Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.10.2019, Az. 1 AZR 217/18

1. Senat | REWIS RS 2019, 2400

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Gegenstand

Abgabe eines Übernahmeangebots gegenüber einem Leiharbeitnehmer - Tarifauslegung


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Februar 2018 - 2 [X.] - teilweise aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 22. Februar 2017 - 1 Ca 14493/15 - wird insgesamt zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der [X.]eklagten, dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten.

2

Der Kläger ist [X.]itglied der [X.]. Er war vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 bei einem Leiharbeitsunternehmen beschäftigt. Jedenfalls in der [X.] ab dem 9. Januar 2012 war er - bis auf den [X.]onat [X.]ärz 2013 - durchgängig bei der [X.]eklagten als Kfz-Techniker mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden in deren Forschungs- und Innovationszentrum in [X.] eingesetzt.

3

Die [X.]eklagte ist [X.]itglied im [X.] ([X.]). Sie unterzeichnete mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat am 27. November 2007 ein „[X.]emorandum of Understanding Flexibilisierungsinstrument [X.]arbeit“ ([X.]). Dieses lautet auszugsweise:

        

„Unternehmensleitung und Gesamtbetriebsrat sind sich über folgende Punkte einig:

        

1.    

… Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation ist der Einsatz flexibler personalwirtschaftlicher Steuerungsinstrumente erforderlich.

        

2.    

Dazu gehören unter anderem … der Einsatz von befristet [X.]eschäftigten und [X.]arbeitskräften.

                          
        

3.    

Die [X.] wird nur mit solchen Personaldienstleistern zusammenarbeiten, die sich beim laufenden Entgelt einer bei [X.] eingesetzten [X.]arbeitskraft an den Grundentgelten der [X.]etall- und Elektroindustrie gemäß Anforderung der jeweiligen Tätigkeit orientieren. Unter dieser [X.]edingung erfolgen daher auch die Leistungen der [X.] an die Personaldienstleister. ...“

4

Am 22. [X.]ai 2012 trat der am selben Tag zwischen der [X.] und dem [X.] geschlossene Tarifvertrag zum Einsatz von Leih-/[X.]arbeitnehmern für die [X.] [X.]etall- und Elektroindustrie ([X.]) in [X.]. Dieser bestimmt ua.:

        

§ 3 Freiwillige [X.]etriebsvereinbarung

        

1.    

Die [X.]etriebsparteien können im Rahmen einer freiwilligen [X.]etriebsvereinbarung den Einsatz von Leih-/[X.]arbeit und die Ausgestaltung der betrieblichen Flexibilität regeln. Auf Verlangen einer Seite sind hierzu Verhandlungen aufzunehmen.

                 

(I)     

In dieser Vereinbarung können zum betrieblichen Einsatz von Leih-/[X.]arbeit u. a. geregelt werden:

                          

-       

Einsatzzwecke, Einsatzbereiche und Volumen von Leih-/[X.]arbeit

                          

-       

Höhe der Vergütung der Leih-/[X.]arbeitnehmer, die in Verleihverträgen vereinbart wird …

                          

-       

Höchstdauer des Einsatzes und Übernahmeregeln

                 

(II)   

Soweit betriebliche Regelungen gemäß Ziffer 1 Abs. (I) getroffen werden, soll neben der Nutzung vorhandener betrieblicher und tariflicher Flexibilisierungsinstrumente folgender tarifvertraglicher Rahmen, für den der Abschluss ergänzender [X.]etriebsvereinbarungen zugelassen wird, genutzt werden, um Einschränkungen der Flexibilität zu kompensieren.

                                   
                                   
                                   
                                   
                          

-       

Ergänzend zu § 2 Ziffer 1 Abs. (III) Satz 7 [X.] kann eine um bis zu 12 %-Punkte erhöhte Quote vereinbart werden …

                          

-       

Wird in der [X.]etriebsvereinbarung die Übernahme von Leih-/[X.]arbeitnehmern vereinbart, kann …

                          

-       

…       

        

2.    

Wird eine entsprechende [X.]etriebsvereinbarung abgeschlossen, …

        

3.    

