X.]-Urteile in [X.], 542, [X.], 77, Rz 25 ff.; in [X.] 2012, 803, Rz [X.] den Anforderungen an ein objektiv nachprüfbares Aufteilungsverfahren auch dann nicht genügt, wenn sie --wie der Kläger nunmehr vorbringt-- nicht jederzeit leicht verändert werden konnte. Denn es reicht nicht aus, dass die baulich nicht eigenständigen Flächen der betreffenden Spielhallen --wie hier, was unstreitig ist-- in Bereiche mit Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräte teilbar sind.

bb) Soweit der Kläger behauptet, dass es sich entgegen den Feststellungen des [X.] bei den [X.] in seinen Spielhallen jeweils um getrennte Räume im baurechtlichen Sinne gehandelt habe, was sich über die vorliegenden Pläne sowie über die heutige Situation in den Objekten nachvollziehen lasse und bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht worden sei, hat er --worauf das [X.] im [X.] zutreffend hinweist-- keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen gegen die vom [X.] getroffenen Feststellungen geltend gemacht.

Der erkennende Senat kann gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O, wonach der [X.] an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden ist, soweit in Bezug auf diese Feststellungen --wie hier-- keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht sind, grundsätzlich nur den Sachverhalt zur Grundlage seiner Entscheidung machen, der vom [X.] festgestellt ist. Aus dem Zweck der Revisionsinstanz, die nur die Anwendung des Rechts auf einen festgestellten Sachverhalt überprüft, ergibt sich, dass das Revisionsgericht in der Regel den vom [X.] festgestellten Sachverhalt nicht ergänzen (vgl. dazu z.B. [X.]-Beschluss vom 22. Februar 2005 [X.], [X.] 2005, 909; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 41, jeweils m.w.[X.]) und nicht an die Stelle der Tatsachenwürdigung des [X.] seine eigene Würdigung setzen darf (vgl. dazu z.B. [X.]-Beschluss vom 15. März 2005 VI B 89/04, [X.] 2005, 1292; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 118 Rz 41, jeweils m.w.[X.]).

c) Ein anderes Ergebnis folgt --entgegen dem [X.] nicht aus der Rechtsprechung des [X.], nach der es --wie der Kläger vorbringt-- grundsätzlich möglich sei, die Vorsteueraufteilung abweichend vom Umsatzmaßstab vorzunehmen.

aa) Der [X.] hat zu dem durch Art. 5 Nr. 19 Buchst. d, Art. 25 Abs. 4 des Steueränderungsgesetzes ([X.]) 2003 vom 15. Dezember 2003 ([X.], 2645) dem § 15 Abs. 4 UStG angefügten Satz 3, der bestimmt, dass eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist, entschieden, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der [X.]/[X.] es den Mitgliedstaaten der [X.] erlaubt, zum Zweck der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 der [X.]/[X.] vorgesehenen [X.] vorzuschreiben, vorausgesetzt, die herangezogene Methode gewährleiste eine präzisere Bestimmung dieses Pro-rata-Satzes (vgl. [X.]-Urteil --BLC [X.] in [X.] 2012, 968, [X.], 79, Leitsatz).

bb) Wird --wie hier-- in den Spielhallen auf einer Fläche von 80 qm mit den Geldspielgeräten durchschnittlich 71,6 % des --insoweit steuerfreien-- Umsatzes erzielt, während auf die Unterhaltungsspielgeräte bei einer Fläche von 570 qm durchschnittlich 28,4 % der --insoweit steuerpflichtigen-- Umsätze entfallen, wäre die Anwendung des [X.]s nicht präziser als die nach der [X.]/[X.] grundsätzlich vorgesehene Umsatzregel, weil sich die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dieser Methode weder als weniger gerecht noch als weniger angemessen erweist (vgl. dazu Schlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 26. April 2012 --BLC [X.], juris, Rz 47). Der [X.] würde keine größere Gerechtigkeit und Genauigkeit bei der Ermittlung des [X.] gewährleisten, der den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer besser erfüllen würde (vgl. dazu Schlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 26. April 2012 --BLC [X.], juris, Rz 47). Dies gilt jedenfalls dann, wenn --wie hier nach den bindenden Feststellungen des [X.]-- in den Spielhallen die Bereiche mit den Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräten durch Stellwände oder größere Pflanzen aufgeteilt waren, es sich mithin nicht um bautechnisch eigenständige Flächen gehandelt hat. Zudem ging nach dem eigenen Vorbringen des [X.] von den Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräten auf die Besucher der Spielhallen eine wechselseitige "Attraktivität" aus, was einer Vorsteueraufteilung nach dem [X.] entgegensteht.

d) Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Niedersächsischen [X.] vom 4. Mai 2010  16 K 329/07 (E[X.] 2010, 1939) sowie auf andere Finanzämter bezieht und vorbringt, diese hätten den [X.] in vergleichbaren Fällen als sachgerechten Aufteilungsmaßstab akzeptiert, folgt daraus kein Anspruch auf eine entsprechende Beurteilung des vorliegenden Streitfalls (vgl. [X.]-Beschluss vom 1. Juli 2010 V B 62/09, [X.] 2010, 2136, Rz 11, m.w.[X.]; [X.]-Urteil vom 24. Januar 2013 V R 34/11, [X.]E 239, 552, [X.] 2013, 460, Rz 35).

e) Der Kläger kann sich ferner nicht mit Erfolg auf die Selbstbindung der Verwaltung dahingehend berufen, dass nach den in den Streitjahren geltenden Bestimmungen des Abschn. 208 [X.] der von ihm gewählte Flächenmaßstab zwingend zu berücksichtigen sei.

Norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, die --wie vorliegend Abschn. 208 [X.] in der für die Streitjahre jeweils gültigen Fassung, nunmehr Abschn. 15.17. des [X.] die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern sollen, können im Allgemeinen weder eine einer Rechtsnorm vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen. Eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung besteht nur als Ausfluss von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ausnahmsweise in dem Bereich der der Verwaltung vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit und der Typisierung oder Pauschalierung (vgl. dazu [X.]-Urteile vom 26. April 1995 XI R 81/93, [X.]E 178, 4, [X.] 1995, 754; vom 7. Dezember 2005 I R 123/04, [X.] 2006, 1097; vom 4. Februar 2010 II R 1/09, [X.] 2010, 1244; vom 11. November 2010 VI R 16/09, [X.]E 232, 34, [X.] 2011, 966; in [X.] 2012, 803). Ein derartiger Spielraum steht der Finanzverwaltung bei Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG aber nicht zu (vgl. [X.]-Urteil in [X.] 2012, 803).

f) Der [X.] ist --wovon das [X.] zutreffend ausgegangen ist-- auch für das Streitjahr 2004, in dem die Neufassung des § 15 Abs. 4 UStG galt, nicht anzuwenden.

Eine Aufteilung, die --wie hier der [X.]-- nicht auf einer sachgerechten Schätzung i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG beruht (vgl. dazu vorstehend unter [X.]), ist schon keine andere wirtschaftliche Zurechnung i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, die einer Vorsteueraufteilung nach dem [X.] entgegenstehen würde. Denn die wirtschaftliche Zurechnung setzt ein Aufteilungsverfahren voraus, das den Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 der [X.]/[X.] entsprechend --anders als hier-- objektiv nachprüfbar ist (vgl. dazu vorstehend unter [X.] bb und [X.]). Zudem würde vorliegend der [X.] keine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes gewährleisten, was einer gegenüber dem [X.] vorrangigen Anwendung dieser Methode zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge entgegenstünde (vgl. dazu vorstehend unter [X.]c).

g) Da im Streitfall außer dem [X.] eine andere wirtschaftliche Zurechnung aufgrund sachgerechter Schätzung weder ersichtlich noch vorgebracht ist, ist der Kläger nur zu einer umsatzbezogenen Vorsteueraufteilung berechtigt.

h) Hiernach kann sowohl --wie das [X.] zutreffend erkannt [X.] hinsichtlich der Streitjahre 2002 bis 2004 dahinstehen, ob der Kläger an seine zunächst getroffene Vorsteueraufteilung nach dem [X.] aufgrund eines Eintritts der formellen Bestandskraft der betreffenden Steuerfestsetzungen gebunden ist (vgl. dazu [X.]-Urteile vom 22. November 2007 V R 35/06, [X.] 2008, 628, unter [X.]; vom 7. Juli 2011 V R 42/09, [X.], 519, [X.] 2011, 1980, Rz 38, jeweils m.w.[X.]), als auch, ob er diese Aufteilung zunächst selbst als sachgerecht erachtet hat, weil er in den die Veranlagungszeiträume 1997 bis 2003 betreffend berichtigten Umsatzsteuererklärungen die Vorsteuer selbst nach dieser Methode aufgeteilt hat. Insoweit bedarf es keiner Aufklärung, ob der Kläger --wie er behauptet-- zu dieser Aufteilung durch einen Mitarbeiter der [X.] veranlasst worden war.

