Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.06.2013, Az. B 5 R 462/12 B

5. Senat | REWIS RS 2013, 4848

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 25. September 2012 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten für selbst angeschaffte Hörgeräte in Höhe von 4300,00 Euro verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde zum [X.] eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

3

Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

        

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.]),

        

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das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.]verfassungsgerichts ([X.]) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

        

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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 [X.] [X.] dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 [X.] zu verwerfen.

6

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) [X.]keit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]4 S 70 mwN).

7
        

Die Klägerin hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:

        

"Ist ein nach § 14 [X.] an sich nicht zuständiger Rehabilitationsträger gleichwohl zur Kostenerstattung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 [X.] verpflichtet, wenn er entgegen § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I die Überprüfung eines bestandskräftig gewordenen Ablehnungsbescheides des zuständigen Rehabilitationsträgers gemäß § 44 [X.] nicht rechtzeitig eingeleitet hatte und eine solche Überprüfung auch nicht bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen beantragt worden ist ?"

8

Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan. Es fehlt an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit und zur [X.]keit.

9

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn sich die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz ergibt ([X.] [X.] 1300 § 13 [X.]) oder bereits höchstrichterlich geklärt ist ([X.] [X.] 1300 § 13 [X.]; [X.] [X.] 1500 § 160 [X.] 51; [X.] [X.] 1500 § 160a [X.]3, 65). Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das [X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte enthalten, um die aufgeworfene Rechtsfrage zu beantworten (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.] 8 [X.]7). Fehlen derartige Anhaltspunkte, so darf dies nicht darauf beruhen, dass die Rechtsfrage ohne weiteres anhand des klaren Wortlauts und Sinngehalts des Gesetzes oder offensichtlich so zu beantworten ist, wie es die Vorinstanzen getan haben, die Rechtslage also von vornherein praktisch außer Zweifel steht ([X.]E 40, 40, 42 = [X.] 1500 § 160a [X.] 4; [X.] [X.] 1500 § 160a [X.]1 [X.]5 f; [X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] 7 Rd[X.] 8). Die Lösung des Rechtsproblems muss vielmehr bestritten sein ([X.] [X.] 1500 § 160 [X.]7; [X.] 1300 § 13 [X.]; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.]15). Der Beschwerdeführer muss deshalb im Einzelnen dartun, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten und inwiefern sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist ([X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX Rd[X.]86). Hieran fehlt es.

Die Klägerin hat zwar Rechtsprechung des [X.] zu § 14 [X.] (vgl [X.] Urteil vom [X.]), zu § 75 Abs 5 [X.] (vgl [X.] Urteil vom [X.] - B 8 [X.] 19/08 R) sowie zu § 12 Abs 1 [X.] (vgl [X.] Urteil vom [X.] - B 1 KR 5/05 R) genannt. Sie hätte jedoch diese und weitere Rechtsprechung (zB [X.] Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - und Urteil vom [X.] KR 10/10 R) auswerten und substantiiert aufzeigen müssen, dass sich daraus keine hinreichenden Anhaltspunkte zur Beurteilung der angesprochenen Frage ergeben. In diesem Fall hätte die Beschwerdebegründung auch noch vertieft darauf eingehen müssen, welche Antworten sich aus dem Gesetzeswortlaut, den Gesetzesmaterialien und aus der weiteren Literatur (über die angegebene Stelle hinaus) herleiten lassen und inwieweit diese Antworten im vorliegenden Kontext zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Darüber hinaus hat es die Klägerin versäumt, die [X.]keit, dh Entscheidungserheblichkeit, schlüssig darzutun. [X.] ist eine Rechtsfrage nur, wenn sie gerade für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist. Dies setzt voraus, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen. Kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen Klärung womöglich am Fehlen einer weiteren, bisher unbeachtet gebliebenen Anspruchsvoraussetzung scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der [X.]keit der aufgeworfenen Rechtsfrage ([X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] 5 Rd[X.] mwN). Ein Beschwerdeführer hat daher den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und dabei insbesondere den Schritt darzustellen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht ([X.] [X.] 1500 § 160a [X.]1 S 48). Hieran fehlt es.

Die Klägerin gibt bereits nicht den der Berufungsentscheidung zugrunde liegenden, vom [X.] festgestellten Sachverhalt wieder. Zwar schildert die Klägerin auf [X.] bis 2 der Beschwerdebegründung einen Sachverhalt. Ob die dort angegebenen Tatsachen auf Feststellungen des Berufungsgerichts beruhen, ist den Ausführungen der Klägerin nicht zu entnehmen. Fehlt jedoch die maßgebliche Sachverhaltsdarstellung, wird das Beschwerdegericht nicht in die Lage versetzt, allein anhand der Beschwerdebegründung zu beurteilen, ob die als grundsätzlich erachtete Rechtsfrage entscheidungserheblich ist. Es ist nicht Aufgabe des [X.], anhand der vorliegenden Akten selbst zu prüfen, ob die aufgeworfene Rechtsfrage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich sein kann.

Im Übrigen kann die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache, die für die Entscheidung mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, noch nicht festgestellt hat und damit derzeit nur die Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann (Senatsbeschlüsse vom [X.] R[X.]8/11 B - BeckRS 2011, 75768 und vom 29.6.2011 - B 5 R[X.]7/11 B - BeckRS 2011, 74198; [X.] Beschluss vom 10.11.2008 - [X.] R 14/08 B - Juris mwN).

Die Frage, ob der Klägerin ein Kostenerstattungsanspruch zusteht, stellt sich im Rahmen des § 15 Abs 1 S 4 [X.] nur tragend, wenn das Berufungsgericht bereits alle erforderlichen tatsächlichen Umstände festgestellt hat, um das Vorliegen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen bejahen zu können. Hierzu führt die Beschwerdeschrift lediglich aus, dass sich die Entscheidung des [X.] "allein auf die angebliche Unzuständigkeit im Sinne von § 14 [X.], nicht aber auf andere Begründungen" stütze. Dies reicht jedoch nicht aus. Vielmehr hätte die Beschwerdebegründung darlegen müssen, dass und ggf an welcher Stelle das Berufungsgericht für das Revisionsgericht bindend (§ 163 [X.]) festgestellt hat, dass der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl § 15 Abs 1 S 4 [X.]). Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.].

Meta

B 5 R 462/12 B

20.06.2013

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Frankfurt, 29. November 2011, Az: S 4 R 222/09, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.06.2013, Az. B 5 R 462/12 B (REWIS RS 2013, 4848)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4848

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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