[X.]estehende betriebliche Regelungen gelten als [X.]etriebsvereinbarung in diesem Sinne. Sie sind auf ihre Gleichwertigkeit durch die [X.]etriebsparteien zu überprüfen.

        

§ 4 Übernahmeangebot

        

1.    

[X.]esteht keine [X.]etriebsvereinbarung gemäß § 3, gilt folgendes:

                 

-       

...     

                 

-       

Nach 24 [X.]onaten Überlassung*) hat der Entleiher dem Leih-/[X.]arbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. …

                 

[X.]ei Unterbrechungen von weniger als drei [X.]onaten werden Einsatzzeiten im selben [X.]etrieb addiert.

        

…       

        
        

§ 6 Übergabe betrieblicher Regelungen an Verleihunternehmen

        

[X.]estehen im Entleihbetrieb Vereinbarungen/Regelungen … zugunsten der Leih-/[X.]arbeitnehmer im Entleihbetrieb, übergibt der Entleiher dem Verleihunternehmen die diesbezügliche[n] Informationen. …

        

§ 7 [X.]estehende betriebliche Regelungen

        

Zum [X.]punkt des In-[X.]-Tretens dieses Tarifvertrages bestehende betriebliche Regelungen und/oder Ergänzungstarifverträge zur Regelung von Leih-/[X.]arbeit bleiben in [X.] …“

5

Unter dem 10. September 2012 unterzeichneten die [X.]eklagte und der Gesamtbetriebsrat eine mit Unterzeichnung „in [X.]“ tretende „Protokollnotiz zur strategischen Flexibilität der [X.]“ (Protokollnotiz). Ausweislich dieser sollte „gemäß den Tarifverträgen zum Einsatz von Leih-/[X.]arbeitnehmern in Erweiterung des [X.]emorandum of Understanding ,Flexibilisierung [X.]arbeit‘ vom 27.11.2007“ ua. sichergestellt werden, dass bei der [X.]eklagten eine [X.]asisflexibilität von 8 % [X.]arbeitskräften ([X.]) bezogen auf die Gesamtkapazität zugrunde gelegt und eine Höchstgrenze von 12 % [X.] im Jahresdurchschnitt nicht überschritten wird (Nr. 1 und Nr. 3 der Protokollnotiz).

6

Der Kläger hat geltend gemacht, die [X.]eklagte müsse ihm nach § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 [X.] ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags unterbreiten. Die Voraussetzungen hierfür lägen vor. Die Protokollnotiz stelle keine [X.]etriebsvereinbarung iSd. § 3 Nr. 1 [X.] dar. Zumindest könne eine Gesamtbetriebsvereinbarung den [X.] nicht ausschließen. Auch sei der Gesamtbetriebsrat für deren Abschluss nicht zuständig.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, ihm ein Vertragsangebot als in Vollzeit beschäftigter Kfz-Techniker am Standort [X.] mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016 gemäß den jeweils in ihrer gültigen Fassung geltenden Tarifverträgen für die [X.] [X.]etall- und Elektroindustrie mit der [X.] 8 des [X.] ([X.]) für die [X.] [X.]etall- und Elektroindustrie zu unterbreiten;

        

hilfsweise

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, ihm ein Vertragsangebot als in Vollzeit beschäftigter Kfz-Techniker im Forschungs- und Innovationszentrum der [X.] am Standort [X.] mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016 gemäß den jeweils in ihrer gültigen Fassung geltenden Tarifverträgen für die [X.] [X.]etall- und Elektroindustrie zu unterbreiten.

8

Die [X.]eklagte hat Klageabweisung beantragt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die [X.]erufung des [X.] hat das [X.] - soweit in der Revision noch von [X.]edeutung - seinem Hauptantrag stattgegeben. [X.]it ihrer Revision begehrt die [X.]eklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] hat Erfolg. Der zulässige Hauptantrag des [X.] ist unbegründet. Über den Hilfsantrag hatte der [X.] mangels Bedingungseintritts nicht zu befinden.

I. Der Kläger hat sein Begehren mit dem Hauptantrag zwar in zulässiger Weise angebracht; in der Sache hat es jedoch keinen Erfolg. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Abgabe eines Vertragsangebots nach § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV [X.] zu.