2. Entgegen dem [X.] ist --wovon die Vorentscheidung zu Recht ausgegangen ist-- die Vorsteuer für die Streitjahre 1997 bis 2004 zu Lasten des [X.] gemäß § 15a UStG zu berichtigen.

a) Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist nach § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 i.d.F. des [X.] 2001 vom 20. Dezember 2001 ([X.], 3794) für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen.

b) Diese Regelung gilt nach § 27 Abs. 8 UStG i.d.F. des [X.] 2003 auch für Zeiträume vor dem 1. Januar 2002 und damit auch für die Streitjahre 1997 bis 2004. Die rückwirkende Anwendung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 in der durch das [X.] 2001 geänderten Fassung ist ferner verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. [X.]-Urteile vom 7. Juli 2005 V R 32/04, [X.]E 211, 74, [X.] 2005, 907; vom 24. September 2009 V R 6/08, [X.], 506, [X.], 315).

c) Der Senat hat mit Urteil in [X.]E 235, 532, [X.], 371 --worauf das [X.] zutreffend hinweist-- entschieden, dass sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse i.S. des § 15a UStG ändern, wenn sich --wie hier-- der Steuerpflichtige nachträglich innerhalb des [X.] auf die Steuerfreiheit seiner Verwendungsumsätze gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der [X.]/[X.] beruft (vgl. auch [X.]-Urteil vom 15. September 2011 V R 8/11, [X.]E 235, 516, [X.], 368).

d) Die hiergegen erhobenen Einwendungen des [X.] haben keinen Erfolg.

aa) Soweit der Kläger gegen die vorgenannte Rechtsprechung des Senats in [X.]E 235, 532, [X.], 371 einwendet, dieser habe bei seiner Entscheidung verkannt, dass aufgrund der [X.]-Entscheidung --Linneweber und [X.] (Slg. 2005, [X.], [X.] Beilage 2005, 94) weder eine Rechts- noch eine Tatsachenänderung eingetreten sei, ist dem nicht zu folgen.

Die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse haben sich --entgegen der Ansicht des [X.]-- im jeweiligen Berichtigungszeitraum geändert. Ähnlich wie bei der Rückgängigmachung des Verzichts auf eine Steuerbefreiung nach § 9 UStG tritt eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ein, wenn sich der Unternehmer --wie hier-- nachträglich auf eine Steuerfreiheit seiner Umsätze nach Unionsrecht beruft (vgl. Senatsurteil in [X.]E 235, 532, [X.], 371, Rz 21 f., m.w.[X.]).

In diesen Fällen liegt --wovon offenbar der Kläger mit seinem Hinweis auf die [X.]-Entscheidung --Linneweber und [X.] (Slg. 2005, [X.], [X.] Beilage 2005, 94) [X.] keine nur rechtsfehlerhafte Beurteilung des Vorsteuerabzugs in den [X.] vor. Die Berichtigung ist mithin nicht auf die Abzugsjahre beschränkt und kann --entgegen dem [X.] in den Streitjahren vorgenommen werden.

bb) Die Vorsteuerkorrektur steht ferner im Einklang mit Art. 20 der [X.]/[X.], wenn sich ein Steuerpflichtiger --wie hier-- nachträglich auf die Steuerfreiheit seiner Verwendungsumsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der [X.]/[X.] beruft (vgl. dazu Senatsurteil in [X.]E 235, 532, [X.], 371, Rz 37 f.).

Meta

XI R 4/10

05.09.2013

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 16. Februar 2010, Az: 15 K 5246/06 U, Urteil

§ 9 UStG 1993, § 15 Abs 4 UStG 1993, § 9 UStG 1999, § 15 Abs 4 UStG 1999, § 15a Abs 1 S 1 UStG 1999 vom 20.12.2001, § 27 Abs 8 UStG 1999 vom 20.12.2001, Art 3 Abs 1 GG, Art 5 Nr 19 Buchst d StÄndG 2003, Art 25 Abs 4 StÄndG 2003, Art 13 Teil B Buchst f EWGRL 388/77, Art 17 Abs 5 EWGRL 388/77, Abschn 208 UStR 2000, Abschn 15.17 UStAE, § 15 Abs 4 UStG 1999 vom 15.12.2003, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.09.2013, Az. XI R 4/10 (REWIS RS 2013, 3007)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3007

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