1. Der Hauptantrag ist zulässig.

a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

aa) Bei einem Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung, die nach § 894 Satz 1 ZPO mit der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils als abgegeben gilt, erfordert das Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dass der Klageantrag - ggf. in Verbindung mit der Klagebegründung - die wesentlichen Vertragsbedingungen festlegt. Dazu gehören neben der Art der Tätigkeit, dem Arbeitsumfang, der Vergütung und den übrigen Arbeitsbedingungen auch der Vertragsbeginn und die Angabe, ob der Vertrag befristet oder auf unbefristete Zeit abgeschlossen werden soll (vgl. etwa [X.] 19. Oktober 2011 - 7 [X.] - Rn. 25 mwN).

bb) Diesen Anforderungen wird der Antrag - bei entsprechender Auslegung - gerecht. Sowohl der Zeitpunkt, zu dem das Vertragsangebot der [X.] Wirkung zeitigen soll, als auch die Art der Tätigkeit sind ausdrücklich genannt. Die Formulierung „Vollzeit“ beschreibt aufgrund des Verweises auf die bei Vertragsschluss kraft beidseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) normativ für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltenden Tarifverträge der [X.] in ihrer jeweiligen Fassung den begehrten [X.] von 35 Wochenstunden. Die erstrebte Vergütung ist durch die Nennung der [X.] 8 des [X.] für die [X.] ([X.]) in seiner jeweils geltenden Fassung hinreichend bezeichnet. [X.] ist, dass der Kläger die - die Entgelthöhe mitbestimmende - tarifliche Entgeltstufe nicht näher spezifiziert hat. Da sich diese entsprechend dem Inhalt des Klageantrags nach den Vorgaben in § 4 [X.] bestimmen soll, muss sie im Klageantrag nicht angegeben werden. Gleiches gilt für die sonstigen, sich aus dem normativ geltenden Tarifwerk der [X.] ergebenden Arbeitsbedingungen. Die Klagebegründung lässt zudem erkennen, dass der Kläger, wie in § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV [X.] vorgesehen, ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags erstrebt.

b) Dem auf Abgabe eines Vertragsangebots durch die Beklagte gerichteten Antrag fehlt es nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (vgl. dazu ausführlich [X.] 9. Februar 2011 - 7 [X.] - Rn. 20 und 23 mwN).

2. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht nach § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV [X.] verpflichtet, dem Kläger das von ihm begehrte Vertragsangebot zu unterbreiten. Nach § 4 Nr. 1 Einleitungshalbs. TV [X.] hat der Entleiher dem Leiharbeitnehmer nach 24 Monaten Überlassung einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten, wenn keine „Betriebsvereinbarung gemäß § 3“ besteht. Das zwischen der [X.] und dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene [X.] aus dem [X.] ist eine bei Inkrafttreten des TV [X.] bereits bestehende betriebliche Regelung zum Einsatz von Leiharbeit, die nach § 3 Nr. 3 Satz 1 TV [X.] als Betriebsvereinbarung in diesem Sinne gilt und damit den geltend gemachten Anspruch ausschließt. Das hat das [X.] verkannt. Ob eine Übernahmepflicht der [X.] auch an der Protokollnotiz vom 10. September 2012 scheitert, bedarf keiner Entscheidung.

a) Entgegen der Ansicht des [X.] erfordert der Begriff der „betrieblichen Regelung“ iSd. § 3 Nr. 3 Satz 1 TV [X.] nicht, dass im Betrieb eine - nach § 77 Abs. 4 Satz 1 [X.] normativ wirkende - Betriebsvereinbarung gilt. Vielmehr erfasst er auch sonstige Vereinbarungen zwischen den Betriebsparteien iSv. § 77 Abs. 1 [X.] und damit auch [X.]n. Dies ergibt die Auslegung der Norm (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. etwa [X.] 23. Oktober 2018 - 1 [X.] - Rn. 26 mwN).

aa) Sowohl der Wortlaut der Bestimmung als auch ihr Inhalt zeigen, dass es sich bei den betrieblichen Regelungen in formeller Hinsicht gerade nicht um eine Betriebsvereinbarung handeln muss. Die Vorschrift stellt die bei Inkrafttreten des TV [X.] am 22. Mai 2012 schon in den Betrieben der [X.] vorhandenen Regelungen zum Einsatz von Leiharbeitnehmern ausdrücklich einer Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 2 Satz 2 [X.] gleich. Sprachlich haben die Tarifvertragsparteien in der Norm ausdrücklich zwischen beiden Begriffen unterschieden.

bb) Diese differenzierende Wortwahl findet sich auch in den sonstigen Normen des TV [X.]. So verlangt § 3 Nr. 1 Satz 1 TV [X.] ausdrücklich den Abschluss einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung. Auch § 3 Nr. 1 (II) Satz 1, Nr. 1 (II) Spiegelstrich 2 und Nr. 2 TV [X.] knüpfen an diesen Begriff an. Soweit die Tarifvertragsparteien in § 3 Nr. 1 (I) TV [X.] das Wort „Vereinbarung“ verwendet haben, zeigt das vorangestellte Demonstrativpronomen („diese“), dass es sich hierbei um die im vorhergehenden Satz genannte freiwillige Betriebsvereinbarung handelt. Entsprechendes gilt für § 3 Nr. 1 (II) Satz 1 TV [X.]. Der dort angeführte Begriff „betriebliche Regelungen“ bezieht sich - wie der spezifizierende Zusatz „gemäß Ziffer 1 Abs. (I)“ verdeutlicht - lediglich auf die inhaltlich in der freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 3 Nr. 1 Satz 1 TV [X.] vereinbarten Bestimmungen. Demgegenüber haben die Tarifvertragsparteien sowohl in § 6 als auch in § 7 TV [X.] die sprachlich weitergehende Formulierung der betrieblichen Regelungen gewählt. Dies bestätigt, dass hiervon nicht nur Betriebsvereinbarungen, sondern auch sonstige, auf [X.]n der Betriebsparteien beruhende und damit für die betrieblichen Verhältnisse maßgebende Vorgaben für den Einsatz von Leiharbeitnehmern im Betrieb erfasst werden sollten.

cc) Der Sinn und Zweck von § 3 Nr. 3 TV [X.] unterstreicht dieses Verständnis. Die Tarifvertragsparteien wollten bereits bestehende Regelungen im Betrieb zur Leiharbeit ausreichen lassen, um eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Abgabe des in § 4 TV [X.] geregelten Übernahmeangebots auszuschließen. Die Betriebsparteien sollten in diesem Fall nicht zum Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 3 Nr. 1 TV [X.] angehalten werden, da dem hiermit verfolgten - und durch die andernfalls möglichen Übernahmeansprüche von Leiharbeitnehmern in § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV [X.] flankierten - Ziel, den Einsatz von Leiharbeitnehmern im Betrieb zu reglementieren, bereits Genüge getan war. Die Handlungspflicht der Betriebsparteien sollte sich lediglich darauf beschränken, die Gleichwertigkeit der schon vorhandenen betrieblichen Regelungen zu überprüfen (vgl. § 3 Nr. 3 Satz 2 TV [X.]).

b) Nach der Systematik und dem Normzweck von § 3 Nr. 3 TV [X.] müssen sich die bei Inkrafttreten des TV [X.] bereits im Betrieb anwendbaren Regelungen inhaltlich auf den in § 3 Nr. 1 Satz 1 TV [X.] aufgeführten Regelungsgegenstand „Einsatz von Leih-/Zeitarbeit“ beziehen. Soweit dort auch die „Ausgestaltung der betrieblichen Flexibilität“ genannt ist, kann dahinstehen, ob es sich hierbei um einen weiteren - eigenständigen - Regelungsgegenstand handelt. Selbst wenn dies der Fall wäre, zeigen § 3 Nr. 1 (I) und (II) Satz 1 TV [X.], dass Bestimmungen zur Gestaltung der betrieblichen Flexibilität - etwa die Erhöhung der zulässigen Quote von Arbeitnehmern mit verlängerter individueller wöchentlicher Arbeitszeit nach § 3 Nr. 1 (II) Spiegelstrich 2 Satz 1 TV [X.] - von den Betriebsparteien nicht zwingend vereinbart sein müssen („soll … genutzt werden“). Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die schon bestehenden betrieblichen Regelungen zum Einsatz von Leiharbeitnehmern iSv. § 3 Nr. 3 TV [X.] stellt der Tarifvertrag nicht auf. Die sprachliche Fassung von § 3 Nr. 1 (I) TV [X.] („können“ und „u. a.“) verdeutlicht, dass es sich bei den dort genannten Inhalten lediglich um Beispiele für mögliche Inhalte von Regelungen handelt.

c) Daran gemessen schließt das im [X.] geschossene [X.] als bereits bestehende betriebliche Regelung zum „Einsatz von Leih-/Zeitarbeit“ iSv. § 3 Nr. 3 TV [X.] einen Anspruch des [X.] nach § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV [X.] aus.

aa) In Nr. 3 des [X.] hat die Beklagte sich gegenüber dem Gesamtbetriebsrat verpflichtet, [X.] nur mit Unternehmen zu schließen, die sich an den Grundentgelten der Metall- und Elektroindustrie orientieren. Die Höhe der in [X.]n zu vereinbarenden Vergütung von Leiharbeitnehmern ist in § 3 Nr. 1 (I) TV [X.] ausdrücklich als möglicher Regelungsinhalt erwähnt. [X.] ist, dass die Gesamtbetriebsparteien lediglich eine Orientierung des Entgelts einer bei der [X.] eingesetzten Zeitarbeitskraft an den Grundentgelten der Metall- und Elektroindustrie vereinbart haben. Mit dieser Vereinbarung sollte die Arbeitgeberin angehalten werden, nur solche Leiharbeitsunternehmen zu beauftragen, die ihren Arbeitnehmern in etwa die Grundentgelte der bei der [X.] tätigen Stammbelegschaft zahlen.

bb) Das [X.] stellt auch eine betriebliche Regelung dar. Diese erfordert nicht, dass die den Einsatz von Leiharbeit begrenzende oder zumindest ausgestaltende Vorgabe mit dem Betriebsrat vereinbart wurde. Die mit dem Gesamtbetriebsrat getroffene [X.] reicht aus, da sie den Einsatz von Leiharbeitnehmern in allen Betrieben der [X.] und damit auch im Betrieb, in dem der Kläger eingesetzt war, betrifft. Dies folgt aus Sinn und Zweck von § 3 Nr. 1 und § 4 TV [X.]. Den Tarifvertragsparteien ging es darum, den Einsatz von Leiharbeitnehmern zugunsten der Stammbelegschaft zu beschränken. Daher kommt es auch im Rahmen von § 3 Nr. 3 TV [X.] lediglich darauf an, ob für den Betrieb eine Regelung zur Anwendung gelangt, die diesen Einsatz in irgendeiner Art und Weise reglementiert.

cc) Die in § 3 Nr. 3 Satz 2 TV [X.] vorgesehene Prüfpflicht der Betriebsparteien steht dem durch das [X.] bewirkten Ausschluss des Übernahmeanspruchs nach § 4 TV [X.] nicht entgegen. Unabhängig davon, dass die Betriebsparteien dieser Aufgabe durch den Abschluss der Protokollnotiz - die das [X.] ausdrücklich erweitert und damit bestätigt - nachgekommen sind, hätte ein Verstoß hiergegen weder die Unwirksamkeit der betrieblichen Regelungen noch den Wegfall der [X.] nach § 3 Nr. 3 Satz 1 TV [X.] zur Folge.

II. Über den Hilfsantrag hatte der [X.] nicht zu entscheiden. Dieser stand ersichtlich unter der Bedingung, dass das erkennende Gericht den Hauptantrag wegen des Inhalts des vom Kläger begehrten Vertragsangebots abweist. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    T. Klebe    

        

    Rose    

                 

Meta

1 AZR 217/18

22.10.2019

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 22. Februar 2017, Az: 1 Ca 14493/15, Urteil

§ 1 TVG, § 77 Abs 1 BetrVG, § 77 Abs 4 S 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.10.2019, Az. 1 AZR 217/18 (REWIS RS 2019, 2400)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2400

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